TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/24 99/21/0147

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.05.2002
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §113 Abs3 impl;
FrG 1997 §14 Abs4;
FrG 1997 §88 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 18. Oktober 1976 geborenen G in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Heiger, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Mariahilferstraße 149, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. April 1999, Zl. 309.356/2-III/11/99, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ersichtlichmachung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer, einem Staatsbürger der Bundesrepublik Jugoslawien, war am 17. März 1989 ein unbefristeter Wiedereinreisesichtvermerk erteilt worden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. August 1993 war gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers war vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0031, als unbegründet abgewiesen worden.

Das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot hatte gemäß § 11 Abs. 2 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, zur Folge, dass der dem Beschwerdeführer erteilte Sichtvermerk ungültig wurde.

Auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers wurde das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 9. April 1998 gemäß § 114 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aufgehoben.

Mit Antrag vom 24. April 1998 begehrte der Beschwerdeführer, den ihm am 17. März 1989 erteilten unbefristeten Wiedereinreisesichtvermerk, der gemäß § 16 Abs. 2 zweiter Satz des Fremdengesetzes 1997 infolge der Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes wieder aufgelebt sei, "in meinem Reisepass ersichtlich zu machen".

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. August 1998 gemäß § 14 Abs. 2 FrG "als unzulässig zurückgewiesen". Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. April 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 lauten:

"Verfahren bei der Erteilung der Einreise- und Aufenthaltstitel

§ 14. ...

...

(4) Der Einreise- oder Aufenthaltstitel ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen.

...

Ungültigkeit und Gegenstandslosigkeit eines Einreise- oder Aufenthaltstitels

§ 16. (1) Ein Einreisetitel ist für ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die eine Versagung rechtfertigen würden (§§ 10 und 11).

(2) Einreise- und Aufenthaltstitel werden ungültig, wenn gegen Fremde ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar wird. Ein Aufenthaltstitel lebt von Gesetzes wegen wieder auf, sofern innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer das Aufenthaltsverbot oder die Ausweisung anders als gemäß § 44 behoben wird.

...

Zuständigkeit

Sachliche Zuständigkeit

§ 88. (1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese.

...

Sachliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen

§ 89. (1) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen trifft der Landeshauptmann. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.

     (2) Entscheidungen im Zusammenhang mit

Niederlassungsbewilligungen trifft jedoch die

Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer

Bundespolizeibehörde diese, wenn es sich um den Aufenthaltstitel

     1.        für einen Drittstaatsangehörigen handelt, der nach

dem 4. Hauptstück Niederlassungsfreiheit genießt;

     2.        für einen der in § 19 Abs. 2 Z 1 und 2 genannten

Drittstaatsangehörigen handelt;

     3.        für Ehegatten oder minderjährige Kinder eines unter

Z 1 und 2 fallenden Drittstaatsangehörigen handelt, sofern diese

Ehegatten und Kinder nicht erwerbstätig sein wollen.

Übergangsbestimmungen für Dokumente,

Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen

§ 113. ...

...

(3) Die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilten Sichtvermerke behalten ihre Gültigkeit bis zum festgesetzten Zeitpunkt; Aufenthaltsberechtigungen in Bescheidform gelten innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer als Aufenthaltserlaubnis in Bescheidform weiter. Sofern gewöhnliche Sichtvermerke oder Aufenthaltsberechtigungen in Bescheidform unbefristet erteilt worden sind, sind sie auf Antrag durch den entsprechenden unbefristeten Aufenthaltstitel nach diesem Bundesgesetz zu ersetzen. Fremden, denen als Grenzgänger ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, ist auf Antrag quotenfrei eine weitere Aufenthaltserlaubnis für Pendler zu erteilen, wenn bei sonst unveränderten Umstandes die Erwerbstätigkeit nicht in einem unmittelbar an den Nachbarstaat grenzenden politischen Bezirk in Österreich ausgeübt wird.

...

Übergangsbestimmungen für Schubhaftbescheide,

Aufenthaltsverbote und Ausweisungen

§ 114. ...

...

(3) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlass für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können.

..."

Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer die Ersichtlichmachung eines nach dem Passgesetz 1969 erteilten Sichtvermerkes begehrt. Bei der Entscheidung über diesen Antrag handelte es sich nicht um eine solche im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen im Sinn des § 89 Abs. 1 FrG, auch nicht über einen Antrag gemäß § 113 Abs. 3 zweiter Satz FrG. Daher hatte darüber gemäß § 88 Abs. 1 FG die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, zu entscheiden. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, indem sie die Unzuständigkeit des Landeshauptmanns von Wien nicht von Amts wegen aufgriff und den mit Berufung bekämpften Bescheid nicht gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufhob (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 1981, VwSlg. 10.581/A).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. Mai 2002

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Diverses Besondere Rechtsgebiete sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999210147.X00

Im RIS seit

22.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten