Index
E1E;Norm
11992E177 EGV Art177 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der I GmbH in U, vertreten durch Rechtsanwälte Waldbauer & Paumgarten & Naschberger Partnerschaft in 6332 Kufstein, Josef-Egger-Straße 3, gegen den Bescheid der Berufungskommission nach § 38 Tiroler Tourismusgesetz 1991 vom 16. Oktober 1998, Zl. Id-6.2/1608-2/1998, betreffend Vorschreibung von Beiträgen nach dem Tiroler Tourismusgesetz 1991 für das Kalenderjahr 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Unternehmensgegenstand der beschwerdeführenden Partei umfasst den Handel mit Baumaschinen und Baumaterialien sowie die Belagverlegung. Ihr Betriebsstandort befindet sich auf dem Gebiet des Tourismusverbandes Uderns.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die von der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 31. März 1998, mit welchem ihr für das Kalenderjahr 1998 Tourismusbeiträge in der Höhe von insgesamt S 7.197,-- vorläufig vorgeschrieben worden waren, gemäß § 2 Abs. 1, §§ 30 bis 36, § 38 und § 50 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991, LGBl. Nr. 24 idF LGBl. Nr. 9/1996, der Beitragsgruppenverordnung 1991, LGBl. Nr. 84/1990 in der am 1. Jänner 1998 geltenden Fassung, der Ortsklassenverordnung 1994, LGBl. Nr. 94/1993, dem Beschluss der Vollversammlung des Tourismusverbandes Uderns über die Festsetzung des Promillesatzes für 1998 sowie gemäß §§ 150, 158 Abs. 7, 213, 214 und 216 der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984 idF LGBl. Nr. 13/1994, ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit dem Vorbringen, dass die gegenständlichen Beiträge dem Art. 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, widersprächen.
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 12. August 1997 und 27. Oktober 1997 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 177 EGV (nunmehr Art. 234 EG) die Frage vorgelegt, ob eine Regelung, wie sie das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1994, LGBl. Nr. 59/1994, das Steiermärkische Tourismusgesetz 1992, LGBl. Nr. 55 idgF, und das Tiroler Tourismusgesetz 1991 betreffend die Fremdenverkehrsabgabe bzw. Tourismusabgabe enthalten, der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie, 77/388/EWG, widerspricht.
1.3 Mit Urteil vom 8. Juni 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97, Pelzl u.a., Wiener Städtische Allgemeine Versicherungs AG u.a. und STUAG Bau-Aktiengesellschaft hat der EuGH ausgesprochen, dass die genannte Richtlinie einer Abgabe, wie sie in den erwähnten inländischen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, nicht entgegensteht. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat somit die in der Beschwerde vertretene Ansicht widerlegt.
2.1. § 2 Abs. 1 Tiroler Tourismusgesetz 1991 idF LGBl. Nr. 9/1996 lautete:
"§ 2
Mitglieder
(1) Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes sind jene Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 21/1995, die unmittelbar oder mittelbar einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol erzielen und im Gebiet des Tourismusverbandes ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben. Verfügt ein Unternehmer über keinen Sitz oder über keine Betriebsstätte im Gebiet eines Tourismusverbandes, so ist er Pflichtmitglied des Tourismusverbandes, von dessen Gebiet aus er seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt."
2.2. Soweit die beschwerdeführende Partei ausführt, dass in verschiedenen Ortsklassen für dieselbe Berufsgruppe unterschiedliche Prozentsätze zu veranschlagen seien, wodurch ihr als Unternehmen in einer Gemeinde der Ortsklasse A Wettbewerbsnachteile entstünden, und überdies im Inntal in den Gemeinden, die nur in die Ortsklasse C eingereiht seien, höhere Umsätze zu erzielen seien, wendet sie sich letztlich gegen die Verfassungsmäßigkeit der vom Gesetz vorgesehenen Systematik.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keine Bedenken gegen dieses System bestehen. Nach dieser haben zwar die außerhalb des jeweiligen Bundeslandes getätigten Umsätze bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Fremdenverkehrsbeiträge oder Tourismusabgaben außer Betracht zu bleiben (vgl. z.B. die Erkenntnisse VfSlg. 5811/1968 und 5995/1969 oder aus jüngerer Zeit das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 2001, G 6/01). Eine Berücksichtigung der außerhalb der Standortgemeinde getätigten Umsätze im selben Bundesland hat jedoch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof weder bei der Einordnung der einzelnen Berufsgruppen in Beitragsgruppen noch bei der konkreten Berechnung der Bemessungsgrundlagen einzelner Unternehmen zu erfolgen. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass "nur der im jeweiligen Bundesland erzielte Umsatz in einem sachgerechten Verhältnis zum Fremdenverkehrsnutzen" stehe (Erkenntnis vom 18. Juni 2001, G 6/01, mit Hinweis auf die Rechtsprechung). Der Verfassungsgerichtshof hat auch beispielsweise zum Tiroler Fremdenverkehrsgesetz ausgesprochen, dass "das im Tiroler Fremdenverkehrsgesetz enthaltene System der Beitragsermittlung sich deswegen als verfassungsrechtlich unbedenklich erweist, weil es vom Umsatz ausgeht und der Gewerbesteuermeßbetrag nur hilfsweise herangezogen wird, sowie deshalb, weil durch die starke Staffelung der Beiträge die Bedeutung des aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzens stark in den Vordergrund tritt" (VfSlg. 10.165/1984 unter Berufung auf das Erkenntnis VfSlg. 8528/1979). Soweit die Einordnung einer Berufsgruppe in eine bestimmte Beitragsgruppe bei typisierender Betrachtungsweise (auch im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen betrachtet) dem aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen entspricht, kommt der Tatsache, wie sich der konkrete in Tirol erzielte Umsatz zusammensetzt (ob die Umsätze in der Standortgemeinde erzielt werden oder außerhalb derselben) keine ausschlaggebende Bedeutung zu. So hat der Verfassungsgerichtshof zur Frage der Zuordnung einzelner Berufsgruppen zu Beitragsgruppen im Erkenntnis vom 27. Juni 1973, Slg. Nr. 7082, Folgendes ausgeführt:
"Der Umstand allein, daß das Verhältnis des Umsatzes zum Fremdenverkehrsnutzen und jenes des Fremdenverkehrsnutzens der in den einzelnen Gruppen zusammengefaßten Unternehmenstypen zum Nutzen der jeweils einer anderen Gruppe zugeordneten Unternehmenstypen auch als Durchschnittsgrößen nicht exakt zu bestimmen sind, macht eine Festlegung dieser Verhältnisse durch den Gesetzgeber noch nicht unsachlich oder willkürlich. Unsachlichkeit oder Willkür und damit ein Widerspruch zu Art 7 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Feststellung mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen könnte oder wollte."
Ein solcher Fall liegt hier aber bei typisierender Betrachtungsweise nicht vor.
Die Tatsache, dass bei der Bemessung der Fremdenverkehrsbeiträge an den Standort des Unternehmens angeknüpft wird und in verschiedenen Gebieten unterschiedlich hohe Tourismusbeiträge entrichtet werden müssen, begegnet somit hinsichtlich der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtsvorschriften keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2.3. Zur Frage der Einstufung der beschwerdeführenden Partei in die Beitragsgruppen der Baumaschinenverleiher und Baumaterialienhändler siehe im folgenden Punkt 3.
3. Zum Vorbringen betreffend Verfahrensmängel:
Die beschwerdeführende Partei bringt unter diesem Gesichtspunkt vor, sie sei in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden; der angefochtene Bescheid sei im Hinblick auf die Einordnung der Beschwerdeführerin in eine bestimmte Berufsgruppe mangelhaft begründet. Die Zuordnung zu den einzelnen Berufsgruppen, zu welcher man ihr nicht die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt habe, sei für sie nicht nachvollziehbar und ohne jegliche Begründung erfolgt; mit der Zuordnung zu unterschiedlichen Berufsgruppen seien aber unterschiedliche Beitragsbelastungen verbunden.
Die beschwerdeführende Partei wurde in die Beitragsgruppen IV (Bodenbelag- und Wandbelagverleger, Bodenschleifer 81, Steinholzleger 611), V (Baumaschinenverleiher 47) und VI (Baumaterialienhändler 48), Ortsklasse A, eingestuft; im erstinstanzlichen Bescheid wurde bei der vorläufigen Festsetzung des Beitrags diesbezüglich jeweils ein Umsatz für das Jahr 1998 zu Grunde gelegt.
In ihrer Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass für sie die Einstufung in die "Beitragsgruppen 47 und 48" nicht nachvollziehbar sei.
Mit Schreiben vom 14. April 1998 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, allfällige Einwände gegen die Bemessungsgrundlagen vorzubringen. Die Beschwerdeführerin ließ dieses Schreiben unbeantwortet. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass die Beschwerdeführerin gegen die sachverhaltsmäßigen Annahmen der Erstbehörde hinsichtlich der Einordnung nichts vorgebracht hat. Im Übrigen wird auch in der Beschwerde nicht ausgeführt, inwieweit diese rechtliche Qualifikation nicht zutreffen sollte.
4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 10. Juni 2002
Gerichtsentscheidung
EuGH 61997J0338 Erna Pelzl VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998170332.X00Im RIS seit
18.10.2002Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011