TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 99/03/0461

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

B-VG Art140 Abs7;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 Z7 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 Z8 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 Z9 idF 1998/I/017;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des IZ in K, Griechenland, vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Dr. Dieter Perz und Dr. Georg Wallner, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Ederstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 24. Oktober 1999, Zl. UVS-5/10.372/4-1999, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 26. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Fahrer eines nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelzugfahrzeuges, wie bei der Kontrolle durch ein Zollwacheorgan am 2. November 1998 um 11.45 Uhr bei der Mautstelle der Tauernautobahn (A10) in St. Michael i.Lg. festgestellt worden sei, von Italien kommend in Fahrtrichtung Deutschland einen gewerbsmäßigen Gütertransport für sein Unternehmen durchgeführt und dabei, obwohl das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger (ecotag) versehen und nicht im bilateralen Verkehr eingesetzt gewesen sei, den Umweltdatenträger so eingestellt, dass bei der Kontrolle ersichtlich gewesen sei, dass vor Einfahrt in österreichisches Hoheitsgebiet keine Transitfahrt angezeigt worden sei "(ecotag grün blinkend)". Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 17/1998 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 1524/96 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 144 Stunden) gemäß § 23 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 letzter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995 verhängt wurde.

In seiner dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf ein Schreiben des Selbstverwaltungskreises Achaia vom 8. November 1998, in dem festgehalten worden sei, dass der LKW des Beschwerdeführers am 31. Oktober 1998 in die Fahrtliste eingeschlossen worden sei, also sein Fahrer in österreichisches Hoheitsgebiet einfahren dürfe. Auf Grund dieser Bestätigung bzw. Führung der Liste sei er nicht verpflichtet gewesen, gesonderte Einstellungen des Umweltdatenträgers vorzunehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, eine Transitfahrt durchgeführt zu haben. In dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben des Selbstverwaltungskreises Achaia werde zwar - ohne Bezugnahme auf gesetzliche Bestimmungen und ohne näher zu erläutern, welche rechtliche Bedeutung der "Fahrtliste" zukomme - bestätigt, dass der in Rede stehende LKW berechtigt sei, durch Österreich durchzufahren; die Bestätigung enthalte jedoch keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer bei der Durchführung einer Transitfahrt durch Österreich von der Verpflichtung zur Entrichtung von Ökopunkten entbunden wäre. Der Beschwerdeführer habe eine Transitfahrt durchgeführt und den Umweltdatenträger lediglich auf eine bilaterale Fahrt eingestellt, sodass keine Ökopunkte abgebucht worden seien. Vom Beschwerdeführer könne erwartet werden, dass er sich bei der zu verlangenden Sorgfalt über die Verpflichtung zur Entrichtung von Ökopunkten ausreichend informiere bzw. die diesbezüglich einzuhaltenden EG-Verordnungen kenne. Auf einen schuldausschließenden Rechtsirrtum wegen falscher Rechtsauskunft durch eine Behörde könne sich der Beschwerdeführer schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil ihm der Selbstverwaltungskreis Achaia mit dem vorgelegten Schreiben in keiner Weise bestätigt habe, dass er für die in Rede stehende Fahrt keine Ökopunkte zu entrichten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß "Abs. 1 Z. 3 und Z. 7 bis 9" die Geldstrafe mindestens S 20.000,-- zu betragen.

Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr durch Österreich, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens durch das Gebiet Österreich

"die nachstehenden aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen der Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist im Anhang a) enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, dass eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('Eco-Tag') bezeichnet wird; oder

c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis dafür, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang c) handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

Gegen den angefochtenen Bescheid bringt der Beschwerdeführer, der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bestreitet, eine Transitfahrt durchgeführt zu haben, im Wesentlichen vor, es liege ein Fall von entschuldbarer Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift gemäß § 5 Abs. 2 VStG vor, weil er sich bei der griechischen Behörde erkundigt habe, welche Voraussetzungen für eine Fahrt durch Österreich erfüllt werden müssten. Aus dem oben angeführten Schreiben vom 8. November 1998 habe er entnehmen dürfen, dass er sämtliche Voraussetzungen für eine Durchfahrt durch österreichisches Hoheitsgebiet bereits erfüllt habe und keine sonstigen Voraussetzungen von ihm zu erfüllen seien. Auf Grund dieses Schreibens hätten ihm auch keine Bedenken aufkommen müssen, dass allenfalls weitere Voraussetzungen vorzuliegen hätten. Da keine Umstände vorgelegen hätten, die Anlass zu Zweifel an der Richtigkeit bzw. Vollständigkeit des Schreibens vom 8. November 1998 Anlass gegeben hätten, sei der Beschwerdeführer nicht verpflichtet gewesen, weitere Erkundigungen einzuholen, zumal Griechenland ein EU-Mitgliedstaat sei und der Beschwerdeführer "sohin" von der Vollständigkeit der Auskunft der Behörde ausgehen hätte dürfen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich bei der zuständigen Behörde nach der Rechtslage erkundigt, ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Tat am 2. November 1998 begangen hat, das von ihm ins Treffen geführte Schreiben jedoch unbestritten erst am 8. November 1998 verfasst wurde. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht hat, dass sich aus diesem Schreiben ergebe, dass er berechtigt gewesen sei, mit dem gegenständlichen Sattelzug in Österreich "einzufahren", und sich auf Grund des Inhaltes dieses Schreibens ergibt, dass der LKW am 31. Oktober 1998 in die Fahrtliste eingeschlossen worden sei, mit welcher er - so der Text der Übersetzung des Schreibens - durch Österreich durchfahren dürfe, und an diesem Tag der Besitzer und Fahrer des LKW in der Behörde die notwendigen Unterlagen vorgelegt habe, vermag ihn dies nicht hinsichtlich der hier in Rede stehenden Übertretung der genannten Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes bzw. der unmittelbar anwendbaren Vorschriften der gemeinschaftsrechtlichen Verordnung zu entschuldigen, zumal aus dem Schreiben - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - keinerlei Hinweis ersichtlich ist, der Beschwerdeführer habe keine Ökopunkte zu entrichten bzw. sei von der Verpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen insbesondere des Artikel 1 der Verordnung befreit. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass ihm die konkrete Auskunft erteilt worden sei, er habe die darin genannten Verpflichtungen nicht zu erfüllen und zeigt keine schlüssigen Gründe dafür auf, aus denen er sich ohne jede weitere Erkundigung darauf verlassen durfte, er habe zur Durchführung der Transitfahrt keine weiteren Verpflichtungen zu erfüllen. Der Schuldspruch der belangten Behörde kann daher nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Im Übrigen liegt jedoch eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/2001 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf Z. 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 99/03/0089). Daher ist eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0186).

Der angefochtene Bescheid war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung auch die Umsatzsteuer abgegolten wird.

Wien, am 23. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999030461.X00

Im RIS seit

06.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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