Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der C F in K, vertreten durch Dr. Peter Urbanek und Dr. Christian Lind, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Juli 1998, Zl. LF1-J-120, betreffend Entfernung von Einzäunungen nach dem Niederösterreichischen Jagdgesetz 1974, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 6. Juli 1998 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Einfriedungen (Zäune), die das Eigenjagdgebiet Forstverwaltung Hans J. F., Gut P, umschlössen und auf näher bezeichneten, einem beiliegenden und wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildenden Lageplan zu entnehmenden Grundstücken lägen, bis längstens 31. Mai 1999 zu entfernen. Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass vor Entfernung der Einfriedung sicher zu stellen sei, dass nur eine solche Anzahl Wildes auf den Eigenjagdflächen verbleibe, die der Wilddichte der angrenzenden Jagdgebiete entspreche. Als Rechtsgrundlage wurden § 99 Abs. 1 und Abs. 9 in Verbindung mit § 57 Abs. 2 Niederösterreichisches Jagdgesetz 1974, LGBl. 6500-13, sowie § 66 Abs. 4 AVG genannt.
Begründend führt die belangte Behörde aus, mit Vereinbarung vom 21. November 1985 seien F. (der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin), D., K. und E. übereingekommen, ihre Eigenjagdgebiete mit einem Außenzaun zu umgeben. Zweck dieser Vereinbarung sei das Heranhegen von reifen Trophäenträgern sowie das Vermeiden von Überhege gewesen. Weiterer Zweck dieses Außenzaunes sei die Verhinderung von Wildschäden in den an diese Eigenjagden angrenzenden Bauernwäldern gewesen. Mit Beginn der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides laufenden Jagdperiode seien die Eigenjagden von E. und D. als Jagdgehege anerkannt und vollständig mit einem Zaun umschlossen worden. Mit Wirkung vom 31. Dezember 1996 habe K. die oben erwähnte Vereinbarung gekündigt. In der Folge habe die Rechtsnachfolgerin des F., die Beschwerdeführerin, einen Zaun an der Grenze zur Eigenjagd K. errichtet. Der bisherige Außenzaun, der das Jagdgebiet F. und zuvor die vier Eigenjagden umschlossen habe, sei bestehen geblieben.
Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens zitiert die belangte Behörde das im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten des Amtssachverständigen, in welchem im Wesentlichen folgendes ausgeführt wird: Zunächst sei die Wildschadenssituation und die Rotwilddichte der an die Eigenjagd der Beschwerdeführerin angrenzenden Jagdgebiete erhoben worden. Für die Jagdgebiete im Bereich des Verwaltungsbezirkes St. Pölten ohne das Jagdgehege werde eine durchschnittliche Rotwilddichte mit 2 bis 3 Stück pro 100 ha im Frühjahr 1997 angeschätzt, die durch Rotwild verursachten Wildschäden würden in diesem Gebiet derzeit in keinem Fall das tolerierbare Ausmaß übersteigen. Für die Jagdgebiete im Bereich des Verwaltungsbezirkes Lilienfeld werde eine Rotwilddichte im Frühjahr 1997 zwischen 7 bis 8 Stück pro 100 ha geschätzt, hinsichtlich der durch Rotwild verursachten Wildschäden werde festgestellt, dass in einer der Eigenjagden im Jahr 1993 waldverwüstende Wildschäden festgestellt worden seien, denen durch zusätzliche Abschussaufträge entgegengewirkt worden sei, weshalb sich eine Verbesserung der Wildschadenssituation eingestellt habe. Der die Eigenjagd der Beschwerdeführerin umgebende Außenzaun würde in einem Teilabschnitt zugleich den Außenzaun eines angrenzenden genehmigten Jagdgeheges bilden. Die restlichen Teilabschnitte des Außenzaunes um die Eigenjagd der Beschwerdeführerin seien nicht zugleich Außengrenzen genehmigter Jagdgehege. In Teilabschnitten sei der Zaunverlauf hinsichtlich von Grundflächen strittig, der Zaun verlaufe entweder über das Grundstück der Beschwerdeführerin oder auf den angrenzenden Grundstücken des K. Eine exakte Zuordnung des gesamten Zaunverlaufes zu den jeweiligen Grundstücken sei aus jagdfachlicher Sicht nicht möglich. Die Wildschadenssituation im Eigenjagdgebiet der Beschwerdeführerin mit waldverwüstenden Wildschäden verursacht durch Rotwild bedeute aus jagdfachlicher Sicht, dass die Rotwilddichte von derzeit 10 Stück pro 100 ha und mehr innerhalb des praktisch zur Gänze umzäunten Eigenjagdgebietes deutlich überhöht sei. Die waldbaulich tragbare Rotwilddichte sei unter anderem von der Äsungskapazität des Reviers und den vorhandenen Wildschäden abhängig und liege laut Fachliteratur zwischen 1 und 3 (4) Stück pro 100 ha. Im Revier der Beschwerdeführerin mit ca. 1.212 ha Waldanteil und ca. 80 ha sonstigem Grünland werde die waldbaulich tragbare Rotwilddichte unter Berücksichtigung der derzeit vorgefundenen Wildschäden ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen jedenfalls deutlich unter dem derzeitigen Wildstand von ca. 10 Stück pro 100 ha bei etwa 3 Stück pro 100 ha liegen. Eine Verringerung der vorhandenen Wildschäden im Eigenjagdgebiet der Beschwerdeführerin könne grundsätzlich durch entsprechend starke Reduktion beim Rotwild erreicht werden, jedoch könne dieser Effekt durch Entfernung der Außenzäune rascher erzielt werden.
Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens stellte die belangte Behörde fest, dass durch den bestehenden Zaun Wildschäden im gegenständlichen Jagdgebiet nicht verhindert, sondern durch die Verhinderung des Auswechselns des Rotwildes in hochgradigem Maße verursacht würden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin handle es sich im gegenständlichen Fall keineswegs um einen Anwendungsfall des § 99 Abs. 1 Niederösterreichisches Jagdgesetz 1974. Diese Bestimmung ermögliche es dem Grundbesitzer, seine Kulturen vor schädigendem Wild zu schützen. Im Jagdgebiet der Beschwerdeführerin komme es gerade wegen der aufgestellten Zäune, die den Wildwechsel verhinderten, zu gravierenden Wildschäden. Von einem Schutz der Flächen des Grundeigentümers, der durch Einfriedung seine eigenen Kulturen schütze, könne daher keine Rede sein. Der Schutz von fremden Flächen sei dagegen nicht Tatbestandselement des § 99 Abs. 1 Niederösterreichisches Jagdgesetz 1974. Der Wildbestand im Jagdgebiet der Beschwerdeführerin liege um mehr als das Dreifache höher, als das für ein vergleichbares Jagdgebiet vertretbar wäre. Gegenstand der Vereinbarung aus dem Jahre 1985, die zur Errichtung des Zaunes geführt habe, sei in erster Linie das Heranzüchten von Trophäenträgern gewesen. Der Schutz der Kulturen sei nicht Gegenstand der zivilrechtlichen Vereinbarung gewesen, sondern sei nur der Behörde gegenüber als Grund angegeben worden. Es könne keine Rede davon sein, dass durch den Zaun die Interessen der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt würden. Ein um mehr als 300 % überhöhter Rotwildbestand sei den Interessen der Land- und Forstwirtschaft eindeutig widersprechend. Die Beschwerdeführerin habe de facto ein Jagdgehege errichtet, in dem sie ihr Jagdgebiet zur Gänze eingefriedet habe. Im Gegensatz zu der von ihr vertretenen Rechtsauffassung sei aus § 99 Abs. 4 in Verbindung mit § 100 Niederösterreichisches Jagdgesetz 1974 abzuleiten, dass bei Auftreten von Gefährdungen des Waldes, die durch die Verminderung einer Wildart nicht rechtzeitig abgewandt werden könnten, die Bezirksverwaltungsbehörde die notwendigen Schutzmaßnahmen aufzutragen habe. Im konkreten Fall sei es jedoch so, dass, verursacht durch Einfriedungen, nicht nur Gefährdungen, sondern sogar waldverwüstende Wildschäden entstanden seien, die wirksam und rechtzeitig nur durch eine Entfernung der Zäune vermindert werden könnten. Es sei deshalb im konkreten Fall unumgänglich, die zumindest in Teilbereichen (Einfriedungen gegenüber der Eigenjagd K.) rechtswidrig errichteten Einfriedungen zu entfernen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 10. März 1999, B 1642/98-6, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Niederösterreichischen
Jagdgesetzes 1974 (NÖ JG) lauten wie folgt:
"§ 7 Wildgehege
(1) Die Befugnis zur Eigenjagd steht ferner dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche der Wildhege gewidmet und hiefür geeignet ist und die gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes nach allen anderen benachbarten Grundstücken und gegen das Einwechseln von Schalenwild vollkommen abgeschlossen ist (Jagdgehege).
(2) Abgeschlossene Flächen auch geringeren Ausmaßes, auf denen vom Grundeigentümer Wild gehalten wird und die der Schau oder Zucht von Wild dienen, bilden Schau- und Zuchtgehege. Die Anlage von Schau- und Zuchtgehegen bedarf der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. ....
§ 57 Auflassung von Wildgehegen ....
(2) Einfriedungen von Flächen, die im Laufe der Jagdperiode die Eigenschaft als Wildgehege verlieren oder die im Rahmen der Jagdgebietsfeststellung nicht als Wildgehege anerkannt wurden, sind unverzüglich zu entfernen, soferne diese Einfriedungen nicht auf Grund forst- und wasserrechtlicher Vorschriften oder im Sinne des § 99 zulässig sind. ...
§ 99 Abhalten und Vertreiben des Wildes von Kulturflächen
(1) Jeder Grundbesitzer ist berechtigt, das seine Kulturen gefährdende oder schädigende Wild von diesen abzuhalten und zu diesem Zweck Zäune oder andere Umfriedungen zu errichten (Flächenschutz).
...
(4) Liegt eine Gefährdung von Wald (§ 100 Abs. 2) vor und lässt sie sich durch Verminderung einer Wildart (§ 100 Abs. 1) nicht rechtzeitig abwenden, hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Grundbesitzers, der Jagdgenossenschaft, der Bezirksbauernkammer, des Leiters des Fortaufsichtsdienstes oder von Amts wegen nach Anhörung des Bezirksjagdbeirates den Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Waldgefährdung vorzukehren.
...
(9) Auf Einzäunungen, die als Schutzmaßnahmen nicht mehr erforderlich sind, ist § 57 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden. ....
§ 100 Abschuss zum Schutze der Kulturen
(2) Die Gefährdung von Wald ist durch Maßnahmen nach Abs. 1 oder § 99 Abs. 4 abzuwenden. Eine Gefährdung von Wald liegt vor, wenn die Einwirkungen des Wildes durch Verbiss, Verfegen oder Schälen verursachen, dass auf Waldflächen und Neubewaldungsflächen im Sinne des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 in der Fassung BGBl. Nr. 576/1987,
a) in den Beständen Blößen entstehen oder auf größerer Fläche die gesunde Bestandsentwicklung unmöglich ist; oder
b) die Aufforstung oder Naturverjüngung auf aufforstungsbedürftigen Flächen innerhalb der sich aus den forstrechtlichen Bestimmungen ergebenden Frist nicht gesichert ist; oder
c) die Aufforstung bei Neubewaldungen innerhalb einer nach standortlichen Gegebenheiten angemessenen Frist nicht gesichert ist; oder
d) Naturverjüngungen in Naturverjüngungsbeständen nicht aufkommen können; oder
e) eine standortsmäßige Holzartenmischung gefährdet ist."
Die Beschwerdeführerin bringt vor, beim gegenständlichen Zaun könne es sich entgegen der Ansicht der Behörde sehr wohl um einen Schutzzaun im Sinne des § 99 Abs. 1 NÖ JG handeln, da ein solcher nicht zwingend auf dem Gebiet der zu schützenden Kulturfläche zu errichten sei, sondern auch auf dem Jagdgebiet, von dem die Kulturgefährdung ausgehe, errichtet werden könne. Die Frage, ob ein Wildschutzzaun im Sinne des § 99 Abs. 1 NÖ JG vorliege, sei ausschließlich nach Sinn und Zweck des Zaunes zu beurteilen. Der verfahrensgegenständliche Zaun sei nicht mit der Absicht, ein Jagdgehege bilden zu wollen, errichtet worden, sondern zum Schutz der Kulturflächen der umliegenden Bauern. Wenn der verfahrensgegenständliche Zaun kein Schutzzaun im Sinne des § 99 Abs. 1 NÖ JG sei, so sei zwischen dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides ein unlösbarer Widerspruch gegeben. Die Bestimmung des § 57 Abs. 2 leg.cit. sei im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides lasse sich auch nicht entnehmen, wieso die belangte Behörde davon ausgehe, dass die Regelung des § 57 Abs. 2 NÖ JG im gegenständlichen Fall heranzuziehen sein solle. Sollte der Bescheid tatsächlich auf § 57 Abs. 2 NÖ JG gestützt sein, so liege ein Begründungsmangel vor, weil die belangte Behörde nicht ausgeführt habe, dass die gegenständliche Eigenjagd im Laufe der Jagdperiode die Eigenschaft als Wildgehege verloren habe oder im Rahmen der Jagdgebietsfeststellung nicht als Wildgehege anerkannt worden sei.
Zu diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist Folgendes auszuführen:
Das Niederösterreichisches Jagdgesetz sieht in zwei Bestimmungen die Entfernung von Einfriedungen bzw. Einzäunungen vor. Dies ist zum einen die Bestimmung des § 57 Abs. 2 NÖ JG, nach der unter anderem Einfriedungen von Flächen, die im Laufe der Jagdperiode die Eigenschaft als Wildgehege verlieren (erster Fall) oder die im Rahmen der Jagdgebietsfeststellung nicht als Wildgehege anerkannt wurden (zweiter Fall), unverzüglich zu entfernen sind, sofern diese Einfriedungen nicht auf Grund forst- oder wasserrechtlicher Vorschriften oder im Sinne des § 99 zulässig sind.
Zum anderen normiert § 99 Abs. 9 NÖ JG, dass auf Einzäunungen, die als Schutzmaßnahmen nicht mehr erforderlich sind, § 57 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden ist.
Wie oben dargestellt, führte die belangte Behörde als Rechtsgrundlagen für ihre Entscheidung § 99 Abs. 1 und 9 in Verbindung mit § 57 Abs. 2 NÖ JG an. In der Begründung des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde jedoch selbst davon aus, dass es sich im gegenständlichen Fall keineswegs um einen Anwendungsfall des § 99 Abs. 1 NÖ JG handle. Dass es sich bei der gegenständlichen Einzäunung nicht um eine solche gemäß § 99 Abs. 1 NÖ JG handelt, zeigt sich schon allein daran, dass die Einzäunung nicht zum Schutze der innerhalb der Einzäunung liegenden Kulturen angelegt wurde, was aus der Aktenlage, insbesondere aus der Vereinbarung über die Errichtung der Einzäunung vom 21. November 1985 eindeutig zu erkennen ist. Der Schutz der außerhalb der Einzäunung liegenden Kulturen ist aber nicht Tatbestand des § 99 Abs. 1 NÖ JG (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 23. September 1987, Zl. 87/03/0091). Da sich die Bestimmung des § 99 Abs. 9 NÖ JG über die Entfernung von Einzäunungen, die als Schutzmaßnahmen nicht mehr erforderlich sind, auf Einzäunungen, die auf Grund des § 99 Abs. 1 NÖ JG errichtet wurden, bezieht, konnte diese Bestimmung im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, durch die Einzäunungen sei "de facto" ein Jagdgehege geschaffen worden, und stützt sich zur Begründung ihrer Entscheidung insbesondere auch auf § 57 Abs. 2 NÖ JG. Wie die Beschwerdeführerin zunächst richtig geltend macht, sind nach dieser Bestimmung Einfriedungen dann zu entfernen, wenn die eingefriedeten Flächen im Laufe der Jagdperiode die Eigenschaft als Wildgehege verlieren oder sie im Rahmen der Jagdgebietsfeststellung nicht als Wildgehege anerkannt wurden. Der erste Tatbestand dieser Bestimmung kann hier nicht zum Tragen kommen, weil unbestritten fest steht, dass es sich hier nicht um eingefriedete Flächen handelt, die "im Laufe der Jagdperiode die Eigenschaft als Wildgehege" verloren haben. In gleicher Weise unbestritten ist aber auch, dass die hier in Rede stehenden Flächen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Jagdgebietsfeststellung nicht als Wildgehege anerkannt worden sind, weshalb nach § 57 Abs. 2 zweiter Fall NÖ JG die Einfriedung zu entfernen ist. Die Beschwerdeführerin stützt sich in ihrer Beschwerdeschrift (Pkt. 2.4) lit. b der Beschwerdebegründung) im Übrigen selbst darauf, dass im Rahmen der Jagdgebietsfeststellung die Qualifizierung ihrer Eigenjagd als Wildgehege weder beantragt noch ausgesprochen worden sei. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht ihre Entscheidung auf diese Bestimmung gestützt.
Bezüglich ihres Vorbringens, beim Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 5. August 1985 handle es sich um einen Bescheid, mit dem festgestellt worden sei, dass die Umzäunung der vier Jagdgebiete zulässig sei, ist die Beschwerdeführerin auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass in jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt (Möglichkeit der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen durch die Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinn), behördliche Erledigungen, die nicht in Bescheidform zu erlassen sind (zB Verfahrensangordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen), die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid essentiell ist. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich. Dabei ist an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 92/17/0288). Beim gegenständlichen Schreiben handelte es sich um ein Schriftstück, mit dem versucht wird, die Rechtslage darzustellen, unter anderem dass nach Ansicht der gefertigten Behörde eine Bewilligung zur Errichtung der Einzäunung nach NÖ JG nicht erforderlich sei. Sowohl der Wortlaut wie auch die sprachliche Gestaltung dieser Erledigung geben keine Grundlage dafür, dass die Behörde hier einen normativen Abspruch vornehmen wollte, weshalb die Bezeichnung als Bescheid wesentlich gewesen wäre.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Verlauf des verfahrensgegenständlichen Zaunes wäre strittig, es sei der Behörde untersagt, der Beschwerdeführerin aufzutragen, Zäune zu entfernen, die nicht auf ihr gehörigen Liegenschaften errichtet worden seien, ist schließlich auszuführen, dass der Verlauf des Zaunes aus dem einen wesentlichen Bestandteil des angefochtenen Bescheides bildenden Lageplanes und die zu entfernenden Teile eindeutig ersichtlich sind. Zum andern ist die Beschwerdeführerin auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass es der Vorschreibung von Maßnahmen nicht entgegensteht, dass die Eigentümer der betroffenen Grundstücke nicht zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet werden können. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Erkenntnis vom 13. November 1959, Zl. 378/59, ausgesprochen, dass es für die Rechtmäßigkeit einer - in einem gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ergangenen - Auflage nicht entscheidend sei, ob der Erfüllung der Auflage privatrechtliche Hindernisse (Eigentumsrechte Dritter) entgegenstünden. Daran hat der Gerichtshof im Erkenntnis vom 23. April 1985, Zl. 83/04/0130, festgehalten. Diese Rechtsprechung hat sinngemäß auch für die Vorschreibung der verfahrensgegenständlichen Maßnahmen zur Anwendung zu kommen. Es ist Sache des Adressaten einer solchen Vereinbarung, alle zumutbaren erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um allfällige der Erfüllung des Auftrages entgegenstehenden zivilrechtlichen Hindernisse zu beseitigen. Gegen derartige Vorschreibungen bestehen auch unter dem Gesichtspunkt der Vollstreckbarkeit keine Bedenken (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 98/03/0320).
Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis begründet: Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die belangte Behörde nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides als untrennbaren Teil ihres Ausspruches - entgegen der von ihr in der Gegenschrift vertretenen Auffassung, dass diesbezüglich "von einem verfügten Zwangsabschuss keine Rede" sein könne - den Auftrag zur Entfernung der Einzäunungen mit der Verpflichtung der Beschwerdeführerin verbunden hat, "vor Entfernung der Einfriedungen sicherzustellen, dass nur eine solche Anzahl Wildes auf den Eigenjagdflächen verbleibt, die der Wilddichte der angrenzenden Jagdgebiete" entspreche. Die Bedeutsamkeit dieser Verfügung ist nach der Begründung des angefochtenen Bescheides - und etwa auch nach der von der Behörde eingeholten Stellungnahme der Bezirksbauernkammer vom 5. Juni 1998 - dahin erkennbar, dass durch Verminderung der Rotwildpopulation vor Entfernung der Einfriedungen verhindert werden müsse, dass sich die von der Behörde zu Grunde gelegten negativen Auswirkungen der angenommenen weit überhöhten Rotwildpopulation im Jagdgebiet der Beschwerdeführerin nach Öffnung der Einfriedungen auch in den benachbarten Jagdgebieten einstellen. Anders als ein behördlicher Auftrag (der im Übrigen in gleicher Weise schon von der Erstbehörde ausgesprochen wurde), den Wildstand zu reduzieren, kann dieser Ausspruch nicht verstanden werden. Freilich lässt er, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist, die erforderliche Bestimmtheit vermissen.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG muss der Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefasst sein, dass - ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens - nötigenfalls seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf S. 447 f. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dem entspricht der Spruch eines Bescheides, in welchem die Entfernung von Einfriedungen in Verbindung damit, dass vor deren Entfernung der Wildbestand in dem in Rede stehenden Jagdgebiet auf eine Anzahl, "die der Wilddichte der angrenzenden Jagdgebiete entspricht", verfügt wurde, nicht.
Aus den dargestellten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung auch die Umsatzsteuer abgegolten wird.
Wien, am 23. Mai 2002
Schlagworte
Inhalt des Spruches Diverses Jagdschaden Wildschaden Schadensverhütung Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999030109.X00Im RIS seit
14.08.2002