TE Vfgh Beschluss 1999/6/14 B355/99

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Veröffentlicht am 14.06.1999
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §63 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags als verspätet

Spruch

1. Der Antrag des Einschreiters auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Einschreiter suchte Mitte 1998 beim Arbeitsmarktservice Wien um Gewährung der Notstandshilfe an. Dieser Antrag wurde mangels Zugehörigkeit des Einschreiters zum berechtigten Personenkreis aufgrund der geltenden Rechtslage abgewiesen.

Die Berufung des Einschreiters gegen den abweisenden Bescheid, in der die Verfassungswidrigkeit der geltenden Rechtslage behauptet wurde, wurde von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit Bescheid vom 23. Oktober 1998 (dem Einschreiter am 29. Oktober zugestellt) verworfen.

Der Einschreiter stellte beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid, welcher bewilligt wurde.

2. Mit dem am 2. März 1999 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz beantragt der Einschreiter die Gewährung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde und verbindet damit einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Antragsfrist. Der Wiedereinsetzungsantrag wird damit begründet, daß der Einschreiter auf Empfehlung der Arbeiterkammer eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde einbringen hätte wollen und er sich zu diesem Zwecke in das Gebäude begeben habe, in dem sich Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof befinden. Aufgrund einer unklaren Formulierung seines Anliegens sei er zum Verwaltungsgerichtshof verwiesen worden, wo er einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt habe, welcher bewilligt worden sei. Der Verfahrenshelfer hätte am 17. Februar 1999 aufgezeigt, daß der Einschreiter den Verfassungsgerichtshof mit dem Verwaltungsgerichtshof verwechselt habe. Diese Verwechslung wäre aufgrund der räumlichen Nähe der beiden Gerichte eine geringfügige Fehlleistung.

3. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 10880/1986, 11537/1987).

4. Im vorliegenden Fall wurde dem Einschreiter nach seinem eigenen Vorbringen von der Arbeiterkammer die Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof empfohlen. Dem Einschreiter war daher bekannt, bei welchem Gericht er seine Beschwerde einbringen bzw. den Antrag auf Verfahrenshilfe stellen mußte. Angesichts dieser Ausführungen kann nicht davon gesprochen werden, daß ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" vorliegt, durch das der Einschreiter an der rechtzeitigen Stellung des Verfahrenshilfeantrages beim Verfassungsgerichtshof verhindert wurde, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen ist.

5. Aus den angeführten Gründen erweist sich der am 2. März 1999 beim Verfassungsgerichtshof eingelangte Verfahrenshilfeantrag als verspätet; er war daher zurückzuweisen.

6. Dies konnte gemäß §33 und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B355.1999

Dokumentnummer

JFT_10009386_99B00355_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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