TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/18 2002/16/0069

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Veröffentlicht am 18.06.2002
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Index

E3L E09302000;
E6J;
L37013 Getränkeabgabe Speiseeissteuer Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

31992L0012 Verbrauchsteuer-RL Art3 Abs2;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
Getränke- und SpeiseeissteuerG NÖ 1992 §5 Abs1;
Getränke- und SpeiseeissteuerG NÖ 1992 §5 Abs2;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2002/16/0070 E 18. Juni 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Z GmbH & Co KG in Wien, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Wien IX, Kolingasse 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Februar 2002, IVW3-BE-4150101/013-2002, betreffend Getränkesteuer für Jänner und Februar 2000 (mitbeteiligte Partei:

Gemeindeverband für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk Melk), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem mit 31. Jänner 2000 datierten, jedoch erst am 13. März 2000 bei der Stadtgemeinde Pöchlarn eingebrachten und von dieser an den mitbeteiligten Gemeindeverband für Umweltschutz und Abgabeneinhebung am 14. März 2000 weitergereichten Schriftsatz beantragte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, die Getränkesteuer für Jänner 2000 bescheidmäßig festzusetzen und die für diesen Monat entrichtete Getränkesteuer zurückzuzahlen. Mit einem weiteren, am 19. April 2000 bei der mitbeteiligten Partei eingelangten Schriftsatz vom 31. März 2000 wurde die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für Februar 2000 und die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuer beantragt.

Mit Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom 29. Mai 2001 wurde die Getränkesteuer für Jänner und Februar 2000 einschließlich der auf alkoholische Getränke entfallenden Steuer mit S 23.546,-- festgesetzt. Der Rückzahlungsantrag wurde gleichzeitig abgewiesen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde unter anderem ausgeführt, die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke, für die die Steuerschuld zwar vor dem 9. März 2000 entstanden ist, die jedoch erst nach diesem Datum fällig oder entrichtet worden ist, sei von der Rückwirkungsbeschränkung des Urteils des EuGH vom 9. März 2000, Rechtssache C-437/97, nicht erfasst.

Gegen eine die Berufung abweisende Berufungsvorentscheidung wurde der Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erhoben. In dieser Eingabe wurde insbesondere ausgeführt, weder die Entrichtung der Abgabe sei vor dem 9. März 2000 erfolgt, noch sei die Fälligkeit vor diesem Zeitpunkt eingetreten.

Mit Bescheid des Verbandsvorstandes der mitbeteiligten Partei vom 14. November 2001 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Vorstellung gegen diesen Bescheid wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung davon aus, dass die Rückzahlungsanträge erst nach dem 9. März 2000 eingebracht worden sind. Die Beschwerdeführerin habe daher einen Rechtsbehelf nicht rechtzeitig erhoben.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Festsetzung einer gemeinschaftsrechtswidrig vorgeschriebenen Abgaben mit Null S verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Spruchteil 2. des Urteils vom 9. März 2000 hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache C - 437/97, Slg. 2000, I-1157, erkannt, dass Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer wie der im Ausgangsverfahren streitigen Getränkesteuer entgegensteht.

Spruchteil 3. dieses Urteils lautet:

3. Niemand kann sich auf Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt.

Gemäß § 5 Abs 1 des Niederösterreichischen Getränke- und Speiseeissteuergesetzes 1992, LGBl. Nr. 3701-4, in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung entsteht die Steuerschuld im Zeitpunkt der Veräußerung des Getränkes oder des Speiseeises. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle hat der Steuerpflichtige für jeden Kalendermonat bis zum 15. des zweitfolgenden Monats bei der Gemeinde eine Steuererklärung über die getätigten Veräußerungen von Getränken und von Speiseeis einzureichen und die Steuer zu entrichten.

Nach Spruchteil 2. des oben angeführten EuGH-Urteils widerspricht somit die Erhebung von Getränkesteuer auf alkoholische Getränke dem Gemeinschaftsrecht. Die im Spruchteil 3. vorgesehene Beschränkung des zeitlichen Anwendungsbereichs dieses Urteils bezieht sich allein auf derartige Ansprüche betreffend solcher Abgaben, die vor dem 9. März 2000 entrichtet wurden oder fällig geworden sind. Ist keine dieser beiden Voraussetzungen gegeben, so kommt eine Erhebung der Abgabe nicht in Betracht. Auf die Frage, in welchem Zeitpunkt ein Rechtsbehelf gegen eine Abgabe erhoben wurde, die erst nach dem 9. März 2000 fällig und vor diesem Zeitpunkt auch nicht entrichtet worden ist, kommt es dabei nicht an.

Im Verwaltungsverfahren wurde von der Beschwerdeführerin ausdrücklich geltend gemacht, dass die in Rede stehenden Abgaben auf alkoholische Getränke für die Zeiträume Jänner und Februar 2000 vor dem 9. März 2000 weder entrichtet noch (nämlich gemäß § 5 Abs 2 NÖ Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1992) fällig geworden sind.

Weder die Abgabenbehörden noch die Vorstellungsbehörden haben sich mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt. Da die belangte Behörde somit im angefochtenen Bescheid insbesondere verkannt hat, dass die Regelung im Spruchteil 3 des EuGH-Urteils über dessen zeitlichen Anwendungsbereich auf die in Rede stehenden Abgaben gar nicht anzuwenden ist, hat sie den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 iVm der VO BGBl II Nr. 501/2001.

Wien, am 18. Juni 2002

Gerichtsentscheidung

EuGH 61997J0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002160069.X00

Im RIS seit

25.09.2002

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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