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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des T, geboren am 11. September 1959, vertreten durch Dr. Doris Hohler-Rössel, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 90, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. Juni 1999, Zl. Fr 1717/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 und Z. 5 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf die Verurteilung des Beschwerdeführers vom 7. Februar 1996 nach § 81 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Fremdengesetz (1992) und § 223 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon acht Monate bedingt nachgesehen. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 10. bis 16. Jänner 1996 um seines Vorteils willen an der Schlepperei von 7 Fremden mitgewirkt und dadurch die gemeinsame rechtswidrige Ein- bzw. Ausreise von mehr als 5 Fremden gefördert habe, wobei er diese Taten in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederholte Begehung von Schleppereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Weiters habe er durch Einsetzen seines Namens in verfälschte kroatische und belgische Führerscheine diese verfälschten Urkunden durch Vorweisung gegenüber Beamten zum Beweis eines Rechtes gebraucht. Der Beschwerdeführer sei am 18. Oktober 1991 in Begleitung seiner kroatischen Ehefrau illegal nach Österreich eingereist; sein Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Er habe in der Folge Aufenthaltsbewilligungen erhalten, jedoch keine Arbeitsbewilligung.
Schlepperei stelle - so die belangte Behörde weiter - sowohl international als auch für den österreichischen Staat eine besonders schwer wiegende kriminelle Erscheinungsform dar. Diesem Phänomen sei sowohl sicherheitspolizeilich als auch fremdenpolizeilich rigoros ein Riegel vorzuschieben. Welche Bedeutung der Verhinderung der Schlepperei zukomme, könne den Regulativen des Fremdengesetzes entnommen werden. Das Fremdengesetz 1997 enthalte ein umfangreiches Paket zur Verhinderung der Schlepperei. Da der Beschwerdeführer in Tatgemeinschaft mit anderen Personen in der Zeit vom 10. bis 16. Jänner 1996 um seines Vorteils willen gewerbsmäßig Schlepperei begangen habe, liege eindeutig Wiederholungsgefahr vor. Dieses Unrechtsverhalten im Zusammenhang mit der Schlepperei werde so schwer gewichtet, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend erforderlich sei. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten stelle unter Berücksichtigung der besonderen Wichtigkeit der Verhinderung von Schlepperei eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Diese Annahme werde auch durch die rechtskräftige Verurteilung wegen Urkundenfälschung "und die verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen nach dem KFG 1967" unterstrichen. Vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsnormen, die sich mit der Schlepperei beschäftigen, und unter Berücksichtigung der erwähnten persönlichen Komponenten sehe sich die Behörde außer Stande, von der Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen.
Durch das Aufenthaltsverbot werde unbestreitbar in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Seine Ehefrau gehe einer geregelten Beschäftigung nach. Außerdem würde sie an einer schweren Magen- und Zwölffingerdarmerkrankung leiden. Die Interessen an der Verhinderung der Schlepperei seien jedoch höher zu gewichten als die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Ein allfälliges Familienleben könne er auch in Kroatien führen. Auch wenn dies eine familiäre Beeinträchtigung darstellen würde, wäre sie erforderlich, um jene Gefahren verhindern zu können, die von organisierter Schlepperei ausgingen. Die Gesamtwürdigung dieser Sachverhaltselemente lasse somit die Annahme gerechtfertigt sein, dass die öffentlichen Interessen, insbesondere die fremdenpolizeilichen und sicherheitspolizeilichen Interessen an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes höher oder zumindest gleich zu gewichten seien wie die vom Beschwerdeführer skizzierten privaten und familiären Interessen am Verbleib in Österreich.
Unter Bedachtnahme auf § 39 FrG sei ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein werde, oder unbefristet zu erlassen, wenn ein Wegfall der Gründe für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden könne. Gemäß § 39 Abs. 1 FrG könne bei Verwirklichung der Sondertatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 FrG das Aufenthaltsverbot sogar unbefristet verhängt werden. Wegen der familiären Interessen des Beschwerdeführers werde das Aufenthaltsverbot (im Gegensatz zum erstinstanzlichen Bescheid) von zehn auf acht Jahre herabgesetzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer stellt seine - oben aufgezeigte - rechtskräftige Verurteilung nicht in Abrede. Er hat demnach in der Zeit vom 10. bis 16. Jänner 1996 (nach dem Akteninhalt in zwei Tathandlungen) um seines Vorteils willen und in gewerbsmäßiger Absicht an der Schlepperei von 7 Fremden mitgewirkt. Weiters hat er einen verfälschten Führerschein gebraucht. Auf Grund dieser Verurteilung hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die behördliche Auffassung, der Beschwerdeführer habe die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 und Z. 5 FrG erfüllt. Im Blick auf die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch das Schlepperunwesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2002, Zlen. 99/21/0029, 0030) kann weiters die Ansicht der belangten Behörde, es sei die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass die belangte Behörde zwar eine rechtskräftige Bestrafung nach dem KFG angeführt, eine nähere Konkretisierung der Tathandlung jedoch unterlassen hat. Der diesbezügliche Beschwerdevorwurf einer "übertriebenen Begründung" des Aufenthaltsverbotes durch Heranziehung einer Verwaltungsstrafe nach dem KFG kann dahinstehen, weil der Verstoß des Beschwerdeführers gegen eine Bestimmung des KFG für die Rechtfertigung des Aufenthaltsverbotes in keiner Weise maßgeblich ist.
Die Beschwerde versucht weiters eine Rechtswidrigkeit des Ergebnisses der von der belangten Behörde nach § 37 FrG vorgenommenen Interessenabwägung aufzuzeigen. Angesichts des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit 1991 und dem Zusammenleben mit seiner kroatischen Ehefrau nahm die belangte Behörde einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben an. Ebenso zutreffend verwies sie aber auch auf das besonders große öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zutreffend dem Umstand besondere Bedeutung zugemessen, dass der Beschwerdeführer innerhalb eines kurzen Zeitraums zweimal gewerbsmäßig um seines Vorteils willen Fremde geschleppt hat. Wenn sie auf Grund dessen zur Prognose gelangt ist, dass vom Beschwerdeführer eine massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens ausgehe, kann dies keinesfalls als rechtswidrig erkannt werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Freiheitsstrafe teilbedingt nachgesehen wurde, zumal aus § 36 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FrG abzuleiten ist, dass trotz der teilbedingten Strafnachsicht die Annahme gerechtfertigt sein kann, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet. Da an der Bekämpfung der gewerbsmäßigen Schlepperei ein Grundinteresse der Gesellschaft besteht (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zlen. 99/21/0029, 0030), erweist sich das Aufenthaltsverbot trotz der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich als nach § 37 Abs. 2 FrG zulässig und es hat der Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - die (befristete) Unmöglichkeit eines Familienlebens in Österreich in Kauf zu nehmen.
Dem Einwand, der Beschwerdeführer habe die Tat wegen einer bedrückenden Notlage begangen, ist zu entgegnen, dass einerseits die Verschuldensfrage bei der Prognosebeurteilung nach § 36 Abs. 1 FrG außer Betracht zu bleiben hat und andererseits nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer in einer ähnlichen Lage erneut gegen österreichische Rechtsvorschriften verstoßen könnte.
Weiters ist kein Umstand ersichtlich, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Gebrauch zu machen.
Letztlich kann entgegen der Beschwerdeansicht angesichts der Zulässigkeit eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes die vorliegende Befristung auf acht Jahre nicht als zu hoch und somit als rechtswidrig beurteilt werden.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 26. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999210219.X00Im RIS seit
29.10.2002