TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/14 B976/97

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Veröffentlicht am 14.06.1999
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §113 Abs2a und 2b der Nö BauO 1976, LGBl 8200-13, und der Aufhebung des §77 Abs1 zweiter Satz Nö BauO 1996, LGBl 8200-0, mit E v 03.03.99, G132/98 ua.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Niederösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit ATS 18.000,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Sallingberg wurde gemäß §113 Abs2b NÖ Bauordnung festgestellt, dass die auf dem Grundstück Nr. 224, KG Rabenhof, errichtete Jagd- und Futterhütte den Voraussetzungen des §113 Abs2a leg. cit. entspricht. Die vom Anrainer, dem nunmehrigen Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde vom Gemeinderat abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die niederösterreichischen Landesregierung die vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung als unbegründet ab.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (des §13 Abs2a bis 2c NÖ BauO 1976) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

3. Die Niederösterreichische Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

4. Mit Beschluss vom 25. Juni 1998 B787/98 leitete der Verfassungsgerichtshof das Verfahren zur amtswegigen Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §113 Abs2a und 2b der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 ein. Mit Erkenntnis vom 3. März 1999 G132/98 sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass diese Bestimmungen verfassungswidrig waren.

II.1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher im Anlassfall so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg.10616/1985, 11711/1988).

2. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G132/98 begann am 3. März 1999. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 24. April 1997 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Verfahren zu G132/98 schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

3. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig befundene Gesetzesbestimmungen an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG.

5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B976.1997

Dokumentnummer

JFT_10009386_97B00976_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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