TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/25 99/03/0278

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Veröffentlicht am 25.06.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
94/01 Schiffsverkehr;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
SchiffahrtsG 1997 §78 Abs2 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der N W in S, vertreten durch Dr. Johann Buchner & Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 9/Mühlbacherhofweg 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. September 1998, Zl. VerkR-430.060/18-1998/Aum, betreffend Feststellung der Verfügungsberechtigung gemäß Schifffahrtsgesetz (mitbeteiligte Partei: J M in O, vertreten durch Dr. Jürgen Zwerger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem bei der belangten Behörde am 2. Juni 1998 eingelangten Schriftsatz beantragte der Mitbeteiligte einen Feststellungsbescheid mit dem Inhalt zu erlassen, dass dem Eigentümer der Mondsee-Grundparzellen (derzeit die Beschwerdeführerin) "keine Stellung als Verfügungsberechtigter über das Privatgewässer gemäß § 78 Abs. 2 Ziff. 5 Schiffahrtsgesetz 1990 idgF." zukomme. Diesen Antrag begründete der Mitbeteiligte im Wesentlichen damit, dass er ein Unternehmen zum Schleppen von Wasserschifahrern mit Motorbooten auf dem Mondsee auf Grund näher bezeichneter Konzessionen betreibe, wobei die derzeitige Schifffahrtskonzession bis 31. Dezember 1999 befristet sei. Er sei um Erteilung einer weiteren Schifffahrtskonzession (für ein drittes Motorboot) sowie um Erweiterung der Befugnis auf "Schleppen von Wasserschifahrern und ähnlichem" und weiters auf Erweiterung der Konzession auf den Gelegenheitsverkehr für bis zu neun Personen bei der Verkehrsbehörde mit Antrag vom 26. März 1998 eingekommen. Die Beschwerdeführerin sei grundbücherliche Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft, die im Wesentlichen mit der Wasseroberfläche des Mondsees ident sei. Die Oberösterreichische Landesregierung habe sich bislang auf den Standpunkt gestellt, dass die Erteilung einer Schifffahrtskonzession auf dem Mondsee (der Verlängerung bestehender Konzessionen) die Beibringung der Zustimmung der Eigentümerin der Mondsee-Grundflächen als "Verfügungsberechtigter über das Privatgewässer" voranzugehen hätte. Die Beschwerdeführerin habe sich der Vergabe von Berechtigungen nach dem Schifffahrtsgesetz widersetzt bzw. zu widersetzen versucht, weiters gehe die Verkehrsbehörde nach wie vor von einer Verfügungsberechtigung der Eigentümerin der Mondsee-Grundparzellen gemäß § 78 Schifffahrtsgesetz aus. Der Feststellungsantrag liege somit sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse des Mitbeteiligten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Auf Grund dieses Antrages erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 17. September 1998, in dem sie feststellte, dass in den Konzessionsverfahren nach dem 4. Teil des Schifffahrtsgesetzes (Schifffahrtsgewerberecht), BGBl. I Nr. 62/1997, der Eigentümerin des (größten Teiles des) Mondsees keine Stellung als Verfügungsberechtigte über das Gewässer des Mondsees gemäß § 78 Abs. 2 Z. 5 Schifffahrtsgesetz zukomme. In ihrer Begründung führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ X, Grundbuch M, und zwar als Rechtsnachfolgerin der Gräfin I.W., die mit 27./30. September 1888 zu Gunsten der k.k. Staatsverwaltung, deren Rechtsnachfolgerin die Republik Österreich sei, die Dienstbarkeit des "Gemeingebrauchs nach Maßgabe der Bestimmungen des § 15 des OÖ WRG vom 28. August 1870" sowie "insbesondere das Recht für jedermann zur freien unbehinderten Schiff- und Floßfahrt mit allen Arten von Wasserfahrzeugen auf dem Mondsee" begründet habe. Hintergrund dieses Dienstbarkeitsvertrages sei ein Streit darüber gewesen, ob der Mondsee als öffentliches Gut oder als Privateigentum der Gräfin zu betrachten sei. Da sich die grundbücherliche Eigentümerin der Mondsee-Grundparzellen neuerdings gegen die Ausübung der Schifffahrt durch die hiezu Berechtigten zur Wehr setze, habe die Republik Österreich als Rechtsnachfolgerin der k.k. Staatsverwaltung gegen die Beschwerdeführerin Klage beim Landesgericht Wels geführt und die Feststellung begehrt, dass die eingeräumte Servitut auch das Recht zum Befahren des Mondsees mit allen Arten von Wasserfahrzeugen mit Maschinenantrieb umfasse. Dieses Klagebegehren sei mit dem Leistungsbegehren auf sofortige Unterlassung aller Ankündigungen und Maßnahmen, die auf ein Verbot des Betriebes von Wasserfahrzeugen mit Maschinenantrieb abzielten, verbunden gewesen. Die Republik Österreich sei in allen drei Instanzen mit dem Klagebegehren durchgedrungen. In der Urteilsbegründung des Oberlandesgerichtes Linz sei zum Ausdruck gekommen, dass kein Zweifel über die Parteienabsicht des Dienstbarkeitsvertrages von 1888 bestehe, nämlich dass der Mondsee hinsichtlich der Schiff- und Floßfahrt einem öffentlichen Gewässer gleichgestellt werden solle. Gemeingebrauch an Sachen im Privateigentum bewirke deren Öffentlichkeit hinsichtlich ihrer Nutzung und schränke die Verfügungsbefugnis des Eigentümers in gleicher Weise ein. Wesentlich dabei sei, dass die Erlaubnis zur Benutzung (nur) durch die für den Gemeingebrauch zuständige Behörde, nicht aber durch den Eigentümer erteilt werden müsse. Es sei allein Aufgabe der Verwaltungsbehörden, entsprechende Maßnahmen anzuordnen und geeignete Regelungen für die Schifffahrt am Mondsee zu erlassen. Daraus folgerte die belangte Behörde, dass die Eigentümerin der Mondsee-Grundparzellen nicht Verfügungsberechtigte im Sinne von § 78 Abs. 2 Z. 5 Schifffahrtsgesetz sei, zumal die Verfügungsberechtigung im Sinne des Schifffahrtsgesetzes nur die schifffahrtsrechtliche Verfügungsberechtigung sein könne und nicht mit sonstigen (zivilrechtlichen) Fragestellungen in Zusammenhang zu bringen sei. Dazu komme, dass der Landeshauptmann von Oberösterreich durch Erlassung der OÖ Seen-Verkehrsverordnung 1995 von dem Übergang der Verfügungsberechtigung auf den öffentlichen Rechtsträger auch in legislativer Hinsicht Gebrauch gemacht habe.

Die belangte Behörde führte ferner aus, es könnten nur Rechte oder Rechtsverhältnisse, nicht aber rechtserhebliche Tatsachen Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, es handle sich um die bescheidmäßige Feststellung eines Rechtes. Der gegenständliche Feststellungsantrag sei für die einschreitende Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung insofern, als bei Nichterlangen der Zustimmungserklärung der über das Privatgewässer Verfügungsberechtigten lediglich der Zivilrechtsweg offen stehe, um eine zurückweisende Entscheidung der zuständigen Behörde abzuwenden. Ein Feststellungsbescheid sei in gegenständlicher Angelegenheit nach dem Schifffahrtsgesetz nicht ausgeschlossen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, sie habe eine solche jedoch nicht erstattet. Es verbleibe dem Landeshauptmann von Oberösterreich als Schifffahrtspolizeibehörde schifffahrtspolizeiliche Regelungen für den Mondsee zu treffen bzw. der Oberösterreichischen Landesregierung als Schifffahrtskonzessionsbehörde unter Einhaltung der im Schifffahrtsgesetz im § 78 Abs. 1 und 2 Z. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen Konzessionen zu erteilen. Seitens der Oberösterreichischen Landesregierung als Konzessionsbehörde werde somit "im Konzessionsverfahren am Mondsee wie bei einem öffentlichen Gewässer vorgegangen werden".

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 8. Juni 1999, B 2065/98-5, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 78 Abs. 2 Z. 5 des Schifffahrtsgesetzes, BGBl. I Nr. 62/1997, lautet:

"§ 78. (2) Die Konzession darf darüber hinaus nur erteilt werden,

...

5. sofern die Schifffahrt auf einem Privatgewässer (§ 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959) ausgeübt werden soll, wenn der über das Gewässer Verfügungsberechtigte der Ausübung der Schifffahrt durch den Konzessionswerber in der von diesem beabsichtigten Art zustimmt."

Gegen den angefochtenen Bescheid bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, die Frage, ob sie auf Grund des Dienstbarkeitsvertrages vom 27. /30. September 1888 nicht mehr als Verfügungsberechtigte über das Gewässer des Mondsees im Konzessionsverfahren nach dem Schifffahrtsgesetz anzusehen sei, sei nicht nach den verwaltungsbehördlichen Grundsätzen zu entscheiden, sondern nach dem Zivilrecht. Es fehle daher die Rechtsgrundlage für die Erlassung des gegenständlichen Feststellungsbescheides. Dem ist entgegen zu halten, dass die Frage, ob die Beschwerdeführerin Verfügungsberechtigte im Sinne des § 78 Abs. 2 Z. 5 des Schifffahrtsgesetzes ist, im Verwaltungsverfahren zur Erteilung einer Konzession zu prüfen ist, und zwar nur anhand der in dieser Bestimmung festgelegten Kriterien.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin bestehe keine Antragslegitimation eines Konzessionswerbers dahin, dass festgestellt werde, dass ihr keine Stellung als Verfügungsberechtigte zukomme.

Damit ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.

Die belangte Behörde hat nämlich übersehen, dass ein Feststellungsbescheid nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur ein subsidiärer Rechtsbehelf ist. Die Erlassung eines - selbständigen - Feststellungsbescheides ist dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann bzw. wenn die für die Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens (oder in einem gerichtlichen Verfahren) zu entscheiden ist. Es ist daher nicht zulässig, eine Vorfrage, die in einem anderen Verfahren zu lösen wäre, zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides zu machen (vgl. die zahlreiche bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, in E. 211 ff. zu § 56 AVG, S. 910 ff., angeführte hg. Rechtsprechung).

Der Mitbeteiligte hat in seinem hier gegenständlichen - undatierten, an die "Verkehrsbehörde" gerichteten und bei der belangten Behörde am 2. Juni 1998 eingelangten - Schreiben darauf hingewiesen, dass er um Erteilung einer weiteren Schifffahrtskonzession sowie um die Erweiterung seiner Konzession am 26. März 1998 "eingekommen" sei, sodass davon auszugehen ist, dass ein diesbezügliches Verwaltungsverfahren anhängig war. Die belangte Behörde hätte daher in diesem Verwaltungsverfahren die Frage der Verfügungsberechtigung der Beschwerdeführerin klären müssen. Ein rechtliches Interesse an der Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides ist somit zu verneinen.

Die belangte Behörde belastete schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Juni 2002

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999030278.X00

Im RIS seit

26.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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