Index
L65002 Jagd Wild Kärnten;Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des H L in S, vertreten durch Dr. Albin Ortner, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Italienerstraße 17, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. September 2001, Zl. -11-JAG-1728/5-2001, betreffend Wahl der weiteren Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch des Beschwerdeführers vom 5. April 2001, ergänzt mit der Sachverhaltsfeststellung vom 16. Mai 2001, gemäß § 45a der Verordnung der Landesregierung betreffend die Wahl der weiteren Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates, LGBl. Nr. 113/1978, in der geltenden Fassung, abgewiesen.
Mit Kundmachung der Marktgemeinde S vom 2. April 2001 sei - so heißt es u.a. in der Begründung dieses Bescheides - das Ergebnis betreffend die Wahl der weiteren Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates für das Gemeindejagdgebiet "S" bekannt gegeben worden. Auf die "Liste der Vernunft" seien 21 Stimmen entfallen, auf den "Allgemeinen Wahlvorschlag für die Jäger der Ortschaften S" 108 Stimmen. Das Wahlergebnis laute demnach, dass dem ersteren Wahlvorschlag ein weiteres Mitglied des Jagdverwaltungsbeirates zukomme, dem letzteren Wahlvorschlag sechs weitere Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates. Dagegen habe der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der Wählergruppe "Liste der Vernunft" - der Beschwerdeführer - rechtzeitig Einspruch erhoben. In diesem Einspruch vom 5. April 2001 sei u.a. vorgebracht worden, nach der Verordnung der Marktgemeinde S vom 1. Februar 2001, Zl. 747-0/01, hätten der Abschluss und die Veröffentlichung der Wahlvorschläge durch den Bürgermeister spätestens am 25. März 2001 erfolgen müssen. Der vom Bürgermeister eingeräumte Termin 27. März 2001 habe außerhalb der von der Gemeinde selbst festgesetzten Terminisierung mit 25. März 2001 gelegen. Tatsächlich sei der definitive Wahlvorschlag nicht am 25. März 2001 abgeschlossen veröffentlicht worden, sondern erst am 27. März 2001. Der verspätete Abschluss und die Veröffentlichung des Wahlvorschlages hätten zur Folge gehabt, dass viele Wahlberechtigte, welche sich lediglich am Wochenende davon informieren haben können, vom Wahltermin keine Kenntnis mehr erlangen haben können.
In der "Sachverhaltsdarstellung" des Beschwerdeführers vom 16. Mai 2001 sei (u.a.) vorgebracht worden, dass infolge des Fristversäumnisses hinsichtlich des Abschlusses und der Veröffentlichung des Wahlvorschlages "(27.03.2001)" eine rechtzeitige Informationsmöglichkeit über den definitiven Wahlvorschlag ausgeschlossen gewesen sei, was einen unmittelbaren und wesentlichen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt habe.
Die Marktgemeinde S habe der belangten Behörde mit Schreiben vom 28. Mai 2001 u.a. mitgeteilt, dass "nach Abklärung der Rückziehung von Unterschriften von Wahlvorschlägen" die Veröffentlichung der Wahlvorschläge (nach Rücksprache mit der belangten Behörde am 23. März 2001) erst am 27. März dJ. habe erfolgen können. Nachdem die Verordnung über den "Wahltermin 1.4.2001" bereits am 1. Februar 2001 kundgemacht worden sei, und die Wählerverzeichnisse rechtzeitig abgeschlossen worden seien, sei eine Information der Wähler sicher zeitlich ausreichend möglich gewesen. Außerdem sei bei der sehr hohen Wahlbeteiligung darauf zu schließen, dass die Wähler rechtzeitig informiert gewesen seien.
Die belangte Behörde sei nach Überprüfung der Wahlakten der Auffassung, dass im vorliegenden Fall keine Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens feststellbar seien, die auf das Wahlverfahren einen Einfluss haben hätten können. Dies gelte u.a. für den Umstand, dass der definitive Wahlvorschlag nicht am 25. März 2001 veröffentlicht worden sei, sondern erst am 27. März dJ. Die Behauptung, der verspätete Abschluss und die verspätete Veröffentlichung des Wahlvorschlages hätten zur Folge gehabt, dass viele Wahlbeteiligte, welche sich lediglich am Wochenende hätten informieren können, vom Wahltermin keine Kenntnis mehr hätten erlangen können, sei nicht stichhaltig, zumal die Wahl der weiteren Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates für das Gemeindejagdgebiet "S" bereits mit Verordnung der Marktgemeinde Steinfeld vom 1. Februar 2001, angeschlagen am 1. Februar 2001, bekannt gemacht worden sei. Es habe sich daher jeder Interessierte bereits am 1. Februar 2001 über den Wahltag, der mit 1. April 2001 festgesetzt worden sei, informieren können.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift erwogen:
2.1. § 94 des (in der Form der Wiederverlautbarung kundgemachten) Kärntner Jagdgesetzes 2000 - K-JG, LGBl. Nr. 29, lautet:
"§ 94
Jagdverwaltungsbeirat
(1) Der Jagdverwaltungsbeirat ist für jedes Gemeindejagdgebiet zu bilden. Er besteht aus dem Bürgermeister oder einem von ihm aus der Mitte des Gemeinderates bestellten Vertreter als Vorsitzendem und weiteren Mitgliedern, die aus der Mitte der Eigentümer der die Gemeindejagd bildenden Grundstücke (§ 6 Abs. 1), die zugleich in die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer von Kärnten wahlberechtigt sind, zu wählen sind. Die Zahl der zu wählenden weiteren Mitglieder ist vom Gemeinderat unter Bedachtnahme auf die Zahl der Wahlberechtigten für jeden Jagdverwaltungsbeirat gesondert - höchstens jedoch mit sieben - festzulegen. Die Wahl ist auf Grund von Wahlvorschlägen durchzuführen. Das Recht auf Einbringung von Wahlvorschlägen hat jeweils ein Zehntel der Mitglieder der Eigentümerversammlung. Ein gültiger Wahlvorschlag hat mindestens so viele Vorschläge zu enthalten, als weitere Mitglieder zu wählen sind, und eine gleiche Anzahl von Ersatzmitgliedern. Die Wahlen sind mit Stimmzetteln durchzuführen. Für die Ermittlung des Wahlergebnisses gelten die Bestimmungen der §§ 75 und 76 der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlordnung, LGBl. Nr. 9/1991, sinngemäß. Wird nur ein gültiger Wahlvorschlag eingebracht, so entfällt das Abstimmungsverfahren. Die auf diesem Wahlvorschlag angeführten Bewerber sind zu Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Jagdverwaltungsbeirates für gewählt zu erklären. Die Leitung der Wahl obliegt dem Bürgermeister. Die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren hat die Landesregierung entsprechend den Bestimmungen der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlordnung durch Verordnung zu treffen. Für die Stellung der Ersatzmitglieder und ihre Einberufung gilt § 33 Abs. 1 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 66/1998, sinngemäß. Ist die Liste der Ersatzmitglieder erschöpft, hat der Gemeinderat aus der Mitte der Eigentümer der die Gemeindejagd bildenden Grundstücke mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen Ersatzmitglieder zu wählen.
(1a) Die Wahl des Jagdverwaltungsbeirates hat auf die Dauer der jeweiligen Pachtzeit des Gemeindejagdgebietes zu erfolgen.
(2) Der Jagdverwaltungsbeirat ist vom Vorsitzenden einzuberufen; der Vorsitzende hat den Jagdverwaltungsbeirat einzuberufen, wenn dies mehr als die Hälfte seiner Mitglieder unter Angabe einer Tagesordnung schriftlich verlangt. Der Jagdverwaltungsbeirat ist beschlussfähig, wenn außer dem Vorsitzenden mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Für einen Beschluss ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Vorsitzende hat kein Stimmrecht.
(3) Die Mitgliedschaft zum Jagdverwaltungsbeirat ist ein Ehrenamt. Die Mitglieder haben jedoch Anspruch auf Ersatz der durch die Ausübung ihres Amtes entstandenen Kosten."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Regelungen der Verordnung der Landesregierung betreffend die Wahl der weiteren Mitglieder des Jagdverwaltungsbeirates, LGBl. Nr. 113/1978, idF der Verordnung LGBl. Nr. 1/1981, lauten wie folgt:
"§ 20
Abschließung und Veröffentlichung der Wahlvorschläge
(1) Frühestens am neunten, spätestens am siebenten Tag vor dem Wahltag hat der Bürgermeister die Wahlvorschläge abzuschließen.
(2) Die Wahlvorschläge sind in alphabetischer Reihenfolge der Anfangsbuchstaben der Zunamen der jeweils an erster Stelle im Wahlvorschlag angeführten Bewerber anzuführen. Sind die Anfangsbuchstaben der Zunamen gleich, so hat sich die Reihenfolge nach dem Anfangsbuchstaben der Vornamen zu richten. Sind auch diese gleich, so hat über die Reihenfolge der Bürgermeister durch das Los zu entscheiden.
(3) Die Veröffentlichung hat mit Kundmachung in ortsüblicher Weise zu erfolgen. Aus ihr muss der Inhalt der Wahlvorschläge zur Gänze ersichtlich zu sein. Die Herstellung der amtlichen Stimmzettel hat der Bürgermeister zu veranlassen.
(4) Nach der Veröffentlichung an Wahlvorschlägen festgestellte Mängel berühren die Gültigkeit dieser Wahlvorschläge nicht."
"§ 21
Zurückziehung von Wahlvorschlägen
(1) Die jeweilige Wählergruppe kann ihren Wahlvorschlag durch eine schriftliche Erklärung zurückziehen. Diese Erklärung muss jedoch spätestens am zehnten Tag vor dem Wahltag bis 16 Uhr beim Bürgermeister einlangen und von mindestens der Hälfte der Mitglieder der Wählergruppe, die seinerzeit den Wahlvorschlag unterschrieben hat, gefertigt sein.
(2) Ein Wahlvorschlag gilt weiters als zurückgezogen, wenn sämtliche Wahlwerber desselben im eigenen Namen schriftlich bis zum zehnten Tag vor dem Wahltag gegenüber dem Bürgermeister auf ihre Wahlwerbung verzichtet haben."
"§ 45a
Einspruch
(1) Binnen einer Woche nach der Kundmachung des Wahlergebnisses kann vom zustellbevollmächtigten Vertreter der Wählergruppe, die einen Wahlvorschlag rechtzeitig vorgelegt hat (§ 14), wegen rechnungsmäßiger Unrichtigkeit der Ermittlung des Wahlergebnisses oder wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens, das auf das Wahlergebnis von Einfluss sein könnte, bei der Landesregierung schriftlich Einspruch erhoben werden. Einen solchen Einspruch kann auch der Wahlwerber erheben, der behauptet, dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt wurde.
(2) Der Bürgermeister hat den Einspruch mit den Wahlakten binnen zwei Tagen der Landesregierung vorzulegen. Die Landesregierung überprüft aufgrund der eingesandten Wahlakten die Wahlhandlung und entscheidet über den Einspruch endgültig. Ergibt sich aus den Wahlakten eine ziffernmäßig feststellbare Unrichtigkeit der Ermittlung, wurde eine nicht wählbare Person für gewählt erklärt oder wurde einer wählbaren Person die Wählbarkeit zu Unrecht aberkannt, so hat die Landesregierung sogleich das Ergebnis richtigzustellen, die Kundmachung des Bürgermeisters für nichtig zu erklären und das richtige Ergebnis zu veröffentlichen. Ergibt sich, dass andere Verstöße gegen das Gesetz vorgekommen sind, die das Wahlergebnis beeinflusst haben könnten, so hat die Landesregierung die Wahl für nichtig zu erklären und die Wiederholung der Wahl, die binnen zwei Monaten durchzuführen ist, anzuordnen. Für diese Wahl kann die Landesregierung die in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen entsprechend abkürzen. Bei der neuerlichen Wahl brauchen die durch den Nichtigkeitsgrund nicht betroffenen Teile des früheren Wahlverfahrens nicht wiederholt zu werden. Die Landesregierung hat zu bestimmen, welche von der Nichtigkeit nicht betroffenen Teile des Wahlverfahrens nicht wiederholt zu werden brauchen."
2. 2. Die mit einer Wahl wie der vorliegenden befassten Behörden sind durch die wahlrechtlichen Vorschriften streng gebunden; wahlrechtliche Vorschriften sind zum Zweck der Hintanhaltung von Willkür strikt ihrem Wortlaut nach auszulegen (vgl. in diesem Sinn aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis VfSlg 15.375/1998). Auch die belangte Behörde geht im bekämpften Bescheid davon aus, dass die unstrittige Nichteinhaltung der im § 20 Abs. 1 der Wahlverordnung vorgesehene Frist von neun bis sieben Tagen vor dem Wahltag im Beschwerdefall eine Rechtswidrigkeit darstellt.
Der Regelung des § 20 Abs. 1 der Wahlverordnung kommt für die Durchführung einer Wahl wie der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden eine maßgebliche Bedeutung zu, steht doch erst mit dem Abschluss und der Veröffentlichung der Wahlvorschläge fest, welche Wahlwerber sich der Wahl stellen; nach der Veröffentlichung festgestellte Mängel eines Wahlvorschlags berühren dessen Gültigkeit nicht (vgl. § 20 Abs. 4 der Wahlverordnung), nach Abschluss und Veröffentlichung ist - wie sich aus § 21 leg. cit. ergibt - auch eine Zurückziehung eines Wahlvorschlages nicht mehr möglich. Würde den Wählern nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannt werden, welche Wahlvorschläge als feststehend anzunehmen sind, wäre das Wahlverfahren überhaupt undurchführbar (vgl. in diesem Sinne die RV 139 BlgNR. 12. GP, 40, zu § 52 einer "Nationalrats-Wahlordnung XX"). Darüber hinaus hat das rechtzeitige Zurkenntnisbringen des Wahlvorschlages aber auch die Bedeutung, dass den Wählern ein angemessener Zeitraum vor der Wahl zur Verfügung steht, ihr Stimmverhalten bezüglich der konkret zur Wahl stehenden Wahlvorschläge überlegen zu können. Werden daher Abschluss und Kundmachung der Wahlvorschläge nicht rechtzeitig vorgenommen, ist nicht auszuschließen, dass die nicht rechtzeitige Vornahme einen nachteiligen Einfluss auf die für die Wahl notwendige Willensbildung der Wähler haben könnte. Dieser Überlegung kommt dann besondere Gewichtigkeit zu, wenn es sich bei der für den Abschluss und die Kundmachung der Wahlvorschläge vorgesehenen Frist - so wie vorliegend - um eine kurze Frist handelt.
Wenn der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, dass die belangte Behörde seinem Einspruch wegen rechtswidriger Verspätung beim Abschluss und bei der Kundmachung der Wahlvorschläge gemäß § 45a der Wahlverordnung stattzugeben gehabt hätte, ist er im Recht, kann doch vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen werden, dass die im Beschwerdefall vorgenommene rechtswidrige Verkürzung der in § 20 Abs. 1 der Wahlverordnung ohnehin schon kurz bemessenen Frist das Wahlergebnis beeinflusst haben könnte.
Dies hat die belangte Behörde verkannt und den angefochtenen Bescheid (schon) insofern mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Es war daher entbehrlich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
2.3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2.4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil dem Beschwerdeführer nach der besagten Verordnung ein Schriftsatzaufwand lediglich in der Höhe von EUR 908,-- zusteht.
Wien, am 23. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001030406.X00Im RIS seit
06.08.2002