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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §53 Z25;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des F R in Wien, vertreten durch Dr. Angela Lenzi, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Florianigasse 61/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 13. Mai 1999, Zl. UVS- 3/10.238/4-1999, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 27. Juni 1997 um 13.40 Uhr an näher bestimmten Orten in Salzburg
a) eine auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie (§ 55 Abs. 2 StVO) überfahren; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 der StVO 1960 iVm § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. begangen,
b) mit einem Kraftfahrzeug, welches weder ein Omnibus noch ein Taxifahrzeug gewesen sei, den deutlich durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Fahrstreifen für Omnibusse befahren; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 53 Z. 25 StVO 1960 iVm § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. begangen,
c) als Lenker eines Kraftfahrzeuges auf dem Schutzweg mehreren Fußgängern, die sich auf dem Schutzweg befunden haben, bzw. diesen erkennbar benützen wollten, nicht das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 2 der StVO 1960 iVm § 99 Abs. 2 lit. c leg. cit. begangen.
Es wurden Geldstrafen in der Höhe von a) S 1.000,--,
b) S 700,-- und c) S 2.000,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer - ein praktischer Arzt - bestreitet nicht, die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen objektiv begangen zu haben, beruft sich jedoch - wie schon im Verwaltungsstrafverfahren - auf das Vorliegen eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG, weil er wegen eines dringenden ärztlichen Einsatzes zu einer näher bezeichneten Person gerufen worden sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlungen begeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1991, Zl. 91/02/0097).
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Behörde Feststellungen über den Krankheitszustand und die Krankengeschichte des Patienten des Beschwerdeführers unterlassen habe und somit das Vorliegen eines "Rechtfertigungsgrundes" fälschlicherweise verneint habe.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die Behörde hat ihre Entscheidung im Wesentlichen nicht damit begründet, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen "medizinischen Notfall" gehandelt hätte, sie führte im angefochtenen Bescheid vielmehr aus, dass der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, welche Art der Behandlung für seinen Patienten so unaufschiebbar gewesen sei und ausschließlich durch ihn habe veranlasst werden können. Insbesondere stützte die Behörde ihre Entscheidung aber darauf, dass die begangenen Straftaten das einzige Mittel hätten sein müssen, um der schweren unmittelbaren Gefahr zu begegnen. Handle es sich um den Fall drohender Lebensgefahr und damit "Erster Hilfe", so wäre in Salzburg auch der öffentliche Rettungsdienst zur Verfügung gestanden, welcher durch seine Ausstattung als Einsatzwagen primär für Notfälle dieser Art geeignet und unter Berücksichtigung der gegebenen Verkehrsdichte das geeignete Mittel gewesen sei, den Patienten im Notfall in die Klinik einzuweisen.
Die Feststellungen der Behörde, dass zur fraglichen Zeit der öffentliche Rettungsdienst für den vom Beschwerdeführer behaupteten Notfall zur Verfügung gestanden wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er stellt auch keinerlei konkrete Behauptungen auf, dass es im Beschwerdefall nicht möglich gewesen wäre, den Rettungsdienst zu verständigen. Kern der Einwände des Beschwerdeführers ist, dass er als "behandelnder Arzt", zu dem eine "Vertrauensbasis" bestehe, die Situation des Patienten besser kenne und die persönliche Betreuung durch ihn einem - wenn auch gut ausgestatteten - "anonymen Rettungswagen" vorzuziehen sei. Dem ist aber zu entgegnen, dass es gerade die Aufgabe des Rettungsdienstes ist, in akuten lebensbedrohlichen Fällen Erste Hilfe zu leisten und mit der hiefür vorgesehenen Ausstattung, unter Verwendung des Einsatzfahrzeuges, den Patienten gegebenenfalls der weiteren Versorgung in einer Klinik zuzuführen. Dass dies im Konkreten nicht möglich gewesen wäre, ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch sonst aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, er könne als behandelnder Arzt den Gesundheitszustand des Patienten am Besten beurteilen, ist zu entgegnen, dass von jedem ausgebildeten Arzt die zweckentsprechende Behandlung von Patienten erwartet werden kann und daher der Einwand, dringende ärztliche Hilfestellung könne nur vom "behandelnden Arzt" erbracht werden, fehlschlägt. Dadurch, dass die belangte Behörde den Patienten nicht einvernommen hat und auch kein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Patienten des Beschwerdeführers eingeholt hat, liegt somit kein Verfahrensmangel vor, dem Relevanz für die hier zu beurteilende Frage zukäme.
Der Beschwerdeführer behauptet weiters, dass die Feststellung der belangten Behörde, dass er "die Fußgänger gar nicht wahrgenommen habe", aktenwidrig sei, da er laut Verhandlungsschrift vom 16. März 1999 ausgesagt habe "ich selbst habe aber Fußgänger, die sich auch durch meine zugegebenermaßen rasche Fahrweise beeinträchtigt gefühlt haben könnten, nicht wahrgenommen." Die Auslegung der belangten Behörde, er habe "überhaupt keine" Fußgänger wahrgenommen, sei also falsch. Mit diesem Vorbringen vermag er gleichfalls nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, denn die Frage der Intensität der Aufmerksamkeit, mit der er sich dem übrigen Verkehrsgeschehen zuwandte, betrifft den Grad seines Verschuldens und damit die Strafhöhe. Die belangte Behörde hat sämtliche Strafen, insbesondere auch die zu Spruchpunkt c) ausgesprochene, im unteren Bereich des Strafrahmens bemessen, sie können auch durch den Verwaltungsgerichtshof nicht als überhöht angesehen werden.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999030270.X00Im RIS seit
26.08.2002