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L34007 Abgabenordnung Tirol;Norm
BAO §224 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde der B in Innsbruck, vertreten durch Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 5, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. Dezember 2001, Zl. I-3077/2001, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlägen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin als Obfrau des F Vereines (nachfolgend: Primärschuldner) im Instanzenzug gemäß § 7 Abs. 1 der Tiroler Abgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984 (nachfolgend: TLAO), zur Haftung für die auf den Zeitraum von März 1999 bis September 2000 entfallende, dem Primärschuldner bescheidmäßig vorgeschriebene Vergnügungssteuer samt Nebengebühren zur Haftung herangezogen.
Gemäß § 194 TLAO könne der nach den Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung der Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Die von der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid erhobene Berufung richte sich sowohl gegen die Haftungsinanspruchnahme als auch gegen den Abgabenanspruch. Berufe ein zur Haftung Herangezogener gegen die Haftungsinanspruchnahme und den Abgabenanspruch, so sei zunächst über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weshalb im angefochtenen Bescheid nur auf jene Einwendungen im Berufungsverfahren einzugehen gewesen sei, welche sich gegen die Haftungsinanspruchnahme richteten.
Die Beschwerdeführerin sei im Zeitraum März 1999 bis September 2000 vertretungsbefugte Obfrau des Primärschuldners gewesen.
Die Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenforderung beim Primärschuldner sei gegeben, sie ergebe sich aus der Tatsache, dass dieser laut Auskunft des städtischen Einziehungsamtes über kein Vermögen mehr verfüge.
Durch die Nichtentrichtung der Vergnügungssteuer habe die Beschwerdeführerin als vertretungsbefugte Obfrau schuldhaft gehandelt und sei daher als Haftungspflichtige in Anspruch zu nehmen. Bei einer Selbstbemessungsabgabe, wie der Vergnügungssteuer, habe die Erlassung eines Haftungsbescheides auch nicht die Rechtskraft eines Abgabenbescheides zur Voraussetzung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der TLAO
lauten auszugsweise:
"§ 7
(1) Die in den §§ 60 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
(2) ... "
"§ 60
(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(2) ..."
Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung anzunehmen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0187).
Die Beschwerdeführerin führt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und der Rechtswidrigkeit des Inhaltes zunächst aus, der Sachverhalt bedürfe der Ergänzung, da er im angefochtenen Bescheid derart unvollständig festgestellt worden sei, dass er nicht ausreiche, um die rechtsrichtige Anwendung der Norm zu prüfen. Voraussetzung für die Haftung nach § 7 TLAO sei die Uneinbringlichkeit der hereinzubringenden Abgaben beim Primärschuldner. Die belangte Behörde berufe sich hinsichtlich der Uneinbringlichkeit auf eine Auskunft des städtischen Einziehungsamtes, welche aber nicht als ausreichende Eintreibungsmaßnahme beim Primärschuldner angesehen werden könne. Dem angefochtenen Bescheid sei nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, welche Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden seien. Für die Aussichtslosigkeit bzw. Ergebnislosigkeit solcher Maßnahmen ließen sich dem angefochtenen Bescheid keine Anhaltspunkte entnehmen. Außerdem werde erstmals im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Abgabenrückstände beim Primärschuldner uneinbringlich seien.
Die Haftung nach § 7 BAO ist, wie die Beschwerdeführerin zutreffend erkennt, eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus. Die Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (Ritz, Kommentar zu BAO2, Tz 5f zu § 9 und die dort angeführte Judikatur). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es somit nicht erforderlich, dass tatsächlich Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden sind. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung der Uneinbringlichkeit getroffen. Das bloß allgemein gehaltene Vorbringen der Beschwerdeführerin vermag Zweifel, dass diese Sachverhaltsfeststellung nicht dem Gesetz entsprechend getroffen worden ist, nicht zu wecken. Wenn die belangte Behörde aufgrund einer Auskunft des städtischen Einziehungsamtes zur Ansicht gelangt ist, dass Einbringungsmaßnahmen beim Primärschuldner erfolglos wären, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Es ist schlüssig, von der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft auf die Uneinbringlichkeit der ihr gegenüber bestehenden Forderungen zu schließen.
Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, wäre ihr die Auskunft des städtischen Einziehungsamtes vorgehalten worden, so hätte sie dartun können, dass Vermögen des Primärschuldners vorhanden gewesen sei und wo sich dieses befunden habe. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung betreffend die Uneinbringlichkeit der Abgaben unter relevanter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen hätte. Dieses Vorbringen ist völlig unsubstantiiert und benennt in keiner Weise Art und Höhe eines allfälligen Vermögens des Primärschuldners. Zudem zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, wodurch sie gehindert gewesen sei, im Verwaltungsverfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. In ihrer Berufung - diese ist in der Beschwerde und im angefochtenen Bescheid wiedergegeben - hat die Beschwerdeführerin angesprochen, dass die Haftung nach § 7 TLAO als Ausfallshaftung die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung voraussetze, und die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen der Abgabenbehörde erster Instanz gerügt. Spätestens nach Ergehen der abweisenden Berufungsvorentscheidung hätte die Beschwerdeführerin auf Vermögen des Primärschuldners hinweisen können; die Beschwerdeführerin hat aber, wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt (die Beschwerde tritt diesen Bescheidausführungen nicht entgegen), in ihrem Vorlageantrag keine über die Berufung hinausgehenden Argumente vorgebracht.
Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde lege nicht dar, worin das Verschulden der Beschwerdeführerin zu erblicken sei. Der angefochtene Bescheide begnüge sich mit nicht nachvollziehbaren "Formalismen". Der Vertreter hafte nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der (schuldhaften) Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang der Abgaben bestehe. Die Geltendmachung der Haftung sei zudem in das Ermessen der Abgabenbehörden gestellt, welche dieses nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit auszuüben habe.
Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin, dass die Behörde, sofern der Vertreter keine Gründe darzulegen vermag, warum ihm die Erfüllung der Verpflichtung, für die Abgabenentrichtung Sorge zu tragen, unmöglich war, annehmen darf, er habe diese Verpflichtung schuldhaft verletzt. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 2001, 98/14/0082). Sollte der Vertreter die Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten unterlassen, kommt auch eine Beschränkung der Haftung des Geschäftsführers auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, 97/15/0115). Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, ein derartiges Vorbringen erstattet zu haben. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde von einer schuldhaften Verletzung der die Beschwerdeführerin als Obfrau des Primärschuldners treffenden Pflicht zur Abgabenabfuhr ausgegangen ist und die Haftung für den Gesamtbetrag der uneinbringlichen Abgabenschulden angenommen hat.
Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, die belangte Behröde habe keine Feststellungen getroffen, wie viele Spielapparate betriebsbereit gehalten worden bzw. nur zu Ausstellungs- und Verkaufszwecken aufgestellt gewesen seien, so ist ihr zu erwidern, dass die Vergnügungssteuer gegenüber dem Primärschuldner bescheidmäßig festgestellt worden ist und die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid lediglich über die Berufung gegen die Haftungsinanspruchnahme, nicht aber über die gegen die Abgabenfestsetzung erhobene Berufung abgesprochen hat. Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid können aber, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, 97/14/0080).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung konnte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Wien, am 19. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002150018.X00Im RIS seit
14.10.2002