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E1E;Norm
11997E093 EG Art93;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2002/17/0152 E 20. November 2002Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der A-Gesellschaft R & Co KG in Wien, vertreten durch Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Pyrkergasse 36, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 1. März 2002, Zl. ABK - A 3/02, betreffend Vorschreibung einer Versteigerungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat für den Zeitraum Juli 1995 bis Juni 2000 S 475.949,-- an Versteigerungsabgabe erklärt und entrichtet. Sie beantragte in der Folge die Rückzahlung dieses Betrages.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2001 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin gemäß §§ 1, 2 und 5 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 30. Mai 1985, die Versteigerungsabgabe für den genannten Zeitraum mit S 542.812,-- (EUR 39.447,69) vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2002 wurde die Versteigerungsabgabe für den genannten Zeitraum wie folgt festgesetzt:
"Zeitraum
Bemessungs-
Versteigerungs-
Fälligkeit
grundlage
abgabe
7-9/1995
EUR 280.428,48
EUR 5.608,57
10. November 1995
7-9/1996
EUR 229.338,02
EUR 4.586,76
10. November 1996
4-6/1997
EUR 333.749,99
EUR 6.675,--
10. August 1997
10-12/1997
EUR 164.252,60
EUR 3.285,05
10. Februar 1998
4-6/1998
EUR 174.844,30
EUR 3.496,89
10. August 1998
10-12/1998
EUR 157.336,69
EUR 3.146,73
10. Februar 1999
4-6/1999
EUR 179.682,13
EUR 3.593,64
10. August 1999
10-12/1999
EUR 182.804,88
EUR 3.656,10
10. Februar 2000
4-6/2000
EUR 269.948,69
EUR 5.398,97
10. August 2000"
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Bestimmungen des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 aus, die Beschwerdeführerin habe unter Hinweis auf die behauptete Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe die bisher gelegten Abgabenerklärungen widerrufen. Die Abgabe sei daher bescheidmäßig festzusetzen gewesen.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die Versteigerungsabgabe eine der Umsatzsteuer gleichartige Abgabe darstelle, was gegen die Vorschrift des Art. 33 Abs. 1 der
6. Mehrwertsteuerrichtlinie (77/388/EWG) verstoße, sei unzutreffend. Als wesentliche Merkmale der Mehrwertsteuer seien anzusehen: allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhalte; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, sodass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den jeweiligen Mehrwert beziehe und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen werde. Die Versteigerungsabgabe sei zwar proportional zu dem bei der Versteigerung erzielten Erlös, sie sei jedoch keine allgemeine Steuer, denn sie werde nur bei öffentlichen Versteigerungen erhoben. Sie betreffe Handelsgeschäfte nicht in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise, denn sie werde nur einmal im Fall der in Wien stattfindenden öffentlichen Versteigerung beweglicher und unbeweglicher Sachen angewandt. Die Versteigerungsabgabe sei nicht in einer der Mehrwertsteuer ähnlichen Art abzugsfähig und sie werde parallel zur Mehrwertsteuer erhoben, ohne ganz oder teilweise an deren Stelle zu treten. Die Abgabe werde nicht auf den Mehrwert erhoben und nicht in einer für die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Weise auf den Endverbraucher abgewälzt, weil der Versteigerer selbst abgabepflichtig sei.
Ebenso wenig sei ein Verstoß gegen die Verbrauchsteuerrichtlinie (92/12/EWG) gegeben, weil diese nach ihrem Art. 3 Abs. 1 und 2 lediglich Mineralöle, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren betreffe. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie schließe die Versteigerungsabgabe nicht aus, weil sie im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehe. Im Übrigen habe der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 9. März 2000 in der Rechtssache Evangelischer Krankenhausverein, C-437/97, festgehalten, dass Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchssteuerrichtlinie der Beibehaltung einer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis erhobenen Steuer nicht entgegenstehe.
Gegen die ziffernmäßige Richtigkeit der Abgabenfestsetzung habe die Beschwerdeführerin keinen Einwand erhoben. Ihre Berufung habe daher erfolglos bleiben müssen. Die Änderung des Spruches habe lediglich der Präzisierung und der Euroumstellung gedient.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, dass dem Gemeinschaftsrecht widersprechendes nachgeordnetes Recht, gegenständlich die Versteigerungsabgabe auf Grund des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985, nicht angewendet werde, verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen über Abgabengegenstand und Abgabepflichtigen lautet auszugsweise:
"§ 1. (1) Von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen beweglicher und unbeweglicher Sachen wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Abgabe erhoben.
...
§ 2. Die Abgabe beträgt 2 % des bei der Versteigerung erzielten Erlöses. Der Versteigerungserlös besteht aus dem Meistbot und dem Wert jener Lasten, die vom Ersteher zusätzlich zum Meistbot zu übernehmen sind. Der Wert solcher Lasten ist bezogen auf den Versteigerungstag in sinngemäßer Anwendung des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, zu ermitteln.
§ 3. Abgabepflichtig ist derjenige, der die Sache versteigern lässt. Ist er nicht der Eigentümer der Sache, so haftet der Eigentümer mit ihm zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Abgabe. ...
...
§ 5. Die Inhaber von Betrieben, die bei Durchführung von Versteigerungen den Vorschriften der Gewerbeordnung 1973 unterliegen, haben die Abgaben von den Versteigerern einzuheben und bis zum 10. Tag (Fälligkeitstag) des auf ein Kalendervierteljahr zweitfolgenden Monats für dieses vorangegangene Kalendervierteljahr die entstandene Abgabenschuld beim Magistrat schriftlich zu erklären und die Abgabe zu entrichten. Die Inhaber dieser Betriebe haften für die Begleichung der Versteigerungsabgabe."
Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern lautet:
"Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern, sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen."
Durch die Richtlinie 94/5/EG des Rates vom 14. Februar 1994 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG wurde dieser ein Art. 26a "Sonderregelung für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten" eingefügt.
Unter Teil B des Art. 26a dieser Richtlinie findet sich eine "Sonderregelung für steuerpflichtige Wiederverkäufer", in Teil C des Art. 26a dieser Richtlinie eine "Sonderregelung für öffentliche Versteigerungen". Nach Abs. 1 dieses Teiles C können die Mitgliedstaaten abweichend von Teil B die Besteuerungsgrundlage für die Lieferung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten unter näher genannten Voraussetzungen entsprechend den folgenden Bestimmungen festsetzen.
Art. 26a Teil C Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 94/5/EG lauten:
"(2) Die Besteuerungsgrundlage für jede Lieferung von Gegenständen nach Absatz 1 ergibt sich aus dem dem Käufer vom Veranstalter der öffentlichen Versteigerung nach Absatz 4 in Rechnung gestellten Gesamtbetrag abzüglich
-
des nach Absatz 3 festgelegten, vom Veranstalter der öffentlichen Versteigerung an seinen Kommittenten gezahlten oder zu zahlenden Nettobetrags und
-
des Betrags der vom Veranstalter der öffentlichen
Versteigerung für seine Lieferung zu entrichtenden Steuer.
(3) Der vom Veranstalter der öffentlichen Versteigerung an
seinen Kommittenten gezahlte oder zu zahlende Nettobetrag
entspricht der Differenz zwischen
- dem Preis, zu dem in der Versteigerung der Zuschlag
für den Gegenstand erteilt wurde, und
- dem Betrag der Provision, die der Veranstalter der
öffentlichen Versteigerung von seinem Kommittenten gemäß dem
Verkaufskommissionsvertrag erhält oder zu erhalten hat.
(4) Der Veranstalter der öffentlichen Versteigerung muss dem
Käufer eine Rechnung oder ein an deren Stelle tretendes Dokument
aushändigen, in dem
- der Zuschlagspreis des Gegenstands,
- die Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben,
- die Nebenkosten, wie Provisions-, Verpackungs-,
Beförderungs- und Versicherungskosten, die der Veranstalter vom
Käufer des Gegenstands fordert,
gesondert ausgewiesen werden.
In dieser Rechnung darf jedoch die Mehrwertsteuer selbst nicht
gesondert ausgewiesen werden."
Art. 3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchssteuerpflichtiger Waren (im Folgenden auch: Verbrauchsteuerrichtlinie bzw. Systemrichtlinie) lautet:
"Artikel 3
(1) Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf die folgenden in den einschlägigen Richtlinien definierten Waren:
- Mineralöle,
- Alkohol und alkoholische Getränke,
- Tabakwaren.
(2) Auf die in Absatz 1 genannten Waren können andere indirekte Steuern mit besonderer Zielsetzung erhoben werden, sofern diese Steuern die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung beachten.
(3) Die Mitgliedstaaten können Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren einführen oder beibehalten, sofern diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen. Unter der gleichen Voraussetzung ist es den Mitgliedstaaten ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen, auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sondern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt."
Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet die Beschwerdeführerin, die in Wien erhobene Versteigerungsabgabe verstoße gegen Art. 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie. Dem ist Folgendes zu erwidern:
Ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie hat, hängt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (vgl. das Urteil vom 8. Juni 1999, Erna Pelzl u.a., verbundene Rechtssachen C-338/97 u.a.) vor allem davon ab, ob sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie kommerzielle Umsätze so belastet, wie es für die Mehrwertsteuer kennzeichnend ist. Der Gerichtshof hat hiezu ausgeführt, dass Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, auf jeden Fall als Maßnahmen anzusehen sind, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belasten. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, sieht der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu diesem Zweck als wesentliche Merkmale der Mehrwertsteuer an:
allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehende Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, sodass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (vgl. hiezu auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2000, Zl. 98/17/0191, betreffend die in Wien erhobene Anzeigenabgabe).
Im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Juli 1989, Wisselink & Co BV u. a., verbundene Rechtssachen 93/88 und 94/88, Slg. 1989, S. 2671, wurde klargestellt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ein Mehrwertsteuersystem einzuführen und es ihnen verboten ist, neben der Erhebung der Mehrwertsteuer Umsatzsteuern nach kumulativem Mehrphasensystem ganz oder teilweise aufrechtzuerhalten oder neu einzuführen. Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern hätten, könnten aber beibehalten und eingeführt werden.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass es sich bei der Versteigerungsabgabe um eine allgemeine Steuer handle, weil sie alle beweglichen und unbeweglichen Sachen erfasse, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft würden. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der Versteigerungsabgabe schon deshalb um keine allgemeine Steuer handeln kann, weil sie nicht darauf abzielt, sämtliche Umsätze in dem beteiligten Mitgliedstaat zu erfassen (vgl. das bereits von der belangten Behörde zitierte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/97, Evangelischer Krankenhausverein Wien, Rz 24, wo gerade diese Voraussetzung für die Allgemeinheit einer Steuer ausdrücklich gefordert wird). Der durch öffentliche Versteigerungen erzielte Umsatz macht jedoch nur einen verschwindenden Anteil des in Österreich überhaupt erzielten Umsatzes aus. Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, eine Abgabe müsse nicht in allen Punkten der Mehrwertsteuer gleichen. Es komme auf eine gesamthafte Betrachtung an. Demgegenüber hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem bereits zitierten Urteil vom 9. März 2000 ausdrücklich ausgesprochen, dass die übrigen Merkmale einer Steuer im Falle der Verneinung ihrer Allgemeinheit für die Frage ihrer Vereinbarkeit mit der in Rede stehenden Richtlinie nicht mehr geprüft zu werden brauchen (vgl. Rz 25). Es ergibt sich somit bereits aus dem Fehlen der Allgemeinheit der Versteigerungsabgabe, dass diese nicht unter den Begriff der Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie subsumiert werden kann. Unzweifelhaft wird die Versteigerungsabgabe jedoch darüber hinaus nicht, wie für die Umsatzsteuer charakteristisch, auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe erhoben.
Die gegenständliche Versteigerungsabgabe hat eindeutig nicht den Charakter einer Umsatzsteuer und verstößt daher auch nicht gegen Art. 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (77/388/EWG).
Die Beschwerdeführerin vertritt weiters die Auffassung, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG vor, weil es sich bei der Versteigerungsabgabe um eine umsatzbezogene Steuer handle. Dass der erste Satz des Abs. 3 dieser Richtlinie vorliegendenfalls tangiert wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Nach dem zweiten Satz der Richtlinie ist es den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des ersten Absatzes ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen, auch im Zusammenhang mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt.
Wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in dem bereits zitierten Urteil vom 9. März 2000, Evangelischer Krankenhausverein Wien (vgl. insbesondere Rz 46 bis 50 dieses Urteiles), ausgesprochen, dass die dort in Rede gestandene Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis, welche ihrer Struktur nach weder dem Mehrwertsteuerrecht noch dem gemeinschaftsrechtlichen Verständnis von Verbrauchsteuern entsprach und darüber hinaus keine der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 genannten Waren betraf, dem Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie nicht widersprach.
Dies gilt gleichfalls für die Versteigerungsabgabe, die weder dem Charakter einer Verbrauchsteuer im Verständnis des Gemeinschaftsrechtes noch - wie eben ausgeführt - jenem der Mehrwertsteuer entspricht. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem zweiten Satz in Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie. Der dort enthaltene Vorbehalt "sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt" bringt lediglich zum Ausdruck, dass durch die Besteuerung der Dienstleistung das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht tangiert werden darf. Dies ist vorliegendenfalls aber - wie oben bereits ausgeführt - nicht der Fall (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Vereinbarkeit einer Ortstaxe mit Art. 3 Abs. 3 der Systemrichtlinie das hg. Erkenntnis vom 27. September 1999, Zl. 98/17/0165). Im Übrigen kann aber vorliegendenfalls unter keinen Umständen davon gesprochen werden, dass durch die Versteigerungsabgabe eine umsatzbezogene Besteuerung einer Dienstleistung erfolgt, richtet sich die Abgabe doch nicht nach der Höhe des dem Versteigerungsunternehmer für seine Dienstleistung zufließenden Entgelts, sondern nach jener des für den Erwerb der Ware entrichteten Meistbotes.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, aus der Präambel zur Richtlinie 94/5/EG des Rates vom 14. Februar 1994, gehe hervor, dass damit Wettbewerbsverzerrungen und Handelsverlagerungen entgegen gewirkt werden solle. Eine solche Wettbewerbsverzerrung werde durch die Wiener Versteigerungsabgabe herbeigeführt, zumal diese in anderen österreichischen Bundesländern, wie auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht eingehoben werde. Die Vorschreibung der Versteigerungsabgabe widerspreche den Berechnungsvorschriften der Abs. 2 und 3 des Teiles C des Art. 26a der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung der Richtlinie 94/5/EG.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegen zu halten, dass die von der Beschwerdeführerin bezogenen Bestimmungen der in Rede stehenden Richtlinie im Rahmen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems getroffene Sonderregelungen für die Differenzbesteuerung von Versteigerungsveranstaltern darstellen und die Mitgliedstaaten insoweit ermächtigen, von den (allgemeineren) Sonderregelungen der Differenzbesteuerung für steuerpflichtige Wiederverkäufer nach dem Teil B des Art. 26a dieser Richtlinie abzuweichen. Diese Bestimmungen sind somit Teil des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems. Sie regeln nicht Abgaben wie die Versteigerungsabgaben, die zufolge Art. 3 Abs. 3 zweiter Satz der Verbrauchsteuerrichtlinie, wie zuvor ausgeführt, zulässigerweise neben der gemeinsamen Mehrwertsteuer erhoben werden dürfen.
Die durch solche, außerhalb des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems bestehenden Abgaben allenfalls bestehenden Wettbewerbsunterschiede sollten durch die in Rede stehende Richtlinie daher offenbar nicht beseitigt werden.
Gemäß Art. 93 EG erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes innerhalb der in Art. 14 gesetzten Frist notwendig ist. Die Harmonisierung von Steuern stellt somit einen Prozess dar, der durch die Gemeinschaft zwar in Angriff genommen, jedoch bislang noch nicht abgeschlossen wurde. Die gegenständliche Versteigerungsabgabe wurde von dieser Harmonisierung nicht erfasst. Auch aus Art. 33 der 6. Umsatzsteuerrichtlinie lässt sich ableiten, dass die Mitgliedstaaten berechtigt sind, Steuern, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen. Art. 93 EG (und damit in Einklang stehend die zitierte Richtlinie) nimmt es daher ganz offenkundig in Kauf, dass in dem noch nicht von der Harmonisierung erfassten Bereich der Abgaben in den Mitgliedstaaten auch (verschiedenartige) Steuern (in jeweils unterschiedlicher Höhe) existieren und hiedurch auch unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen schaffen. Letztere sind nach dem Vorgesagten als Folge unterschiedlicher Standortbedingungen infolge unterbliebener Harmonisierung der Abgaben auf diesem Gebiet aus der Sicht des Gemeinschaftsrechtes offenkundig hinzunehmen.
In diesem Zusammenhang sei auch noch erwähnt, dass auch in Teil C Abs. 4 des Art. 26a der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung der Richtlinie 94/5/EG davon ausgegangen wird, dass auf einem versteigerten Gegenstand auch andere (auf den Ersteher überwälzte) Steuern als die Mehrwertsteuer lasten können, welche in dem dort erwähnten Dokument ausgewiesen werden müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens auch nicht zur Stellung eines Vorabentscheidungsantrages an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften veranlasst.
Unter dem Titel einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe ihr Vorbringen, bereits S 475.949,-- für den in Rede stehenden Zeitraum an Versteigerungsabgabe entrichtet zu haben, unberücksichtigt gelassen und überdies ihren Rückzahlungsantrag nicht erledigt.
Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass gerade der auf die Unrichtigkeit der Selbstbemessung der Abgabe gestützte Rückzahlungsantrag die Verpflichtung der Abgabenbehörde zur bescheidmäßigen Bemessung der Abgabe auslöste (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1980, Slg. Nr. 8726, und vom 13. Juni 1991, Slg. Nr. 12.734, sowie die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 1988, Zl. 85/17/0050, und vom 22. Juni 1990, Zl. 88/17/0242). Die Abgabenbemessung stellt lediglich eine bescheidmäßige Feststellung des Inhaltes dar, dass der Abgabenanspruch in einer bestimmten Höhe entstanden ist. Der Umstand, dass ein Teil der bemessenen Abgaben von der Beschwerdeführerin auch bezahlt wurde, stand der Bemessung dieser Abgaben durch die belangte Behörde in voller Höhe nicht entgegen. Ein Leistungsgebot enthält der angefochtene Bescheid nicht. Selbst wenn die Abgabenbehörden der Bundeshauptstadt Wien mit der (abweislichen) Erledigung des Rückzahlungsantrages selbst säumig wären, begründete dies keine Rechtswidrigkeit des vorliegenden Abgabenbemessungsbescheides.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 25. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002170153.X00Im RIS seit
29.10.2002Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011