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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/07/0049Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des RL in B, als Geschäftsführer der V GmbH, gegen die Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 25. März 2002,
1.) Zl. UVS-33/10069/2-2002, sowie 2.) Zl. UVS-33/10066/2-2002, jeweils betreffend Aussetzung eines Verwaltungsstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde, ihren zahlreichen Beilagen und den angefochtenen Bescheiden ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (BH) je vom 14. Jänner 2002 wurden zwei gegen den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der V GmbH anhängige Verwaltungsstrafverfahren (jeweils wegen Verwaltungsübertretungen nach § 137 Abs. 3 Z. 10 WRG 1959) gemäß § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Aussetzungsbescheide Berufung, in der er die sofortige Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 VStG und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragte.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 30 Abs. 2 VStG der Berufung keine Folge, veränderte aus Anlass der Berufung aber die ersten Absätze der Sprüche der Bescheide der BH vom 14. Jänner 2002 insofern, als der Beschwerdeführer nicht mehr als der Übertretung näher dargestellter Verwaltungsvorschriften "schuldig" bezeichnet, sondern eine Formulierung gewählt wurde, wonach der Beschwerdeführer "im Verdacht stehe," die näher dargestellten Sorgfaltswidrigkeiten bzw. Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.
In der Begründung der angefochtenen Bescheide heißt es, dass dann, wenn im Zuge eines nach § 137 Abs. 3 Z. 10 WRG 1959 durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahrens der Verdacht entstehe, es liege eine gemäß § 30 Abs. 2 VStG relevante gerichtlich strafbare Handlung vor, sohin, ob das den Tatbestand dieser Übertretung erfüllende Verhalten auch ein wesentliches Sachverhaltselement des Tatbetstandes einer gerichtlich strafbaren Handlung bilden könnte, die Verwaltungsbehörde aus dem Grunde des § 30 Abs. 2 VStG verpflichtet sei, das Strafverfahren auszusetzen, bis über die Frage vom Gericht rechtskräftig entschieden worden sei (oder das Verfahren sonst zur Einstellung gelange). Die Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens setze dabei nicht voraus, dass das in Rede stehende Strafverfahren schon (bei Gericht oder Staatsanwaltschaft) anhängig sei. Die Aussetzung der vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren sei in rechtsrichtiger Anwendung der zitierten Bestimmungen erfolgt, weil gegen den Beschwerdeführer nach den jeweils vorliegenden Akten gerichtliche Vorerhebungen wegen des Verdachtes der Übertretung der §§ 180 StGB durchgeführt würden. In den vorliegenden Bescheiden der BH, deren normativer Gehalt lediglich in der Aussetzung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens liege, sei der Beschuldigte jedoch als "schuldig" bezeichnet worden, Verwaltungsübertretungen nach § 137 Abs. 3 Z. 10 WRG 1959 begangen zu haben, und nehme die Erstbehörde durch diese Formulierung das Ergebnis des erst durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahrens quasi vorweg.
Mit dieser Formulierung werde aber über den Regelungszweck des § 30 Abs. 2 VStG hinausgehend bereits von der Verwirklichung einer Übertretung des § 137 Abs. 3 Z. 10 WRG 1959 ausgegangen, weshalb der bekämpfte Aussetzungsbescheid spruchgemäß in der Weise abzuändern gewesen sei, als nunmehr ausgesprochen werde, dass der Beschuldigte "im Verdacht stehe", eine Übertretung des WRG begangen zu haben.
Darüber hinaus sei der Berufung des Beschwerdeführers, der über die Behebung des gegenständlichen Aussetzungsbescheides hinaus die Einstellung des gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahrens beantragt habe, kein Erfolg beschieden, weil die umfassende reformatorische Befugnis der Berufungsbehörde ihre gesetzliche Begrenzung durch die Entscheidung "in der Sache" finde, und es der Berufungsbehörde verwehrt sei, aus Anlass der Berufung eine Frage zu entscheiden, die gar nicht Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens gewesen sei und nicht den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet habe. "Sache des Verfahrens" in einer gemäß § 30 Abs. 2 VStG zu treffenden Entscheidung sei jedoch ausschließlich die Aussetzung des gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahrens, weshalb sich die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung beschränkt habe, und der darüber hinausgehenden Berufung des Beschwerdeführers sohin keine Folge zu geben gewesen sei.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers. Die Beschwerde befasst sich inhaltlich mit den näheren Umständen der angeblichen Sorgfaltswidrigkeiten bzw. Verwaltungsübertretungen und führt als Punkt 3. "Beschwerdepunkt" u. a. aus, die belangte Behörde hätte die "pflichtwidrige Bescheidverweigerung der Erstinstanz" erkennen können und die Bescheide der Erstinstanz aufheben bzw. bei Fehlen von objektiven Beweisen die Einstellung der Strafverfahren anordnen müssen. Durch diese Formulierung gibt der Beschwerdeführer zu erkennen, dass er sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf Nichtaussetzung der Strafverfahren verletzt erachtet.
Unter dem Aspekt einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide aus Gründen der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde hätte die Willkür des Verwaltungshandelns durch die Organe der BH erkennen und ihm den auf Grund des Legalitätsprinzipes zukommenden Schutz verschaffen können. Die belangte Behörde habe sich der falschen Beurkundung schuldig gemacht, weil sie Falschaussagen von Zeugen nicht der vorgeschriebenen Untersuchung zugeführt habe.
Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes fährt der Beschwerdeführer fort, die belangte Behörde hätte bei richtiger Beurteilung der Bescheidgrundlage erkennen können, dass die Voraussetzungen, welche im Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde angeführt würden, nicht zuträfen. Aktenwidrige Beweiswürdigung habe zu unrichtigen Sachverhaltsannahmen geführt und es seien diese daher dem Inhalt nach rechtswidrig. Die Bescheidverweigerung nach so langer Untersuchungsdauer stelle eine unzulässige Pflichtwidrigkeit der Erstinstanz dar und hätte von der belangten Behörde behoben werden müssen. Der Kreis der Verpflichteten werde wissentlich unrichtig und unvollständig dargestellt, bei richtiger Beweisaufnahme seien vielmehr (näher bezeichnete) Verpflichtete anzuführen.
Abschließend beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Verfügung der Einstellung des Strafverfahrens.
§ 30 Abs. 2 VStG lautet:
"§ 30. ...
(2) Ist aber eine Tat von den Behörden zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist es zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist."
§ 137 Abs. 3 Z. 10 und Abs. 6 WRG 1959 lautet:
"§ 137. ...
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36 340 EUR, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer
...
10. durch auffallende Sorglosigkeit oder vorsätzlich eine erhebliche, nicht durch eine Bewilligung gedeckte Gewässerverunreinigung bewirkt (§ 31 Abs. 1);
...
(6) Eine Übertretung nach Abs. 1 bis 4 ist nicht zu bestrafen, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt."
Unstrittig werden dem Beschwerdeführer (in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer) in den vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren Verwaltungsübertretungen nach § 137 Abs. 3 Z. 10 WRG 1959 vorgeworfen; eine solche Übertretung wäre dann nicht zu bestrafen, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllte.
Verfahrensgegenstand der vorliegenden angefochtenen Bescheide ist ausschließlich die durch die BH als Strafbehörde erster Instanz verfügte Aussetzung der anhängigen Verwaltungsstrafverfahren. Die diesbezüglich entscheidungswesentlichen Feststellungen der Berufungsbehörde, nämlich die Durchführung gerichtlicher Vorerhebungen wegen der gleichen Tatbestände gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der Übertretung der §§ 180 ff StGB, werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Damit waren Anhaltspunkte für Zweifel im Sinne des § 30 Abs. 2 VStG gegeben; in einem solchen Fall ist die Verwaltungsstrafbehörde aber verpflichtet, ihr Verfahren auszusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040). Die belangte Behörde hat auch zu Recht darauf verwiesen, dass ihr - im Falle der Aussetzung eines Verwaltungsstrafverfahrens in erster Instanz - eine Entscheidungsbefugnis im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG nur "in der Sache" zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1993, Zl. 92/17/0095).
Mit den allgemeinen Hinweisen auf die Hintergründe der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen bzw. auf allfällige Verfahrensfehler in den Verwaltungsstrafverfahren zeigt der Beschwerdeführer schließlich keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit entfiel auch die Notwendigkeit der Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages durch Einholung einer Anwaltsunterschrift (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1998, Zl. 97/19/1556).
Eine Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gleichzeitig gestellten Antrag auf die Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Leistung der notwendigen Unterschrift für diese Beschwerde im Rahmen der Verfahrenshilfe war ebenfalls entbehrlich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. April 1997, Zl. 97/17/0086, sowie vom 16. Mai 1995, Zl. 95/08/0118).
Wien, am 23. Mai 2002
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides MängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002070048.X00Im RIS seit
22.07.2002