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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §80 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der R Ölleitungsgesellschaft m.b.H. in H, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 21. Februar 2002, Zl. 211.420/2-II/C/11-2002, betreffend Verlängerung der Betriebsunterbrechung einer Erdölfernleitung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 13. Dezember 2001, mit dem um Gewährung der Verlängerung der Unterbrechung des Betriebes der Erdölleitung Genua-Ingolstadt gemäß § 80 Abs. 4 GewO 1994 iVm § 1 Abs. 4 Rohrleitungsgesetz um weitere zwei Jahre angesucht wurde, gemäß § 32 des Rohrleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 411/1975, abgewiesen.
Der Betrieb der Erdölleitung Genua-Ingolstadt sei per 27. Jänner 1997 unterbrochen. Mit dem beim Amt der Vorarlberger Landesregierung eingebrachten besagten Antrag habe die Beschwerdeführerin (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten) "im Sinne des § 80 Abs. 4 GewO 1994 sowie nach Maßgabe der Bestimmungen des Rohrleitungsgesetzes" um eine Verlängerung und Unterbrechung des Betriebes um weitere zwei Jahre angesucht. Das genannte Amt habe, wie nach der bisher gepflogenen Verwaltungspraxis üblich, von sich aus im Amtshilfeweg die für notwendig erachteten Ermittlungen durchgeführt und deren Ergebnis sowie den gegenständlichen Antrag der belangten Behörde als für die Grenzen des Bundesgebietes überschreitende Erdölleitung gemäß § 38 Abs. 1 des Rohrleitungsgesetzes zuständige Behörde zur Entscheidung vorgelegt.
Gemäß § 1 Abs. 4 des Rohrleitungsgesetzes würden, soweit das Rohrleitungsgesetz diesbezüglich keine Regelungen enthalte, für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in Rohrleitungen die Bestimmungen der GewO 1994 gelten. Die belangte Behörde habe somit zunächst zu prüfen gehabt, ob § 80 Abs. 4 GewO 1994 für Rohrleitungen, in denen Güter gewerbsmäßig befördert würden und deren Betrieb unterbrochen sei, gelte.
Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1994 erlösche die Genehmigung einer Betriebsanlage, wenn der Betrieb der Anlage durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen werde. Gemäß § 80 Abs. 4 leg. cit. könne diese fünfjährige Frist auf Grund eines vor Ablauf dieser Frist gestellten Antrages, welcher den Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag hemme, um höchstens zwei weitere Jahre von der Gewerbebehörde mit Bescheid erstreckt werden. Daraus sei abzuleiten, dass der "finale Zweck" des § 80 Abs. 4 leg. cit. nur darin bestehe, die Rechtsfolge für eine fünfjährige Unterbrechung eines Betriebes, nämlich das Erlöschen der Betriebsanlagengenehmigung, spätestens nach sieben Jahren Betriebsunterbrechung eintreten zu lassen, nicht jedoch eine zulässige Höchstdauer einer Unterbrechung des Betriebes einer Anlage überhaupt festzulegen.
Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 13. Dezember 2001 sei bei Betrachtung dieser Rechtsausführung dahin gehend zu deuten, dass zur Hintanhaltung der im § 32 des Rohrleitungsgesetzes normierten Rechtsfolge einer fünfjährigen Unterbrechung des Betriebes der Erdölleitung Genua-Ingolstadt, nämlich nach deren Ablauf im Fall der Wiederaufnahme "des Betriebes mit dieser Erdölleitung" eine neuerliche Betriebsaufnahmebewilligung erwirken zu müssen, die Erlassung eines Bescheides zur Erstreckung dieser Fünfjahresfrist um weitere zwei Jahre begehrt werde, um die vorangeführte Rechtsfolge erst nach sieben Jahren Betriebsunterbrechung eintreten zu lassen. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass das Rohrleitungsgesetz ansonsten die Zeitdauer einer Betriebsunterbrechung nicht limitiere und daher die Erstreckung einer (nicht bestehenden) Frist auch nicht in Betracht komme.
§ 32 des Rohrleitungsgesetzes enthalte jedoch eine eindeutige Regelung über die mit einer fünfjährigen Unterbrechung des Betriebes einer Rohrleitungsanlage verbundene Rechtsfolge, sodass hier § 1 Abs. 4 des Rohrleitungsgesetzes nicht zum Tragen komme, und somit weder § 80 Abs. 1 GewO 1994, soweit er die Rechtsfolge einer fünfjährigen Unterbrechung des Betriebes einer Betriebsanlage regle, noch § 80 Abs. 4 leg. cit., der die Möglichkeit vorsehe, diese Rechtsfolge auf Antrag erst später wirksam werden zu lassen, für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in einer Rohrleitungsanlage gelten würden. Da das Rohrleitungsgesetz eine dem § 80 Abs. 4 GewO 1994 ähnliche oder gleich lautende Bestimmung nicht vorsehe, habe weder der Inhaber einer Rohrleitungsanlage einen Rechtsanspruch darauf, dass auf seinen Antrag hin die Rechtsfolge für eine fünfjährige Unterbrechung des Betriebes einer Rohrleitungsanlage erst nach siebenjähriger Betriebsunterbrechung eintrete, noch die nach dem Rohrleitungsgesetz zuständige Behörde das Recht, mit Bescheid eine Rechtsgestaltung zu Gunsten eines antragstellenden Inhabers einer solchen Rohrleitungsanlage, deren Betrieb länger als fünf Jahre unterbrochen werden solle, vorzunehmen. Der diesbezügliche Antrag der Beschwerdeführerin sei somit abzuweisen gewesen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Rohrleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 411/1975, in seiner hier anzuwendenden Fassung vor dem Deregulierungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 151, lauten:
"Geltungsbereich
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in Rohrleitungen, ausgenommen brennbare Gase mit einem Betriebsdruck von unter 0,5 bar Überdruck und Wasser, sowie für die Errichtung, Erweiterung, Änderung, den Betrieb, die Instandhaltung und die Beseitigung der hiefür erforderlichen Leitungen und Anlagen.
(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten nicht für Rohrleitungsanlagen,
1.
die bergrechtlichen Vorschriften unterliegen oder
2.
für Erdgasleitungen oder
3.
die sich innerhalb der gewerblichen Betriebsstätte
a)
von Unternehmen, die der Gewerbeordnung 1973 oder
b)
von Unternehmen, die dem Betriebsanlagenrecht der Gewerbeordnung 1973 unterliegen,
befinden.
(3) Soweit andere bundes- oder landesrechtliche Vorschriften Genehmigungen oder Bewilligungen für die vom Geltungsbereich dieses Gesetzes erfassten Rohrleitungen vorsehen, bleiben diese Vorschriften unberührt, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt wird.
(4) Soweit im übrigen dieses Bundesgesetz keine Regelungen enthält, gelten für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in Rohrleitungen die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973."
"Neuerliche Genehmigung zur Errichtung der Rohrleitungsanlage, neuerliche Betriebsaufnahmebewilligung
§ 32. (1) Wird der Betrieb der Rohrleitungsanlage durch mehr als fünf Jahre unterbrochen, so ist zu seiner Wiederaufnahme eine neuerliche Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 17 erforderlich.
(2) Hat die Betriebsunterbrechung mehr als zehn Jahre gedauert, so sind eine neuerliche Genehmigung zur Errichtung der Rohrleitungsanlage und eine neuerliche Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 17 erforderlich."
"Behörden
§ 39. (1) Behörden im Sinne dieses Bundesgesetzes sind der Landeshauptmann, bei Rohrleitungen, die sich über das Gebiet mehrerer Bundesländer erstrecken oder die Grenzen des Bundesgebietes überschreiten, der Bundesminister für Verkehr.
(2) Bei Rohrleitungen, die sich nicht über das Gebiet von mehr als einem Bundesland erstrecken, jedoch die Grenzen des Bundesgebietes überschreiten, kann der Bundesminister für Verkehr mit Verordnung den Landeshauptmann zur Erteilung der Genehmigung zur Errichtung der Rohrleitungsanlage und der Betriebsaufnahmebewilligung in seinem Namen ermächtigen, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist."
§ 80 GewO 1994 lautet:
"§ 80. (1) Die Genehmigung der Betriebsanlage erlischt, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird. Der Inhaber einer genehmigten Anlage, deren Betrieb gänzlich oder teilweise unterbrochen wird, hat die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine sich aus der Betriebsunterbrechung ergebende Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteilige Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 zu vermeiden. Er hat, soweit Abs. 2 nicht anderes bestimmt, die Betriebsunterbrechung und seine Vorkehrungen anlässlich der Betriebsunterbrechung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde innerhalb eines Monats nach Eintritt der Betriebsunterbrechung anzuzeigen, wenn diese Unterbrechung zumindest einen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage betrifft und voraussichtlich länger als ein Jahr dauern wird. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der Inhaber der Anlage anlässlich der Betriebsunterbrechung die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat ihm die zur Genehmigung der Anlage zuständige Behörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage wird die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt.
(2) Der Inhaber einer genehmigten Anlage hat durch Elementarereignisse oder sonstige besondere Umstände bewirkte Unterbrechungen des Betriebes der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde und, wenn diese Behörde nicht die Bezirksverwaltungsbehörde ist, auch der Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wenn er Grund zur Annahme haben muss, dass betriebliche Vorkehrungen nicht ausreichen, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu wahren oder Belastungen der Umwelt im Sinne des § 69a zu vermeiden. Abs. 1 vorletzter und letzter Satz gilt sinngemäß.
(3) Die Behörde (§§ 333, 334, 335) hat die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage auf Grund eines vor Ablauf der Frist gestellten Antrages zu verlängern, wenn es Art und Umfang des Vorhabens erfordern oder die Fertigstellung des Vorhabens unvorhergesehenen Schwierigkeiten begegnet. Durch den Antrag wird der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung gehemmt. Die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage darf insgesamt sieben Jahre nicht übersteigen.
(4) Abs. 3 ist auf die Unterbrechung des Betriebes sinngemäß anzuwenden.
(5) Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage wird die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt."
2.2. Aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 4 des Rohrleitungsgesetzes ergibt sich, dass für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in Rohrleitungen die Bestimmungen der Gewerbeordnung nur dann zur Anwendung kommen, wenn das Rohrleitungsgesetz "keine Regelungen enthält". Dieses Verständnis des § 1 Abs. 4 leg. cit. entspricht auch der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Auffassung, dass dort, wo das Rohrleitungsgesetz "Sonderregelungen" vorsieht, nur diese Regelungen und nicht die Bestimmungen der GewO anwendbar sind ("Grundsatz der Spezialität", vgl. den Bericht des Verkehrsausschusses, 1693 BlgNR XIII. GP, S. 1). Vor diesem Hintergrund geht die (eingehend dargelegte) Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die im § 80 Abs. 4 iVm Abs. 3 GewO 1994 vorgesehene Möglichkeit der Verlängerung der fünfjährigen Frist auf sieben Jahre auch für die beantragte Verlängerung der Unterbrechung des Betriebes der Erdölleitung Genua-Ingolstadt zum Tragen käme, fehl, enthält doch das Rohrleitungsgesetz in seinem § 32 Abs. 1 eine spezielle Regelung für den Fall "einer Betriebsstillegung von fünf Jahren" (bzw. von zehn Jahren), die im Anwendungsbereich des Rohrleitungsgesetzes nach den Gesetzesmaterialien "aus Sicherheitsgründen" für erforderlich erachtet wird (vgl. RV 1517 Blg NR XIII. GP, S. 19). Die Regelung des § 32 Abs. 1 des Rohrleitungsgesetzes geht somit - im Sinn des besagten Grundsatzes der Spezialität - dem § 80 GewO 1994 vor, was bedeutet, dass § 80 GewO 1994 im Beschwerdefall nicht zur Anwendung kommt. Nach dem Gesagten erweist sich auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte es in Anbetracht der Anwendbarkeit des § 80 Abs. 4 GewO 1994 in ihrem Fall unterlassen, die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung zu ermitteln und ihr diesbezüglich Parteiengehör zu gewähren, als verfehlt. Schließlich ist der Einwand, die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag "auf § 80 Abs. 4 GewO (iVm § 1 Abs. 1 Rohrleitungsgesetz)" gestützt, weshalb nur die Gewerbebehörde zur Entscheidung über ihren Antrag zuständig gewesen sei, und die belangte Behörde somit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig gewesen wäre, nicht zielführend, richtete sich doch ihr im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wiedergegebener Antrag (vgl. oben 1.) zweifellos auf die Verlängerung der Unterbrechung des Betriebes der in Rede stehenden Erdölleitung, eine Angelegenheit, die - wie erwähnt - dem § 32 des Rohrleitungsgesetzes zu subsumieren ist.
2.3. Da sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002030136.X00Im RIS seit
18.09.2002Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008