TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/20 2002/18/0108

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Veröffentlicht am 20.06.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des B in T, geboren am 1. Dezember 1962, vertreten durch Mag. Klaus Zorn, Rechtsanwalt in 4053 Haid, Salzburgerstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. März 2002, Zl. St 98/01, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund den Aufwand von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 20. März 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit dem 5. März 1990 in Österreich auf und habe zuletzt bis zum 16. Mai 2000 über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt. Er sei verheiratet, habe zwei Söhne (16 und 17 Jahre alt) und sei seit dem 1. November 1995 - mit Unterbrechungen - selbstständig und unselbstständig erwerbstätig gewesen. Vom 19. Mai 2000 bis zum 1. Februar 2001 habe der Beschwerdeführer keine Beschäftigung ausgeübt. Seit dem 1. Februar 2002 sei er bei der B. KEG (Cafe "S"), einem Betrieb seiner Frau, geringfügig beschäftigt. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit den Mitteln, die er mehr oder weniger von seiner Ehefrau erhalte, einen Beitrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes seiner Familie leiste. Zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhaltes sei ein Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung jedenfalls zu wenig.

Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht, der Grad der Integration seiner Familie sei so hoch, dass sämtliche Familienmitglieder für immer in Österreich bleiben wollten. Alle Brücken zur Heimat seien abgebrochen worden. Er und seine Ehefrau lebten von dem Einkommen, welche die B. KEG seiner Frau erwirtschafte. Mit der Beendigung des Aufenthalts in Österreich wäre ein schwerer Eingriff in sein Familienleben und ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden. Seine Ehefrau sei allein nicht in der Lage, den Gastbetrieb oder den Baubetrieb zu führen.

Der Beschwerdeführer sei wegen folgender

Verwaltungsübertretungen bestraft worden:

Zahl: VerkR96-7086-1996

Übertretung: 43 Abs.4 lit.b KFG 1967

Sa: Datum S 19960711

Strafe: 3.000,00

Arr: 72 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-14685-1996

Übertretung: 20 Abs.2 StVO

Sa:Datum S 19960911

Strafe: 2.000,00

Arr: 48 S LL-TOT 1

Stand: R

Zahl: VerkR96-18662-1996

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 19970109

Strafe: 600,00

Arr: 24 S LL-TOT 1

Stand: R

Zahl: VerkR96-19295-1996

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 19970123

Strafe: 800,00

Arr: 24 S LL-3NUE

Stand: R

Zahl: VerkR96-10104-1997

Übertretung: 42 Abs.1 KFG 1967

Sa:Datum S 19970703

Strafe: 500,00

Arr: 24 S LL-2SUW

Stand: R

Übertretung: 43 Abs.4 lit.c KFG 1967

Sa:Datum S 19970703

Strafe: 500,00

Arr: 24 S in Traun

Stand: R

Zahl:

VerkR96-12847-1998

Übertretung: 24 Abs.1 lit.a StVO

Sa:Datum S 19981002

Strafe: 800,00

Arr: 24 S LL-3MWZ

Stand: R

Zahl: VerkR96-683-1999

Übertretung: 52 lit.a Z.10a StVO

Sa:Datum S 19990202

Strafe: 1.000,00

Arr: 24 S LL-3MWZ

Stand: R

Zahl: VerkR96-10042-1999

Übertretung: 103/1 Z.1 ivm § 12/1 KFG 1967

Sa:Datum S 19990910

Strafe: 500,00

Arr: 24 S LL-5GST

Stand: R

Übertretung: 103/1 Z.1 ivm § 27/2 KFG 1967

Sa:Datum S 19990910

Strafe: 500,00

Arr: 24 S in Linz

Stand: R

Übertretung: 7 VStG ivm § 49/7 KFG 1967

Sa:Datum S 19990910

Strafe: 500,00

Arr: 24 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-11192-1999

Übertretung: § 14/8 FSG

Sa:Datum S 19991012

Strafe: 3.000,00

Arr: 5 T LL-3MWZ

Stand: R

Zahl: VerkR96-12537-1999

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 19991123

Strafe: 800,00

Arr: 24 S LL-5FLL

Stand: R

Zahl: VerkR96-12686-1999

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 19991118

Strafe: 800,00

Arr: 24 S LL-5FLL

Stand: R

Zahl: Pol96-431-1999

Übertretung: 1 Abs.1 OÖ.PolizeistrafG 19

Sa:Datum S 19991229

Strafe: 500,00

Arr: 34 S

Stand: R

Zahl: Ge96-46-2000

Übertretung: §§ 32/1, 21,21a,22,25 BUAG

Sa:Datum S 20000308

Strafe: 3.000,00

Arr: 36 S Traun

Stand. R

Zahl: VerkR96-1557-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20000228

Strafe: 1.000,00

Arr: 24 S LL-3MWZ

Stand: R

Zahl: Sich96-339-2000

Übertretung: § 81 Abs.1 SPG 1991

Sa:Datum S 20000627

Strafe: 800,00

Arr: 13 S

Stand: N

Zahl: VerkR96-5728-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20001102

Strafe: 800,00

Arr: 24 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-5741-2000

Übertretung: 57a Abs.1 KFG 1967

Sa:Datum S 20000608

Strafe: 600,00

Arr:24 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-6128-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20001102

Strafe: 800,00

Arr: 24 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-8115-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20000911

Strafe: 1.500,00

Arr: 48 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-9945-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20001004

Strafe: 600,00

Arr: 24 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-10084-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20000928

Strafe: 1.000,00

Arr: 24 S

Stand: R

Zahl: VerkR96-11578-2000

Übertretung: 103 Abs.2 KFG 1967

Sa:Datum S 20001024

Strafe: 800,00

Arr: 24 S

Stand: R

Zahl: VerkR-1024-1995/LL

Übertretung: Entzug 30.11.1995-28.12.1995

Sa:Datum F 19951109

Arr: Lenken eines PK

Stand: R

Der Beschwerdeführer habe dazu vorgebracht, dass sich fast alle Verwaltungsstrafen auf den Verkehrsbereich beziehen würden. Er sei von 1995 bis 1997 bzw. von 1998 bis 1999 selbstständig tätig gewesen. Im Zug dieser Tätigkeit wären wiederholt von verschiedenen Arbeitern Verwaltungsübertretungen mit den Firmenfahrzeugen gesetzt worden.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 6. März 2001, Zl. 49 Hv 17/00, sei der Beschwerdeführer wegen §§ 201 Abs. 2, 15 StGB (Vergewaltigung) zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten (davon 16 Monate bedingt) rechtskräftig verurteilt worden. In der Urteilsbegründung des Oberlandesgerichtes Linz sei Folgendes festgestellt worden:

"Frau Anita S. kam im Mai 2000 nach Österreich, um hier als Kellnerin zu arbeiten, wobei sie im Lokal "S.", B. KEG, eine Arbeitsstelle fand und trotz Vereinbarung einer Arbeitszeit von 8 Stunden pro Tag dann 13 Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche arbeiten musste. Da dem Angeklagten auffiel, dass der Getränkeumsatz bei Anita S. rückläufig war, was darauf zurückgeführt wurde, dass sich die Kellnerin zu wenig um ihre Gäste kümmere, kam es am 18.05.2000 in den Abendstunden zu einer Aussprache zwischen Ihnen und der Kellnerin. S. gab die Erklärung ab, dass sie sich in Hinkunft wunschgemäß verhalten werde.

Sodann wurde sie von Ihnen aufgefordert, sich zu setzen, und mit Ihnen, sie waren allein in der Bar, Alkohol zu konsumieren. In den frühren Morgenstunden des 19.05.2000 wollten Sie mit ihr geschlechtlich verkehren. Sie entblößten ihr Geschlechtsteil und erfassten Anita S. am Kopf, führten mit Druck - gegen den Widerstand der Anita S. - ihren Mund zu Ihrem erigierten Geschlechtsteil und forderten sie auf, an Ihnen eine orale Befriedigung vorzunehmen. Frau S. biss jedoch die Zähne zusammen und öffnete den Mund nicht, sodass Sie mit Ihrem Geschlechtsteil nur bis zu ihren Lippen kamen. Bereits zuvor war Ihnen aufgefallen, dass Frau S. weinte und zitterte, sodass für Sie erkennbar war, dass das Mädchen Angst hatte und Ihre sexuellen Handlungen nicht wollte. Sie hielten es ernsthaft für möglich und fanden sich damit ab, dass Anita S. mit den sexuellen Handlungen, die einem Beischlaf gleichzusetzen sind, nämlich mit einer oralen Befriedigung nicht einverstanden sei, überdies, dass Ihre Gewaltmaßnahme (Erfassen des Kopfes und Drücken desselben gegen ihren Widerstand zu seinem Geschlechtsteil) notwendig war, um den Willen der Anita S. zu beugen. Ihr Handeln war vom Vorsatz der Tatvollendung getragen. Durch die Verhaltensweise der Anita S. (Zusammenbeißen der Zähne) war eine orale Befriedigung nicht möglich. In weiterer Folge zogen Sie das Mädchen an den Händen in einen anderen Raum, in dem sich eine Sitzbank befindet, zogen es dann zur Sitzbank hin, hielten es fest, entkleideten es teilweise, drückten es auf die Bank nieder und legten sich auf das Mädchen, worauf Sie Ihr Glied in den Geschlechtsteil des Mädchens einführten und den Geschlechtsverkehr vollzogen. Auch dabei hielten Sie es ernsthaft für möglich und fanden sich damit ab, dass Anita S. zum Geschlechtsverkehr nicht bereit ist."

Bezüglich des im Zusammenhang mit dieser Verurteilung vorgeworfenen großen Gewaltpotenzials habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass bei Frau S. keine wie immer gearteten Spuren einer Gewaltanwendung oder Verletzung vorgefunden worden seien. Er habe das Delikt nach § 201 Abs. 1 StGB in einem alkoholisierten Zustand gesetzt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die Verwaltungsstrafen zeigten, dass der Beschwerdeführer seit fünf Jahren kontinuierlich Verwaltungsübertretungen begehe, die zumindest zum Teil auf den gleichen Tatbeständen beruhten. Dies lasse erkennen, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung anzuerkennen. In Anbetracht der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers gerechtfertigt.

Das Aufenthaltsverbot greife in gravierender Form in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein, der sich bereits seit 1990 im Bundesgebiet aufhalte und hier mit seiner Familie lebe. Dem Beschwerdeführer werde eine der Dauer seines Aufenthaltes entsprechende Integration zugebilligt. Dies auch in beruflicher Hinsicht, zumal der Beschwerdeführer, wie er selbst ausgeführt habe, ständig einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dem stehe jedoch nicht nur gegenüber, dass sich der Beschwerdeführer zahlreiche Verwaltungsübertretungen habe zu Schulden kommen lassen, sondern auch, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 6. März 2001 in letzter Instanz rechtskräftig zu einer sehr hohen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Verbrechen nach § 201 ff StGB gehörten zu den verwerflichsten und verabscheuungswürdigsten Handlungen, die das Gesetz unter Strafe stelle. Das zwangsweise Abverlangen der Duldung sexueller - abartiger - Handlungen könne nicht mit einer Alkoholisierung gerechtfertigt werden. Erschwerend komme hinzu, dass der Beschwerdeführer, gehe man von einer Vielzahl an Verwaltungsübertretungen aus, das Gesamtfehlverhalten der Schwere nach gesteigert habe. Auch das Gericht habe der Unwert seines Verhaltens hoch eingestuft, habe doch die Berufungsinstanz auf Antrag des Staatsanwaltes die Strafe hinaufgesetzt. Zu seinem Nachteil sei gewertet worden, dass er die Wehr- und Hilflosigkeit seines Opfers ausgenützt und ihm jegliche Schuldeinsicht gefehlt habe.

Das Aufenthaltsverbot sei auch im Licht des § 37 Abs. 1 FrG gerechtfertigt. Unter Abwägung aller angeführten Tatsachen und im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation. Das Aufenthaltsverbot sei daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG zulässig.

Der Integrationstatbestand des § 35 Abs. 3 FrG komme dem Beschwerdeführer schon deshalb nicht zu Gute, weil im Rahmen des Gesamtfehlverhaltens die Masse an Verwaltungsübertretungen zum "maßgeblichen Sachverhalt" zu rechnen seien. Vor diesem maßgeblichen Sachverhalt habe sich der Beschwerdeführer jedoch erst seit ca. sechs Jahren im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten.

Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers wiege schwer, weshalb nicht mit einer Ermahnung das Auslangen habe gefunden werden können. Insbesondere auf Grund der Schwere und besonderen Verwerflichkeit des vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechens habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

In Anbetracht der ständigen Verwaltungsübertretungen und des vom Beschwerdeführer begangenen schweren Verbrechens könne nicht abgeschätzt werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, weggefallen sein würden. Dies umso mehr, als dem Beschwerdeführer jegliche Schuldeinsicht bezüglich des von ihm begangenen Verbrechens fehle. Das Aufenthaltsverbot habe daher nur unbefristet erlassen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer "sämtliche meiner im Zuge des administrativen Verwaltungsverfahrens getätigten Vorbringen zum integrierenden Bestandteil dieses Beschwerdeschriftsatzes" erhebt, ist ihm zu entgegnen, dass dies keine gesetzmäßige Darstellung der Beschwerdegründe im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG darstellt und daher unbeachtlich ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 250, zitierte hg. Judikatur).

2.1. In der Beschwerde bleibt die auf Grundlage der unstrittig feststehenden gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers unbedenkliche Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, unbekämpft.

2.2. Der Beschwerdeführer hat ein Mädchen, das im Betrieb seiner Ehefrau als Kellnerin beschäftigt war, vergewaltigt. Unstrittig hatte er dabei den Willen seines Tatopfers durch Gewaltmaßnahmen gebrochen bzw. zu brechen versucht. Das Verbrechen der Vergewaltigung hat die belangte Behörde zu Recht als besonders verwerfliche Handlung gewertet, die häufig mit einer besonderen psychischen Belastung des Opfers einhergeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 98/18/0338). Darüber hinaus hat er sich im Zeitraum von 1996 bis Oktober 2000 - mit steigender Tendenz - einer Vielzahl von Verwaltungsübertretungen schuldig gemacht. Er hat unter anderem im Zeitraum vom 9. Jänner 1997 bis zum 24. Oktober 2000 insgesamt elf mal § 103 Abs. 2 KFG 1967 (Nichterteilung einer Auskunft darüber, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat), am 11. September 1996 § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung), am 2. Februar 1999 § 52 lit. a Z. 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung), am 12. Oktober 1999 § 14 Abs. 8 Führerscheingesetz (Inbetriebnahme oder Lenkung eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand), am 29. Dezember 1999 § 1 Abs. 1 Oberösterreichisches Polizeistrafgesetz (Verletzung des öffentlichen Anstands) und am 27. Juni 2000 § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (ungerechtfertigte Störung der öffentlichen Ordnung durch besonders rücksichtsloses Verhalten) übertreten.

Der Verwaltungsgerichtshof kann der belangten Behörde nicht entgegen treten, wenn sie aus dem dargestellten Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers die Bereitschaft zur Gewaltausübung und zu sicherheitsgefährdendem Verhalten abgeleitet und keine positive Prognose für das künftige Verhalten des Beschwerdeführers erstellt hat. Der seit dem gravierenden Fehlverhalten vom 19. Mai 2000 vergangene Zeitraum ist auch viel zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass "nur" ein Drittel der gegen ihn verhängten Haftstrafe (acht Monate) unbedingt ausgesprochen worden sei, und soweit er die daraus ersichtliche "günstige Zukunftsprognose" des Gerichts hervorhebt, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde die Frage des Gerechtfertigtseins des Aufenthaltsverbotes unabhängig von den die Strafbemessung und die bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe begründenden Erwägungen des Gerichtes ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zlen. 99/18/0015, 0033). Der Beschwerdeführer zeigt demnach mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe sich mit den strafgerichtlichen Erwägungen und Feststellungen im Zusammenhang mit der teilbedingten Verurteilung nicht auseinander gesetzt, keinen Verfahrensmangel auf. Im Übrigen handelt es sich bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auch angesichts des Strafrahmens von bis zu fünf Jahren keineswegs um eine geringe Freiheitsstrafe. Auch dass die belangte Behörde auf die "Einholung entsprechender psychologischer Gutachten" verzichtet habe, belastet den Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit, weil die Beschwerde nicht aufzeigt, welche rechtserheblichen Sachverhaltsfeststellungen auf Grund eines derartigen Gutachtens getroffen werden könnten und zu welchem anderen Bescheid die belangte Behörde nach Einholung eines solchen Gutachtens hätte gelangen können.

Auf Grund der aus der Straftat des Beschwerdeführers ersichtlichen Gewaltbereitschaft und der daraus resultierenden Gefahr der Begehung weiterer derartiger Straftaten sowie auf Grund der von der belangten Behörde festgestellten wiederholten Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers kann daher auch die im bekämpften Bescheid vertretene Ansicht, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3.1. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe § 35 FrG in denkunmöglicher Weise angewendet. Die Verwaltungsübertretungen könnten nicht mehr zum "maßgeblichen Sachverhalt" iS des § 35 FrG gerechnet werden; der maßgebliche Sachverhalt beginne erst mit der Vergewaltigung vom 19. Mai 2000, denn erst seine strafgerichtliche Verurteilung habe Veranlassung gegeben, fremdenpolizeilich gegen ihn vorzugehen. Sämtliche vor dieser Verurteilung liegenden verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen böten keine Grundlage für ein Aufenthaltsverbot. Die Erstbehörde habe "durch die zwischenzeitige Erteilung von Verlängerungsbewilligungen auf die Geltendmachung dieser Gründe verzichtet." Dem Aufenthaltsverbot stehe daher § 35 Abs. 3 FrG entgegen.

3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit das angefochtenen Bescheides auf.

Zwar ist richtig, dass auf Grund des § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 34 Abs. 1 Z. 1 FrG die in Kenntnis eines Versagungsgrundes erfolgte Erteilung eines Aufenthaltstitels der Erlassung eines ausschließlich auf die diesen Versagungsgrund bildenden Umstände gestützten Aufenthaltsverbots entgegensteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. August 2000, Zl. 99/18/0259, und vom 14. November 2000, Zl. 99/18/0060). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Umstände, die bisher nicht zur Untermauerung eines Versagungsgrundes herangezogen wurden (etwa weil ihnen - für sich genommen - nicht das entsprechende Gewicht beigemessen wurde), im Fall eines später hinzutretenden (gravierenden) Fehlverhaltens des Fremden, welches "das Maß voll macht", nicht im Rahmen der Beurteilung seines Gesamtfehlverhaltens Berücksichtigung finden könnten.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der Auslegung des § 35 Abs. 2 und Abs. 3 FrG die Ansicht, dass unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen ist. Beim "maßgeblichen Sachverhalt" handelt es sich nicht um die Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern um das zu Grunde liegende Fehlverhalten, weil nur dieses die in § 36 Abs. 1 Z. 1 oder 2 FrG umschriebene, für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendige Annahme rechtfertigen kann. Der maßgebliche Sachverhalt umfasst alle Umstände, die die Behörde zur Begründung des im konkreten Fall in der festgesetzten Dauer (bzw. auf unbestimmte Zeit) verhängten Aufenthaltsverbotes herangezogen hat. Unzulässig wäre es nur, auch ein solches Fehlverhalten dem Aufenthaltsverbot zu Grunde zu legen, das unter Berücksichtigung des seither verstrichenen Zeitraumes nicht (mehr) geeignet ist, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen (vgl. hiezu das zu § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG ergangene hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0170). Die zuletzt genannte Eignung der für die Beurteilung des Gefährdungspotentials als Einheit aufzufassenden, zumindest seit 1996 kontinuierlich begangenen und ab 1999 in ihrer Dichte und Schwere gesteigerten Verwaltungsübertretungen kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall aber nicht verneint werden. Selbst wenn sich der Beschwerdeführer daher seit dem 5. März 1990 ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben sollte, hat er lange vor dem mit 4. März 1998 zu datierenden Ablauf des in § 35 Abs. 2 FrG genannten, für die Aufenthaltsverfestigung relevanten Zeitraums von acht Jahren, nämlich zumindest schon im Jahr 1996 damit begonnen, kontinuierlich die für das nunmehrige Aufenthaltsverbot iS des § 36 Abs. 1 FrG in seiner Gesamtheit maßgeblichen (und die weitere Aufenthaltsverfestigung hindernden) strafbaren Handlungen zu setzen. Aus diesem Grund kann auch § 35 Abs. 3 FrG dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen stehen.

4. An persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet führt die Beschwerde die Aufenthaltsdauer und den Umstand, dass er verheiratet und Vater zweier Kinder sei und mit seiner Familie in Österreich lebt, ins Treffen. Diese Umstände wurden von der belangten Behörde bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG berücksichtigt. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe zu Unrecht festgestellt, dass bezüglich seiner beruflichen Situation nicht von einer maßgeblichen Integration in Österreich ausgegangen werden könne, geht in Anbetracht dessen, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer insbesondere in beruflicher Hinsicht eine der Dauer seines Aufenthaltes entsprechende Integration zugebilligt hat (Seite 7 des angefochtenen Bescheides), ins Leere. Wenn der Beschwerdeführer der belangten Behörde schließlich vorwirft, sie habe ihm "keine Chance gelassen, im Sinn des 'fair trial' Stellungnahmen zu von ihr beabsichtigen Feststellungen abzugeben", und habe keine "grundlegenden Feststellungen zu meinem Familienleben an sich getroffen", so zeigt er keinen Verfahrensmangel auf, weil er nicht einmal im Ansatz erkennen lässt, welche zusätzlichen Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen sollen und inwieweit diese zusätzlichen Feststellungen für den Ausgang des Verfahrens von Relevanz hätten sein können.

Die aus der Dauer seines Aufenthaltes und seiner familiären Situation resultierende Integration des Beschwerdeführers wird durch sein gravierendes Fehlverhalten in ihrer sozialen Komponente erheblich beeinträchtigt. Den verbleibenden, immer noch gewichtigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die von den strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers ausgehende gravierende Gefährdung von öffentlichen Interessen gegenüber. Insbesondere auf Grund des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Gewaltkriminalität und der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Straßenverkehr kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.

5. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

6. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Juni 2002

Zahl:

Übertretung:

Sa:

Datum:

Strafe:

Arr:

Stand:

VerkR96-7086-1996

43 Abs4 litb KFG 67

S

19960711

3.000

72 S

R

VerkR96-14685-1996

20 Abs2 StVO

S

19960911

2.000

48 S LL-TOT 1

R

VerkR96-18662-1996

103 Abs2 KFG 67

S

19970109

600

24 S LL-TOT 1

R

                                                                                                         

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002180108.X00

Im RIS seit

11.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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