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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des SK in F, geboren am 27. Oktober 1978, vertreten durch Mag. Martin Beck, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Franz-Liszt-Gasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. Oktober 1999, Zl. 213.051/0- III/07/99, betreffend § 6 Z 3 und § 8 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 5. September 1999 in das Bundesgebiet ein und stellte am 8. September 1999 einen Asylantrag.
Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. September 1999 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, er habe in Sierra Leone für einen Führer der Rebellen gearbeitet und sei nach dessen Verhaftung im Oktober 1998 von der Regierung zur Fahndung ausgeschrieben worden. Aus Furcht vor einer Verhaftung habe er sein Heimatland verlassen. In diesem Zusammenhang gab der Beschwerdeführer zunächst an, Sierra Leone im Februar 1999 verlassen zu haben, in der Folge korrigierte er diese Angabe jedoch auf Oktober 1998. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt konnte der Beschwerdeführer zahlreiche einfache Fragen bezüglich seines Heimatstaates nicht richtig beantworten, er blieb jedoch auch über Vorhalt der seine Unglaubwürdigkeit begründenden Umstände dabei, aus Sierra Leone zu stammen.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 1999 wies das Bundesasylamt in Spruchpunkt I den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Z 3 AsylG als offensichtlich unbegründet ab und erklärte in Spruchpunkt II seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone gemäß § 8 AsylG für zulässig. Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers konstruiert gewirkt habe und diesem jegliche Glaubwürdigkeit zu versagen gewesen sei. Das Ermittlungsverfahren lasse völlig unzweifelhaft den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer kein Staatsangehöriger von Sierra Leone sei.
In seiner in englischer Sprache handschriftlich verfassten Berufung gegen diesen Bescheid setzte sich der Beschwerdeführer im Einzelnen mit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung auseinander und versuchte die vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüche in Bezug auf den Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit für den Rebellenführer und seiner Ausreise zu erklären sowie den Vorwurf der Unrichtigkeit der über sein Heimatland gemachten Angaben zu entkräften.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 6 Z 3 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone fest. In der Begründung dieser Entscheidung führte die belangte Behörde aus, dass die Berufungsausführungen des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen seien, "die Qualifikation seines Vorbringens als völlig unglaubwürdig in Zweifel zu ziehen". Das Bundesasylamt habe in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich beider Spruchpunkte klar und übersichtlich zusammengefasst, sodass die belangte Behörde sich den Ausführungen des Bundesasylamtes anschließe und diese zum Inhalt des nunmehr angefochtenen Bescheides erhebe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer ist dem seinen Asylantrag abweisenden und ihm die Glaubwürdigkeit versagenden erstinstanzlichen Bescheid in seiner Berufung Punkt für Punkt entgegengetreten. Aufgrund dieser die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Bescheids im Einzelnen bekämpfenden Berufung hätte die belangte Behörde nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen dürfen (vgl. im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Entscheidungen nach § 6 Z 3 AsylG etwa das Erkenntnis vom 19. April 2001, Zl. 99/20/0424). Der Beschwerdeführer hält auch in der Beschwerde seine Kritik an der von den Unterinstanzen vorgenommenen Beweiswürdigung aufrecht. Hätte die belangte Behörde die Verhandlungspflicht nicht verletzt, so hätte sie zu einem anderen Bescheid kommen können, sodass sie ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen der Verletzung der Verhandlungspflicht wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 20. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999200600.X00Im RIS seit
19.09.2002