TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/14 B1461/98

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Veröffentlicht am 14.06.1999
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §56 Abs2 AlVG mit E v 10.06.99, G7/99.

Spruch

I. gemäß Art144 B-VG zu Recht erkannt:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden, soweit dem Antrag, der Berufung gegen den Bescheid vom 26.6.1998 betreffend Unterlassung einer Kontrollmeldung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Folge gegeben wurde.

Der Bescheid wird insoweit aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 13.500 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

II. einstimmig beschlossen:

Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages, der Berufung gegen den Bescheid vom 26.5.1998 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste wies mit Bescheid vom 26. Mai 1998 den Antrag des Beschwerdeführers auf Herabsetzung der Anzahl der Kontrolltermine ab und verfügte mit Bescheid vom 26. Juni 1998 gemäß §49 AlVG wegen Nichteinhaltung eines Kontrolltermins, daß der Beschwerdeführer für den Zeitraum 23. April 1998 bis 18. Juni 1998 keine Notstandshilfe erhalte.

In seinen gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen beantragte der Beschwerdeführer, diesen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid hat die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien, diesen Anträgen unter Berufung auf §56 Abs2 AlVG keine Folge gegeben.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinen Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift mit der Begründung, daß die mit Berufung bekämpften Bescheide einem Vollzug nicht zugänglich seien, die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Die - zulässige - Beschwerde ist nur insoweit begründet, als sie sich gegen die Abweisung des Antrages, der Berufung gegen den Bescheid vom 26.6.1998 betreffend Unterlassung einer Kontrollmeldung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, richtet.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10. Juni 1999, G7/99, §56 Abs2 AlVG wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip aufgehoben.

Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung, bei deren Unterbleiben in jenem des Beginns der nichtöffentlichen Beratung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Gesetzesstelle anhängig sind (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

Die Beschwerde ist am 5. Oktober 1998 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt. Der Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentllichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren über §56 Abs2 AlVG war der 10. Juni 1999. Die Gesetzesaufhebung wirkt daher auch für sie.

Der angefochtene Bescheid ist in Anwendung der als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmung ergangen. Es ist nach Lage des Falles, soweit er die aufschiebende Wirkung im Verfahren betreffend die Unterlassung einer Kontrollmeldung und den Anspruchsverlust auf Notstandshilfe zum Gegenstand hat (vgl. G7/99 vom 10. Juni 1999), nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher insoweit aufzuheben.

2. Soweit der bekämpfte Bescheid jedoch über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren betreffend Herabsetzung der Anzahl der Kontrolltermine abspricht, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und es sich nicht um einen Fall handelt, der von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist (Art144 Abs2 B-VG). Da der angefochtene Bescheid lediglich die Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegen die Verweigerung einer Herabsetzung der Anzahl der Kontrolltermine versagt, läßt ihr Vorbringen angesichts des Umstandes, daß ein solcher Bescheid einem Vollzug nicht zugänglich ist, sodaß eine aufschiebende Wirkung gar nicht in Betracht kommt, die behauptete Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Da die Angelegenheit auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, sieht der Verfassungsgerichtshof insoweit von einer Behandlung der Beschwerde ab.

III. Von der Durchführung einer

mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 und §19 Abs3 Z1 VerfGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. Sie beruht auf der Erwägung, daß die Beschwerde nur teilweise erfolgreich war. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.250 S enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, Bescheid, Trennbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1461.1998

Dokumentnummer

JFT_10009386_98B01461_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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