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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde des HG in S, vertreten durch Dr. Gerhard Othmar Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. September 2000, Zl. 0/912- 11348/9-2000, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Salzburger Landesregierung (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 1, Abs. 4 Z 1 und Abs. 5 in Verbindung mit § 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.
Nach Darstellung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens führte die belangte Behörde begründend aus, der Beschwerdeführer sei am 2. Jänner 1964 in der Türkei geboren worden und seit 16. Jänner 1989 verheiratet. Der Ehe entstammten drei minderjährige Kinder. Die Ehegattin und die Kinder lebten in der Türkei. Der Beschwerdeführer sei seit dem 18. Juli 1993 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Vom 11. November 1988 bis 6. April 1993 sei er mit Nebenwohnsitz in Bürmoos gemeldet gewesen und habe vom 11. Dezember 1989 bis 16. April 1993 in einer Druckerei gearbeitet. Vom 17. April 1993 bis 19. Juli 1993 habe er weder in Österreich gearbeitet noch Arbeitslosengeld bezogen und sich seinen eigenen Angaben (anlässlich seiner persönlichen Vorsprache bei der Behörde am 17. August 1999) zufolge etwa zweieinhalb Monate in der Türkei aufgehalten. Seit dem 17. April 2000 sei der Beschwerdeführer wieder als Arbeiter bei einem Bauunternehmen beschäftigt.
Der Beschwerdeführer, der seit 18. Juli 1993 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet sei, erfülle nicht das Erfordernis des zehnjährigen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG. Er erfülle die Voraussetzung des sechsjährigen Hauptwohnsitzes in Österreich, weshalb zu prüfen gewesen sei, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliege. Gemäß § 10 Abs. 5 Z 3 StbG gelte als solcher insbesondere der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration. Der Beschwerdeführer sei seit dem 17. April 2000 laufend bei einem Bauunternehmen als Bauhilfsarbeiter beschäftigt. Der Ersteintritt in dieses Unternehmen sei laut Bestätigung des Arbeitgebers bereits am 16. April 1996 erfolgt. Ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund sei nur dann gegeben, wenn sich der Fall des Staatsbürgerschaftswerbers von der üblichen Situation, in der sich ein Fremder nach einem gleich langen inländischen Aufenthalt mit den üblicherweise zu erwartenden Integrationsbemühungen befinde, sehr deutlich abhebe. Die "besondere Bindung an Österreich" bzw. "völlige Anpassung an die österreichischen Verhältnisse in Sprache und Lebensart" müssten deutlich über dem Ausmaß liegen, das von einem Fremden nach einem gleich langen inländischen Aufenthalt üblicherweise erwartet werden könne.
Der Beschwerdeführer verfüge über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung. Der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration gelte dann als erbracht, wenn der Fremde sowohl beschäftigungsrechtlich (z.B. Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) als auch fremdenrechtlich (z.B. unbefristete weitere Niederlassungsbewilligung) eine bis auf weiteres gesicherte Position in Österreich habe und hier persönlich nachhaltig verankert sei. Der Beschwerdeführer sei zwar bereits seit 1980 in Österreich im Baubereich beschäftigt und die Arbeitsunterbrechungen über die Wintermonate seien durchaus branchenüblich, doch könne er auf Grund seiner Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter nicht als überdurchschnittlich beruflich integriert angesehen werden. Auch die Tatsache, dass er seit dem Jahr 1980 immer wieder mit Unterbrechungen in Österreich gewesen sei, bzw. vom 11. November 1988 bis 6. April 1993, also fünf Jahre mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet gewesen sei und sich nach Angaben des Unterkunftgebers während der angeführten Zeit ständig hier aufgehalten habe, könne nicht als besonders berücksichtigungswürdiger Grund für eine vorzeitige Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft angesehen werden. Da der Beschwerdeführer das grundsätzliche Einbürgerungserfordernis des zehnjährigen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nicht erfülle und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinn des § 10 Abs. 4 Z 1 und Abs. 5 StbG nicht vorliege, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 5 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, hatte folgenden Wortlaut:
"(1) Der ordentliche Wohnsitz einer Person ist an dem Ort begründet, an dem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen. Hiebei ist es unerheblich, ob die Absicht darauf gerichtet war, für immer an diesem Ort zu bleiben."
Art. VII des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994, lautet:
"Das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 521/1993, wird wie folgt geändert:
1. In § 5 entfällt Abs. 1 und im bisherigen Abs. 2 die Absatzbezeichnung.
2. Der Begriff "ordentlicher Wohnsitz" wird, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, durch den Begriff "Hauptwohnsitz" in der jeweils grammatikalisch richtigen Form ersetzt.
3. Für Zeiten vor Inkrafttreten des Hauptwohnsitzgesetzes gilt als Hauptwohnsitz der ordentliche Wohnsitz.
..."
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 124, haben folgenden Wortlaut:
"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn
1. er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat;
...
(4) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 kann abgesehen werden
1. aus besonders berücksichtigungswürdigem Grund, sofern es sich um einen Minderjährigen, der seit mindestens vier Jahren, oder um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich der Wohnsitzdauer anders vorgesehen;
...
(5) Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund (Abs. 4 Z 1) gilt insbesondere
...
3. der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration
...
...
§ 12. Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er
1. nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft (§§ 33 oder 34) oder des Verzichtes auf die Staatsbürgerschaft (§ 37) Fremder ist und entweder
a) seit mindestens 30 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat oder
b) seit mindestens 15 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat und seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nachweist oder
..."
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, er erfülle nicht die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 1 StbG. Maßgeblich sei nicht der ununterbrochene physisch-körperliche Aufenthalt im Bundesgebiet, sondern der ununterbrochene Hauptwohnsitz. Ein Hauptwohnsitz könne auch dann ununterbrochen im Sinn des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG sein, wenn der physische Aufenthalt - wie im Beschwerdefall - durch kurze Zeiten von Auslandsaufenthalten unterbrochen werde, wenn diese nicht zur Begründung eines Hauptwohnsitzes im Ausland führten. Dies müsse insbesondere für Auslandsaufenthalte gelten, denen der Charakter von Urlauben zukomme. Nichts anderes liege aber auch beim Beschwerdeführer vor, der bedingt durch die Art seiner Berufstätigkeit als Bauarbeiter eben im Winter nicht beschäftigt gewesen sei und diese arbeitsfreien Zeiträume dazu benützt habe, in seinen Heimatstaat zurückzukehren, um seine Familie zu besuchen und bei dieser zu weilen. Durch die in Rede stehenden Heimataufenthalte in der Winterszeit sei der bestehende Hauptwohnsitz in Österreich nicht aufgehoben und nicht unterbrochen worden, zumal während dieser Auslandsaufenthalte der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers in Österreich verblieben sei und er jeweils nur mit der Absicht in den Heimatstaat gereist sei, nach Österreich zurückzukehren, wenn die im Baugewerbe übliche arbeitsfreie Zeit im Winter wiederum beendet sei. Da jene Zeiträume, in welchen sich der Beschwerdeführer im Winter jeweils in seiner Heimat aufgehalten habe, weil er im Baugewerbe branchen- und witterungsbedingt im Winter nicht habe beschäftigt werden können, den bestehenden Hauptwohnsitz in Österreich nicht unterbrochen hätten, erfülle er sogar die zeitliche Voraussetzung nach § 12 Z 1 lit. b StbG und umso mehr jene nach § 10 Abs. 1 Z 1 leg. cit. Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer allerdings, dass die belangte Behörde nicht nur von branchenüblichen, saisonbedingten Auslandsaufenthalten des Beschwerdeführers im Winter ausging. So stellte sie fest, dass der Beschwerdeführer vom 11. November 1988 bis 6. April 1993 "mit Nebenwohnsitz" in Bürmoos gemeldet gewesen sei. Vom 17. April bis 19. Juli 1993 habe er weder in Österreich gearbeitet noch Arbeitslosengeld bezogen und sich - seinen Angaben anlässlich seiner Vorsprache bei der belangten Behörde zufolge - ca. zweieinhalb Monate in der Türkei aufgehalten. Seit dem 18. Juli 1993 habe er einen ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet.
Nach Art. VII Z 3 des Hauptwohnsitzgesetzes gilt für Zeiten vor seinem Inkrafttreten als Hauptwohnsitz der ordentliche Wohnsitz. Ausgehend von der Begriffsbestimmung des § 5 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 erforderte dieser den freiwilligen, faktischen Aufenthalt an einem bestimmten Ort mit der Absicht, an diesem den Mittelpunkt der wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Betätigung zu begründen (vgl. Thienel, Österreichische Staatsbürgerschaft, Band II, S 114 mwN). Die Aufgabe eines Wohnsitzes wird allgemein dann der Fall sein, wenn eines der für das Vorliegen des Wohnsitzes wesentlichen Merkmale (dauernder Aufenthalt, Freiwilligkeit, Absicht des Verbleibens) wegfällt. Jedenfalls setzt die Aufgabe eines Wohnsitzes nicht notwendig die Begründung eines neuen Wohnsitzes voraus.
Dass der Beschwerdeführer vom 17. April 1993 bis 19. Juli 1993 in der Türkei gewesen sei, wird in der Beschwerde nicht bestritten. Soweit er im ersten Abschnitt seiner Beschwerde behauptet, unter anderem in der Zeit vom 18. Jänner 1988 bis 11. Februar 1998 in Salzburg, Gabelsbergerstraße, gemeldet gewesen zu sein, handelt es sich hiebei offensichtlich um einen Schreibfehler, weil in der in den vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Meldebestätigung vom 25. Mai 1988 eine polizeiliche Meldung an dieser Anschrift für die Zeit vom 18. Jänner 1988 bis 11. Februar 1988 ausgewiesen ist und die Beschwerde in ihrem weiteren Vorbringen nur den offensichtlichen Schreibfehler fortträgt. Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit die Zeiträume seiner polizeilichen Meldung und Beschäftigung im Bundesgebiet darlegt (S 12f der Beschwerdeschrift), lässt dieses Vorbringen den Zeitraum zwischen 7. April und 13. Oktober 1993 unberührt. Unter Zugrundelegung dieses Türkeiaufenthaltes - in Verbindung mit dem dazu erstatteten Vorbringen im Verwaltungsverfahren - ist aber davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer ab 17. April 1993 für einen Zeitraum von etwa zweieinhalb Monaten keine ausreichende Inlandsbeziehung aufwies, sodass ein allenfalls bis 16. April 1993 vorhandener Wohnsitz ab diesem Zeitpunkt aufgegeben war.
Bezeichnender Weise zielen die Beschwerdeausführungen über die Winterarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers als Bauarbeiter und seine Heimataufenthalte in der Winterszeit gerade nicht auf den in Rede stehenden Zeitraum im Frühjahr und Sommer 1993 ab, wobei der Beschwerdeführer von 1989 bis April 1993 außerdem in einer Druckerei arbeitete, sodass das Vorbringen einer baubranchenbedingten Winterarbeitslosigkeit auch deshalb nicht zutrifft. Verwiesen sei auch auf die mit dem Beschwerdeführer am 17. August 1999 aufgenommene Niederschrift ("Im April 1993 wurden ihm Arbeit und Wohnung gekündigt. Im April ist er anschließend in seine Heimat in die Türkei gefahren. Nach ca. zweieinhalb Monaten ist er wieder zurückgekommen und hat in der X-Straße in Salzburg seinen Wohnsitz genommen, von April bis Juli 1993 hatte er keine Arbeit und keine Wohnung in Österreich.") und darauf, dass die Beschwerde nicht konkret darlegt, dass und inwiefern die belangte Behörde hinsichtlich des in Rede stehenden Zeitraumes im Jahre 1993 den Sachverhalt unvollständig festgestellt hätte.
Durch die Aufgabe des Wohnsitzes im Bundesgebiet trat eine Unterbrechung der Wohnsitzfrist des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG ein. Daraus folgt, dass die vor der Unterbrechung in Österreich zugebrachten Zeiträume bei der Berechnung der Wohnsitzdauer nach § 10 Abs. 1 Z 1 StbG unberücksichtigt zu bleiben haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 97/01/0193, mwN). Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 1 StbG nicht erfüllt. Von daher geht auch das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzung nach § 12 Z 1 lit. b StbG eines ununterbrochenen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet in der Dauer von mindestens 15 Jahren ins Leere.
Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Grund des § 10 Abs. 4 Z 1, Abs. 5 StbG, weil seiner Ansicht nach besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorlägen. Der Beschwerdeführer habe sich seit August 1980 tatsächlich 18 Jahre und 2 Monate im Bundesgebiet aufgehalten. Seit 5. April 1994 habe er ständig seinen Hauptwohnsitz in Salzburg. Er habe daher während eines Zeitraumes von 20 Jahren den Mittelpunkt seiner beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensinteressen in Österreich gehabt. Durch die lange Dauer seines Aufenthaltes, mit der jeweils entsprechende Beschäftigungen als Arbeiter einhergegangen seien, würde das Manko des ununterbrochenen Hauptwohnsitzes von zehn Jahren bei weitem aufgehoben, ja sogar erheblich überkompensiert. Wenn bei einem Fremden unter besonders berücksichtigungswürdigen Gründen schon nach sechs Jahren ununterbrochenem Hauptwohnsitz die Verleihung der Staatsbürgerschaft möglich sei, müsse dies umso mehr für einen Fremden gelten, der mehr als die Hälfte seiner Lebenszeit, nämlich insgesamt 18 Jahre und 2 Monate ununterbrochene Aufenthaltszeiten innerhalb von 20 Jahren im Bundesgebiet nachweisen könne, dementsprechend ausgeprägt beruflich und wirtschaftlich in Österreich integriert sei, die deutsche Sprache in einer seinem sozialen Status entsprechenden Weise beherrsche und schließlich fast 20 Jahre hindurch öffentliche Abgaben und Steuer geleistet habe.
Bei der Beurteilung der Frage ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt, geht es um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung. Eine nach § 11 StbG vorzunehmende Ermessensentscheidung kommt daher erst dann in Betracht, wenn - zusätzlich zu den weiteren Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG - jene nach § 10 Abs. 4 StbG gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 99/01/0333, mwN).
Nach den ErläutRV 1283 BlgNR 20. GP 8 betreffend die Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 wird der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration im Sinn des § 10 Abs. 5 Z. 3 StbG dann als erbracht gelten, wenn der Fremde sowohl beschäftigungsrechtlich (z.B. Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) als auch fremdenrechtlich (z.B. unbefristete weitere Niederlassungsbewilligung) eine bis auf weiteres gesicherte Position in Österreich hat und hier persönlich nachhaltig verankert ist (z.B. Familie lebt mit dem Fremden in Österreich, Kinder besuchen die Schule usw.).
Mag auch der Beschwerdeführer in Anbetracht der Gesamtdauer seines Aufenthaltes in Österreich und seiner beschäftigungsrechtlichen Verankerung eine nachhaltige berufliche Integration aufweisen, so vermag das Ausmaß der beruflichen Integration nicht den Mangel an persönlicher Integration, auf die die zitierten Materialien zur Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 ebenfalls hinweisen, aufzuwiegen. Der Beschwerdeführer lässt die Feststellungen der belangten Behörde, wonach seine Ehegattin und Kinder in der Türkei lebten, unbestritten, sodass von keiner besonderen persönlichen Verankerung im Inland ausgegangen werden kann, zumal er auch nicht behauptet, dass sich seine Ehefrau und seine Kinder mittlerweile im Bundesgebiet befänden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. August 2001, Zl. 2001/01/0057), oder sonstige Umstände ins Treffen führt, die eine persönliche Verankerung in gleichwertiger Weise herstellen würden (dass etwa seine Eltern oder Geschwister in Österreich lebten).
Daher ist weder der Tatbestand des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG noch ein anderer Tatbestand des § 10 Abs. 5 StbG erfüllt. Alleine in der langen Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seiner beruflichen Verankerung liegt unter den Umständen des vorliegenden Falles auch kein - im § 10 Abs. 5 StbG nicht genannter - besonders berücksichtigungswürdiger Grund. In dieser Hinsicht ist im Vergleich zu dem schon zitierten Vorerkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 97/01/0193, zunächst auf das unterschiedliche Verhältnis der in der Größenordnung ähnlichen Gesamtaufenthaltsdauer zum Lebensalter zu verweisen, dem allerdings die vergleichsweise kürzere Dauer der Unterbrechung der Wohnsitzfrist im vorliegenden Fall gegenüber steht. Der (insgesamt) lange Voraufenthalt wurde im Fall des Vorerkenntnisses aber als Indiz für den Integrationsgrad gewertet, während der Gesichtspunkt nachhaltiger Integration als besonders berücksichtigungswürdiger Grund im vorliegenden Fall - und auf dem Boden der nunmehrigen Rechtslage - wegen des Umstandes, dass die Familie des Beschwerdeführers stets in der Türkei verblieb, nicht geeignet ist, dessen Standpunkt zum Durchbruch zu verhelfen. Ob vom Erfordernis nachhaltiger (auch) persönlicher Integration bei - absolut oder relativ zum Lebensalter - noch längeren Voraufenthalten im Sinne eines im Gesetz nicht genannten besonders berücksichtigungswürdigen Grundes eigener Art abzusehen sein könnte, braucht im vorliegenden Fall nicht geklärt zu werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 11. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000010426.X00Im RIS seit
08.08.2002