TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 98/03/0164

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;
L92103 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Niederösterreich;
L92603 Blindenbeihilfe Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

SHG NÖ 1974 §15 Abs5;
SHG NÖ 1974 §41 Abs1;
SHG NÖ 1974 §9 Abs5;
SHV Berücksichtigung Einkommen Vermögen NÖ 1974 §1 Abs2 lita;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des EZ in P, vertreten durch den Sachwalter D in P, dieser vertreten durch Dr. Thomas Trixner, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 21, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Februar 1997, Zl. GS5-F-36.629/12-97, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem - 1963 geborenen, behinderten - Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. April 1996 - nach dem Betreff als Hilfe zur beruflichen Eingliederung - "der Aufenthalt im Haus Montfort, Sozialpsychiatrie Bregenz ab Aufnahmetag für die Dauer von 1 Jahr bewilligt". Im Bescheid wurde darüber hinaus ausgesprochen, dass die Kosten in der Höhe von S 1.035,-- täglich vorerst das Land Niederösterreich trage, der Beschwerdeführer selbst sowie die gesetzlich unterhaltspflichtigen Angehörigen hätten aber dem Land zu den Kosten dieser Hilfeleistung einen Beitrag zu leisten, der von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorgeschrieben werde. Als Rechtsgrundlage wurde "§ 19 des NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. 9200," angegeben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom 6. August 1996 wurde dem Beschwerdeführer gegenüber wie folgt abgesprochen:

"Gem. § 26 Abs. 4 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Nö. Sozialhilfegesetz, LGBL. 9200, haben Sie dem Bundesland Niederösterreich die Kosten der Sozialhilfe im Haus Monfort in Bregenz für die Zeit vom 25.4.1996 bis zur Pensionsteilung durch die Pensionsstelle, im Ausmaß von 80 % Ihrer Pension, d.s. derzeit mtl. S 6.615,-- zu ersetzen. Sie werden ersucht, diesen Betrag mittels beiliegenden Erlagscheinen zur Einzahlung zu bringen."

Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Beschwerdeführer von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Pension von monatlich S 8.770,-- bezogen. Weiters wird (u.a.) darauf hingewiesen, dass gemäß § 43 Abs. 1 NÖ Sozialhilfegesetz der Rechtsanspruch auf die Pension des Beschwerdeführers im Ausmaß von 80 % auf das Bundesland Niederösterreich übergehe.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe für seinen Aufenthalt in der Sozialpsychiatrischen Wohngemeinschaft Haus Montfort eine monatliche Benützungsgebühr von S 600,-- sowie einen monatlichen Beitrag an die Haushaltskasse von S 2.400,-- leisten müssen. Zudem seien dem Beschwerdeführer bis einschließlich August 1996 lediglich S 3.196,70 monatlich angewiesen worden, weil ihm wegen seines bis 20. März 1996 dauernden Aufenthaltes in der Schweiz rückwirkend die Ausgleichszulage entzogen worden sei. Diese solle wegen des früheren Überbezuges erst ab 1. September 1996 wieder ausbezahlt werden. Bezüglich des Pflegegeldes sei eine Überzahlung von S 18.440,-- von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bescheidmäßig mit 31. Mai 1996 festgestellt worden. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Pflegegeldes nach der Rückkehr nach Österreich sei noch ausständig. Folglich habe der Beschwerdeführer tatsächlich nur über ein monatliches Einkommen von S 3.196,70 verfügt. Mit der Bezahlung von monatlich S 3.000,-- an die Wohngemeinschaft habe der Beschwerdeführer zu den Kosten seines Aufenthaltes Eigenmittel in dem ihm zumutbaren Ausmaß eingesetzt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, "zu den Kosten der Sozialhilfe für den Zeitraum 25. April 1996 bis 1. Juli 1996 einen Kostenbeitrag von S 96,-- täglich pro Anwesenheitstag im Haus Montfort, Sozialpsychiatrie Bregenz, zu leisten". Weiters wurde eine Zahlungsfrist bestimmt sowie angegeben, an welche Stelle dieser Betrag zu zahlen sei. Als Rechtsgrundlagen wurden "§§ 15 und 41 des NÖ Sozialhilfegesetzes 1974, LGBl. 9200-13 (NÖ SHG), § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG" angegeben.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, bei Bezug einer Pension seien im Fall der internen Unterbringung 80 % dieser Pension als Kostenbeitrag zumutbar. Der Beschwerdeführer sei vom 25. April 1996 bis 1. Juli 1996 in der Wohngemeinschaft der Sozialpsychiatrie Bregenz im Haus Montfort in Bregenz intern untergebracht gewesen. Grundlage für die Kostenbeitragsentscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde sei die von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten an den Beschwerdeführer geleistete Pension zum Zeitpunkt der Antragstellung im März 1996 gewesen. 80 % dieser Pension hätten S 6.650,-- monatlich betragen. Infolge der vom Hilfeempfänger in seiner Berufung geltend gemachten Einwendungen, er habe insgesamt S 3.000,-- für seinen Aufenthalt im Haus Montfort an die Einrichtung zahlen müssen, habe diese der im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebene Kostenbeitrag um S 3.000,-- (Haushaltsbeitrag + Benützungsgebühr) reduziert werden können. Zusätzlich räume die belangte Behörde dem Hilfeempfänger analog zur Taschengeldregelung im § 5 der Verordnung über Sozialhilfen, LGBl. 9200-1, einen Betrag von rund S 700,-- monatlich (= gesetzlich festgelegtes Taschengeld samt anteiliger Sonderzahlung) für weitere Aufwendungen zum Lebensunterhalt ein. Nach Abzug dieser beiden Posten bleibe ein monatlicher Kostenbeitrag von rund S 2.900,--, das seien S 96,-- pro Anwesenheitstag. Die im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwände, der Beschwerdeführer habe tatsächlich in dieser Zeit nur über S 5.233,-- verfügt, seien insofern irrelevant, als der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes im Ausland unrechtmäßig sowohl Pflegegeld als auch Ausgleichszulage bezogen habe. Diese an ihn geleistete Überzahlung habe sich dann in den Folgemonaten als Abzug von seiner Pension niedergeschlagen. Der Hilfeempfänger könne sich nicht darauf berufen, eine Pension in der von der Bezirksverwaltungsbehörde festgestellten Höhe nicht erhalten zu haben, weil die Pensionshöhe von April 1996 bis August 1996 durch den früheren Überbezug bedingt gewesen sei, welchen der Beschwerdeführer nicht bestreite. Diese vorher zu Unrecht bezogenen Beiträge könnten nunmehr beim Kostenersatz nicht abgezogen werden, sondern stellten ordnungsgemäße Einkommensbestandteile dar.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 1998, B 937/97-12, ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde geht erkennbar davon aus, dass es sich beim Aufenthalt des behinderten Beschwerdeführers im Haus Montfort um eine - und zwar vom Beschwerdeführer unbestritten - "interne" Unterbringung in einer Sozialhilfeeinrichtung handelt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 31. März 1998, Zl. 97/08/0452, und die dort zitierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Weiters geht die belangte Behörde offenkundig davon aus, dass für eine interne Unterbringung 80 % der Pension des Beschwerdeführers als Kostenersatz zu leisten seien. Die belangte Behörde nimmt dabei Bezug auf § 1 Abs. 2 lit. a der Verordnung über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Gewährung von Sozialhilfen, LGBl. 9200/2-2.

Diese Verordnungsstelle bestimmte, dass vom Einkommen des Hilfe Suchenden bei Unterbringung in einer Sozialhilfeeinrichtung oder in einer Anstalt monatlich 20 v.H. einer Rente, einer Pension oder eines Ruhe- und Versorgungsgenusses, mindestens jedoch ein Betrag in der gemäß § 9 Abs. 5 NÖ SHG durch Verordnung bestimmten Höhe des Taschengeldes, sowie die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) außer Ansatz bleiben. Die außer Ansatz bleibenden Beträge sind auf ein Taschengeld und andere Leistungen anzurechnen.

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages für die Zeit vom 25. April 1996 bis 1. Juli 1996 im Ausmaß von S 96,-- pro Tag beruhe im Wesentlichen auf der Überlegung der Behörde, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Auslandsaufenthaltes eine Überzahlung erhalten gehabt habe, die sich in den Folgemonaten als Abzug von seiner Pension habe niederschlagen müssen. Ungeachtet der unbestritten korrekten Abrechnung durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten habe der Beschwerdeführer bis einschließlich August 1996 lediglich einen Betrag von S 3.196,70 pro Monat angewiesen erhalten. Ziehe man davon den täglichen Kostenbeitrag von S 96,--, somit monatlich S 2.880,-- ab, verbleibe ein Rest von S 316,70, der dem Beschwerdeführer zur freien Verfügung gestanden sei. Dem Sozialhilfeempfänger sei jedoch, so heißt es weiters, monatlich jedenfalls ein Betrag von S 600,-- - als Taschengeld - zur freien Verfügung zu verbleiben.

Der Beschwerdeführer ist schon damit im Ergebnis im Recht.

Im Sozialhilferecht ist von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen. Wesentlich ist danach das "tatsächliche" Einkommen des Hilfeempfängers. "Tatsächliches" Einkommen kann im Sozialhilferecht nur ein solches sein, das zur Befriedigung des Lebensbedarfes zur Verfügung steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/08/0017, sowie Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 1989, S. 408, m.w.N.; siehe auch das zur Rechtslage nach dem Wr. Sozialhilfegesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 2000/11/0015, wonach - unter Hinweis auf Pfeil, a.a.O., 402 - eine Berücksichtigung des Verschuldens des Hilfe Suchenden an seiner Notlage (im Wege der Leistungskürzung) schlechthin nicht zulässig ist).

Auf dem Boden dieser hg. Rechtsprechung zum sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff war es verfehlt, wenn die belangte Behörde nicht auf das im in Frage stehenden Zeitraum dem Beschwerdeführer tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen - hier die tatsächlich zur Verfügung stehende Pensionsleistung - abstellte, sondern auf eine "reguläre" monatliche Pensionsleistung (ungeachtet des wegen eines Überbezuges erfolgten ratenweisen Abzuges bei der monatlichen Pensionsleistung). Soweit Pensionsteile, auf die sich der ratenweise Abzug wegen eines früheren Überbezuges bezog, dem Beschwerdeführer nicht zur Verfügung standen, stellten diese kein - im Sinne des oben Gesagten - "tatsächliches Einkommen" dar.

An diesem Ergebnis ändert auch nichts, wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren meint, der Beschwerdeführer gehe selbst von einem monatlichen Einkommen im relevanten Zeitraum April bis Juni 1996 von zumindest S 5.233,-- monatlich aus, somit von einem Gesamtbetrag von S 15.699,--. Nach Abzug des "Eigenbetrages" an die Einrichtung und des Kostenersatzes an den Sozialhilfeträger wären dem Hilfeempfänger S 2.571,--, monatlich daher S 857,-- zur freien Verfügung verblieben. Die belangte Behörde übersieht dabei, dass bei Festsetzung des Kostenbeitrages das Einkommen des Hilfeempfängers zeitraumbezogen festzustellen und auf dieser Grundlage jeweils der Kostenbeitrag zu bemessen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1998, Zl. 97/08/0452). Diesem Grundsatz der Zeitraumbezogenheit wird aber nicht entsprochen, wenn die belangte Behörde bei ihrer - in der Gegenschrift angestellten - Berechnung hinsichtlich des Einkommens den Zeitraum 1. April 1996 bis 30. Juni 1996 dem Zeitraum der der internen Unterbringung - also 25. April 1996 bis 1. Juli 1996 - gegenüberstellt.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG - insbesondere auch § 61 Abs. 4 VwGG - in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Mai 2002

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998030164.X00

Im RIS seit

14.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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