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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §227 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der G in M, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz Josef-Straße 42, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. April 1997, Zl. GS8-7203-1997, betreffend Beitragsentrichtung für Schul- und Ausbildungszeiten gemäß § 227 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Aufwandersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 20. Februar 1997 wies die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Dezember 1996 auf Beitragsentrichtung für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten gemäß § 227 ASVG ab. Soweit für das vorliegende Verfahren noch von Bedeutung, begründete die Pensionsversicherungsanstalt ihre Entscheidung damit, dass die Beschwerdeführerin ihre Schul- und Studienzeit von 1964 bis 1971 im Ausland (Ungarn) zurückgelegt habe. Das Fehlen eines inländischen Schulbesuchs stehe der Anerkennung der Schulbesuchszeiten als Ersatzzeiten gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG und damit der Erlangung der Leistungswirksamkeit dieser Zeiten durch Beitragsentrichtung nach § 227 Abs. 2 ASVG entgegen.
In ihrem Einspruch brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe von 1964 bis 1968 in Budapest das Realgymnasium besucht und hätte ohne das dort erworbene Reifezeugnis an der Musikakademie in Wien gar nicht weiter studieren können. Ihr Reifezeugnis sei in Österreich nostrifiziert worden. Mit der Nostrifizierung sei ihre im Ausland erworbene Qualifikation einer in Österreich erworbenen Qualifikation gleichgestellt worden. Dies müsste auch für eine Anerkennung als Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG und in weiterer Folge für die Leistungswirksamkeit dieser Zeiten durch Beitragsentrichtung nach § 227 Abs. 2 ASVG gelten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge. Sie stellte fest, dass die Beschwerdeführerin in den Schuljahren 1964/1965 bis 1967/1968 ein näher bezeichnetes Gymnasium in Budapest besucht und dort die Matura abgelegt habe. Mit Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 11. Juni 1992 sei das Reifezeugnis dieses ungarischen Gymnasiums als dem Reifezeugnis eines österreichischen Oberstufenrealgymnasiums gleichwertig anerkannt worden. Da ausländische Schul- bzw. Studienzeiten gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG nicht als Ersatzzeiten anerkannt werden könnten, könnten diese Zeiten auch nicht durch Beitragsentrichtung gemäß § 227 Abs. 2 ASVG ganz oder teilweise leistungswirksam werden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei in Ungarn aufgewachsen und habe dort ihre Ausbildung absolviert. Entscheidend sei die Qualität dieser Ausbildung, denn wegen des dadurch ermöglichten höheren Verdienstes würden auch höhere Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, dass nur die Ausbildung im Inland als Ersatzzeit gelte, sei nicht erkennbar. Im Ergebnis werde die Beschwerdeführerin benachteiligt, weil sie bei ihrer Ausbildung noch nicht österreichische Staatsbürgerin gewesen sei. Eine derartige Diskriminierung verstoße gegen Art. 1, 1. ZPMRK in Verbindung mit Art. 14 MRK. Die Auslegung der belangten Behörde verstoße auch gegen die Berufsausbildungsfreiheit gemäß Art. 18 StGG. Worin die besondere Bedeutung der Ausbildung ausschließlich im Inland und deren Wert im Vergleich zu einer ausländischen liegen soll, sei nicht erkennbar.
Der "Ersatzzeiten nach dem 31. Dezember 1955" regelnde § 227 ASVG lautet auszugsweise:
"(1) Als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 gelten
1. in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit vorliegt, die Zeiten, in denen nach Vollendung des 15. Lebensjahres eine inländische öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete mittlere Schule mit mindestens zweijährigem Bildungsgang, eine höhere Schule (das Lycee Francais in Wien), Akademie oder verwandte Lehranstalt oder eine inländische Hochschule bzw. Kunstakademie oder Kunsthochschule in dem für die betreffende Schul(Studien)art vorgeschriebenen normalen Ausbildungs(Studien)gang besucht wurde, oder eine Ausbildung am Lehrinstitut für Dentisten in Wien oder nach dem Hochschulstudium eine vorgeschriebene Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf erfolgt ist, sofern nach dem Verlassen der Schule bzw. der Beendigung der Ausbildung eine sonstige Versicherungszeit vorliegt; ..."
Nach dem klaren Wortlaut dieser - verfassungsrechtlich unbedenklichen (VfGH 23. September 1983, Slg. Nr. 9782) - Bestimmung gelten nur Zeiten eines Besuches einer inländischen Schule bzw. Hochschule - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dieser Bestimmung - als Ersatzzeiten. Nur für solche Zeiten ist eine Beitragsentrichtung zwecks Leistungswirksamkeit möglich. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof in dem ebenfalls Ersatzzeiten im Zusammenhang mit einem Schulbesuch in Ungarn (und anschließender Nostrifikation der Abschlüsse) betreffenden Erkenntnis vom 24. Juni 1997, Zl. 93/08/0203, mit näherer Begründung ausgesprochen.
Auf dieses Erkenntnis wird verwiesen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb
sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in
Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001; das Kostenbegehren der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt war im Hinblick darauf, dass sie im Verfahren nicht anwaltlich vertreten war, abzuweisen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 94/17/0385, und jenes des erkennenden Senates vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269).
Wien, am 5. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997080507.X00Im RIS seit
07.10.2002