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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Stmk 1995 §19 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der W Leasing Gesellschaft mbH & Co KG in G, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 27. November 2000, GZ. A 17- 1.318/2000 - 2, betreffend Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer vom Baupolizeiamt des Magistrats Graz am 2. August 2000 durchgeführten Erhebung auf der Baustelle S in G wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück Nr. 2188 11 PKW-Abstellflächen mit 2 Fahrstreifen konsenslos errichtet worden seien, und zwar 6 Stellplätze mit einem Fahrstreifen einschließlich eines Gehweges im Anschluss an die Tiefgaragenrampe auf dem südlichen Teil des Grundstücks und weitere 5 Stellplätze mit einem Fahrstreifen einschließlich eines Gehweges zur westlichen Grundstücksgrenze hin, jeweils in Form von Schrägparkflächen, befestigt mit Rasengittersteinen und begrenzt mit Betonrandsteinleisten. Anlässlich einer ergänzenden Erhebung am 27. September 2000 wurde - durch Fotos belegt - weiters festgestellt, dass diese Abstellflächen auch tatsächlich als PKW-Stellflächen verwendet werden.
Nach den Angaben in der Beschwerde wurde der Behörde mit Eingabe vom 23. Februar 2000 die beabsichtigte Errichtung von 11 Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge gemäß § 33 Stmk. BauG angezeigt, doch wurde mit Mitteilung vom 5. April 2000 von der Baubehörde die Einleitung eines Baubewilligungsverfahrens verfügt. Nach den Angaben in der Beschwerde ist dieses noch anhängig.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landshauptstadt Graz vom 4. August 2000 erging an die beschwerdeführende Partei gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz (Stmk. BauG) der Auftrag, die errichtete bauliche Anlage "Errichtung von 11 PKW-Abstellflächen an der Süd- und Westseite des Grundstückes Nr. 2188 einschließlich der zugehörigen Fahrgasse und des Gehweges, wobei die Befestigung mit Rasengittersteinen bzw. Betonpflastersteinen erfolgte" binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.
Der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Spruch dahin gehend abgeändert, dass gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG der Auftrag ergehe, die auf dem bezeichneten Grundstück ohne baubehördliche Bewilligung errichteten KFZ-Abstellplätze (11 PKW-Stellplätze) binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Dieser Bescheid wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der Bestimmungen des § 19 Z. 3 Stmk. BauG sowie des § 41 Abs. 3 leg. cit. im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der Errichtung der PKW-Abstellplätze um eine nach § 19 Z. 3 Stmk. BauG bewilligungspflichtige Maßnahme handle, die - wenn diese Bewilligung nicht vorliege - gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG zu beseitigen sei. Der Gesetzgeber habe bei der Formulierung des § 41 Stmk. BauG in dessen Abs. 1 festgehalten, dass die Behörde eine Baueinstellung zu verfügen habe, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstießen. In Abs. 3 dieser Bestimmung habe der Gesetzgeber der Behörde aufgetragen, bei vorschriftswidrigen baulichen Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Nach den Begriffsbestimmungen des § 4 dieses Gesetzes seien bauliche Anlagen Bauwerke, zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien, die mit dem Boden in eine Verbindung gebracht würden und die wegen ihrer Beschaffenheit öffentliche Interessen zu berühren geeignet seien. Wende die beschwerdeführende Partei ein, das bloße Befestigen des Bodens ohne Veränderung der natürlichen Höhenlage stelle keine bauliche Anlage im Sinne des Stmk. BauG dar, so sei festzustellen, dass die tatsächliche Benützung der mit Rasengittersteinen befestigten Bodenfläche als PKW-Abstellplätze dokumentiert und festgestellt worden sei. Gehe die beschwerdeführende Partei weiters davon aus, das bloße Abstellen von PKW's sei keine "vorschriftswidrige bauliche Anlage", so müsse der Sinn und Zweck der Regelung herangezogen werden. Es könne nicht eine vom Gesetzgeber gewollte Beschränkung der Beseitigungsaufträge auf bauliche Anlagen und das Nichtvorhandensein gesetzlicher Möglichkeiten, das vorschriftswidrige Abstellen von PKW's zu untersagen, angenommen werden, obwohl Abstellplätze nach dem Stmk. BauG bewilligungspflichtig seien. Auch verwende der Gesetzgeber den Begriff der baulichen Anlage immer wieder und umfasse mit diesem Begriff auch PKW-Abstellplätze unabhängig davon, ob zu deren Herstellung Baumaßnahmen notwendig seien oder nicht. Auch wenn in § 41 Abs. 3 Stmk. BauG nur von "vorschriftswidrigen baulichen Anlagen" die Rede sei, müsse dies teleologisch interpretiert dahin verstanden werden, dass Beseitigungsaufträge für sämtliche vorschriftswidrige bewilligungspflichtige Vorhaben, also alle Vorhaben, die die Bestimmungen des Stmk. BauG nicht einhielten, zu erlassen seien. Darunter könnten sogar bewilligungsfreie bauliche Anlagen verstanden werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Beschwerde, in der lediglich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der der Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde gestellt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.
Nach der Begriffsbestimmung des § 4 Z. 12 Stmk. BauG ist eine bauliche Anlage (Bauwerk) - wie in § 41 Abs. 3 leg. cit. genannt - jede Anlage,
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zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind,
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die mit dem Boden in eine Verbindung gebracht wird und
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die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist. Eine Verbindung mit dem Boden besteht schon dann, wenn die Anlage
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durch eigenes Gewicht auf dem Boden ruht oder
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auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder
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nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.
Nach § 19 Z. 3 Stmk. BauG ist die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge, Garagen und Nebenanlagen bewilligungspflichtig.
Nach der Begriffsbestimmung des § 4 Z. 1 erster Fall Stmk. BauG sind Abstellflächen für Kraftfahrzeuge Flächen im Freien, die dem Abstellen sowie der Zu- und Abfahrt von Kraftfahrzeugen außerhalb von öffentlichen Verkehrsflächen dienen.
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG verletzt, weil KFZ-Abstellplätze keine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 12 leg. cit. darstellten und solcherart nicht Gegenstand eines Beseitigungsauftrages nach § 41 Abs. 3 leg. cit. sein könnten; diese Bestimmung bilde kein taugliches Mittel, das (vorschriftswidrige) Abstellen von PKW's zu verhindern.
Wie von der Behörde erster Rechtsstufe festgestellt und fotografisch dokumentiert wurde, werden die im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Flächen auch tatsächlich als Stellplätze benützt. Dieser Umstand wird im Übrigen von der beschwerdeführenden Partei auch nicht in Abrede gestellt. Dass diese Benützung auch dem angestrebten Verwendungszweck dieser Grundstücksflächen entspricht, ergibt sich sowohl aus dem Lageplan als auch aus den im Akt liegenden Fotos - unabhängig davon, dass in der Bauanzeige vom 23. Februar 2000 selbst die beschwerdeführende Partei von PKW-Stellflächen ausgeht - in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise.
Die beschwerdeführende Partei vertritt die Rechtsansicht, lediglich mit Rasengittersteinen und ohne Bodenveränderung befestigte Stellflächen seien keine baulichen Anlagen im Sinne dieser Bestimmung und somit nicht Gegenstand eines Auftrages nach § 41 Abs. 3 Stmk. BauG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar ausgesprochen, dass auch ein gemäß § 21 Stmk. BauG 1995 bewilligungsfreies Bauvorhaben, das gegen Bestimmungen des Stmk. BauG 1995 verstößt, eine vorschriftswidrige bauliche Anlage gemäß § 41 Abs 3 Stmk. BauG 1995 darstellt und Gegenstand eines Beseitigungsauftrages gemäß dieser Bestimmung sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 98/06/0228), doch ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass sich diese Bestimmung nach deren eindeutigen Wortlaut nur auf vorschriftswidrige Vorhaben bezieht, die als "bauliche Anlagen" zu qualifizieren sind. Auch die wieder gegebene Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes setzt voraus, dass das bewilligungsfreie Bauvorhaben eine bauliche Anlage i.S.d. § 4 Z. 12 Stmk. BauG ist. Im Hinblick auf diesen Gesetzeswortlaut ist eine Zweckinterpretation, wie sie von der belangten Behörde vertreten wurde, dass nämlich § 41 Abs. 3 leg. cit. die Beseitigung jedes vorschriftswidrigen aber vom Stmk. BauG erfassten Vorhabens ermögliche, unzulässig.
Es kann aber auch keinem Zweifel unterliegen, dass auch PKW-Abstellflächen "bauliche Anlagen" im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG und somit Gegenstand eines Beseitigungsauftrages nach § 41 Abs. 3 Stmk. BauG sein können. So führt der Baugesetzgeber in § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. b Stmk. BauG bestimmte Abstellflächen unter dem Oberbegriff "kleinere bauliche Anlagen" an. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 19 Z. 3 Stmk. BauG Abstellflächen neben dem in Z. 1 enthaltenen Tatbestand "Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen" anführt, kann nicht dahin verstanden werden, dass Abstellflächen nicht als bauliche Anlagen qualifiziert werden könnten. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob § 19 Z. 3 Stmk. BauG lediglich als besondere Hervorhebung von Abstellflächen, wenn sie bauliche Anlagen sind, zu verstehen ist, oder darüber hinaus auch Abstellflächen erfassen wollte, die keine baulichen Anlagen sind.
Im Beschwerdefall kann die Frage, ob es sich bei den vorhandenen PKW-Stellplätzen um eine "bauliche Anlage" im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG handelt, schon aufgrund der Pläne und Fotos auch ohne Zuziehung eines bautechnischen Sachverständigen bejaht werden, handelt es sich doch um eine relativ große Fläche, die eingeebnet und entsprechend bearbeitet werden musste, um ein späteres Einsinken der abgestellten Fahrzeuge zu verhindern, sodass zu ihrer Herstellung im konkreten Fall offenkundig bautechnische Kenntnisse erforderlich waren.
Zum weiteren Beschwerdevorbringen wird schlussendlich darauf hingewiesen, dass sich die beschwerdegegenständliche, immerhin insgesamt 11 Stellplätze samt Zufahrten und Gehwegen umfassende Anlage mit dem "wilden" Abstellen eines Fahrzeugs auf einer Wiese jedenfalls nicht vergleichen lässt, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.
Deshalb war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. Juni 2002
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000060211.X00Im RIS seit
18.09.2002