TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/26 2002/12/0124

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Veröffentlicht am 26.06.2002
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Index

63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §16;
GehG 1956 §30 Abs1 idF 1994/550;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. E in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 15. Jänner 2002, Zl. 809.070/5-2.1/02, betreffend Überstundenvergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hofrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Unstrittig ist, dass er mit Wirksamkeit vom 1. April 2000 in die Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 6, eingestuft wurde und bis zu diesem Zeitpunkt eine pauschalierte Überstundenvergütung nach § 16 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 bezog.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, ihm mit Wirksamkeit vom 1. April 2000 gemäß § 30 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 "in der geltenden Fassung", die gemäß § 16 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 leg. cit. bemessene pauschalierte Überstundenvergütung "mit 0 (Null) neu zu bemessen". Begründend führte sie aus, dem Beschwerdeführer sei mit Erledigung vom 10. November 2000 mitgeteilt worden, dass seine besoldungsrechtliche Stellung mit Wirksamkeit vom 1. April 2000 "Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 6", lautete. Da gemäß § 30 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 für die Funktionsgruppen 5 und 6 alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten gelten, sei ihm zufolge seiner Einstufung mit Wirksamkeit vom 1. April 2000 die pauschalierte Überstundenvergütung mit Ablauf des 31. März 2000 einzustellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben einer Entscheidung hinsichtlich einer von ihm bezogenen pauschalierten Überstundenvergütung - nämlich durch rückwirkende Neubemessung mit "0 (Null)" - wenn und weil diese Entscheidung der gesetzlichen Grundlage entbehre, sowie im Zusammenhang damit in seinem Recht verletzt, nicht gesetzwidrig zur Rückerstattung der bereits bezogenen pauschalierten Überstundenvergütung verpflichtet zu werden.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht der Beschwerdeführer darin, die belangte Behörde habe nicht begründet, warum sie eine Neubemessung bezüglich des Überstundenpauschales als erforderlich bzw. zulässig angesehen habe. Der Beschwerdeführer habe die Wirksamkeit der Bestimmung des § 30 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 nicht angezweifelt, sodass es insoweit auch nicht etwa eine Divergenz gebe, die eine Feststellungsentscheidung rechtfertigen könne. Strittig sei hingegen, ob der Beschwerdeführer eine Rückerstattung zu leisten habe und bejahendenfalls in welcher Höhe.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, in § 30 Abs. 4 leg. cit. sei weder ausdrücklich eine Bescheiderlassung angeordnet noch sei implizit erkennbar, dass es zu ihrer Umsetzung einer Bescheiderlassung bedürfe. Es gelte daher der allgemeine Grundsatz, dass eine solche Bescheiderlassung - und zwar in Form eines Feststellungsbescheides - nur zulässig sei, wenn es dafür ein rechtliches Interesse gebe. In concreto fehle es an einem solchen Interesse, sodass sich der angefochtene Bescheid schon deshalb als gesetzwidrig erweise. Divergenzen bestünden in der Frage der Übergenussrückerstattung. Insoweit seien die Voraussetzungen für eine Bescheiderlassung erfüllt und ein diesbezüglicher Bescheid enthalte auch eine Aussage darüber, ob oder seit wann die zurückgeforderte Bezugskomponente nicht mehr gebührt haben sollte. Ausgehend von all dem könnte der angefochtene Bescheid auch dann nicht als gerechtfertigt erscheinen, wenn er als eine Feststellungsentscheidung gewertet werden würde, weil an einer solchen - in Ansehung des durch die Entscheidung abgegrenzten Themas - kein rechtliches Interesse bestehe. Wäre aber in einem solchen Fall eine Neubemessung vorzunehmen, könnte dies nicht rückwirkend geschehen.

Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift vor, beim angefochtenen Bescheid handle es sich um einen Feststellungsbescheid, der lediglich deklarative Wirkung entfalte und den Beschwerdeführer über die Bestimmung des § 30 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 informieren solle. Das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Erlassung sei vorhanden, weil mit diesem Bescheid die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Unkenntnis seiner bezugsrechtlichen Situation habe klargestellt werden können und ihm die Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes ein besonderes Anliegen sein müsse. Selbst wenn der angefochtene Bescheid nicht erlassen worden wäre, hätte dies nichts an der Tatsache geändert, dass der Beschwerdeführer seit 1. April 2000 eine pauschalierte Überstundenvergütung zu Unrecht empfangen habe.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich beim angefochtenen Bescheid um einen Feststellungsbescheid handelt. Über eine allfällige Rückforderung eines Übergenusses hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen.

Nach § 15 Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) ist die Überstundenvergütung im Sinn des § 16 leg. cit. eine Nebengebühr. Nach § 15 Abs. 2 leg. cit. kann unter anderem die Nebengebühr nach Abs. 1 Z. 1 unter näher genannten Voraussetzungen pauschaliert werden. Nach § 15 Abs. 6 leg. cit. ist die pauschalierte Nebengebühr neu zu bemessen, wenn sich der ihrer Bemessung zu Grunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hat. Die Neubemessung wird im Falle der Erhöhung der pauschalierten Nebengebühr mit dem auf die Änderung folgenden Monatsersten, in allen anderen Fällen mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten wirksam.

Nach § 30 Abs. 1 GG in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, gebührt dem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes eine ruhegenussfähige Funktionszulage, wenn er dauernd mit einem Arbeitsplatz betraut ist, der nach § 137 BDG 1979 einer der nachstehend angeführten Funktionsgruppen (in der Verwendungsgruppe A1 in den Funktionsgruppen 1 bis 6) zugeordnet ist. Nach § 30 Abs. 4 leg. cit. gelten durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten.

Ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer seit 1. April 2000 in die Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 6, eingestuft war - und eine Funktionszulage nach § 30 Abs. 1 leg. cit. bezog - blieb nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Gewährung einer Überstundenvergütung kein Raum mehr. Der dem Beschwerdeführer zustehende Anspruch auf Funktionszulage nach § 30 Abs. 1 GG schloss einen solchen auf eine pauschalierte Überstundenvergütung nach § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 16 leg. cit. schon ex lege aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 93/12/0156 betreffend eine Leiterzulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GG). Um die Einstellung der Überstundenvergütung herbeizuführen, bedurfte es also nicht der Erlassung eines Bescheides.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn diese entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegen und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Ein solches Interesse besteht dann nicht, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist. Im Übrigen ist ein rechtliches Interesse der Partei nur dann zu bejahen, wenn der Feststellungsantrag im konkreten Fall als geeignetes Mittel zur Beseitigung der Rechtsgefährdung angesehen werden kann. Aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich auch die Notwendigkeit, das Element der Klarstellung für die Zukunft als Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides anzuerkennen, weil der Feststellungsbescheid zur Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung Rechte oder Rechtsverhältnisse klarstellen soll. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse kann hingegen einen Feststellungsbescheid nicht rechtfertigen. Nur dort, wo eine Klarstellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigen kann, kommt der Klarstellung für die Zukunft rechtliche Bedeutung zu. Wenn ein Leistungsbescheid möglich ist, besteht kein Recht auf einen Feststellungsbescheid. (Vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. März 2001, Zl. 98/12/0196, mwN.)

Ausgehend davon, dass mit der Einstufung des Beschwerdeführers mit 1. April 2000 in die Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 6 nach § 30 Abs. 4 GG die pauschalierte Überstundenvergütung (ex lege) eingestellt war, mangelte es an der Notwendigkeit der Klarstellung dieses Umstandes für die Zukunft und somit an einem öffentlichen Interesse oder einem rechtlichen Interesse des Beschwerdeführers und daher an der Zulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides über den Entfall der pauschalierten Überstundenvergütung seit 1. April 2000. Wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, ist die - offenbar auch von der belangten Behörde als strittig erachtete - Frage des Rückersatzes eines Übergenusses seit 1. April 2000 im Rahmen eines diesbezüglichen Verfahrens und durch Erlassung eines allfälligen Leistungsbescheides (über den Übergenuss) zu beantworten (vgl. zu dieser Konstellation das zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998). Überdies ist nicht auszuschließen, dass der vorliegend bekämpfte Feststellungsbescheid über die von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ins Auge gefasste Frage des Übergenusses hinaus Bindungswirkung entfalten und dadurch den Beschwerdeführer in subjektiven Rechten berühren könnte.

Zu keinem anderen Ergebnis würde führen, wenn man den angefochtenen Bescheid dahingehend deutet, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid (rechtsgestaltend) eine "Nullbemessung" der pauschalierten Überstundenvergütung vornahm, weil sie damit zum Ausdruck gebracht hätte, dass sie zwar die Höhe derselben im Rahmen der Bemessung mit Null ermittelte, jedoch dem Grunde nach ihre Zulässigkeit für gegeben erachtet hätte, womit sie sich wiederum in Widerspruch zu § 30 Abs. 4 GG gesetzt hätte.

Da die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 26. Juni 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120124.X00

Im RIS seit

19.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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