Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Dr. Reinhard Kraler, Rechtsanwalts GesmbH in 9900 Lienz, Johannesplatz 4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 9. Oktober 2000, Zl. Ve1-550-2813/1-2, betreffend Untersagung der Fortführung von Bauarbeiten (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Gaimberg), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Dezember 1998 wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Neubaus eines Wochenendhauses (Freizeitwohnsitz) auf der Grundparzelle Nr. 15/8 der KG U unter folgenden Bedingungen erteilt:
"Vor Baubeginn ist die zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Nutzungsberechtigten der an der vorgesehenen Wasserversorgungsanlage im Sinne des Punktes II des Kaufvertrages vom 08. Jänner 1974 der Gemeinde vorzulegen.
Die Baubewilligung wird unter der auflösenden Bedingung erteilt, daß vor Baubeginn die einwandfreie rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung erfolgt."
Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.
Bei einer Überprüfung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer bereits mit der Bauausführung begonnen habe.
Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Oktober 1999 wurde dem Beschwerdeführer einerseits die Fortführung der Arbeiten an dem Bau auf der Grundparzelle Nr. 15/8 der KG U untersagt. Andererseits wurde ausgesprochen, wenn nicht innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauführung die im Baubewilligungsbescheid geforderte zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Nutzungsberechtigten an der vorgesehenen Wasserversorgungsanlage im Sinne des Punktes II des Kaufvertrages vom 08. Jänner 1974 der Gemeinde vorgelegt werde, die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens oder die Wiederherstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes auftragen werde. Dies wurde damit begründet, dass die Baubewilligung unter der auflösenden Wirkung erteilt worden sei, dass vor Baubeginn die einwandfreie rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung erfolge. Es sei auch die zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Nutzungsberechtigten an der vorgesehenen Wasserversorgungsanlage im Sinne des Punktes II des Kaufvertrages vom 08. Jänner 1974 der Gemeinde vorzulegen gewesen. Dies sei nicht geschehen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. November 1999 als unbegründet abgewiesen und damit der Bescheid des Bürgermeisters vollinhaltlich bestätigt wurde.
In Folge der hiergegen gerichteten Vorstellung des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 2000 aufgehoben und dem Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die neue Entscheidung aufgetragen. Nach den Ausführungen in diesem Bescheid sei der Beseitigungsauftrag vom 29. Oktober 1999 verfahrensgegenständlich. Die Rechtsverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich daraus, dass bei diesem Beseitigungsauftrag die im Einstellungsbescheid vom 5. Oktober 1999 gesetzte Frist von einem Monat nach Erlassung des Bescheides für ein allfälliges Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung nicht eingehalten worden sei. Der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 30. November 1999 sei aus diesem Grunde zu beheben gewesen.
Dieser Bescheid blieb unangefochten.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Gaimberg vom 29. Oktober 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 TBO 1998 die Beseitigung des Bauvorhabens aufgetragen, wogegen dieser Berufung erhob, der mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Juni 2000 (OZl. 36) zur Gänze Folge gegeben wurde.
Mit dem (weiteren) Bescheid des Gemeindevorstandes vom 7. Juni 2000 (OZl. 37) wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Gaimberg vom 5. Oktober 1999, mit welchem die Fortführung der Bauarbeiten untersagt worden war, Folge gegeben, der Spruch dieses Bescheides aber gemäß § 66 Abs. 4 AVG neu gefasst, dass er wie folgt lautete:
"Gemäß § 33 Abs. 3 TBO 1998 wird die Fortführung der Arbeiten am vorhin beschriebenen Bauplatz untersagt.
Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen."
Dabei ging die Gemeindebehörde - wie auch schon die belangte Behörde in ihrem aufhebenden Bescheid vom 25. April 2000 - davon aus, durch die Nichtvorlage der im Baubewilligungsbescheid vom 28. Dezember 1998 geforderten Vereinbarung vor Baubeginn sei die Baubewilligung erloschen, und die Fortführung des dennoch errichteten Baus als nunmehr konsenslos gemäß § 33 TBO zu untersagen gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Oktober 2000 wurde die vom Beschwerdeführer dagegen gerichtete Vorstellung als unbegründet abgewiesen, wobei die belangte Behörde ihre bereits im Aufhebungsbescheid vom 25. April 2000 vertretene Rechtsansicht wiederholte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der der Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde gestellt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. als Beispiel für viele das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 99/06/0059) sind an einen nicht angefochtenen, aufhebenden Bescheid der Vorstellungsbehörde sowohl die Gemeinde als in der Folge auch die Vorstellungsbehörde und der Verwaltungsgerichtshof gebunden, und zwar nicht nur etwa an den Spruch, sondern auch an die diesen Spruch tragenden Gründe im Umfang der dort ausdrücklich geäußerten Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde. Die Bindungswirkung eines in Rechtskraft erwachsenen aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides lässt auch später eine Erörterung der Frage, ob die Ansicht der Aufsichtsbehörde der objektiven Rechtslage entspricht, nicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 97/06/0265). Diese Bindungswirkung tritt dann nicht ein, wenn eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes oder der Rechtslage erfolgt ist. Eine Bindung besteht aber auch dann nicht, wenn die im aufhebenden Vorstellungsbescheid angeführten Gründe die Aufhebung nicht tragen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0150, und vom 14. Mai 1991, Zl. 91/05/0003). Dies ist im vorliegenden Fall gegeben.
Wie eingangs dargestellt, wurde als Aufhebungsgrund für den im Untersagungsverfahren ergangenen Berufungsbescheid vom 30. November 1999 die Rechtswidrigkeit des Beseitigungsauftrages vom 29. Oktober 1999 angeführt. Die für den nicht verfahrensgegenständlichen Beseitigungsauftrag festgestellte Rechtswidrigkeit kann die ausgesprochene Aufhebung des Berufungsbescheides im Untersagungsverfahren nicht tragen. Die Rechtsanschauung der belangten Behörde im Vorstellungsbescheid vom 25. April 2000 erweist sich in Bezug auf das an sich gegenständliche Verfahren betreffend die Untersagung der Baufortführung auch als nicht nachvollziehbar.
Zunächst ist klarzustellen, dass gemäß dem Spruch des Vorstellungsbescheides vom 25. April 2000 der im Untersagungsverfahren ergangene Berufungsbescheid vom 30. November 1999 aufgehoben worden war, auch wenn die belangte Behörde in der Begründung dieses Bescheides unzutreffend davon ausgegangen ist, dass der Beseitigungsauftrag vom 29. Oktober 1999 verfahrensgegenständlich sei.
Aus dem Vorstellungsbescheid vom 25. April 2000 ergibt sich weiters - wie bereits dargelegt - keine Bindungswirkung an eine etwa dort geäußerte Rechtsansicht.
Richtig ist, dass der Baubewilligungsbescheid die auflösende Bedingung enthielt, dass "vor Baubeginn eine einwandfreie rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung erfolgt". Die Baubehörde führte dazu im Baubewilligungsbescheid aus, dass - wie aus dem Kaufvertrag vom 08. Jänner 1974 ersichtlich sei - die Wasserversorgung für ein Wochenendhaus rechtlich sichergestellt erscheine. Es fehle aber die im genannten Vertrag unter Punkt II in Aussicht gestellte Vertragsurkunde zwischen dem Grundbesitzer und den übrigen bereits Berechtigten an dieser gemeinsamen Wasserversorgungsanlage. Deshalb sei die im Spruch enthaltene Auflage erteilt worden. Außerdem werde angemerkt, dass die Anlage gemäß § 9 Abs. 2 WRG bewilligungspflichtig sei. Zudem seien keine vollständigen zivilrechtlichen Vereinbarungen vorhanden (Leitungsdienstbarkeiten seien nicht geregelt, gleichteilige Wasseraufteilung, Instandhaltung der Anlage, Dienstbarkeiten seien nur teilweise geregelt). Der Kaufvertrag vom 08. Jänner 1974 hat somit nach Auffassung der Baubehörde keine einwandfreie rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung im Sinne der auflösenden Bedingung des Baubewilligungsbescheides bewirkt. Die Auflage im Baubewilligungsbescheid, dass nicht vor Vorlage der zivilrechtlichen Vereinbarung im Sinne des Punktes II des Kaufvertrages vom 08. Jänner 1974 mit dem Bau begonnen werden dürfe, ist im Zusammenhalt mit der auflösenden Bedingung dahin zu verstehen, dass bei Vorliegen einer solchen Vereinbarung eine einwandfreie rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung anzunehmen sei. Die belangte Behörde hat daher zu Recht angenommen, dass mit dem genannten Kaufvertrag vom 8. Jänner 1974 keine einwandfreie rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung vorlag; die verfahrensgegenständliche Baubewilligung ist daher mit Baubeginn erloschen. Daher sah die belangte Behörde die mit dem vor ihr bekämpften Bescheid erfolgte Untersagung von Bauarbeiten gemäß § 33 Abs. 3 TBO zu Recht als nicht rechtswidrig an.
Sofern der Beschwerdeführer gegen die im Baubewilligungsbescheid erteilten Anordnungen Bedenken hatte, hätte er diesen Bescheid bekämpfen müssen.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. Juni 2002
Schlagworte
Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000060200.X00Im RIS seit
26.08.2002