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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des WS in K, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Wolfgang Heufler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zedlitzgasse 3/4/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 9. Oktober 2000, Zl. KUVS-K2-420/5/2000, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 19. Oktober 1999 gegen 18.15 Uhr auf der A-10 Tauernautobahn in Höhe Parkplatz Eisentratten, Gemeindegebiet von Krems/Ktn., Richtungsfahrbahn Salzburg-Villach, als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Lastkraftwagens mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern im Transit durch Österreich, von Deutschland kommend mit Zielland Italien vorgenommen, ohne als Fahrer
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ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; oder
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ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als Umweltdatenträger (Ecotag) bezeichnet wird; oder
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die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
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geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt;"
mitgeführt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen, verhängt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer unbestritten für die gegenständliche Fahrt keine Ökopunkte entrichtet habe. Der Anhänger des LKW sei mit vier näher bezeichneten Kraftfahrzeugen beladen gewesen. Aus den im Rahmen der gegenständlichen Amtshandlung vorgelegten Kaufverträgen gehe hervor, dass die geladenen Fahrzeuge an eine Person in Griechenland verkauft worden seien. Dies sei auch mit einem ergänzenden Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 15. Juni 2000 bestätigt worden. Bei der gekauften Ware habe es sich um Gebrauchtwagen gehandelt, welche bereits technische Mängel aufgewiesen hätten. Der Zielort des Transportes sei der Hafen von Triest gewesen. Die Berufungsausführungen, dass für den gegenständlichen Transport gemäß Anhang C Z. 4 der Verordnung (EG) Nr. 3298/1994 ("Beförderungen, bei denen keine Ökopunkte benötigt werden: ... 4. die Beförderung beschädigter und reparaturbedürftiger Fahrzeuge") keine Ökopunkte zu entrichten gewesen wären, seien nicht zielführend, da es sich im vorliegenden Fall um eine handelsübliche Beförderung von Gütern (Gebrauchtwagen) handle, welche auf Grund eines Kaufgeschäftes nach Griechenland zu transportieren gewesen seien. Unter Bedachtnahme auf den Telos der Bestimmung über die Verpflichtung der Entrichtung von Ökopunkten (Schutz der Umwelt, Schutz der Gesundheit der Bevölkerung etc.) sei davon auszugehen, dass die gegenständliche Güterbeförderung, welche im Rahmen eines handelsüblichen Geschäftes abgewickelt worden sei, nicht von dieser Ausnahmebestimmung erfasst sei. Im Übrigen sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Amtshandlung den einschreitenden Beamten keine geeigneten Unterlagen vorgelegt habe, dass für diese Transitfahrt keine Ökopunkte benötigt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß "Abs. 1 Z. 3 und Z. 7 bis 9" die Geldstrafe mindestens S 20.000,-- zu betragen.
Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens durch das Gebiet Österreichs
"die nachstehenden aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen der Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis dafür, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."
In Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 werden als genügende Nachweisunterlagen genannt: der Frachtbrief oder eine ausgefüllte Ökopunktekarte ohne aufgeklebte Ökopunkte oder die Entrichtung und spätere Rückerstattung von Ökopunkten.
Gemäß Anhang C Z. 4 der genannten Verordnung werden für die Beförderung beschädigter oder reparaturbedürftiger Fahrzeuge keine Ökopunkte benötigt.
Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, die Auffassung der belangten Behörde, dass unter Bedachtnahme auf den Telos der Ausnahmebestimmung des Anhanges C Z. 4 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 die gegenständliche Güterbeförderung nicht von dieser umfasst sei, da es sich um ein handelsübliches Geschäft gehandelt habe, sei unrichtig, weil die Ausnahmebestimmung des Anhanges C Z. 4 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 entsprechend dem Gesetzestext ausschließlich für die Beförderung von beschädigten und reparaturbedürftigen Fahrzeugen gelte. Eine weitere Textierung enthalte diese Bestimmung nicht, insbesondere treffe das Gesetz keine weitere Regel über den Grund des Transportes. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer die gegenständlichen Kaufverträge ausgehändigt. Daraus gehe auf Grund des geringen Kaufpreises, den Baujahren, den Zustandsbeschreibungen und den Vertragsbedingungen hervor, dass es sich um nicht fahrtüchtige, sondern reparaturbedürftige und beschädigte Fahrzeuge handle. Sohin habe der Beschwerdeführer sehr wohl geeignete Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass die Fahrt unter die zitierte Ausnahmebestimmung falle. Zu dem sei die Vorlage der Papiere nicht vom Beschwerdeführer verlangt worden. Da der Beschwerdeführer nicht aufgefordert worden sei, die Papiere vorzulegen, habe er keine Verwaltungsübertretung begangen und die belangte Behörde hätte das Strafverfahren einstellen müssen.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht zielführend.
Die Frage, ob der gegenständliche Transport ein solcher von beschädigten oder reparaturbedürftigen Fahrzeugen im Sinne der genannten Ausnahmebestimmung war, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs die unter lit. a bis d näher bezeichneten Unterlagen "mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen". Mit seinem Vorbringen, es sei ihm nicht angelastet worden, er habe die nötigen Unterlagen nicht "auf Verlangen" vorweisen können, übersieht der Beschwerdeführer, dass er nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides, auf den es hier ankommt, nicht bestraft wurde, weil er die Unterlagen nicht vorweisen habe können, sondern, weil er die Unterlagen nicht mitgeführt hat. Diese Tatanlastung entsprach auch dem Inhalt der an ihn gerichteten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Oktober 1999 und dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 22. März 2000.
Es war von der belangten Behörde nicht zu prüfen, ob die transportierten Fahrzeuge tatsächlich beschädigt oder reparaturbedürftig waren oder nicht, sondern allein, ob er - zur Tatzeit - gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. c der genannten EG-Verordnung die geeigneten Nachweisunterlagen im Sinne des Art. 13 der Verordnung mitgeführt hat. Nach den Feststellungen der belangten Behörde legte der Beschwerdeführer im Rahmen der Amtshandlung keinen - eine Beschreibung der beförderten Fahrzeuge enthaltenden -
Frachtbrief, sondern Kaufverträge und Fahrzeugscheine über diese Fahrzeuge vor. Dass sich daraus der Nachweis ergebe, dass es sich um beschädigte oder reparaturbedürftige Fahrzeuge handle, hat die belangte Behörde auf Grund der in den Verwaltungsakten erliegenden Ablichtungen der betreffenden Urkunden zu Recht verneint. Der Beschwerdeführer zeigt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht auf, inwiefern auf Grund des "geringen Kaufpreises, den Baujahren, den Zustandsbeschreibungen und den Vertragsbedingungen"
erkennbar wäre, dass es sich um "reparaturbedürftige" oder "beschädigte" Fahrzeuge gehandelt habe. Dass er darüber hinaus jedoch Unterlagen mitgeführt hätte, aus denen sich die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung habe ableiten lassen, hat er nicht vorgebracht. Es kann der belangten Behörde daher nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Sachverhalt dahin beurteilte, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat.
Im Übrigen liegt jedoch eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/2001 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf Z. 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung somit nicht mehr anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 99/03/0089) und es ist eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen.
Der angefochtene Bescheid war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Juni 2002
Dr. Sauberer
Mag. Schlegel
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001030030.X00Im RIS seit
26.08.2002