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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §18;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Sch in K, vertreten durch Dr. Margit Kaufmann, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. September 2000, Zl. UVS- 07/A/37/16/1999/29, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. September 2000, wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung letztlich schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung der C Bauträger Gesellschaft mbH nach außen berufenes Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass diese Gesellschaft mit Sitz in W im Standort W, B.-Straße, entgegen den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 AuslBG am 22. Oktober 1997die Arbeitsleistung von sechs namentlich genannten ungarischen Staatsbürgern in Anspruch genommen habe, welche von dem ungarischen Arbeitgeber M in Szentpeterfa, Ungarn, der im Bundesgebiet Österreichs keinen Betriebssitz habe, im Inland, und zwar in H, Am Heuweg (Diskothek X), mit Malerarbeiten beschäftigt wurden, ohne dass für diese Arbeiter eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt worden sei. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b in Verbindung mit § 18 AuslBG verletzt und sei gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG mit sechs Geldstrafen zu je S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden) samt Kostenbeitrag zu bestrafen gewesen. Dabei ging die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe einzelner Beweisergebnisse ohne im eigentlichen Sinn Feststellungen zu treffen im Wesentlichen davon aus, der Beschwerdeführer habe trotz gebotener Gelegenheit keine Rechtfertigung abgegeben. Die sechs im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten ungarischen Arbeiter seien anlässlich einer Polizeikontrolle am 22. Oktober 1997, gegen
22.25 Uhr auf der genannten Baustelle mit Innenanstricharbeiten beschäftigt angetroffen worden, die Gegenstand eines zwischen der von M.K. vertretenen Firma M und der vom Beschwerdeführer vertretenen Firma C abgeschlossenen Subauftrages gewesen seien. Die Firma M habe sich in diesem Vertrag u.a. verpflichtet, die von der Firma C übernommenen Arbeiten fachgerecht und unter Verwendung von Arbeitern durchzuführen, die über eine gültige Arbeitsgenehmigung verfügten bzw. die aus dem EU-Raum stammten. Die Abrechnung habe nach m2 erfolgen sollen. Die betretenen ungarischen Arbeiter hätten über keinerlei Berechtigungen verfügt, in Österreich zu arbeiten. Der objektive Tatbestand sei damit verwirklicht, der Beschwerdeführer habe im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Vielmehr hätte ihm in Anbetracht der Zeitknappheit und der Kenntnis davon, dass die Fertigstellung der Arbeiten ohne zusätzliche Arbeiter innerhalb der gesetzten Fristen kaum möglich gewesen wäre, bewusst sein müssen, dass bei der Arbeitsdurchführung ungarische Arbeiter ohne in Österreich ausgestellte arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen, über die er sich selbst hätte kümmern müssen, zum Einsatz kommen würden. Das bloße Vertrauen auf die schriftliche Zusage des M.K. reiche nicht aus, ein Verschulden des Beschwerdeführers auszuschließen. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach dem AuslBG verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995, gilt als Beschäftigung die Verwendung
a)
in einem Arbeitsverhältnis,
b)
in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d)
nach den Bestimmungen des § 18 oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Nach Abs. 3 leg. cit. sind den Arbeitgebern gleichzuhalten
a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,
b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter, und
c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes. ...
Nach Abs. 4 leg. cit. ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b) AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S.
Der Beschwerdeführer bekämpft im Wesentlichen die Ansicht der belangten Behörde, ihm sei der nach § 5 Abs. 2 VStG mögliche Gegenbeweis eines mangelnden Verschuldens nicht gelungen. Er verweist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, dass er mit dem Geschäftsführer der Firma M, M.K., schriftlich vereinbart habe, nur "legale" Arbeiter zu verwenden, er habe dies auch regelmäßig kontrolliert. Zu den allgemeinen Betriebszeiten (7.00 bis 17.00 Uhr) sei immer nur M.K. allein oder mit Österreichern auf der Baustelle gewesen, er habe nicht damit rechnen müssen, dass außerhalb der normalen Betriebszeiten mit "Illegalen" gearbeitet würde. Tatsächlich seien die gegenständlichen Arbeiter auch nachts betreten worden. Es könne von einem Geschäftsführer nicht verlangt werden, die Baustellen auch nächtens zu kontrollieren.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sodann nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass die Behörde ohne an Beweisregeln gebunden zu sein nur nach dem inneren Wahrheitsgehalt der ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsergebnisse zu beurteilen hat, welche Tatsachen sie als erwiesen annimmt.
Nach den §§ 58 Abs. 2 und 60 in Verbindung mit § 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist daher in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, Entscheidung 8 zu § 67 AVG und Entscheidung 1 bis 9 zu § 60 AVG nachgewiesene Rechtsprechung). Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/13/0201).
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer ein mangelndes Verschulden dergestalt behauptet, dass ihm nicht einmal der Vorwurf einer Fahrlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG gemacht werden könne, weil er alles getan habe, was ihm zumutbar gewesen sei. Die belangte Behörde ist diesem Einwand nicht gefolgt, hat es jedoch unterlassen, zur Frage des Verschuldens in Bezug auf die vom Beschwerdeführer aufgestellten konkreten Behauptungen ausdrückliche Feststellungen zu treffen. Sie lässt insbesondere unbegründet, worauf sich ihre Erwägung stützt, der Beschwerdeführer habe von den nach dem offiziellen Arbeitsende von den Ausländern angeblich getätigten Arbeiten etwas gewusst, obwohl sie andererseits offenkundig selbst davon ausgeht, dass die Arbeiter nächtens gearbeitet haben und am Tag der Kontrolle gegen
22.25 Uhr betreten worden seien. Dies spricht nicht für die Durchführung von Arbeiten im Auftrag und mit Wissen der Baustellenleitung, von der nach der Aktenlage zu dieser Zeit auch niemand mehr auf der Baustelle war. Die Durchführung von regelmäßigen Überprüfungen der Baustelle hat der Beschwerdeführer unwidersprochen ebenso behauptet wie die Unkenntnis vom - vertragsbrüchigen - Vorgehen seines Vertragspartners. Auch M.K. hat als Zeuge vernommen bestätigt, der Beschwerdeführer habe von seinem Vorgehen (nämlich "Illegale" nachts arbeiten zu lassen) nichts gewusst. Die belangte Behörde geht auf diese Einwendungen nicht ein, die aber zur rechtlichen Beurteilung der Schuldfrage von wesentlicher Bedeutung gewesen wären, weil der Vorwurf der Fahrlässigkeit vertragswidriges Verhalten Dritter im Zweifel nicht umfasst. Wie die belangte Behörde daher zu dem Schluss kommt, dem Beschwerdeführer habe bewusst sein müssen, "dass bei der Auftragsdurchführung ungarische Staatsangehörige ohne in Österreich ausgestellte arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen (über die darüber hinaus sich das von ihm zu vertretende Unternehmen selbst als Arbeitgeber hätte kümmern müssen) zum Einsatz kommen würden", entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Der von der belangten Behörde gezogene Schluss, allein auf Grund der knappen Terminvorgaben habe der Beschwerdeführer mit dem Einsatz ausländischer Arbeiter rechnen müssen, erweist sich als unschlüssig, weil die personelle Aufstockung der Arbeitspartie durch den (ausländischen) Subunternehmer auch durch den Einsatz "legaler" (ausländischer) Arbeitskräfte hätte bewerkstelligt werden können. Im Übrigen gilt die Antragstellungsverpflichtung des Beschäftigers bzw. des Empfängers von Arbeitsleistungen betriebsentsandter Arbeitskräfte nicht im Falle einer (vom Ausländer selbst zu beantragenden) Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheins.
Da der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen zumindest an einem wesentlichen Begründungsmangel leidet und ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis nicht auszuschließen ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die vom Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 3 VwGG entrichtete Gebühr von S 2.500,-- war mit dem Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 23. Mai 2002
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht ArbeiterschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000090195.X00Im RIS seit
13.08.2002