TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/18 99/16/0522

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Veröffentlicht am 18.06.2002
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Index

E1N;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
35/02 Zollgesetz;
59/04 EU - EWR;

Norm

11994N/TTE/02 EU-Beitrittsvertrag Vertrag Art2;
11994NN06 EU-Beitrittsvertrag Anh6;
BAO §207 Abs2;
UStG 1994 §1 Abs1 Z3;
UStG 1994 §26 Abs1;
UStG 1994 §26 Abs3;
VwRallg;
ZollG 1988 §177;
ZollG 1988 §3 Abs1;
ZollRDG 1994 §1 Abs1;
ZollRDG 1994 §122 Abs2 idF 1998/I/013 ;
ZollRDG 1994 §122 Abs2;
ZollRDG 1994 §74 Abs2;
ZollRDGNov 03te 1998;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/16/0523 99/16/0524 99/16/0525 99/16/0526 99/16/0527

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden des F in H, vertreten durch Dr. Elisabeth Simma, Rechtsanwältin in 8011 Graz, Kaiserfeldgasse 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 6. August 1999, Zl. ZRV22/1-3/99, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 291,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit zwei Eingangsabgabenbescheiden vom 19. November 1998 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 177 Abs. 3 lit. e ZollG in Verbindung mit § 122 Abs. 2 ZollR-DG Eingangsabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag) sowie Säumniszuschlag in der Höhe von ATS 78.526,-- sowie ATS 98.238,-- vorgeschrieben.

Bezüglich des PKW Mercedes stellte die Behörde in ihrem Bescheid fest, der Beschwerdeführer habe im Dezember 1990 diesen PKW, welchen er drei Monate zuvor in Deutschland gekauft, auf eine dritte Person angemeldet und gegen Diebstahl versichert habe, gemeinsam mit dem deutschen Staatsangehörigen S. in das Zollgebiet eingebracht, wobei er beim Zollamt Suben die Grenze passierte, ohne eine Anmeldung abzugeben. In weiterer Folge sei das Fahrzeug beim Anwesen des Beschwerdeführers abgestellt und im Sommer 1991 von diesem an St., wohnhaft in Graz, verkauft worden.

In dem den PKW Opel betreffenden Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Frühjahr oder Sommer 1992 den seit 1. Februar 1992 als gestohlen gemeldeten PKW, den er in Koblenz/Deutschland um DM 10.000,-- gekauft habe, gemeinsam mit einem Mittäter in das Zollgebiet eingebracht habe, wobei er die österreichische Grenze passiert habe, ohne eine Anmeldung abzugeben. In weiterer Folge seien die deutschen Kennzeichen vernichtet und der PKW an S., wohnhaft in 8062 Kumberg, verkauft worden.

Rechtlich ging das Hauptzollamt bei beiden Bescheiden davon aus, dass die wirtschaftlich dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Fahrzeuge von diesem als einer im Zollgebiet wohnhaften Person zum endgültigen Verbleib (Verkauf im Inland) eingeführt worden seien, sodass die Voraussetzungen für den in Anspruch genommenen formlosen Vormerkverkehr nicht gegeben gewesen seien und die Zollschuld mit dem Passieren der Grenze (Verlassen des Amtsplatzes) unbedingt entstanden sei. Hinsichtlich der Verjährung wurde darauf hingewiesen, dass es sich um hinterzogene Abgaben gehandelt habe.

Die beiden dagegen erhobenen Berufungen wies das Hauptzollamt mit Berufungsvorentscheidungen als unbegründet ab. Auf Grund der Vorlageanträge übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer hinsichtlich der beiden Fahrzeuge die Schätzungsgutachten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Wenn ausländische unverzollte Beförderungsmittel von einem Grenzeintrittszollamt nur deshalb zum formlosen Vormerkverkehr "abgefertigt" werden, weil der Verfügungsberechtigte unrichtige und unvollständige Angaben mache, insbesondere den inländischen Wohnsitz dem Zollamt verschweige, werde im Zeitpunkt der Ausfolgung die zunächst bedingt entstandene Zollschuld unbedingt und sei damit auch objektiv der Tatbestand einer Hinterziehung im Sinne des § 35 Abs. 2 FinStrG erfüllt. Der Beschwerdeführer habe gezielt unverzollt gebliebene Personenkraftwagen zum Verbleib in Österreich eingebracht, sodass auch subjektiv der Tatbestand erfüllt sei, er also vorsätzlich gehandelt habe. Da von hinterzogenen Eingangsabgaben auszugehen sei, betrage die Frist für die Festsetzungsverjährung 10 Jahre.

Bezüglich des Handlungsablaufes wurde auf die Begründung in den Berufungsvorentscheidung verwiesen, die durch Hinweise auf Ermittlungen und Niederschriften tauglich belegten, dass die Fahrzeuge infolge unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben zum formlosen Vormerkverkehr zugelassen worden seien. Bezüglich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage verwies die belangte Behörde auf die erfolgte Schätzung unter Zuhilfenahme eines gerichtlich beeideten Sachverständigen; der Beschwerdeführer wäre nicht gehindert gewesen, wertmindernde Einwendungen zu erheben.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst an ihn erhobenen Beschwerden mit Beschluss vom 15. Dezember 1999, B 1702/99-3 und B 1703/99-5, ab und trat die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtvorschreibung ungesetzlicher Zollabgaben verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 99/16/0524 bis 0527, vier weitere Beschwerden des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der belangten Behörde des selben Datums als unbegründet abgewiesen hat. In jenen Verfahren ging es um vier Fahrzeuge, die von zwei bekannten und zwei unbekannten Personen in den Jahren 1991 und 1992 in das Zollgebiet eingebracht worden waren; der Beschwerdeführer wurde jeweils zur Haftung herangezogen. Wie in den Fällen des genannten Erkenntnisses macht der Beschwerdeführer auch hier Verletzung von Verfahrensvorschriften insoferne geltend, als er den festgestellten Sachverhalt bekämpft und rügt, dass die Ermittlung der Höhe des Abgabenbetrages mangelhaft erfolgt sei. Auch in der vorliegenden Rechtsrügen wendet er sich einerseits gegen die seiner Ansicht nach nicht gegebene Anwendbarkeit des Zollgesetzes, andererseits macht er Verjährung geltend, wobei die Begründungen aller sechs Beschwerden weitestgehend (bezüglich der Höhe des Abgabenbetrages vollständig) ident sind. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG kann daher auf die ausführliche Begründung des zitierten Erkenntnisses verwiesen werden.

So wird auch in den nunmehr gegenständlichen beiden Fällen vom Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig waren, also ob sie den Gesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Bezüglich des PKW Mercedes hat der Beschwerdeführer selbst vor dem Gendarmerieposten Hausmannstätten am 18. Oktober 1992 ausgesagt, dass der Mercedes von ihm und von S. nach Österreich überstellt worden sei, wobei der Grenzübergang Suben passiert worden sei. Es kann der Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie dieser (früheren) Darstellung durch den Beschwerdeführer den Vorzug gab. Dass der Beschwerdeführer auch den PKW Opel selbst nach Österreich gebracht hat, ergibt sich aus den Ermittlungen des Gendarmeriepostens Hausmannstätten (im vorgelegten Akt HZA I, Ordnungsnummer 10, Faktum 5). Im Zusammenhang mit seiner Aussage vor dem Hauptzollamt Graz vom 12. August 1996, es hätte sich bei den Fahrzeugen um keine reell erworbenen gehandelt, sodass er nie zu einem Zollamt hätte gehen können, halten die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Plausibilitätskontrolle stand, zumal der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare, mit Beweismitteln belegte Darstellung darüber geboten hat, wie das am 1. Februar 1992 in Koblenz als gestohlen gemeldete und von ihm im Oktober 1992 (in Teilen) an Sch. übergebene Fahrzeug nach Österreich gelangt ist.

Bezüglich der Anwendbarkeit des ZollG kann auf das Erkenntnis vom 24. Jänner 2001 und die dort vorgenommenen Nachweise verwiesen werden. Entscheidend für die Verjährungsfrage ist, dass nach den getroffenen Feststellungen der Beschwerdeführer vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten bewirkt hat, dass eine entstandene Eingangsabgabenschuld nicht festgesetzt wurde (§ 35 Abs. 2 FinStrG).

Ab 1. Jänner 1995 sind für die nach dem Beitritt zur Europäischen Union entstandenen Eingangsabgaben die Verjährungsbestimmungen des § 74 Abs. 2 ZollR-DG, für vor dem Beitritt der Europäischen Union entstandenen Eingangsabgaben, aber die vor dem 1. Jänner 1995 in Kraft gestandenen Verjährungsbestimmungen anzuwenden. Mit dem Inkrafttreten der dritten ZollR-DG-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 13/1998, gelten ab 9. Jänner 1998 die Verjährungsbestimmungen des § 74 Abs. 2 ZollR-DG auch für die vor dem Beitritt zur Europäischen Union entstandenen Abgabenschuldigkeiten, weil der Begriff der Vorschreibung im § 122 Abs. 2, seitdem auch die Verjährung mitumfasst (vgl. hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1999, Zl. 96/16/0073).

Soweit im Umsatzsteuergesetz 1994 nichts anderes bestimmt ist, gelten nach § 26 Abs. 1 UStG 1994 für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß. Nach § 26 Abs. 3 UStG sind für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer die Hauptzollämter zuständig.

Nach § 74 Abs. 2 ZollR-DG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung beträgt die Verjährungsfrist bei Eingangs- und Ausgangsabgaben drei Jahre ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld. Bei hinterzogenen Eingangs- und Ausgangsabgaben beträgt diese Frist zehn Jahre, bei Einfuhr- und Ausfuhrabgaben jedoch nur dann, wenn die Zollbehörden den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag infolge eines ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgenden Finanzvergehens nicht oder nicht genau ermitteln konnten. Die Verjährungsfrist bei anderen Geldleistungen bestimmt sich nach den allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 99/16/0243 (wie auch vom selben Tag, Zl. 99/16/0117) ausgeführt hat, handelt es sich bei den vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union zu erhebenden Abgaben ausschließlich um Eingangsabgaben, nicht aber um Einfuhrabgaben im Sinne des Zollkodex.

Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und AF-Beitrag waren nach § 3 Abs. 1 dritter Satz ZollG 1988 Eingangsabgaben (siehe auch das schon zitierte Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 99/16/0117), sodass auf Grund der hier vom Beschwerdeführer erfolgten Hinterziehung dieser Eingangsabgaben die Verjährungsfrist 10 Jahre beträgt.

Damit erweisen sich auch die vorliegenden Beschwerden als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren der belangten Behörde war abzuweisen, weil nur eine Gegenschrift zu den beiden Beschwerden

erging und die Aktenvorlage bereits im Erkenntnis vom 24. Jänner 2001 honoriert worden war.

Wien, am 18. Juni 2002

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999160522.X00

Im RIS seit

18.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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