TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/18 A12/97

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Veröffentlicht am 18.06.1999
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Index

10 Verfassungsrecht
10/12 Politische Parteien

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art137 / Bescheid
B-VG Art137 / sonstige Klagen
ParteienG 1975 §2 Abs2 litc
ParteienG 1975 §2b

Leitsatz

Zurück- bzw Abweisung der Klage einer politischen Partei auf Zahlung eines Wahlwerbungskosten-Beitrags für die Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament; keine Bedenken gegen die zum Teil unterschiedlichen Regelungen des ParteienG 1975 hinsichtlich des Wahlwerbungskosten-Beitrags für die Wahlen zum Nationalrat bzw zum Europäischen Parlament

Spruch

Die Klage wird, soweit sie sich auf §2b des Parteiengesetzes stützt, zurückgewiesen, im Übrigen abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Klägerin ist eine politische Partei. Sie nahm an der am 13.10.1996 stattgefundenen Wahl der von Österreich zu entsendenden Abgeordneten zum Europäischen Parlament teil, ohne jedoch ein Mandat zu erreichen.

2.1. Mit Schreiben vom 4.6.1996 hat die Klägerin folgenden Antrag an das Bundeskanzleramt gerichtet:

"Gemäß §2a des Parteiengesetzes 1975 in der geltenden Fassung beantragen wir ... für den Fall, daß wir bei dieser obgenannten Wahl vier oder mehr Prozent der gültigen Stimmen erhalten und damit im Europäischen Parlament vertreten sind, einen entsprechenden Wahlwerbungskosten-Beitrag, sowie alle anderen gesetzlich verankerten Parteienförderungen.

Gleichzeitig beantragen wir gem. §2 litc des Parteiengesetzes 1975 die Zuerkennung von Zuwendungen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit für den Fall, daß wir weniger als vier Prozent der gültigen Stimmen, jedoch mehr als ein Prozent erhalten."

2.2. Dazu hat das Bundeskanzleramt mit Schreiben vom 3.7.1996 der Klägerin Folgendes mitgeteilt:

"Zu den mit 4. Juni 1996 eingebrachten Anträgen der Bürgerinitiative 'Die Neutralen' um Förderung gemäß §2a und §2 Abs2 litc des Parteiengesetzes 1995 teilt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst mit, daß sich sowohl §2a als auch §2 Abs2 litc des Parteiengesetzes auf Förderungen beziehen, die im Zusammenhang mit einer Wahl zum Nationalrat ausbezahlt werden. Da eine Nationalratswahl - aus derzeitiger Sicht - in den kommenden Monaten nicht stattfinden wird, werden diese Anträge auf Zuteilung von Förderungsmitteln keine Wirkung entfalten können.

Aus der von Ihnen verwendeten Formulierung kann darauf geschlossen werden, daß sich der gegenständliche Antrag auf allfällige Förderungsmittel im Zusammenhang mit der für 13. Oktober 1996 vorgesehenen Wahl zum Europäischen Parlament bezieht. Dazu ist zu bemerken, daß sich ausschließlich §2b des Parteiengesetzes 1975, BGBl. Nr. 414/1975, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 117/1996, auf Wahlwerbungskosten-Beiträge im Zusammenhang mit Wahlen zum Europäischen Parlament bezieht. Demnach hat jede politische Partei, die nach einer Wahl zum Europäischen Parlament mit Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten ist, Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag. Eine der Förderung gemäß §2 Abs2 litc des Parteiengesetzes 1995 entsprechende Förderung im Zusammenhang mit einer Wahl zum Europäischen Parlament ist nicht vorgesehen."

2.3. Daraufhin richtete die Klägerin ein weiteres (mit 4.6. (richtig wohl : 7.) 1996 datiertes) Schreiben an das Bundeskanzleramt. Darin wird - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: Es sei unverständlich, warum im Zusammenhang mit der Wahl der von Österreich zu entsendenden Abgeordneten zum Europäischen Parlament zwar §2a Parteiengesetz ergänzt worden sei und demgemäß jede politische Partei, die nach einer solchen Wahl mit Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten ist, Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag habe, eine Förderung gemäß §2 Abs2 litc Parteiengesetz aber nicht vorgesehen worden sei. Trotz alledem erweitere die Klägerin ihr Ansuchen auch auf den neu eingefügten §2b Parteiengesetz. Gleichzeitig erlaube sich die Klägerin, eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzureichen.

3. Bei der Wahl der von Österreich zu entsendenden Abgeordneten zum Europäischen Parlament am 13.10.1996 erhielt die Klägerin 1,28 % der gültigen Stimmen; sie ist jedoch im Europäischen Parlament mit keinem Abgeordneten vertreten.

4.1. Mit Schreiben vom 29.12.1996 trat der Rechtsvertreter der Klägerin wie folgt an das Bundeskanzleramt heran:

"Da das Wahlergebnis seit 13.10.1996 vorliegt und trotzdem eine Erledigung des Antrages bis heute nicht erfolgte, habe ich Sie hiemit aufzufordern, die Bearbeitung und bescheidmäßige Erledigung des Antrages zu veranlassen."

4.2. Daraufhin teilte das Bundeskanzleramt dem Rechtsvertreter der Klägerin mit Schreiben vom 21.1.1997 mit,

"daß gemäß §2b des Parteiengesetzes ... nur jene politischen Parteien, 'die nach einer Wahl zum Europäischen Parlament mit Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten' sind, Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag haben. Da 'Die Neutralen' nicht mit einem Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten (sind), ist kein Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag entstanden. §2 Abs2 litc des Parteiengesetzes, wonach 'politische Parteien, die im Nationalrat nicht vertreten sind, die aber bei einer Wahl zum Nationalrat mehr als 1 vH der gültigen Stimmen erhalten haben', einen Anspruch auf Zuwendungen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit erwerben, ist nur nach Nationalratswahlen, nicht aber nach Wahlen zum Europäischen Parlament anwendbar. Dies folgt schon aus dem in dieser Hinsicht eindeutigen und klaren Wortlaut des §2 Abs2 litc des Parteiengesetzes. Im Hinblick darauf, daß im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes über Ansprüche nach dem Parteiengesetz nicht durch Bescheid zu entscheiden ist, vielmehr das 'Verfahren' mit der Verteilung der Geldmittel (mit der Liquidierung der den einzelnen Parteien zustehenden Förderungsbeträge) endet, kommt eine bescheidmäßige Erledigung Ihres Antrags nicht in Betracht (vgl. VfSlg. 11944/1989 und 13642/1993)."

5.1. Ungeachtet dessen wurde jedoch in der Folge mit Bescheid des Bundeskanzlers vom 18.6.1998 der "Antrag der Bürgerinitiative 'Die Neutralen' vom 4. Juli 1996 (datiert mit 4. Juni 1996), mit dem die Auszahlung eines Wahlwerbungskosten-Beitrages gemäß §2b Parteiengesetz begehrt wurde ... abgewiesen." Begründend wird dazu ausgeführt, dass im Hinblick auf das mittlerweile ergangene Erkenntnis VfGH 14.3.1997 G401,402/96 nicht zweifelhaft sei, dass hinsichtlich auf §2b Parteiengesetz gestützter Anträge auf Auszahlung eines Wahlwerbungskosten-Beitrages für Wahlen zum Europäischen Parlament eine bescheidförmige Erledigung geboten sei. Da die Antragstellerin (die nunmehrige Klägerin) nach der Wahl vom 13.10.1996 im Europäischen Parlament mit keinem Abgeordneten vertreten sei, sei ihr Antrag auf Auszahlung eines Wahlwerbungskostenbeitrages mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen abzuweisen.

5.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde der Klägerin vom 28.7.1998, die hg. zur Zahl B1398/98 protokolliert ist.

6.1. Mit der vorliegenden, auf Art137 B-VG gestützten Klage vom 21.4.1997 begehrt die Klägerin die Fällung folgenden Urteils:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 20.000,-- sowie die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

In der Klagserzählung wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist nach Art137 B-VG gegeben, weil weder die ordentlichen Gerichte zuständig sind, da der Anspruch der klagenden Partei im öffentlichen Recht wurzelt, noch ein Verwaltungsweg vorgesehen ist und auch in der stRsp des Verfassungsgerichtshofes die bescheidmäßige Erledigung von Parteiförderungen abgelehnt wird.

...

Die beklagte Partei lehnte den Anspruch der klagenden Partei auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag gestützt auf §2b ParteienG ab.

§2b ParteienG, der im Hinblick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament am 13.10.1996 mit dem BGBl. Nr. 117/1996 eingefügt wurde, legt fest, daß jede politische Partei, die nach einer Wahl zum Europäischen Parlament mit Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten ist, Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag hat, für den die Bestimmungen des §2a sinngemäß gelten, wobei aber der sich gemäß §2a Abs2 ergebende Betrag um 10 v.H. zu kürzen ist.

Nach Ansicht der klagenden Partei verstößt diese Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art7 B-VG sowie gegen das demokratische Prinzip der österreichischen Bundesverfassung (Art1 B-VG).

Gem. §1 Abs1 ParteienG sind die Existenz und Vielfalt politischer Parteien wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich (Art1 B-VG). Und um diese Vielfalt zu gewähren, wurden vom Gesetzgeber eine Reihe von Maßnahmen zur Finanzierung von politischen Parteien gesetzlich geregelt.

§2a ParteienG regelt, daß jede politische Partei, die nach den Nationalratswahlen im Nationalrat vertreten ist und spätestens acht Wochen vor dem Wahltag einen diesbezüglichen Antrag stellt, nach jeder Nationalratswahl als Beitrag zu den Kosten der Wahlwerbung Anspruch auf einen sog. Wahlwerbungskosten-Beitrag des Bundes hat.

§2 Abs2 litc ParteienG sieht für politische Parteien, die im Nationalrat nicht vertreten sind, die aber bei einer Wahl zum Nationalrat mehr als 1 v.H. der gültigen Stimmen erhalten haben, für das Wahljahr einen Anspruch auf Zuwendungen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit vor. Diese Regelung hat den Sinn, daß auch politischen Parteien, die bei der Wahl zum Nationalrat zwar kein Mandat, aber doch eine bestimmte Stimmenstärke erreichen, in einem eingeschränkten Ausmaß, bezogen auf das Wahljahr, eine Förderung gewährt wird.

Mit §2 Abs2 litc ParteienG hat der Gesetzgeber sein grundsätzliches System der Parteienförderung durchbrochen, wonach nur politische Parteien, die im Nationalrat vertreten sind, Zuwendungen erhalten.

Ein ähnliches System der Parteienförderung im Zusammenhang mit Landtagswahlen wurde auch vom Land Steiermark gewählt, wonach gem. §7 Steiermärkisches Parteienförderungsgesetz 1991, LGBl. Nr. 17/1992 i.d.F. LGBl. Nr. 65/1994 Parteien, die bei Landtagswahlen einen Stimmenanteil von l% der gültig abgegebenen Stimmen erhalten, ebenfalls einen Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag haben, auch wenn sie den Einzug in den Landtag nicht geschafft haben.

Durch die Einführung des §2b ParteienG hat er sein System der Parteienförderung bei Nationalratswahlen auf die Wahlen zum Europäischen Parlament ausgedehnt. §2b ParteienG entspricht weitgehend der Regelung des §2a ParteienG. Jedoch hat es der Gesetzgeber verabsäumt, eine dem §2 Abs2 litc ParteienG entsprechende Regelung, die auch jenen Parteien eine Zuwendung für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zuerkennt, die nach den Wahlen nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, einzuführen.

Der Gesetzgeber darf zwar ein von ihm selbst geschaffenes Ordnungssystem verlassen, aber die Abweichung muß in sich dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen.

Die mangelnde Umsetzung des §2 Abs2 litc ParteienG für Wahlen zum Europäischen Parlament führt zu einer eklatanten Benachteiligung von neuen politischen Kräften gegenüber den etablierten Parteien. Dadurch, daß nur jene Parteien einen Anspruch auf Förderungen bei Europawahlen haben, die ohnehin schon Abgeordnete ins Europäischen Parlament entsenden, kommt es zu einer Stabilisierung der gegebenen Machtverhältnisse. Dies wiederum widerspricht dem in §1 Abs1 ParteienG festgesetzten Grundsatz der Parteienvielfalt und damit in weiterer Folge dem demokratischen Grundprinzip der Bundesverfassung und schadet dadurch dem Gesamtstaat.

Die Einwendung, wonach durch die Voraussetzung des Einzugs in das Europäische Parlament die Verschwendung von Steuergeldern an Parteien und Gruppierungen, die bloß zum Jux kandidieren, verhindert werden soll, kann nicht greifen, da dies bereits durch das Einführen der 1 %-Klausel vermieden wird.

Aus diesen Gründen vertritt die klagende Partei die Ansicht, daß politischen Parteien, die zwar keinen Abgeordneten in das Europäische Parlament entsenden konnten, aber l% der gültigen Stimmen erhalten haben, auch im Zusammenhang mit Wahlen zum Europäischen Parlament einen Anspruch im Sinne von §2 Abs2 litc ParteienG haben. Die Differenzierung zwischen Wahlen zum Europaparlament und Wahlen zum Nationalrat ist sachlich nicht gerechtfertigt, vor allem in Hinblick auf die beinahe gleichlautenden §§2a Abs1 und 2b ParteienG, die die im Nationalrat bzw. im Europäischen Parlament vertretenen Parteien gleich behandelt.

Aus prozessualer Vorsicht werden von der klagenden Partei nur S 20.000,-- geltend gemacht. Sie behält sich jedoch eine weitere Ausdehnung vor.

Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof diese Ansicht nicht teilt, richtet die klagende Partei an ihn die Anregung ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten und §2b ParteienG BGBl. Nr. 404/1975 i.d.F. BGBl. Nr. 117/1996 als verfassungswidrig aufzuheben, da er gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG) verstößt."

6.2. Der Bund als Beklagter legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Klagebeantwortung. Darin tritt er für die Zurückweisung der Klage mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG, in eventu für die Abweisung der Klage ein. Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Zur Zulässigkeit der Klage

...

Im vorliegenden Verfahren macht die klagende Partei einen Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag für ihre Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament geltend. Ein solcher Anspruch ist in §2b Parteiengesetz geregelt, demzufolge für die Gewährung dieses Anspruches die Bestimmungen des §2a Parteiengesetz sinngemäß gelten. Zu §2a Parteiengesetz hat der VfGH erst jüngst dargelegt, daß über den in dieser Bestimmung geregelten Wahlwerbungskosten-Beitrag für die Teilnahme an einer Nationalratswahl mit Bescheid zu entscheiden ist (VfGH 14.3.1997, G401,402/96-8). Angesichts der Anordnung einer sinngemäßen Geltung von §2a auch für den Wahlwerbungskosten-Beitrag für die Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament gemäß §2b muß wohl davon ausgegangen werden, daß über diesen Wahlwerbungskosten-Beitrag ebenfalls mit Bescheid zu befinden ist. Im Sinne des erwähnten Erkenntnisses des VfGH könnte man daher die von der klagenden Partei zitierte über ihren Antrag - vor diesem Erkenntnis - ergangene Erledigung vom 21. Jänner 1997 (GZ 610.004/0-V/4/97) allenfalls als Bescheid deuten, der wegen Fristablauf freilich nicht mehr vor dem VfGH bekämpfbar wäre.

Im Sinne der vorstehenden Ausführungen ist davon auszugehen, daß über den von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruch mit Bescheid zu entscheiden ist. Eine Zuständigkeit des VfGH gemäß Art137 B-VG kommt daher nicht in Betracht und die Klage wäre als unzulässig zurückzuweisen.

In der Sache selbst

...

Gemäß §2b Parteiengesetz haben nur solche Parteien Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag, die nach einer Wahl zum Europäischen Parlament mit Abgeordneten in diesem vertreten sind. Eine der Förderung gemäß §2 Abs2 litc des Parteiengesetzes entsprechende Förderung ist im Zusammenhang mit einer Wahl zum Europäischen Parlament nicht vorgesehen. Demnach hat die klagende Partei keinen Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag, weil sie nach der Wahl nicht mit einem Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten ist. Dies wird von der klagenden Partei an sich auch nicht bestritten, doch verstößt ihrer Auffassung nach gerade aus diesem Grund §2b Parteiengesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art7 B-VG sowie gegen das demokratische Prinzip der Österreichischen Bundesverfassung (Art1 B-VG). Dieser Behauptung der klagenden Partei ist folgendes entgegenzuhalten:

Nach der Rechtsprechung des VfGH bleibt es dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes grundsätzlich überlassen, unterschiedliche Ordnungssysteme vorzusehen, die auch unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes voneinander abweichen dürfen und nur 'in sich sachlich gerechtfertigte Systeme' (VfSlg. 10823/1986) darstellen müssen.

Im vorliegenden Zusammenhang stellen nun die Parteiförderung gem. §2 Parteiengesetz und die Gewährung der Wahlwerbungskosten-Beiträge nach den §§2a und 2b Parteiengesetz jeweils unterschiedliche Ordnungssysteme dar. Bei der Förderung nach §2 handelt es sich um eine Subvention der Öffentlichkeitsarbeit der politischen Parteien durch laufende Zuwendungen nach Maßgabe eines in §2 Abs3 Parteiengesetz festgelegten Gesamtbetrages. Dieses System der Parteienförderung ist grundsätzlich auf die im Nationalrat vertretenen Parteien beschränkt und wird - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise (VfSlg 11944/1989) - lediglich für im Nationalrat nicht vertretene Parteien mit einer bestimmten Stimmenstärke in gewissem Umfang durchbrochen.

Davon zu unterscheiden sind die Wahlwerbungskosten-Beiträge nach den §§2a und 2b Parteiengesetz, die anläßlich von Wahlen ausschließlich im Nationalrat bzw. im Europäischen Parlament vertretenen Parteien gewährt werden. Diese Zuwendungen werden in ganz anderer Weise als die gemäß §2 Parteiengesetz zu vergebenden Mittel bemessen und stellen somit ihrem Ziel und ihrer Berechnungsmethode nach ganz unterschiedliche Systeme der Parteienförderung dar. Auch vom VfGH wurde in seinem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 14. März 1997, G401,402/96, anerkannt, daß §2 Parteiengesetz ein anderes 'Förderungssystem' (S 15) als die Gewährung des Wahlkosten-Beitrages gemäß §2a Parteiengesetz darstellt, was etwa auch nach diesem Erkenntnis in unterschiedlichen Rechtsformen der Subventionsgewährung zum Ausdruck kommt.

Da es sich somit bei den Parteienförderungen gem. §2 und gem. §§2a und 2b Parteiengesetz um jeweils unterschiedliche Ordnungssysteme handelt, wären nach der Rechtsprechung des VfGH dem Gesetzgeber nur 'aus ganz besonderen Gründen auszuschließende Abweichungen (exeptionellen Gewichts) verwehrt'

(VfSlg 10084/1984), die im vorliegenden Zusammenhang aber nicht ersichtlich sind. Insbesondere kann eine solche unzulässige Abweichung nicht darin gesehen werden, daß die Wahlwerbungskosten-Beiträge - anders als die Parteienförderung gemäß §2 Parteiengesetz - ausschließlich den im Nationalrat bzw. im Europäischen Parlament vertretenen Parteien gewährt werden. Hat es doch der VfGH als zulässige Entscheidung des einfachen Gesetzgebers anerkannt, 'zwischen der wirtschaftlichen Förderung der im Nationalrat vertretenen Parteien einerseits und der nicht in der gesetzgebenden Körperschaft repräsentierten anderseits grundsätzlich zu unterscheiden' (VfSlg 11944/1989). Daher kann es wohl auch nicht gleichheitswidrig sein, wenn der Gesetzgeber den Wahlwerbungskosten-Beitrag gemäß §2b Parteiengesetz nur den im Europäischen Parlament vertretenen Parteien zuerkennt.

Aus diesem Grund ist schließlich auch die von der klagenden Partei behauptete Verletzung des demokratischen Prinzips der Bundesverfassung bzw. des in §1 Abs1 Parteiengesetzes verankerten Grundsatzes der Parteienvielfalt nicht zu erkennen. Die Verfassung schreibt dem einfachen Gesetzgeber keine bestimmte Form der Parteienförderung vor, sondern überläßt ihm insoweit einen Gestaltungsspielraum, der ihm die Einrichtung unterschiedlicher Ordnungssysteme zur Förderung der Parteienvielfalt gestattet."

II. Über die Klage wurde erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Insoweit die Klägerin ihren Anspruch auf §2b Parteiengesetz stützt, ist im Hinblick auf VfSlg. 14803/1997 davon auszugehen, dass über diesen im öffentlichen Recht wurzelnden Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist. Ein solcher Bescheid ist - nach Einbringung der Klage - auch tatsächlich ergangen und Gegenstand des hg. zu B1398/98 protokollierten, von der Klägerin angestrengten Beschwerdeverfahrens.

In diesem Umfang ist die Klage somit unzulässig und daher zurückzuweisen.

3. Insoweit jedoch der mit Klage geltend gemachte Anspruch auf §2 Abs2 litc Parteiengesetz gestützt wird, ist die Klage zwar zulässig (vgl. VfSlg. 11944/1989), aber nicht berechtigt.

3.1. §2 Abs2 litc Parteiengesetz sieht vor, dass politische Parteien, die im Nationalrat nicht vertreten sind, die aber bei einer Wahl zum Nationalrat mehr als 1 % der gültigen Stimmen erhalten haben, für das Wahljahr einen Anspruch auf Zuwendungen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit haben. Es ist unbestritten, dass diese Voraussetzungen auf die Klägerin nicht zutreffen. Sie kann daher aus dieser gesetzlichen Bestimmung keinen Anspruch gegen den Bund ableiten.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt aber auch die von der Klägerin gegen die Verfassungsmäßigkeit einzelner Bestimmungen des Parteiengesetzes vorgetragenen Bedenken nicht, wobei dahingestellt bleiben kann, ob sie sich letztlich gegen §2b oder gegen §2 Abs2 litc leg. cit. richten. Es ist keineswegs unsachlich, wenn der Gesetzgeber im Zusammenhang mit einer Wahl zum Europäischen Parlament zwar für politische Parteien, die nach der Wahl mit Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten sind, einen Anspruch auf einen Wahlwerbungskosten-Beitrag vorsieht, nicht aber auch - korrespondierend zu §2 Abs2 litc Parteiengesetz - einen Anspruch auf Zuwendungen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit im Wahljahr für politische Parteien, die bei einer solchen Wahl mehr als 1 % der gültigen Stimmen erhalten haben. Zum einen kann es nämlich nicht als unsachlich gewertet werden, wenn der Gesetzgeber zwischen der finanziellen Förderung der in einem Vertretungskörper repräsentierten Parteien einerseits und der dort nicht repräsentierten Parteien andererseits grundsätzlich unterscheidet (vgl. VfSlg. 11944/1989, S. 13 Pkt. 2.2.2.). Zum anderen verbietet es der Gleichheitssatz aber auch nicht, hinsichtlich des Anspruches politischer Parteien auf Zuwendungen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit im Wahljahr zwischen den Wahlen zum Nationalrat einerseits und den Wahlen zum Europäischen Parlament andererseits zu differenzieren. Dies schon deshalb, weil sich das Europäische Parlament in seinen Aufgaben - so vor allem bei der Rechtssetzung - im Rahmen der Europäischen Union maßgeblich von der Stellung des Nationalrates im System der österreichischen Bundesverfassung unterscheidet. Es liegt daher im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, für diese beiden Vertretungskörper unterschiedliche Regelungen betreffend die hier in Rede stehenden Zuwendungen zu treffen.

3.3. In dieser Hinsicht ist das Klagebegehren, weil der Klagsanspruch nicht zu Recht besteht und verfassungsrechtliche Bedenken gegen präjudizielle Normen nicht entstanden sind, somit als unbegründet abzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Partei politische

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:A12.1997

Dokumentnummer

JFT_10009382_97A00012_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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