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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §3 Abs1 Z15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S GmbH in L, vertreten durch Dr. Rudolf Fries, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Erzherzog-Rainer-Ring 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. Jänner 1996, Zl 477/2-8/Se-1995, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Jahre 1989 bis 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung stellte die Prüferin fest, die Beschwerdeführerin habe für ihren Geschäftsführer P sowie ihre Prokuristen E und H im Jahr 1984 Lebensversicherungen abgeschlossen, wobei diese Angestellten aus den Lebensversicherungen begünstigt seien. Die jährlichen Prämien seien von der Beschwerdeführerin bezahlt worden, wobei nur der den Freibetrag gemäß § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 von 4.000 S jährlich übersteigende Betrag beim jeweiligen Angestellten als steuerpflichtig behandelt worden sei. Die Prüferin vertrat die Ansicht, der eben erwähnte Freibetrag sei zu Unrecht bei Berechnung der lohnabhängigen Abgaben berücksichtigt worden. Der Freibetrag sei nämlich nur zu gewähren, falls Zuwendungen zumindest an bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern geleistet würden. Bei leitenden Angestellten sei jedoch das im § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 geforderte Gruppenmerkmal nicht gegeben.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht der Prüferin an und erließ dementsprechende Bescheide, wobei es zur Begründung auf den von der Prüferin erstatteten Bericht verwies.
Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, aus § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 könne keineswegs geschlossen werden, leitende Angestellte seien nicht als bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern anzusehen. Vielmehr handle es sich bei diesen Angestellten um solche, die bestimmte betriebsbezogene Gruppenmerkmale erfüllten. Ihre Prokuristen unterschieden sich auf Grund ihrer Stellung sowie der ausgeübten Funktion, Befugnis und Verantwortung deutlich von der allgemeinen Gruppe anderer leitender Angestellter.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 23. März 1982, 81/14/0085, ausgeführt, leitende Angestellte, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer bildeten keine Gruppe von Arbeitnehmern. Im Erkenntnis vom 5. Mai 1982, 13/3003/80, habe der Verwaltungsgerichtshof seine Ausführungen im Erkenntnis vom 23. März 1982 insofern präzisiert, als er ausgeführt habe, das Gruppenmerkmal habe sich inhaltlich an der Sache zu orientieren, deretwegen die Gruppe gebildet worden sei. Die entscheidungswesentlichen Merkmale müssten sohin betriebsbezogen sein, um eine unterschiedliche Vorgangsweise zu rechtfertigen. Als Gruppe iSd § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 wären beispielsweise Angestellte des Innendienstes, Angestellte des Außendienstes, Chauffeure, Monteure etc anzusehen.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, die von ihren Prokuristen geleistete Wochenarbeitszeit sei generell länger als die der übrigen Angestellten. Ihre Prokuristen seien auf Grund der besonderen Stresssituation, des ständigen Termindrucks und der erhöhten Verantwortung jedenfalls einer höheren psychischen Belastung, somit einem höheren Risiko ausgesetzt. Ihr Interesse als Arbeitgeber an der Zukunftsvorsorge sei durch die besondere Vertrauensstellung, die Vertretungsberechtigung sowie den besonderen persönlichen Einsatz ihrer Prokuristen begründet. Die Zukunftsicherung für ihre Prokuristen sei somit sachlich begründet und leite sich nicht unmittelbar aus der förmlichen handelsrechtlichen Erteilung der Prokura ab.
Auf Ersuchen der belangten Behörde legte die Beschwerdeführerin Listen der bei ihr in den Streitjahren beschäftigt gewesenen Angestellten unter Angabe der jeweils ausgeübten Tätigkeit und der jeweils bekleideten handelsrechtlichen Stellung vor. Aus diesen Listen ist ersichtlich, dass in den Streitjahren rund 130 Angestellte beschäftigt gewesen sind. Nur für die bereits von der Prüferin genannten Personen hat die Beschwerdeführerin Lebensversicherungen abgeschlossen. Für den (weiteren) Geschäftsführer S und den (weiteren) Prokuristen P hat die Beschwerdeführerin hingegen keine Lebensversicherungen abgeschlossen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie unter Hinweis auf Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 3, Tz 20.1, Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 3, Tz 30, sowie in diesen Kommentaren (zum Teil bereits in der Berufungsvorentscheidung) erwähnten hg Erkenntnissen zur Begründung ausführte, leitende Angestellte, zu denen sowohl Geschäftsführer als auch Prokuristen gehörten, seien nicht als Gruppe von Arbeitnehmern iSd § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 anzusehen. Da die Beschwerdeführerin nur für die bereits von der Prüferin genannten Personen Lebensversicherungen abgeschlossen habe, sei zu Unrecht bei Berechnung der lohnabhängigen Abgaben ein Freibetrag von 4.000 S jährlich berücksichtigt worden. Wie aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Listen der bei ihr in den Streitjahren beschäftigt gewesenen Angestellten ersichtlich sei, habe sie im Gegensatz zu ihren Ausführungen in der Berufung und im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht für alle Geschäftsführer und Prokuristen Lebensversicherungen abgeschlossen. Da die Beschwerdeführerin für den Geschäftsführer S und den Prokuristen P keine Lebensversicherungen abgeschlossen habe, könne von einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern, für die sie als Zukunftsicherung Lebensversicherungen abgeschlossen habe, keine Rede sein. § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 sei daher auch mangels Vorliegens deutlicher Gruppenmerkmale nicht anwendbar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer Zuwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftsicherung seiner Arbeitnehmer, soweit diese Zuwendungen an alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Arbeitnehmer geleistet werden, oder dem Betriebsratsfonds zufließen und für den einzelnen Arbeitnehmer 4.000 S jährlich nicht übersteigen, von der Einkommensteuer befreit.
Unbestritten ist, dass für Arbeitnehmer abgeschlossene Lebensversicherungen ihrer Zukunftsicherung dienen. Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin Lebensversicherungen für eine bestimmte Gruppe ihrer Arbeitnehmer (hier: für ihre Geschäftsführer und Prokuristen, nicht jedoch für andere leitende Angestellte) abgeschlossen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, 95/13/0062, Slg Nr 7039/F, ausgeführt hat, setzt die Steuerfreiheit der durch Maßnahmen der Zukunftsicherung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber gewährten Begünstigung einer Gruppe seiner Arbeitnehmer voraus, dass die unterschiedliche Vorgangsweise sachlich begründbar und nicht willkürlich ist. Die Gruppenmerkmale müssen betriebsbezogen sein, um die unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.
Im Beschwerdefall richten sich die Gruppenmerkmale nicht nach von bestimmten Angestellten ausgeübten Tätigkeiten, sondern nach ihrer handelsrechtlichen Stellung. Die handelsrechtliche Stellung sagt jedoch über betriebsbezogene Gruppenmerkmale nichts aus. Betriebsbezogene Gruppenmerkmale können sowohl bei Personen, die zur Vertretung eines Unternehmens nach Außen, als auch bei solchen, die dazu nicht befugt sind, vorliegen. Beispielsweise könnte einzelnen Personen der Gruppe "Verkaufspersonal" Prokura erteilt werden. Geschäftsführer könnten im Innenverhältnis nur als Abteilungsleiter tätig werden, während anderen Abteilungsleitern nicht einmal Prokura erteilt werden müsste. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die bereits von der Prüferin genannten Personen nicht als bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin angesehen hat. Daran ändert auch der Einwand in der Beschwerde, bei den von der Prüferin festgestellten Prokuristen handle es sich um die in den Streitjahren tätigen Abteilungsleiter der Beschwerdeführerin, nichts. Denn diese Behauptung stellt hinsichtlich eines möglichen Gruppenmerkmales (alle (?) Abteilungsleiter) eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar. Bemerkt wird, dass der in den Streitjahren tätige Abteilungsleiter des Betriebes nicht Prokurist, sondern Geschäftsführer gewesen ist.
Ungeachtet der Frage, ob Geschäftsführer und Prokuristen (nicht jedoch andere leitende Angestellte) als bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern anzusehen sind, hat die belangte Behörde § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 zu Recht nicht angewandt, weil die Beschwerdeführerin nicht für alle Geschäftsführer und Prokuristen Lebensversicherungen abgeschlossen hat. Mit ihrem umfangreichen Beschwerdevorbringen, aus welchen Gründen sie für den Geschäftsführer S trotz der gegenteiligen Behauptungen im Administrativverfahren keine Lebensversicherungen abgeschlossen hat, zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Das Beschwerdevorbringen, sie habe auch für ihren Prokuristen P Lebensversicherungen abgeschlossen, widerspricht sowohl den Feststellungen der Prüferin als auch der Aktenlage und stellt überdies eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Administrativverfahren nicht strittig war, vielmehr erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof umfangreiche Neuerungen vorgebracht worden sind, geht der im Zusammenhang mit diesen unbeachtlichen Neuerungen stehende Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am 28. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1996140040.X00Im RIS seit
19.09.2002