TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 2001/05/0920

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Eugenie Pöpperl in Maria Enzersdorf, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in 1160 Wien, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. August 2001, Zl. RU1-V-00046/02, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Maria Enzersdorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1999, Zl. 99/05/0085, wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG der auf § 113 Abs. 2b der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-13, gestützte, bei der Marktgemeinde Maria Enzersdorf am 7. April 1997 eingelangte Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin vom 3. April 1997 zurückgewiesen. Auf dieses Erkenntnis wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof ging in diesem Erkenntnis davon aus, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem "Devolutionsantrag" vom 24. November 1997 den Übergang der "Zuständigkeit hinsichtlich der Entscheidung" über ihren Antrag vom 3. April 1997 "auf den Gemeinderat" habe bewirken wollen.

Dieses im nunmehrigen Beschwerdeverfahren zu beurteilende Schreiben der Beschwerdeführerin an die "Baubehörde der Gemeinde Maria Enzersdorf" vom 24. November 1997 hat folgenden Inhalt:

"Betrifft: Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides für die Fertigstellung eines Einfamilienhauses auf Parzelle 701/2 am Rauchkogel; Postanschrift: Stojanstraße 40;

gemäß Amnestiegesetz der NÖ Bauordnung

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Mittels Antrages vom 3.4.1997 hatte ich unter Bezugnahme auf die eingereichten Projektunterlagen des Planungsbüros Ing. Kurt N. samt Baubeschreibung um die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß den Übergangsbestimmungen der neuen Bauordnung sowie des Amnestiegesetzes gebeten.

Da innerhalb der gesetzlichen 6-Monatsfrist keine Entscheidung gefällt wurde und ich im Hinblick auf den Ablauf der Amnestiemöglichkeit per 31.12.1999 einen unwiederbringlichen Schaden erleiden würde, stelle ich hiemit Devolutionsantrag, sodaß ab Zugang dieses Schreibens die Zuständigkeit hinsichtlich der Entscheidung über meinen Antrag auf den Gemeinderat übergeht.

Eine Kopie meiner Eingabe habe ich an die Aufsichtsbehörde übermittelt und wird sich die Landesregierung als auch der über Herrn M. informierte Landeshauptmann über die weitere Bearbeitung informiert halten.

Ich bitte Sie möglichst bald eine Verhandlung vor Ort anzuberaumen.

Den Wünschen des Interessenten M. entsprechend wurde der mit der Baubehörde unter Einbindung der P. GmbH akkordierte Einreichplan des Interessenten Baumeister Ing. Karl S. geringfügig adaptiert.

Mit freundlichen Grüßen"

Am 24. Juni 1999 stellte die Beschwerdeführerin folgenden

Antrag:

"Betrifft: Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Am 28. April 1999 fand eine Besprechung im Gemeinderat der Marktgemeinde Maria Enzersdorf statt. Bei dieser Besprechung waren anwesend:

Herr Bürgermeister H.;

Bauamtsleiter Ing. St.,

und ich mit meinem Rechtsbeistand. Bei dieser Besprechung wurde vereinbart, daß der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vom 3.4.97, 24.11.97, 9.3.98 und 29.5.98 noch immer aktuell ist und ich müßte innerhalb kurzer Zeit die Pläne wie mit Ing. St. besprochen, neu vorlegen. Nunmehr habe ich diese Pläne entsprechend den Wünschen von Hr. Ing. Stocek am 28.4.99 vorgelegt und bei der letzten Besprechung im Gemeindeamt am 16. Juni 1999 hat Herr Bürgermeister H. erkennen lassen, daß er nicht bereit ist, das Feststellungsverfahren weiterzuführen, sondern hat vielmehr eine allfällige Umwidmung eines Teiles (ca. 1.500 m2) meines Grundes in Aussicht gestellt.

Da die Voraussetzung des § 73 AVG vollinhaltlich gegeben sind, stelle ich den Antrag an den hohen Gemeinderat, unverzüglich die Feststellungsverhandlung zu terminisieren, abzuführen und den Feststellungsbescheid zu erlassen.

Hochachtungsvoll

(Beschwerdeführerin)"

Mit Bescheid vom 30. März 2000 wurde dieser Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen, weil nur ein Feststellungsantrag vom 3. April 1997 und ein (dazugehöriger) Devolutionsantrag vom 24. Juni 1999, jedoch kein neuerlicher Antrag, der das Entstehen der behördlichen Entscheidungspflicht bewirkt hätte, vorliege.

In der dagegen erhobenen Vorstellung behauptete die Beschwerdeführerin, sie habe "am 24. 11. 1997 einen neuerlichen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 113 NÖ BauO eingebracht". Ihr Devolutionsantrag vom 24. Juni 1999 sei daher berechtigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 24. November 1997 beinhalte nur einen Devolutionsantrag, jedoch keinen weiteren Antrag gemäß § 113 Abs. 2b der NÖ Bauordnung 1976.

In der gegen diesen aufsichtsbehördlichen Bescheid erhobenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag vom 24. November 1997 vorgelegten Pläne lediglich geringfügige Veränderungen darstellten, oder ob es sich um einen neuen Antrag handle. Hätte die belangte Behörde diese Prüfung vorgenommen, wäre sie zum Schluss gelangt, dass sehr wohl ein neuer Antrag vorliege. Die Baubehörden hätten den Antrag der Beschwerdeführerin vom 24. Juli 1997 (gemeint offenbar: 24. November 1997) als zweiten Antrag erkannt; dies ergebe sich aus dem Schriftverkehr mit der mitbeteiligten Marktgemeinde. Daraus könne abgeleitet werden, dass der Antrag der Beschwerdeführerin verständlich formuliert und auch von der zuständigen Behörde als solcher akzeptiert worden sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag).

Mit ihrer Eingabe vom 24. November 1997 hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich einen "Devolutionsantrag" gestellt, weil über ihren Antrag vom 3. April 1997 nicht fristgerecht entschieden worden ist. Aus dem Inhalt dieses Schreibens kann - auch bei Erforschung der dieser Eingabe zu Grunde liegenden Absicht der Beschwerdeführerin - nicht auf einen neuerlichen Antrag auf Feststellung gemäß § 113 Abs. 2b Niederösterreichische Bauordnung 1976, LGBl. 8200-13, geschlossen werden. Die mit dieser Eingabe verbundene Vorlage neuer Urkunden (Einreichplan) hatte als erkennbares und zweifelsfrei erschließbares Ziel, den auf Grund des Devolutionsantrages nunmehr vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zu erledigenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. April 1997 bewilligungsfähig zu gestalten. Nach dem allein maßgeblichen objektiven Erklärungswert (siehe das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0192) des Antrages der Beschwerdeführerin vom 24. November 1997 ist daher davon auszugehen, dass diese Eingabe ausschließlich als "Devolutionsantrag" und nicht als neuerlicher Feststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 2b Niederösterreichische Bauordnung 1976, LGBl. 8200-13, beurteilt werden kann.

Dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 24. Juni 1999 lag demnach - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin - kein die Entscheidungspflicht der Behörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG auslösender Antrag vom 24. November 1997 zu Grunde, weshalb der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde in seinem Bescheid vom 30. März 2000 ohne Rechtsirrtum diesen Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin zurückweisen konnte. Weitere Anträge im Rahmen eines bereits anhängigen Verfahrens lösen keine gesonderte Entscheidungspflicht der Behörde aus, vielmehr beginnt die im § 73 Abs. 1 AVG bestimmte Frist von neuem zu laufen, wenn der ursprüngliche Parteienantrag über den zu entscheiden war, in einem wesentlichen Punkt modifiziert wird (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seiten 1638 f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenes Bescheides liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001050920.X00

Im RIS seit

14.08.2002

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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