TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/5 97/08/0503

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Veröffentlicht am 05.06.2002
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §26a Abs1;
AlVG 1977 §26a Abs2;
AlVG 1977 §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 11. Juli 1997, Zl. LGS-W Abt 12/1218/56/1997, betreffend Nichtgewährung von Notstandshilfe mangels Erschöpfung des Anspruchs auf Karenzurlaubsgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 847,37 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Vater eines am 27. Februar 1996 geborenen Kindes. Die Kindesmutter verzichtete gemäß § 26a Abs. 1 letzter Satz AlVG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 408/1990) für den Zeitraum vom 24. April 1996 bis zum 9. Februar 1997 unwiderruflich auf die Inanspruchnahme von Karenzurlaubsgeld. Hierauf wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrags vom 4. Juni 1996 das Karenzurlaubsgeld vom 4. Mai 1996 bis zum 9. Februar 1997 zuerkannt.

Am 12. Februar 1997 stellte der Beschwerdeführer, dessen Dienstverhältnis am 19. Februar 1997 endete, einen Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag mit der Begründung ab, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Karenzurlaubsgeld noch nicht erschöpft und die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 AlVG nicht erfüllt sei, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Kindesmutter (neuerlich) auf ihren Anspruch auf Karenzurlaubsgeld verzichte.

Dagegen richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Anspruch auf Notstandshilfe haben Arbeitslose, "die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld erschöpft haben" (§ 33 Abs. 1 AlVG). Hat die Mutter einen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld, so setzt der Anspruch des Vaters auf Karenzurlaubsgeld voraus, dass die Mutter "auf die Inanspruchnahme zur Gänze oder für einen bestimmten Zeitraum unwiderruflich verzichtet hat" (§ 26a Abs. 1 letzter Satz AlVG). Ein Wechsel in der Anspruchsberechtigung kann gemäß § 26a Abs. 2 AlVG nur einmal erfolgen, nachdem ein Elternteil mindestens drei Monate lang Karenzurlaubsgeld bezogen hat, es sei denn, dass der im Bezug stehende Elternteil durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis für eine nicht bloß verhältnismäßig kurze Zeit verhindert ist, das Kind zu betreuen.

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass der Beschwerdeführer (in Ermangelung eines über den 9. Februar 1997 hinausreichenden Verzichts der Kindesmutter auf die Inanspruchnahme von Karenzurlaubsgeld) die Voraussetzungen für ein eigenes Karenzurlaubsgeld gemäß § 26a Abs. 1 letzter Satz AlVG jedenfalls nicht (mehr) erfüllt hat. Die belangte Behörde will dies aber nicht als Erschöpfung des Anspruches auf Karenzurlaubsgeld i.S. des § 33 Abs. 1 AlVG gelten lassen, weil der Karenzurlaubsgeldanspruch des Beschwerdeführers unter den in § 26a Abs. 2 AlVG normierten Voraussetzungen (Verhinderung der Kindesmutter) aufleben könnte, wenn die Kindesmutter (neuerlich) zur Gänze oder für einen bestimmten Zeitraum unwiderruflich auf die Inanspruchnahme von Karenzurlaubsgeld verzichten würde.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Wenn der unwiderrufliche Verzicht der Mutter auf die Inanspruchnahme von Karenzurlaubsgeld im Sinne des § 26a Abs. 1 letzter Satz AlVG einen Fall der "Erschöpfung" des Anspruchs auf Karenzurlaubsgeld im Sinn des § 33 Abs. 1 AlVG darstellt, woran die Möglichkeit, dass dieser Verzicht gemäß § 26a Abs. 2 AlVG später außer Kraft treten und ihr Anspruch auf Karenzurlaubsgeld wieder aufleben könnte, nichts ändert (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/08/0093), dann kann auch die theoretische Möglichkeit des Auflebens des Karenzurlaubsgeldanspruchs des Beschwerdeführers nichts daran ändern, dass dieser Anspruch erschöpft ist (ein solches Aufleben müsste allerdings zur Einstellung der Notstandshilfe führen).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung des insgesamt geltend gemachten, in den Sätzen der genannten Verordnung Deckung findenden Betrages von S 11.660,-- gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 5. Juni 2002

Dr. Bernard

Mag. Müller

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1997080503.X00

Im RIS seit

07.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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