TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/28 2001/11/0339

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Veröffentlicht am 28.05.2002
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §103;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 §26 Abs2 litb;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §26 Abs2 litb;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 2000 §26 Abs2 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Ulla Heindl, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstraße 68, gegen den Bescheid des (im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch Dr. Friedrich Spitzauer und Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 16. November 2000, Zl. B 59/00, betreffend Waisenversorgung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Antrag vom 26. April 2000 begehrte der Beschwerdeführer die Zuerkennung der Waisenversorgung als Vollwaise nach seiner am 23. April 2000 verstorbenen Mutter Dr. L. (einer Fachärztin für Innere Medizin). Er verwies in seinem Antrag auf das Vorhandensein eines Zwillingsbruders und beantragte die Waisenversorgung so zu bemessen, dass sie 60 % der Leistung seiner Mutter betrage.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2000 (Beschlussdatum 2. Mai 2000) gewährte der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien dem Beschwerdeführer die Vollwaisenversorgung gemäß den §§ 25 und 26 der Satzung des Wohlfahrtsfonds in der Höhe von S 3.300,-- ab 1. Mai 2000. Das Mehrbegehren auf Vollwaisenversorgung in der Höhe der Witwen-(Witwer-)Versorgung gemäß § 24 Abs. 1 lit. a-b der Satzung wurde abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nach seinem Zwillingsbruder zur Welt gekommen, sodass für ihn die Satzungsbestimmung des § 26 Abs. 2 lit. b betreffend die Waisenversorgung für die zweite Vollwaise zur Anwendung komme. Nach dieser Bestimmung betrage die Waisenversorgung für die zweite und jede weitere Vollwaise S 3.300,--.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde an die belangte Behörde, in der er die Auffassung vertrat, unter Zugrundelegung der Feststellung, dass er nach seinem Zwillingsbruder zur Welt gekommen sei, habe er nach § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung Anspruch auf die in lit. a angeführte Waisenversorgung, vermehrt um S 3.300,--. Im Übrigen gehe aus der Satzung in keiner Weise hervor, nach welchen Kriterien eine von mehreren Vollwaisen als erste oder zweite Vollwaise zu betrachten sei. Die Heranziehung der Geburtsdaten sei nicht zwingend. Es wäre auch denkbar, die Reihung nach dem Zeitpunkt der Antragstellung vorzunehmen. § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung sei gleichheitswidrig, weil eine Ungleichbehandlung mehrerer Vollwaisen unsachlich sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge und gewährte dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung die Waisenversorgung in der Höhe von S 5.320,-- ab 1. Mai 2000. Das Mehrbegehren und das Kostenersatzbegehren wurden abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Wortlautes des § 26 der Satzung aus, der Wortlaut lasse zwei denkmögliche Interpretationen zu. Für die Auffassung der Erstbehörde spreche, dass im § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung von "für die zweite und jede weitere Vollwaise" die Rede sei. Damit werde in der Satzung zwischen der "älteren" Vollwaise und der "jüngeren" differenziert. Danach gebühre der älteren Vollwaise die monatliche Waisenversorgung in der Höhe der Witwenversorgung, den weiteren Vollwaisen hingegen jeweils S 3.300,--, dies mit der Einschränkung des § 103 Ärztegesetz 1998. Die Einschränkung dieser Gesetzesstelle, wonach die Waisenversorgung insgesamt "begrenzt" sei, spreche hingegen für eine andere Interpretation der genannten Satzungsbestimmung. Nach § 103 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 dürfe, wenn mehrere Waisen vorhanden sind, die Waisenversorgung insgesamt das Zweifache der Alters- oder Invaliditätsversorgung nicht übersteigen. Das Gesetz sehe somit eine betragliche Höchstgrenze für sämtliche zu versorgenden Vollwaisen vor, sodass einer Differenzierung in der Höhe zwischen der "ersten" Vollwaise (der älteren) und der "zweiten" (jüngeren) und jeder weiteren (jüngeren) Vollwaise nicht gefolgt werden könne. Die Auslegung der Erstbehörde würde dazu führen, dass für einen verbleibenden Vollwaisen unter Umständen gar keine Waisenversorgung mehr zugesprochen werden könne. § 26 Abs. 2 der Satzung spreche in seinem ersten Satz von "Vollwaisen" (also einer Mehrzahl). Die Waisenversorgung gebühre daher sämtlichen Vollwaisen, wobei sich die Waisenversorgung aus der jeweiligen Höhe der Witwenversorgung und einem zusätzlichen Betrag von je S 3.300,-- für die zweite und jede weitere Vollwaise ergebe. Seien wie im vorliegenden Fall zwei Vollwaisen anspruchsberechtigt, so gebühre jedem die Hälfte des nach § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung errechneten Betrages. Mehrere Vollwaisen hätten daher betraglich gleich hohe Ansprüche auf Waisenversorgung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 25. September 2001, B 97/01-6, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens

vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 103 Ärztegesetz 1998 (in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor der 2. Ärztegesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 110/2001) lautet wie folgt:

"§ 103. (1) Waisenversorgung gebührt bei Vorliegen der im § 101 Abs. 1 bis 3 festgesetzten Voraussetzungen.

(2) Die Waisenversorgung beträgt

1.

für jede Halbwaise mindestens 10 vH,

2.

für jede Vollwaise mindestens 20 vH

der Alters- oder Invaliditätsversorgung, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat oder gebührt hätte.

(3) Sind mehrere Waisen vorhanden, darf die Waisenversorgung insgesamt das Zweifache der Alters- oder Invaliditätsversorgung nicht übersteigen."

Für den Beschwerdefall sind weiters folgende Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien von Bedeutung:

"Höhe der Witwen-(Witwer-)Versorgung

§ 24

(1) Die Witwen-(Witwer-)Versorgung besteht aus

a)

zwei Dritteln der Grundpension;

b)

zwei Dritteln jenes Betrages an Zusatzleistung, auf den das verstorbene Fondsmitglied bzw. der verstorbene Empfänger einer Alters- oder Invaliditätsversorgung Anspruch gehabt hätte oder gehabt hat.

(2) Im Falle des Todes eines Fondsmitgliedes ist für die Ermittlung der Grundpension § 19 sinngemäß anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Versorgung erlischt im Falle der Wiederverehelichung der (des) Berechtigten.

Waisenversorgung

§ 25

Bei Zutreffen der Voraussetzungen nach § 20 wird der Waise

als Beihilfe für die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung

Waisenversorgung gewährt.

Höhe der Waisenversorgung

§ 26

(1) Die Waisenversorgung beträgt für jede Halbwaise S 3.300,--.

(2) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 20 wird Vollwaisen die Waisenversorgung in folgender Höhe gewährt:

a) bei nur einer Vollwaise eine monatliche Waisenversorgung in der jeweiligen Höhe der Witwenversorgung gemäß § 24 Abs. 1 lit. a-b,

b) bei mehreren Vollwaisen die unter lit. a angeführte Waisenversorgung, vermehrt um je S 3.300,--, für die zweite und jede weitere Vollwaise."

Der Beschwerdeführer vertritt auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, ihm stehe als "zweiter" Vollwaise gemäß § 26 Abs. 2 die unter lit. a angeführte Waisenversorgung vermehrt um S 3.300,-- zu.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass eine isolierte Betrachtung des Wortlautes des § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung die von ihm vertretene Auffassung nicht ausschließt, doch zeigt ein Vergleich mit der in § 26 Abs. 1 der Satzung enthaltenen Formulierung ("... beträgt für jede Halbwaise S 3.300,--."), dass im § 26 Abs. 2 der Satzung mit der zu gewährenden Waisenversorgung die auszuzahlende Summe gemeint ist, die "bei mehreren Vollwaisen" (§ 26 Abs. 2 lit. b der Satzung) auf diese aufzuteilen ist. § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung enthält zwar nicht die ausdrückliche Anordnung, dass die nach dieser Bestimmung zu ermittelnde Waisenversorgung "bei mehreren Vollwaisen" auf die vorhandenen Vollwaisen zu gleichen Teilen aufzuteilen ist, doch besteht kein Zweifel, dass auf diese Weise vorzugehen ist, weil nur auf diese Weise ein gleichheitswidriges Ergebnis vermieden wird. Folgte man nämlich der Auffassung des Beschwerdeführers, wären den Vollwaisen je nach ihrer - nach welchen Kriterien immer ermittelten - Reihung unterschiedlich hohe Leistungen zuzuerkennen, wofür kein sachlicher Grund zu sehen ist. Auch der Umstand, dass § 103 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 eine Obergrenze für die Waisenversorgung bei Vorhandensein mehrerer Waisen vorsieht, spricht gegen die Auffassung des Beschwerdeführers, § 26 Abs. 2 lit. b sehe eine je nach dem Rang der Vollwaise in der Reihenfolge fortschreitende Erhöhung für jede einzelne der auf die "erste" folgenden weiteren Vollwaisen vor. Bei dieser Berechnung könnte unter Bedachtnahme auf § 24 der Satzung nicht einmal der dritten von mehreren Vollwaisen der auf sie entfallende Betrag zur Gänze gewährt werden, während alle weiteren Vollwaisen leer ausgingen.

Die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung, nach der dem Beschwerdeführer als einer von zwei Vollwaisen die Hälfte der nach § 26 Abs. 2 lit. b der Satzung berechneten Summe zusteht, entspricht daher der Rechtslage. Mit dem Hinweis, er sei gegenüber seinem Zwillingsbruder (dem nach dem Vorbringen in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde von der Erstbehörde eine Waisenversorgung von S 7.340,-- zuerkannt wurde) in unsachlicher Weise benachteiligt worden, kann der Beschwerdeführer nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Aus dem Umstand, dass seinem Zwillingsbruder durch die Erstbehörde eine höhere als die ihm zustehende Waisenversorgung zuerkannt wurde, kann der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Leistung in gleicher Höhe ableiten.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz entfällt, weil die obsiegende belangte Behörde keinen Antrag auf Ersatz des Vorlageaufwandes gestellt hat.

Wien, am 28. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001110339.X00

Im RIS seit

14.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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