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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des T in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. Februar 2002, Zl. 20504-14/1880/2-2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 1 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, F und G für die Dauer von 18 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides vom 27. Juni 2000, entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. November 2001 unter anderem wegen der am 14. Juni 2000 begangenen Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden. Er habe am 14. Juni 2000 in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt, dabei einen Verkehrsunfall mit schwerem Sachschaden verursacht und sich in der Folge am Gendarmerieposten S. geweigert, der an ihn ergangenen Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, Folge zu leisten. Der Beschwerdeführer habe bereits am 4. April 1996 und am 18. Dezember 1998 jeweils ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Vorstellung, nicht der Lenker gewesen zu sein, sei das Entziehungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt worden. Mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. November 2001 sei der Beschwerdeführer unter anderem wegen der oben bezeichneten Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden. Damit stehe für die belangte Behörde bindend fest, dass der Beschwerdeführer diese Übertretung begangen habe. Auf Grund der im genannten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg enthaltenen Bestrafung wegen anderer (unmittelbar vor dieser Übertretung begangener) Verwaltungsübertretungen (Verwendung von Fernlicht vor einem entgegen kommenden Fahrzeug, dessen Lenker durch das Fernlicht geblendet wurde; Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit; Verletzung der Verpflichtung, einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen; Nichtmitführen des Führerscheines) stehe auch bindend fest, dass der Beschwerdeführer der Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen sei. Die von der Erstbehörde festgesetzte Entziehungsdauer sei im Hinblick auf das gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers am 14. Juni 2000 sowie die Alkoholdelikte vom 4. April 1996 und 18. Dezember 1998 erforderlich. Das Delikt vom 4. April 1996 (Alkoholgehalt der Atemluft 0,57 mg/l) dürfe keineswegs bagatellisiert werden. Der Vorfall vom 18. Dezember 1998 habe zwar im Hinblick auf den Alkoholisierungsgrad nur zur Androhung der Entziehung der Lenkberechtigung geführt, doch ergebe sich daraus, dass der Beschwerdeführer innerhalb von vier Jahren bereits zum dritten Mal als Lenker eines Kraftfahrzeuges gegen die Alkoholvorschriften verstoßen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG von Bedeutung:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
...
Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder ...
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung."
Der Beschwerdeführer bekämpft die Auffassung, die belangte Behörde sei an die rechtskräftige Bestrafung gebunden, mit dem Vorbringen, er habe gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. November 2001 am 3. Jänner 2002 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Er macht in diesem Zusammenhang geltend, die belangte Behörde hätte sich deshalb nicht auf die Feststellungen im Verwaltungsstrafverfahren stützen dürfen, zumal dieses aus näher genannten Gründen mangelhaft geblieben sei. Die belangte Behörde hätte selbst ein Ermittlungsverfahren zu den ihm angelasteten Übertretungen vom 14. Juni 2000 durchführen müssen.
Zur Erwiderung auf dieses Vorbringen genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige hg. Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden sind (siehe dazu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2001/11/0237, mwN). Die belangte Behörde hatte daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Übertretungen, derentwegen er rechtskräftig bestraft wurde, begangen hat. Eine selbstständige Beurteilung, ob der Beschwerdeführer diese Übertretungen begangen hat, war ihr verwehrt. Die belangte Behörde hat demnach mit Recht das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG angenommen.
An der Bindung der belangten Behörde konnte auch die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. November 2001 nichts ändern. Sollte sich nachträglich (als Folge einer allfälligen Aufhebung dieses Strafbescheides) herausstellen, dass der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen nicht begangen hat, könnte dies nur in einem Wiederaufnahmeverfahren Beachtung finden (siehe auch dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, mwN).
Der Beschwerdeführer bekämpft die Dauer der festgesetzten Entziehungszeit und meint, die belangte Behörde hätte die seit der Tat verstrichene Zeit entsprechend berücksichtigen müssen. Dem Alkoholdelikt vom 4. April 1996 sei im Hinblick darauf, dass es bereits mehr als vier Jahre zurückgelegen sei, keine Bedeutung mehr zugekommen. Dies gelte auch für das Delikt vom 18. Dezember 1998, bei dem der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l betragen habe. Es habe sich damit um den untersten Grenzwert gehandelt, der überhaupt die Androhung der Entziehung der Lenkberechtigung gerechtfertigt habe.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass den beiden Alkoholdelikten vom 4. April 1996 und vom 18. Dezember 1998 deshalb im Rahmen der Verwerflichkeit der strafbaren Handlung besondere Bedeutung zukommt, weil aus der wiederholten Begehung von Alkoholdelikten auf eine entsprechende Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung derartiger Delikte geschlossen werden muss. Weder die Bestrafungen wegen dieser Delikte noch die zuletzt angedrohte Entziehung der Lenkberechtigung haben den Beschwerdeführer davon abgehalten, die Übertretungen vom 14. Juni 2000 zu begehen. Die von der Begehung der strafbaren Handlungen bis zur Erlassung des Mandatsbescheides vom 27. Juni 2000 verstrichene Zeit ist viel zu kurz, um im Rahmen der Prognose, wann der Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werde, zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen zu können. Im Hinblick auf die wiederholte Begehung von Alkoholdelikten kann die festgesetzte Entziehungsdauer nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die belangte Behörde hatte im angefochtenen Bescheid im Rahmen ihrer Kontrollfunktion gegenüber dem Erstbescheid (vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen zu den Aufgaben der Berufungsbehörde im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11.237/A) zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer während der von der Erstbehörde festgesetzten Entziehungsdauer, die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen war, verkehrsunzuverlässig gewesen ist. Dass der Beschwerdeführer auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides verkehrsunzuverlässig sei, hat die belangte Behörde ohnedies nicht angenommen.
Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. Mai 2002
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Inhalt der Berufungsentscheidung Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002110074.X00Im RIS seit
06.08.2002