Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der B, geboren am 19. September 1952, vertreten durch Dr. Jörg Baumgärtel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. April 2002, Zl. SD 483/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. April 2002 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die Beschwerdeführerin sei erstmals am 31. Dezember 1992 in das Bundesgebiet eingereist und habe in der Folge Sichtvermerke für den Zeitraum von 4. März 1993 bis 1. Jänner 1994 erhalten. Über den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei zunächst nichts bekannt gewesen. Nach ihren eigenen Angaben sei sie erst am 16. März 1998 letztmalig in das Bundesgebiet eingereist. Ihr sei eine von 13. März 1998 bis 13. März 2000 gültige Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Familiengemeinschaft - ausgenommen Erwerbstätigkeit" ausgestellt worden. Das Verfahren über einen rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag sei noch anhängig.
Einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 3. August 1999 zufolge sei die Beschwerdeführerin am 12. Mai 1999 von einem Organ des Magistrates der Stadt Wien dabei betreten worden, als sie in einem Lokal in Wien Getränke serviert und abkassiert habe. Die Beschwerdeführerin hätte die Tätigkeit als Kellnerin bereits ab 1. Juni 1998 ausgeübt. Im Zeitpunkt der Betretung hätten sich 12 Gäste im Lokal befunden. Die Beschwerdeführerin hätte während der Kontrolle auch eine Bierlieferung entgegengenommen.
Mit der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes konfrontiert, habe die Beschwerdeführerin - durch entsprechende Unterlagen belegt - ausgeführt, persönlich haftende Gesellschafterin der am 26. Mai 1998 gegründeten Kommandit-Erwerbsgesellschaft "SURLIC Personalbereitstellungs-KEG" (im Folgenden: S-KEG) zu sein. Sie wäre als Komplementärin dieser KEG für die D.-Gesellschaft auf Grund einer Geschäftsvereinbarung tätig gewesen. Für diese Tätigkeit benötigte sie keine Arbeitsbewilligung.
In diesem Zusammenhang werde festgestellt, dass das auf Grund der genannten Anzeige geführte Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung von § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz derzeit beim unabhängigen Verwaltungssenat anhängig sei.
Das Arbeitsmarktservice Wien habe über Ersuchen mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin als persönlich haftende Gesellschafterin der S-KEG nicht berechtigt wäre, für die D.- Gesellschaft eine Beschäftigung als Kellnerin auszuüben. Bei der Tätigkeit, bei der die Beschwerdeführerin betreten worden wäre, handelte es sich jedenfalls um eine Verwendung in einem Arbeitsverhältnis im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz. Die D.-Gesellschaft hätte für die Beschwerdeführerin daher eine Beschäftigungsbewilligung benötigt. Abgesehen davon würde eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz auch dann vorliegen, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des Gesellschaftszweckes Arbeitsleistungen erbringe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, es sei denn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellte über Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt würde. Eine dementsprechende Feststellung wäre seitens des Arbeitsmarktservice nicht getroffen worden.
Am 8. August 2000 sei die Beschwerdeführerin im selben Lokal neuerlich bei Kellnertätigkeiten, nämlich beim Abservieren von Gläsern, angetroffen worden. Wie das Arbeitsinspektorat in der diesbezüglichen Anzeige vom 11. Oktober 2000 festgestellt habe, habe die Beschwerdeführerin die Beschäftigung im Zeitraum von 10. August 1998 bis 8. August 2000 ausgeübt. Gegenüber den einschreitenden Organen habe die Beschwerdeführerin angegeben, als Kellnerin bei einer täglichen Arbeitszeit von neun Stunden eine Entlohnung von S 400,-- (EUR 29,07) pro Tag zu erhalten.
Ein diesbezügliches Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sei beim unabhängigen Verwaltungssenat anhängig.
In der Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass "zu dieser Zeit" keine andere Arbeiterin "ihrer KEG" zur Verfügung gestanden hätte, sodass sie selbst diese Tätigkeit - "um eine Pönale zu ersparen" - ausgeübt hätte. Diese Tätigkeit hätte sie jedoch nicht als Mitarbeiterin der D.-Gesellschaft, sondern als Komplementärin "ihrer KEG" erbracht. Im August 2000 hätte sie ihr Unternehmen aufgelöst, um weiteren Schwierigkeiten zu entgehen. Seit diesem Zeitpunkt lebte sie (wieder) vom Einkommen ihres Gatten.
Auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Anzeigen und Sachverhaltserhebungen des Arbeitsinspektorates stehe im Zusammenhang mit dem Eingeständnis der Beschwerdeführerin fest, dass diese tatsächlich über einen langen Zeitraum, nämlich zumindest von 10. August 1998 - an diesem Tag sei ein Vertrag zwischen der das Lokal betreibenden D.-Gesellschaft als Auftraggeberin und der S-KEG als Auftragnehmerin geschlossen worden - bis zum 8. August 2000 eine Tätigkeit als Kellnerin ausgeübt habe. Im Hinblick auf die rechtlichen Ausführungen des Arbeitsmarktservice könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerdeführerin diese Tätigkeit nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen und sie somit den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG erfülle. Im Fall der Arbeitskräfteüberlassung werde nämlich der Beschäftiger dem Arbeitgeber gleichgehalten, weshalb die Bewilligungspflicht im Verhältnis zum Beschäftiger gesondert geprüft werden müsse. Das mit der Beschwerdeführerin begründete Beschäftigungsverhältnis sei auch in Ansehung der S-KEG nicht gesetzeskonform gewesen, weil die Beschwerdeführerin Dienstleistungen, die typischerweise im Rahmen eines unselbstständigen Arbeitsverhältnisses geleistet würden, erbracht habe, ohne im Besitz einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung zu sein.
Das dargestellte Verhalten der Beschwerdeführerin beeinträchtige die öffentliche Ordnung (das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes) in erheblichem Ausmaß, sodass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
Die Beschwerdeführerin sei mit einem jugoslawischen Staatsangehörigen verheiratet, der seit dem 7. April 1992 über einen unbefristeten Sichtvermerk verfüge und die Unterhaltsmittel für das Ehepaar bereitstelle. Auf Grund des mehrjährigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet und der familiären Situation sei das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Wer wiederholt und über einen derart langen Zeitraum einer unrechtmäßigen Beschäftigung nachgehe, lasse seine Geringschätzung der für ihn maßgebenden ausländerbeschäftigungsrechtlichen Regelungen sehr deutlich erkennen.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie die Tätigkeit, bei der sie betreten worden wäre, nur ausgeübt hätte, weil keine andere Arbeitnehmerin "ihrer KEG" zur Verfügung gestanden wäre, müsse schon deshalb als bloße Schutzbehauptung angesehen werden, weil weder die S-KEG noch die das Lokal betreibende Gesellschaft ein Dienstgeberkonto bei der Gebietskrankenkassa eingerichtet hätten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der einzige Gesellschaftszweck der S-KEG die Verwertung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin gewesen sei.
Dass die Beschwerdeführerin das Unternehmen im August 2000 aufgelöst habe, könne an der von ihr ausgehenden Beeinträchtigung der maßgeblichen öffentlichen Interessen nichts ändern, habe die Beschwerdeführerin doch (vermutlich bereits Anfang 2000) beim Magistrat der Stadt Wien um die Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Gewerbes "Tätigkeiten des Reinigungsgewerbes wie sie Hausbesorger verrichten" zum Zweck der Bestellung zum Geschäftsführer bei der S-Personalbereitstellungs-KEG angesucht. Es sei somit nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin neuerlich gegen die für sie maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verstoßen werde. Die Verhaltensprognose könne daher nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausfallen.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei auf die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration der Beschwerdeführerin Bedacht zu nehmen gewesen. Die persönlichen und familiären Interessen der Beschwerdeführerin würden in ihrem Gewicht durch die bereits kurz nach der Einreise begonnene und über einen langen Zeitraum ausgeübte illegale Beschäftigung gemindert. Diesen persönlichen Interessen stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und eines geregelten Arbeitsmarktes gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, von zumindest 10. August 1998 bis 8. August 2000 ohne entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz als Kellnerin in einem Lokal gearbeitet zu haben und hiebei (nach einer Betretung am 12. Mai 1999 durch ein Organ des magistratischen Bezirksamtes) am 8. August 2000 von einem Organ des Arbeitsmarktservice betreten worden zu sein.
Die Beschwerdeführerin hat diese Tätigkeit, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird, als Komplementärin einer KEG gegen Entgelt erbracht. Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin ungeachtet dieses Umstandes nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht berechtigt gewesen sei, diese Beschäftigung auszuüben, begegnet vor dem Hintergrund der ständigen hg. Judikatur keinen Bedenken (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. März 2001, Zl. 98/18/0253). Dass die Beschwerdeführerin die Arbeitsleistung nicht unmittelbar für "ihre" Personalbereitstellungs-KEG, sondern (als bereitgestelltes Personal) für eine andere Gesellschaft erbracht hat, kann daran nichts ändern.
1.2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass der angefochtene Bescheid zu einem Zeitpunkt erlassen worden sei, in dem das "dieser Schwarzarbeit zu Grunde liegende Verwaltungsstrafverfahren" noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei. Im Strafverfahren gegen D. habe der unabhängige Verwaltungssenat am 21. Jänner 2002 der Berufung stattgegeben und das Straferkenntnis aufgehoben. Obwohl die Einstellung des Strafverfahrens "nur sehr bedingt" für das gegenständliche Verfahren bedeutsam sei, bleibe bestehen, dass die Fremdenpolizeibehörde zu einem Zeitpunkt entschieden habe, in dem noch nicht festgestanden sei, ob eine Schwarzarbeit und somit eine Rechtswidrigkeit vorliege oder nicht. Dabei handle es sich aber eindeutig um eine entscheidungswesentliche Vorfrage. Die belangte Behörde hätte die Entscheidung darüber abwarten müssen.
1.2.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerdeführerin schon deshalb nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil die rechtskräftige Bestrafung des Arbeitgebers bzw. des strafrechtlich Verantwortlichen keine Vorfrage für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG darstellt (vgl. aus der auch hier maßgeblichen ständigen hg. Judikatur zu § 18 Abs. 2 Z. 8 des Fremdengesetzes aus 1992 etwa die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/18/0966, und vom 12. Februar 1999, Zlen. 98/21/0155, 0156).
1.3. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.
2. Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Schwarzarbeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0427) ist die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, ebenso unbedenklich.
3.1. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführerin von 31. Dezember 1992 bis 1. Jänner 1994 und ab 16. März 1998 sowie den inländischen Aufenthalt des Gatten, der seit 1992 über einen unbefristeten Sichtvermerk verfügt, berücksichtigt. Auch in der Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin nicht, sich darüber hinaus in Österreich aufgehalten zu haben. Den auf Grund des noch nicht langen Aufenthalts seit der letzten Einreise nicht allzu schwerwiegenden privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet steht gegenüber, dass die Beschwerdeführerin über einen Zeitraum von zwei Jahren eine unerlaubte Beschäftigung ausgeübt hat, wobei sie dieses rechtswidrige Verhalten nach ihrer erstmaligen Betretung noch ein ganzes Jahr fortgesetzt hat. Da der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin somit eine erhebliche Gefahr für das dargestellte große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) auf dem Gebiet des Arbeitsmarkts darstellt, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.) nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3.2. Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin müsse in Jugoslawien "ohne irgendeine Möglichkeit auf Arbeit bzw. Unterkunft vegetieren", versagt insofern, als mit dem Aufenthaltsverbot weder ausgesprochen wird, dass die Beschwerdeführerin in ein bestimmtes Land auszureisen habe, noch dass sie (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 98/18/0165).
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002180110.X00Im RIS seit
19.09.2002