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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §82 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der am 18. August 1958 geborenen S in Wien, vertreten durch Dr. Edith Hlawati, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. September 1998, Zl. UVS-03/P/06/2956/98, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. September 1998 wurde die Beschwerdeführerin, eine armenische Staatsbürgerin, für schuldig erkannt, sie habe sich als Fremde in der Zeit vom 28. Mai 1996 bis zum 11. Oktober 1996 an einer näher bezeichneten Adresse in Wien nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten. Sie habe dadurch § 15 Abs. 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, verletzt; über sie wurde gemäß § 82 Abs. 1 FrG eine Geldstrafe von S 900,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden verhängt. Ferner wurden ihr Verfahrenskosten von insgesamt S 270,-- auferlegt.
Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerdeführerin von Armenien über die Ukraine und von dort in einem Lastwagen versteckt nach Österreich eingereist sei. Ihr sei die Einreise nicht formlos gestattet worden. Sie verfüge daher über kein asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht. Ihr Asylantrag sei mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juni 1996 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen worden. Der dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Die Beschwerdeführerin berufe sich hinsichtlich ihres rechtswidrigen Aufenthalts zwar auf eine Notstandssituation, sie habe jedoch im Verwaltungsverfahren keine Angaben darüber gemacht, weshalb es ihr nicht zumutbar gewesen wäre, das Bundesgebiet zu verlassen. Unabhängig davon, aus welchem östlichen Nachbarstaat sie nach Österreich eingereist sei, übersehe sie, dass jeder dieser Staaten der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten sei, sie hätte bereits dort einen Asylantrag stellen müssen. Sie habe es auch unterlassen darzulegen, weshalb es ihr unmöglich sei, in einen dritten Staat auszureisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 15 Abs. 1 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind (Z. 1), ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde (Z. 2) oder solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zukommt (Z. 3).
Gemäß § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist, gemäß Z. 4 leg. cit., wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, wobei das Gesetz auf § 15 leg. cit. verweist.
Gemäß § 82 Abs. 2 FrG liegt eine Verwaltungsübertretung i. S.d. § 82 Abs. 1 leg. cit. nicht vor, wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung gemäß §§ 37 und 54 FrG unzulässig ist oder wenn dem Fremden ein Abschiebungsaufschub erteilt worden ist.
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil ihr Aufenthalt im Bundesgebiet wegen eines asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsrechts nicht als rechtswidrig angesehen hätte werden dürfen. Damit zeigt die Beschwerdeführerin allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Insofern wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 22. Jänner 1998, Zl. 97/18/0534, mit dem die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen ihre die Ausweisung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Juli 1997 gemäß § 17 Abs. 1 FrG abgewiesen wurde, verwiesen.
Der gesetzliche Rechtfertigungsgrund des § 82 Abs. 2 FrG gilt zwar nicht nur hinsichtlich des Tatbestandes des § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG, sondern auch hinsichtlich jenes des § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG (vgl. etwa das hg. Erkenntnisse vom 24. März 2000, Zl. 96/21/0247, m. w.N.). Die Beschwerdeführerin hat insofern auch im Verwaltungsverfahren ausgeführt, bei den von ihr vor der Einreise nach Österreich durchreisten Staaten handle es sich nicht um sichere Drittstaaten, Österreich sei der erste Staat, in dem sie vor Verfolgung sicher sei. Sie könne im Hinblick auf die ihr in ihrem Heimatstaat drohende Verfolgung zu einer Ausreise nicht gezwungen werden. Sie hat aber - darauf weist die belangte Behörde zutreffend hin - nicht begründet, weshalb es ihr überhaupt unmöglich sei, in einen dritten Staat auszureisen.
Auch ist im angefochtenen Bescheid hinsichtlich eines - erstmals in der Beschwerde behaupteten - Rechtsirrtums in Bezug auf das Vorliegen eines asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsrechts schon im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 26. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999210048.X00Im RIS seit
06.08.2002