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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §212a Abs9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, in der Beschwerdesache der K KG in W, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. April 1998, Zl. RV/297-07/01/97, betreffend Abgabennachsicht, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug einen Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten (Aussetzungszinsen und Säumniszuschlag in Höhe von 135.117,-- S und 34.387,-- S) ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die vom Nachsichtsbegehren betroffenen Aussetzungszinsen eine Abgabenschuld darstellten, die deswegen entstanden sei, weil die Beschwerdeführerin um Aussetzung der Einhebung ihrer aus der Betriebsprüfung erwachsenen Abgabenschuld angesucht habe. Dies sei eine von der Beschwerdeführerin selbst getroffene Entscheidung gewesen, deren gesetzliche Folgen sie tragen müsse, ohne dass die Rechtsfolgen ihres Aussetzungsantrages als sachliche Unbilligkeit erkannt werden könnten. Das Vorbringen, dass auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin (beim Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien) "kein Rückstand entstanden" wäre, wenn "die Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 1992 beim Finanzamt Neunkirchen veranlasst" worden wäre, gehe daher ins Leere. Der Säumniszuschlag sei deswegen festgesetzt worden, weil die anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung der Beschwerdeführerin nachgeforderte Umsatzsteuer auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin zum Fälligkeitstag nicht entrichtet gewesen sei. Auch in der Vorschreibung des Säumniszuschlages liege kein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis vor. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten mit der Bezugnahme auf Vorgänge auf dem Abgabenkonto eines anderen Abgabepflichtigen die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe im Allgemeinen von vornherein nicht tauglich dargestellt werden. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin und der (beim Finanzamt Neunkirchen steuerlich erfassten) Vermietungsgemeinschaft um unterschiedliche Steuersubjekte handle.
In einer dagegen erhobenen Beschwerde rügte die beschwerdeführende KG, die Abgabenschuldigkeiten seien zu Unrecht nicht nachgesehen worden, weil sich die zu Grunde liegenden Abgaben (Umsatzsteuer im Ausmaß von 1,772.000,-- S) zum Zeitpunkt des von der belangten Behörde angenommenen Fälligkeitstermins bereits "in Händen der Finanzbehörde befunden" habe. Die "Abgabenbehörde habe die entsprechende Stundung bzw Säumnis dadurch herbeigeführt", dass sie die Umsatzsteuer bei der Beschwerdeführerin bemessen habe, ohne gleichzeitig das Verfahren gegenüber der Vermietungsgemeinschaft (welche die entsprechende Umsatzsteuer erklärt hatte) wiederaufzunehmen. Dadurch sei es zu einer Doppelvorschreibung der Umsatzsteuer gekommen, welche im Hinblick auf die Höhe existenzgefährdend gewesen wäre.
Nach Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 35 Abs. 3 VwGG teilte die Beschwerdeführerin unter Vorlage von Bescheidkopien die gemäß § 221a Abs. 2 BAO erfolgte Aufhebung der in Rede stehenden Aussetzungszinsen und des Säumniszuschlages und die Erteilung entsprechender (in Eurobeträgen umgerechneter) Gutschriften mit. Damit sei die Beschwerdeführerin klaglos gestellt worden. Hinsichtlich der Kostenfolge verwies die Beschwerdeführerin auf § 33 VwGG in Verbindung mit § 56 VwGG.
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 307, angeführte hg. Rechtsprechung).
Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss vom 26. April 2001, 2000/16/0028).
Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil die erstinstanzlichen Bescheide hinsichtlich der Beträge, deren Nachsicht die Beschwerdeführerin in dem dem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren begehrt hatte, mit Bescheiden vom jeweils 8. April 2002 gemäß § 221a Abs. 2 BAO aufgehoben wurden.
Das Interesse des Beschwerdeführers an einer meritorischen Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag auf Nachsicht der entsprechenden Beträge abgewiesen wurde, ist daher weggefallen. Die Beschwerde ist somit unter Bedachtnahme auf die prozessuale Überholung des Beschwerdegegenstandes gegenstandslos geworden.
Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 anzuwenden. Fällt danach bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erfordert, waren die Kosten jener Partei zuzusprechen, die bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegt hätte: Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht, dass bei der Beurteilung von Billigkeit oder Unbilligkeit der Einhebung eines festgesetzten Säumniszuschlages Vorgänge auf dem Abgabenkonto eines anderen Abgabepflichtigen ohne Einfluss sind (vgl das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, 94/13/0264, 0265). Gleiches gilt im Beschwerdefall hinsichtlich der Aussetzungszinsen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass es sich bei der beim Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien steuerlich erfassten Beschwerdeführerin um eine andere Abgabepflichtige als die beim Finanzamt Neunkirchen steuerlich erfasste Vermietungsgemeinschaft handelt. Dies ungeachtet des Umstandes, dass die diese Vermietungsgemeinschaft bildenden natürlichen Personen auch Gesellschafter der beschwerdeführenden KG sind.
Der in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001 normierte Aufwandersatz war daher dem Rechtsträger der belangten Behörde zuzusprechen.
Wien, am 28. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999140314.X00Im RIS seit
01.10.2002