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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
FSG 1997 §29 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Mag. Willibald Berger, Rechtsanwalt in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Juni 2001, Zl. VerkR- 394.221/2-2001-Au/Hu, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9. April 2001 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid enthält den Ausspruch, dass der Beschwerdeführer den Führerschein gemäß § 29 Abs. 3 FSG unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land oder beim Gendarmeriepostenkommando S. abzugeben habe. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 13. April 2001 zugestellt.
Mit Schreiben vom 20. April 2001 drohte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land dem Beschwerdeführer gemäß § 5 VVG die Verhängung einer Zwangsstrafe von S 5.000,-- an, wenn er der Pflicht zur Abgabe des Führerscheines laut Bescheid vom 9. April 2001 nicht innerhalb von drei Tagen, gerechnet ab Zustellung des Schreibens, nachkomme.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Entziehungsbescheid vom 9. April 2000 Berufung, die am 26. April 2001 bei der Erstbehörde einlangte.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2001 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 5 VVG die im Schreiben vom 20. April 2001 angedrohte Zwangsstrafe von S 5.000,-- verhängt. Weiters wurde ihm eine weitere Zwangsstrafe in der Höhe von S 10.000,-- angedroht, wenn er nicht binnen drei Tagen ab Zustellung des Bescheides den Führerschein abliefere. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 15. Mai 2001 zugestellt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. Mai 2001 Berufung.
Am 7. Juni 2001 hat der Beschwerdeführer seinen Führerschein Organen des Gendarmeriepostens S. übergeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 2. Mai 2001 keine Folge und bestätigte diesen Bescheid. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Entziehungsbescheid vom 9. April 2001 sei mit seiner (am 13. April 2001 erfolgten) Zustellung vollstreckbar geworden. Die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheines sei nach der Rechtsprechung durch Androhung und Verhängung von Zwangsstrafen zu vollziehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 5 Abs. 1 und 2 VVG lauten wie folgt:
"Zwangsstrafen
§ 5. (1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, wird dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
..."
Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er erlassen worden sei, obwohl der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheines bereits nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer ist damit im Recht. Die Vollstreckung (in Form der Verhängung einer Zwangsstrafe) ist unzulässig, wenn der Verpflichtung zu einer Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 VVG bereits entsprochen wurde. Eine Zwangsstrafe zur Bewirkung einer unvertretbaren Handlung im Sinne des § 5 VVG dient nur dazu, den Verpflichteten zur Erfüllung dieser Verpflichtung zu bewegen, stellt jedoch keine Strafe für in der Vergangenheit gelegenen Ungehorsam des Verpflichteten dar. Wurde die unvertretbare Handlung bereits (wenn auch nach Verzug) bewirkt, besteht kein Grund mehr für die Verhängung von Zwangsstrafen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0281).
Der Umstand, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage von der Erstbehörde von der Abgabe des Führerscheines nicht verständigt wurde und daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides davon offenbar keine Kenntnis hatte, ändert nichts an der objektiven Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Aus dem dargelegten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen und die dazu in der Gegenschrift enthaltenen Ausführungen eingegangen zu werden brauchte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 28. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001110239.X00Im RIS seit
06.08.2002