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27/01 Rechtsanwälte;Norm
AHR §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde vormals der X. Bank Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Volksgartenstraße 5, nunmehr des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der Y. Bank Aktiengesellschaft als Rechtsnachfolgerin der X. Bank Aktiengesellschaft, Dr. Karl Engelhart, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Esteplatz 4/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 10. Jänner 1997, Zl. 23 5316/33-V/13/96, betreffend Ersatz der Funktionsgebühr eines Regierungskommissärs gemäß § 70 Abs. 7 BWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 94/17/0377, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen die Bestellung des Wirtschaftsprüfers Dr. K als fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bei der ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitenden Aktiengesellschaft für die Zeit vom 1. August 1994 bis zum 30. April 1995 gemäß § 70 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 70 Abs. 3 Bankwesengesetz (BWG), BGBl. Nr. 532/1993, erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitende Aktiengesellschaft gemäß § 70 Abs. 7 BWG verpflichtet, dem Bund (Bundesminister für Finanzen) die Kosten der Maßnahmen nach § 70 Abs. 2 BWG in der Höhe von S 642.585,-- zu ersetzen.
Hiezu führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Gesetzgeber für die Bestellung einer fachkundigen Aufsichtsperson entweder die Bestellung eines Rechtsanwaltes oder eines Wirtschaftstreuhänders vorsehe und der Regierungskommissär Dr. K. dem Stand der Wirtschaftstreuhänder angehöre; daher seien - mangels anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen - für die Festsetzung der Vergütung die autonomen Honorarrichtlinien für Wirtschaftstreuhänder (AHR) heranzuziehen. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass die gegenständlichen Honorarnoten, welchen die AHR zu Grunde lägen, in angemessenem Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und zu den mit dieser verbundenen Aufwendungen stünden. Daher seien an den Regierungskommissär Dr. K. bereits Funktionsgebühren in der Höhe von S 642.585,-- ausbezahlt worden. Im Zuge des Verfahrens nach § 70 Abs. 7 BWG sei die Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß § 44 Abs. 1 WT-BO ersucht worden, die Rechnungslegung der fachkundigen Aufsichtsperson unter Miteinbeziehung der von der ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitenden Aktiengesellschaft erhobenen Einwände gegen die gegenständlichen Honorarnoten zu prüfen und zu beurteilen. Auf Grund des von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder durchgeführten Verfahrens, an welchem sich die ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitende Aktiengesellschaft trotz Einladung seitens der Kammer nicht beteiligt habe, habe die Kammer der Wirtschaftstreuhänder der belangten Behörde mit Schreiben vom 22. März 1996 mitgeteilt, dass das vom Regierungskommissär Dr. K zur Verrechnung gebrachte Honorar sowohl dessen Tätigkeit entspreche als auch nach den Bestimmungen der AHR als angemessen zu bezeichnen sei; dieses Schreiben sei der ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitenden Aktiengesellschaft mit Schreiben vom 25. Juni 1996 zur Kenntnis gebracht worden. Dem Bund seien daher durch Maßnahmen nach § 70 Abs. 2 BWG Kosten in Höhe von S 642.585,-- entstanden, welche von der dadurch betroffenen ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitenden Aktiengesellschaft zu ersetzen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitende Aktiengesellschaft erstattete eine Replik.
Der Masseverwalter im mittlerweile eröffneten Konkurs über das Vermögen der Y. Bank Aktiengesellschaft als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitenden Aktiengesellschaft erklärte vor dem Verwaltungsgerichtshof "ausdrücklich den Eintritt in das anhängige Verfahren".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Rechtmäßigkeit der Bestellung des Regierungskommissärs Dr. K.:
1.1 Die ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitende Aktiengesellschaft stellt zutreffend dar, dass im Falle der Rechtswidrigkeit der Bestellung eines Regierungskommissärs ein Rückersatz der dem Bund in diesem Zusammenhang gemäß § 70 Abs. 6 BWG erwachsenen Kosten durch das betroffene Kreditinstitut gemäß Abs. 7 leg. cit. nicht Platz zu greifen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 2001, Zl. 2000/17/0217, vom 16. September 1994, Zlen. 94/17/0159, 0160, 0161 und 0280, sowie vom 21. Juni 1999, Zl. 94/17/0377).
1.2. Dieses Vorbringen führt jedoch nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil der Verwaltungsgerichtshof in seinem hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 94/17/0377, die Bestellung des Regierungskommissärs Dr. K für den gegenständlichen Zeitraum als nicht rechtswidrig erkannt hat.
2. Zur Anwendbarkeit der Autonomen Honorarrichtlinien für Wirtschaftstreuhänder (AHR):
2.1. § 70 des Bankwesengesetzes (BWG), BGBl. Nr. 532/1993, lautete:
"§ 70. (1) Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 69 Z 1 und 2 kann der Bundesminister für Finanzen unbeschadet der ihm auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zustehenden Befugnisse jederzeit im Sinne einer laufenden Überwachung der Kreditinstitute
1. von den Kreditinstituten die Vorlage von Zwischenabschlüssen, von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung und von Prüfungsberichten verlangen, ferner von den Kreditinstituten und ihren Organen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten fordern, in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger der Kreditinstitute Einsicht nehmen und durch die Bankprüfer oder die Prüfungs- und Revisionsverbände alle erforderlichen Prüfungen vornehmen lassen;
2. von den Bankprüfern und von den Prüfungs- und Revisionsverbänden Prüfungsberichte und Auskünfte einholen;
3. eigene Prüfer mit der Prüfung von Kreditinstituten und deren Zweigniederlassungen und Repräsentanzen außerhalb Österreichs beauftragen oder der Oesterreichischen Nationalbank (§ 79 Abs. 4) diese Aufgabe in Einzelfällen übertragen; die Übertragung dieser Aufgabe an die Oesterreichische Nationalbank ist nur zulässig, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird oder wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Raschheit oder Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte, kann der Bundesminister für Finanzen zur Abwendung dieser Gefahr befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen die spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Er kann durch Bescheid insbesondere
1. Kapital- und Gewinnentnahmen sowie Kapital- und Gewinnausschüttungen ganz oder teilweise untersagen;
2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftstreuhänder angehört, und der alle Rechte des Abs. 1 Z 1 und 2 zustehen; die Aufsichtsperson hat
a) dem Kreditinstitut alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige Gefahr zu vergrößern, bzw.
b) im Falle, daß dem Kreditinstitut die Fortführung der Geschäfte ganz oder teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr nicht vergrößern;
3. Geschäftsleitern des Kreditinstitutes unter gleichzeitiger Verständigung des zur Bestellung der Geschäftsleiter zuständigen Organes die Führung des Kreditinstitutes ganz oder teilweise untersagen; das zuständige Organ hat binnen eines Monats die entsprechende Anzahl von Geschäftsleitern neu zu bestellen; die Bestellung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen, die zu versagen ist, wenn die neu bestellten Geschäftsleiter nicht geeignet scheinen, eine Abwendung der obigen Gefahr herbeiführen zu können;
4. die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise untersagen.
(3) Der Bundesminister für Finanzen hat vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Meldungen über geeignete Regierungskommissäre einzuholen. Ist ein Regierungskommissär nach Abs. 2 Z 2 zu bestellen und ist keine Bestellung auf Grund dieser Meldungen möglich, so hat der Bundesminister für Finanzen die nach dem Sitz des Kreditinstitutes zuständige Rechtsanwaltskammer oder die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu benachrichtigen, damit diese einen fachlich geeigneten Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder als Regierungskommissär namhaft machen. Bei Gefahr in Verzug kann der Bundesminister für Finanzen
1.
einen Beamten des Bundesministeriums für Finanzen,
2.
einen Vertragsbediensteten des Bundesministeriums für Finanzen,
3.
einen Rechtsanwalt oder
4.
einen Wirtschaftstreuhänder vorläufig als Regierungskommissär
bestellen. Diese Bestellung tritt mit der Bestellung eines Rechtsanwaltes oder Wirtschaftstreuhänders nach dem ersten Satz außer Kraft. (...)
(6) Dem Regierungskommissär ist nach Beendigung seiner Tätigkeit von der Aufsichtsbehörde eine Vergütung (Funktionsgebühr) zu leisten, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und zu den Aufwendungen hiefür steht.
(7) Die dem Bund durch Maßnahmen nach Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Abs. 2 und 6 entstehenden Kosten sind vom betroffenen Kreditinstitut zu ersetzen."
2.3. In der Beschwerde wird die Anwendbarkeit der AHR mit dem Argument bestritten, dass es sich bei den Tätigkeiten eines Regierungskommissärs nicht um wirtschaftstreuhänderische Aktivitäten handle und dessen mit imperium ausgestattetes Handeln nicht nach den AHR beurteilt werden könne.
2.4. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Umstand, dass die Bestellung eines Wirtschaftstreuhänders als Regierungskommissär gesetzlich vorgesehen ist, nicht dazu führt, dass dessen Tätigkeit nicht als "wirtschaftstreuhändische" Tätigkeit zu qualifizieren ist. Dass die Tätigkeit des Regierungskommissärs der Hoheitsverwaltung zuzurechnen ist, ändert nichts daran, dass sie von ihrem Inhalt her als "wirtschaftstreuhändisch" zu qualifizieren ist. Wenn der Gesetzgeber in § 70 Abs. 2 BWG für die Bestellung der fachkundigen Aufsichtsperson ausdrücklich die Zugehörigkeit zum Berufsstand der Rechtsanwälte oder Wirtschaftstreuhänder als Voraussetzung vorgesehen hat, so zeigt sich daran, dass der Gesetzgeber vom Erfordernis einer entsprechenden Qualifikation für die Ausübung dieser Funktion ausgegangen ist. Maßgebliche Rechtsfrage bei der Bemessung der Vergütung bzw. des Ersatzes dieser Vergütung nach den Abs. 6 und 7 des § 70 BWG ist die Bestimmung der Angemessenheit der Entlohnung. Für diese ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob und in welcher Hinsicht (etwa im Sinne des Abs. 1 der Präambel zu den AHR) die in Rede stehenden Leistungen als "wirtschaftstreuhändisch" zu bezeichnen sind. Maßgeblich ist vielmehr, dass die "Angemessenheit" iSd § 70 Abs. 6 BWG sich aus einem Vergleich mit der Entlohnung für die mit der Aufsichtstätigkeit am ehesten vergleichbaren Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes oder Wirtschaftstreuhänders zu ergeben hat. Für die Beurteilung dieser Angemessenheit der Entlohnung stellen die AHR jedenfalls (bei Fehlen eines gesetzlich festgelegten oder in einer Verordnung normierten Tarifs) eine maßgebliche Erkenntnisquelle dar (vgl. zur Anwendbarkeit der AHR auf die Kosten der notwendigen Geschäftsführung Siska, Zur Rechtsnatur des Vertrages zwischen Wirtschaftstreuhänder und Klienten, VWT 1996, H 4, 8).
3. Zur Frage der Angemessenheit der in Rechnung gestellten Funktionsgebühr:
3.1. Gemäß Abs. 4 der Präambel zu den Autonomen Honorarrichtlinien für Wirtschaftstreuhänder (AHR), Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 10. Jänner 1986 idF Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 31. Oktober 1992, besteht das Honorar des Wirtschaftstreuhänders aus Zeitgebühr, Wertgebühr, verrechneten Nebenkosten und Umsatzsteuer.
3.2. Soweit die ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitende Aktiengesellschaft sich darauf beruft, dass der vormalige Regierungskommissär Dr. L für die Erbringung derselben Leistungen einen um S 1.000,-- niedrigeren Stundensatz in Rechnung gestellt habe, ist daraus für den Beschwerdefall noch nichts zu gewinnen, da dieser Umstand für sich allein nicht geeignet ist, eine Unangemessenheit der mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Entlohnung darzutun beziehungsweise die Festsetzung der gegenständlichen Funktionsgebühr zu präjudizieren. Zur Frage der Begründung der Höhe des in Rechnung gestellten Stundensatzes wird unter Punkt 3.4. Stellung genommen werden.
3.3. Zum Einwand, der Regierungskommissär sei zur Erbringung persönlicher Leistungen verpflichtet:
Dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich der behaupteten Verpflichtung des Regierungskommissärs zur Erbringung einer höchstpersönlichen Aufsichtstätigkeit kann nicht gefolgt werden.
Abgesehen davon, dass keine Vorschrift besteht, der zufolge der Wirtschaftstreuhänder im Zuge der Ausübung seiner Funktion als Regierungskommissär ausschließlich persönlich handeln müsste, kann der Beschwerdeführer durch die Verrechnung der geringeren Stundensätze für die teilweise an Stelle des Regierungskommissärs bzw. für diesen tätig gewordenen Personen nicht in seinen Rechten verletzt sein. Der Beschwerdeführer ist somit hinsichtlich der Höhe der vorgeschriebenen Funktionsgebühr durch die Heranziehung dieser Personen und die Verrechnung der dafür angefallenen Entgelte nicht in seinen Rechten verletzt.
3.4. Zur Verletzung von Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Berechnung der Höhe des Anspruches bzw. der Begründung für die Beurteilung der Angemessenheit:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Autonomen Honorarrichtlinien für Wirtschaftstreuhänder (AHR), kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 10. Jänner 1986 und 31. Oktober 1992, lauten:
"Allgemeine Gebühren der Wirtschaftstreuhänder. Zeitgebühr.
§ 1. (1) Die angemessene Zeitgebühr für die Leistung des Wirtschaftstreuhänders beträgt S 920,-- pro Stunde. Dieser Stundensatz kann bis zu 100 % (Ergänzungsbetrag) entsprechend den Bestimmungen des Abs 2 angehoben werden. In besonderen Fällen kann der so ermittelte Stundensatz bis zu 20 % ermäßigt oder erhöht werden. Besondere Fälle, die zur Erhöhung führen können, sind insbesondere durch den Auftraggeber verursachte dringliche (zB Überstunden, Feiertags-, Nacht- bzw Wochenendarbeiten erfordernde) Leistungen.
(2) Innerhalb des in Abs 1 gegebenen Gesamtrahmens ist bei Festsetzung des Stundensatzes auf Art und Umfang sowie Qualifikation der erbrachten Leistung, auf die Bedeutung der Leistung des Wirtschaftstreuhänders für den Auftraggeber, auf die für die Erbringung der Leistung notwendige Kanzleiausstattung und auf die soziale Lage des Auftraggebers Bedacht zu nehmen. Qualifizierte bzw schwierige Leistungen sind solche, die wegen des Erfordernisses besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen, umfangreiche Leistungen solche, die wegen des nötigen Arbeitsaufwandes aus allgemeiner Wirtschaftstreuhändertätigkeit herausragen.
Wertgebühr.
§ 2. (1) Für folgende Tätigkeiten ist neben der Zeitgebühr eine Wertgebühr anzusetzen:
1.
Buch-, Bilanz- und Kostenprüfung,
2.
Erstellung von Jahresabschlüssen und Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen,
3. Organisationsberatung (Anlage kaufmännischer Bücher und EDV-Beratung), Kostenrechnung, Rentabilitätsberechnung udgl,
4.
Betriebswirtschaftliche Beratung,
5.
Bearbeitung von und Vertretung in Steuer- und anderen Rechtsangelegenheiten,
6.
Verfassung von Gutachten,
7.
Treuhandaufgaben und Vermögensverwaltungen,
8.
Aufgaben nach dem Börse- oder Kapitalmarktgesetz.
(2) Die Wertgebühr richtet sich nach dem Wert des Gegenstandes. Als Wert des Gegenstandes gilt der Verkehrs- oder Streitwert, in Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bilanzen das buchmäßige Reinvermögen laut Steuerbilanz. Ist dieses nach wirtschaftlicher Erfahrung nicht angemessen, kann statt dessen der Wert des Gegenstandes mit 30 % des Gesamtvermögens (Aktivseite der Bilanz abzüglich Korrekturposten) zum Ansatz kommen.
Bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen ist als Wert des Gegenstandes in der Regel die Summe der Ausgaben anzusetzen. Sollte die Berechnung der Wertgebühr nach der Summe der Ausgaben infolge deren relativ geringer Höhe zu keiner angemessenen Wertgebühr führen, können als Wert des Gegenstandes 2/3 der Einnahmen angesetzt werden.
...
(4) Anstelle der gem Abs 2 iVm Abs 3 zur Verrechnung zu bringenden Wertgebühr kann die Wertgebühr in jenen Fällen, in denen der Wert des Gegenstandes entweder schwer bestimmbar ist oder die Gebühr nach dem Wert des Gegenstandes zu einem wirtschaftlich offenbar unangemessenen Ergebnis führt, auch in Höhe von bis zu 100 % der gemäß § 1 verrechenbaren Gebühr für den Wirtschaftstreuhänder und qualifizierte Mitarbeiter (zB Bilanzbuchhalter, Steuersachbearbeiter) zur Verrechnung gebracht werden. Der Grund für ein wirtschaftlich unangemessenes Ergebnis kann auch im besonderen Charakter, in der speziellen Ausstattung wie auch in der Rechtsform der Kanzlei gegeben sein."
In der Beschwerde wird die Nichtberücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitenden Aktiengesellschaft bei der Festsetzung des von ihr zu entrichtenden Ersatzbetrages entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 2 AHR, die mangelnde Aufschlüsselung und Anführung der durch den Regierungskommissär verrechneten Stunden beziehungsweise die Veranschlagung einer Wertgebühr gemäß § 2 Abs. 4 AHR, wie sie dem ihr übermittelten Gutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu entnehmen sei, gerügt. Des Weiteren sei die ursprünglich als Beschwerdeführerin einschreitende Aktiengesellschaft in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Einholung eines Gutachtens gemäß § 44 WT-BO durch die belangte Behörde diese keinesfalls von der Verpflichtung zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, der Einräumung von Parteiengehör sowie einer schlüssigen Begründung des gemäß § 70 Abs. 7 BWG zu erlassenden Bescheides befreit. Der bloße Verweis auf das Ergebnis des von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder erstatteten Gutachtens kann den verwaltungsverfahrensrechtlichen Mindestanforderungen an eine schlüssige Bescheidbegründung jedenfalls dann nicht genügen, wenn das Gutachten selbst diesen Anforderungen nicht entspricht. Das Gutachten der Kammer wird sich in der Regel auch ausschließlich auf die Frage der Angemessenheit der Entlohnung für die erbrachten Leistungen erstrecken. Ob diese Leistungen sämtlich für die Erfüllung der Aufgaben des Regierungskommissärs erforderlich waren, wäre hingegen von der Behörde zu beurteilen.
In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass das Gutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder weder auf die Frage eingeht, inwieweit die Tätigkeit des Wirtschaftstreuhänders als Regierungskommissär mit den in § 2 Abs. 1 AHR genannten Tätigkeiten vergleichbar ist, was zur Folge hätte, dass die Wertgebühr grundsätzlich (und für alle im Rahmen der Tätigkeit als Regierungskommissär entfalteten Tätigkeiten) anfiele, noch auf die Frage, aus welchem Grund die Wertgebühr nach § 2 Abs. 4 AHR zu berechnen ist; es wird nämlich keine Begründung dafür gegeben, inwiefern die Berechnung der Wertgebühr nach § 2 Abs. 3 AHR zu einem offenbar unangemessenen Ergebnis führen würde, sodass die Berechnung nach Abs. 4 geboten gewesen wäre. Überdies wird nicht begründet, inwiefern die Voraussetzungen für die Berechnung des Ergänzungsbetrages nach § 1 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 2 AHR vorgelegen wären. Da es dabei ua auf die Bedeutung der Leistung für den Auftraggeber, auf die für die Erbringung der Leistung notwendige Kanzleiausstattung und auf die soziale Lage des Auftraggebers ankommt und Art und Umfang der erbrachten Leistung maßgeblich sind, wäre darzulegen gewesen, inwiefern "qualifizierte bzw. schwierige" oder "umfangreiche" Leistungen iSd § 1 Abs. 2 AHR vorlagen.
Im Gutachten wird darauf hingewiesen, dass nach dem Kommentar von Schmid/Wolf/Herneth/Vesely/Frank/Benedik "der Schwerpunkt eines solchen, anstelle objektbezogener Wertgebühr verrechneten Gebührenbetrages bei 30-50 % der Zeitgebühr gemäß § 1 AHR" liege. Es wird damit offensichtlich auf Schmid/Wolf/Herneth/Vesely/Frank/Benedik, AHR und AAB, MSA 1993, Erläuterungen zu § 2 Abs. 4 AHG, S. 15 Bezug genommen. Diese Autoren betonen jedoch zunächst den Ausnahmecharakter der Verrechnung einer "prozentuell an die Zeitgebühr gekoppelten Wertgebühr" und führen sodann aus, dass dann, wenn die Verrechnung sehr wohl nach § 2 Abs. 4 AHR erfolgen könne, "ein Schwerpunkt ihres angemessenen Ausmaßes häufig bei 30 bis 50 % der Zeitgebühr" liege und nur "in Fällen von besonderer Bedeutung für den Auftraggeber bis zu 100 %". Eine Begründung für die Annahme, dass eine Verrechnung nach § 2 Abs. 4 AHR berechtigt sei, wurde jedoch weder im Gutachten der Kammer, noch im angefochtenen Bescheid gegeben. Da die in Ansatz gebrachte Wertgebühr auch von der nach § 1 Abs. 1 und 2 AHR bestimmten Zeitgebühr abhängig ist, schlägt die mangelnde Begründung für die Höhe des Ergänzungsbetrages auch auf die Berechnung der Wertgebühr durch.
Schließlich ergibt sich aus dem Gutachten der Kammer nur eine Beurteilung der Berechnung der Höhe der in Ansatz gebrachten Stundensätze. Die Überprüfung der konkret erbrachten Tätigkeiten beschränkte sich auf den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Oktober 1994. Auf Grund des "verlässlichen Eindrucks der kanzleiinternen Nachweise" kam der Kostenausschuss der Kammer zum Schluss, dass der Nachweis für den erbrachten zeitlichen Aufwand (für den gesamten Bestellungszeitraum vom 1. August 1994 bis zum 30. April 1995) erbracht sei. Den im vorgelegten Akt einliegenden "Noten" ist für den Monat Oktober 1994 keine detaillierte Angabe für den Arbeitsaufwand zu entnehmen (ersichtlich ist nur der Nachweis von 7 Stunden auf einem Leistungsblatt für die ersten vier Tage dieses Monats, verrechnet wurden offenbar S 120.900,--, sofern der handschriftliche Vermerk "Note v 17.11.94, S 120.900,-- " auf einem Zettel auf dem oben erwähnten Leistungsblatt für die Zeit 1. bis 4. Oktober 1994 in diesem Sinne zu verstehen ist; nach Punkt II. des Gutachtens der Kammer könnte man annehmen, dass dieser die vollständigen "Bemühungsverzeichnisse" zur Verfügung gestanden seien; nach dem Schreiben des Regierungskommissärs vom 2. Oktober 1996 an die belangte Behörde wurden der Kammer in Absprache mit dieser jedoch offenbar nur jene Teile der "Uraufzeichnungen" übermittelt, in denen die erste Leistung in einem Monat festgehalten ist).
Die belangte Behörde hat sich der Beurteilung der Angemessenheit durch die Kammer ohne weitere Begründung angeschlossen und somit offenbar die diesem Gutachten zu Grunde liegende Beurteilung übernommen.
Damit ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, für welche konkreten Leistungen und für wie viele Stunden die gegenständliche Honorarforderung berechnet wurde beziehungsweise ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich zur Erfüllung der dem Regierungskommissär übertragenen Aufgaben notwendig waren. Hinzu kommt der oben angesprochene Begründungsmangel hinsichtlich der Verrechnung des Ergänzungsbetrages nach § 1 Abs. 2 AHR und der Berechnung der Wertgebühr nach § 2 Abs. 4 AHR.
Die belangte Behörde hat auch nicht ausgeführt, inwiefern die in den AHR vorgegebenen Parameter, wie die wirtschaftliche Lage des Auftraggebers, berücksichtigt wurden bzw. inwieweit von einer solchen Berücksichtigung im Falle der Tätigkeit eines Regierungskommissärs abzusehen wäre.
Von dieser Begründungspflicht war die belangte Behörde - entgegen ihrer Auffassung - auch nicht im Hinblick auf die Nichtteilnahme des Vertreters der ursprünglichen Beschwerdeführerin an der Besprechung, die von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgehalten wurde, entbunden. Die Möglichkeit der Teilnahme an dieser Besprechung ersetzte auch nicht das Parteiengehör im gegenständlichen Verwaltungsverfahren, da die Organe der Kammer nicht für die Erlassung des Bescheides zuständig waren und deren Feststellungen nicht die Feststellungen der belangten Behörde darstellen.
Im Hinblick auf die von der belangten Behörde in der Gegenschrift nachgetragenen Argumente für die Angemessenheit der vorgeschriebenen Funktionsgebühr ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine fehlende Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. beispielsweise die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 602, wiedergegebene Rechtsprechung). In der Gegenschrift werden im Übrigen auch nicht alle der oben aufgezeigten Fragen behandelt, sodass jedenfalls nicht davon ausgegangen werden kann, dass keine Relevanz der gerügten Verfahrensmängel vorliege.
Da somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und lit. c VwGG aufzuheben.
6. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Zum Kostenersatz im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das mangels einer anderes anordnenden Übergangsvorschrift (vgl. § 103c BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001, insbesondere dessen Ziffern 5, 7 und 8) mit dem Bundesminister für Finanzen als belangten Behörde zu Ende zu führen war, war schon aus diesem Grund der Bund als Rechtsträger heranzuziehen.
Wien, am 10. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997170012.X00Im RIS seit
22.10.2002