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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der O in Wien, geboren 1980, vertreten durch Dr. Günter Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Februar 2002, Zl. SD 795/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Februar 2002 wurde die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei nach der Aktenlage zumindest seit Mai 1999 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Am 4. Mai 1999 habe sie in Wien einen jugoslawischen Staatsangehörigen geheiratet. Bereits seit 12. März 1999 sei sie im Inland polizeilich gemeldet. Aktenkundig sei auch, dass die Beschwerdeführerin schon am 8. November 1995 in Wien ein Kind zur Welt gebracht habe. Da sie im Verdacht gestanden sei, im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft medizinische Leistungen eines Krankenhauses in Anspruch genommen und mangels eigenen Sozialversicherungsschutzes den Namen ihrer (nunmehrigen) Schwägerin angegeben zu haben, sei sie zur Anzeige gebracht worden. Das Strafverfahren sei gemäß § 90 StPO eingestellt worden. Seit ihrer Verehelichung habe die Beschwerdeführerin drei weitere Kinder zur Welt gebracht. Auch diese verfügten allesamt über keinen Aufenthaltstitel. Lediglich ihr Gatte sei zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieser habe bereits vor längerer Zeit einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt. Das Verfahren sei noch anhängig.
Angesichts des mehrjährigen unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG gegeben seien.
Angesichts des oben Gesagten sei zweifelsfrei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse habe die Beschwerdeführerin durch ihren mittlerweile länger dauernden unrechtmäßigen Aufenthalt erheblich verstoßen. Unter den gegebenen Umständen sei die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, ihren Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Der Umstand, dass der Gatte der Beschwerdeführerin um die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft angesucht habe, habe keine Rechtswirkungen auf die Stellung der Beschwerdeführerin. Es sei mit einem geregelten Fremdenwesen nicht vereinbar, der Beschwerdeführerin die Fortsetzung ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes so lange zu gestatten, bis ihr Ehegatte zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft (möglicherweise) die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekomme und die Beschwerdeführerin dadurch Niederlassungsfreiheit erlange. Die familiären Interessen der Beschwerdeführerin würden dadurch relativiert, dass sie weder zum Zeitpunkt der Geburt ihrer Kinder noch am Tag ihrer Eheschließung zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei und somit nicht mit einem ständigen Verbleib im Bundesgebiet habe rechnen dürfen. Dazu komme, dass drei der vier Kinder der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien. Die gegenteilige Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, die sich auf die Geburten der Kinder in Österreich stütze, erweise sich im Hinblick auf § 28 Abs. 2 FrG als unzutreffend. Den Kindern sei niemals Sichtvermerksfreiheit zugekommen, sodass auch deren Aufenthalt vom Inland aus nicht legalisierbar sei. Die Ausweisung sei daher trotz der geltend gemachten familiären Umstände im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Letztlich sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin den Kontakt zu ihren Familienangehörigen - wenn auch eingeschränkt - vom Ausland aus aufrecht erhalten könne. Die vorliegende Maßnahme stehe einer neuerlichen Einreise unter Einhaltung der fremdenrechtlichen Vorschriften nicht entgegen.
Auch ein Absehen von der Ausweisung im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens sei nicht möglich gewesen. Ein Arztbrief weise die körperliche Behinderung eines Sohnes aus. Aus den vorgelegten Unterlagen sei jedoch nicht ableitbar, dass dieses Kind deshalb besonderer Pflege und Betreuung bedürfe, die nur die Beschwerdeführerin durchführen könne. Derartiges sei auch gar nicht vorgebracht worden. Überdies stünden der gemeinsamen Ausreise der Beschwerdeführerin mit ihren Kindern keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG sei erfüllt, keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerdeführerin bringt zur Frage der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde Ermittlungen über den Stand des anhängigen Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahrens ihres Gatten unterlassen habe. Bei einer entsprechenden Anfrage an die zuständige Behörde hätte sich ergeben, dass die Staatsbürgerschaft bald verliehen werde. Ab dem Zeitpunkt der Staatsbürgerschaftsverleihung an ihren Gatten werde die Beschwerdeführerin Niederlassungsfreiheit genießen und berechtigt sein, eine Niederlassungsbewilligung vom Inland aus zu beantragen. Die Ansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin könne ihren Aufenthalt nicht vom Inland aus legalisieren, sei daher falsch. Das "immer wieder anzutreffende Argument des angeblich hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens" habe dort keine Berechtigung, wo es um die Interessen österreichischer Staatsbürger gehe. Zu dieser Gruppe gehörten auch jene Ausländer, die kurz vor der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft stünden. Der politische Auftrag, ein strenges Fremdenwesen sicherzustellen, sei dort verfehlt, wo Interessen eigener Staatsbürger bzw. Fremder, die in Bälde mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft rechnen könnten, beeinträchtigt würden.
2.2. Die belangte Behörde hat neben der Dauer des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin auch die Anwesenheit des Gatten und der vier Kinder, von deren eines behindert ist, in Österreich berücksichtigt. Die aus dem ohnehin nicht langen inländischen Aufenthalt seit 1999 ableitbaren persönlichen Interessen werden dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführerin - was sie nicht in Abrede stellt - bisher keine Berechtigung zum Aufenthalt zugekommen ist. Die aus den familiären Beziehungen der Beschwerdeführerin resultierenden Interessen werden - von der belangten Behörde richtig erkannt - in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass sich die Beschwerdeführerin weder im Zeitpunkt ihrer Eheschließung noch bei der Geburt ihrer Kinder rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und daher rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte (vgl. etwa das in der Beschwerde zitierte hg. Erkenntnis vom 15. November 1999, Zl. 99/21/0156).
Den persönlichen Interessen steht gegenüber, dass sich die Beschwerdeführerin bisher zur Gänze unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Der unrechtmäßige Aufenthalt über einen Zeitraum von fast drei Jahren stellt eine schwere Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, dar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 2001, Zl. 2001/18/0060, und vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0247).
Der von der Beschwerdeführerin behauptete Umstand, dass ihr Ehegatte mit der baldigen Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen habe, bewirkt keine zusätzliche Stärkung der persönlichen Interessen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2001/18/0105). Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, ist die Behörde nicht verpflichtet, von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen und damit den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden zu dulden, bis der Fremde durch die - vor Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens jedenfalls immer noch ungewisse - Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Gatten Niederlassungsfreiheit und die damit verbundene Möglichkeit der Beantragung einer Niederlassungsbewilligung vom Inland aus erlangt. Im Übrigen können bei einem antragsgebundenen Verwaltungsakt - wie es die Verleihung der Staatsbürgerschaft darstellt - vor dessen Erlassung an die mit dem Akt verliehene Rechtsposition anknüpfende rechtliche Regelungen - wie etwa § 49 Abs. 1 FrG - nicht zum Tragen kommen (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2001/18/0105).
Die Unterlassung von Erhebungen zum Stand des den Gatten der Beschwerdeführerin betreffenden Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahrens stellt daher keinen Verfahrensmangel dar.
Unter gehöriger Abwägung der dargestellten Umstände kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und demnach im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. Mai 2002
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002180077.X00Im RIS seit
01.08.2002