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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASchG 1994 §93;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde 1.) des H und 2.) der M, beide in
I und vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Jänner 2002, Zl. IIa-60.014/3- 01, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei:
C GmbH in I, vertreten durch Czernich Hofstädter Guggenberger Bodner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 19. Juni 2001 wurde der mitbeteiligten Partei die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage zur Herstellung von Badmöbel im näher bezeichneten Standort gemäß § 77 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 GewO 1994 i.V.m. § 93 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhoben (nur) die Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid
wurde wie folgt abgesprochen:
"Spruch
Der Landeshauptmann von Tirol als Gewerbebehörde II. Instanz gemäß § 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 entscheidet über die gegenständliche Berufung gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:
I. Der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 19.06.2001, Zahl 2.1-277/23, wird insofern geändert, als er zu lauten hat wie folgt:
'Gemäß § 359b Abs. 1, 4 und 7 GewO 1994, BGBl. 1994/194 in der Fassung BGBl I 2000/88, sowie § 1 der Verordnung BGBl II 1998/265 wird festgestellt, dass die Betriebsanlage der C GmbH zur Herstellung von Badmöbeln im Standort I, derart beschaffen ist, dass das vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelangt.
Zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen werden folgende Aufträge erteilt:'
Die vorgeschriebenen Auflagen gelten als Aufträge im Sinne des § 359b Abs. 1 GewO 1994 weiter, der Kostenzuspruch bleibt unberührt.
II. Die Berufung des H und der M, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 19.06.2001, Zahl 2.1-277/23, wird gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994, BGBl 1994/194 in der Fassung BGBl I 2000/88, in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen."
In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde einerseits die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens gemäß § 359b GewO 1994 vorliegen; liege dies (wie hier) vor, wäre der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin gehend zu ändern, dass als Rechtsgrundlage § 359b GewO 1994 herangezogen werde.
Andererseits meint die belangte Behörde: "Die anhängige Berufung ist als unzulässig zurückzuweisen, eine inhaltliche Prüfung ist der Berufungsbehörde verwehrt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Aus dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass das Gesetz der Berufungsbehörde eine Entscheidung, die sowohl die Zurückweisung der Berufung als auch eine Sacherledigung ist, nicht erlaubt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1979, Zl. 2401/79).
Die belangte Behörde verkannte daher schon deshalb die Rechtslage, weil sie einerseits die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückwies, andererseits aber auf Grund der Berufung eine Sacherledigung traf. Sie belastete den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 29. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002040021.X00Im RIS seit
08.08.2002