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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §47 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des C in B, Dänemark, vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Albrechtgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Dezember 1997, Zl. GA 8 - 1667/97, betreffend Aufhebung eines Rückzahlungsbescheides nach § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde einen Bescheid des Finanzamtes betreffend Rückzahlung von Lohnsteuer in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO auf.
Begründend wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei für das Wintersemester 1995/1996 (1. Oktober 1995 bis 31. Jänner 1996) zum Gastprofessor an einer Hochschule für Musik und darstellende Kunst mit einer Lehrverpflichtung im Ausmaß von 15 Wochenstunden bestellt worden.
Nach den Bestimmungen des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes werde durch die Erteilung eines Lehrauftrages kein Dienstverhältnis begründet. Dies entbinde die Abgabenbehörde jedoch nicht, ein Rechtsverhältnis nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen.
§ 47 Abs. 2 EStG 1988 lege die Kriterien für die Beurteilung eines Dienstverhältnisses im steuerrechtlichen Sinn dar. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines solchen sei die Eingliederung "des Lehrbeauftragten in den Universitätsbetrieb". Bei einer Lehrtätigkeit von 15 Wochenstunden sei jedenfalls davon auszugehen, dass der Abgabepflichtige in den Betrieb eines Hochschulinstitutes eingegliedert sei, sodass ein Dienstverhältnis anzunehmen sei.
Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Dänemark habe jener Staat, der Gehälter oder Löhne für Dienstleistungen gewähre, das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte (Art. 16). Demnach seien die Abgaben für diese Einkünfte in Österreich abzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Nicht entgegen getreten kann der belangten Behörde werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass es die Bestimmung des § 9 Abs.1 Z. 5 des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 54/1970, wonach durch die Tätigkeit von Gastprofessoren an Kunsthochschulen kein Dienstverhältnis begründet werde, nicht entbehrlich macht, das Rechtsverhältnis des Abgabepflichtigen zur Hochschule nach abgabenrechtlichen Gesichtspunkten darauf zu untersuchen, ob die für und gegen die Selbständigkeit des Abgabepflichtigen sprechenden Merkmale überwiegen. Aus der erwähnten hochschulorganisationsrechtlichen Vorschrift für sich allein lässt sich nämlich nicht bestimmen, ob abgabenrechtlich eine Tätigkeit als selbständige oder unselbständige anzusehen sei.
Zur Frage nach der Art der Einkünfte von Lehrbeauftragten an Hochschulen geht der Verwaltungsgerichtshof allerdings in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Lehrbeauftragte regelmäßig Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezieht. Ein Dienstverhältnis eines Lehrbeauftragten ist ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn der Lehrbeauftragte fest in den Betrieb eines Hochschulinstitutes eingegliedert und dort gleich den anderen am betreffenden Institut als Arbeitnehmer beschäftigten Personen tätig ist. Ist die zeitliche und örtliche Bindung des Lehrbeauftragten an eine bestimmte Arbeitsstätte und seine Abhängigkeit vom Institutsbetrieb bereits so groß, dass sie sich faktisch nicht mehr von der eines Dienstnehmers unterscheidet, so ist sie auch steuerlich nicht anders zu beurteilen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1996, 94/15/0123).
Vor diesem Hintergrund erweist sich aber die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ansicht der belangten Behörde, bei einer Lehrtätigkeit von 15 Wochenstunden sei "jedenfalls" davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig geworden ist, als inhaltlich rechtswidrig, weil damit die bei Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt wurde, zu berücksichtigenden Umstände in Verkennung der Rechtslage in unzureichender Weise gewürdigt wurden. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer etwa, dass die belangte Behörde bei der von ihr zum Ausdruck gebrachten Ansicht nicht einmal auf die Frage der zeitlichen Eingliederung, sondern lediglich auf das zeitliche Ausmaß der zu erbringenden Lehrverpflichtung eingegangen ist. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass etwa völlig unberücksichtigt geblieben ist, dass der in Dänemark wohnhafte Beschwerdeführer nach den im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Unterlagen (Begleitschreiben zur Einkommensteuererklärung 1995) zu den Lehrveranstaltungen lediglich jeweils zweimal im Oktober und November sowie einmal im Dezember 1995 für jeweils vier Tage angereist ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der
entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 26. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998130086.X00Im RIS seit
07.10.2002