TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/19 2002/05/0219

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Veröffentlicht am 19.06.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §1 Abs8;
MeldeG 1991 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 2002, Zl. 636777/5- II/4/02-zwc, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien, 2. Wolfgang Getreuer in Salzburg, vertreten durch Dr. Peter Getreuer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der 1944 geborene, verheiratete Zweitmitbeteiligte ist in Wien mit Hauptwohnsitz, in Salzburg mit Nebenwohnsitz gemeldet. In seiner Wohnsitzerklärung gab er die Aufenthaltsdauer in Wien mit 200 Tagen des Jahres, in Salzburg mit 165 Tagen des Jahres an. In der Wiener Wohnung gibt es keine Mitbewohner, Mitbewohnerin in der Salzburger Wohnung ist seine dort mit Hauptwohnsitz gemeldete Ehegattin. Den Weg zur Arbeitsstätte in Wien trete er von der Wiener Wohnung aus an. Er gab ausdrücklich in der Wohnsitzerklärung an, dass er keine minderjährigen Kinder hätte und dass seine "Geschäfte und Einkünfte in Wien" bestünden.

In seiner Stellungnahme im Reklamationsverfahren führte der Zweitmitbeteiligte aus, Wien sei seine Geburtsstadt und seine Mutter lebe in Wien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der zweitmitbeteiligten Partei in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Mitbeteiligte erstatteten jeweils eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einer Vielzahl der vom Verwaltungsgerichtshof bisher entschiedenen Reklamationsfälle lag der Sachverhalt zu Grunde, dass die Berufstätigkeit und Ehe bzw. Lebensgemeinschaft an einem Ort, andere gesellschaftliche bzw. familiäre Beziehungen zum anderen Ort (oft der so genannte "Heimatort") bestanden. In solchen Fällen wurde der ausschließliche Mittelpunktcharakter des Ortes betont, in dem die Berufstätigkeit ausgeübt wird und die aktuelle familiäre Beziehung besteht (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/05/1092).

Stets hat der Verwaltungsgerichtshof der bestehenden Ehe oder Lebensgemeinschaft ein besonderes Gewicht zugemessen (so schon das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932). In einem Fall, in dem an zwei Orten eine Berufstätigkeit ausgeübt wurde, aber an einem Ort davon der Wohnsitz des Ehepartners war, wurde nur diesem Ort Mittelpunktqualität zugebilligt (hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/05/1020).

Auch die Judikatur zum so genannten "Wochenpendler" spricht nicht für den Standpunkt des Beschwerdeführers, weil der Verwaltungsgerichtshof einerseits darauf abgestellt hat, dass an dem Ort, an dem der Beruf nicht ausgeübt wird, die gesamte Freizeit verbracht wird (hier zutreffend: 165 Tage), andererseits, dass auf Grund der gegebenen Entfernung zwischen den beiden Orten ein wöchentliches Pendeln (bei generalisierender Betrachtungsweise) angenommen werden kann (dies wurde bezüglich Wien und Salzburg wegen der besonders günstigen Verkehrsverbindungen im Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2002/05/0091, bejaht).

Das Meldegesetz bietet keinen Anhaltspunkt, auf den Umstand Bedacht zu nehmen, dass der Zweitmitbeteiligte in Wien geboren ist und, wie in der Gegenschrift des erstmitbeteiligten Bürgermeisters behauptet, seither in Wien lebt. Dem Umstand allein, dass seine Mutter in Wien lebt, kommt deshalb keine Relevanz zu, weil seine Mutter nicht Mitbewohnerin ist und allfällige - in der bisherigen Judikatur schon mehrfach als bedeutungsvoll angesehene Betreuungstätigkeiten - nicht behauptet wurden. Vielmehr überwiegt eindeutig die familiäre Beziehung in Salzburg, sodass dem Wohnsitz in Wien kein Mittelpunktcharakter zugebilligt werden kann.

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall der Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. Juni 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050219.X00

Im RIS seit

18.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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