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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufnahme und Einarbeitung von Beitragsordnungen und einer Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in eine Loseblattsammlung keine gehörige Kundmachung im Sinne des ÄrztegesetzesSpruch
Die Beitragsordnungen für 1996 und 1997 des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, kundgemacht durch Aufnahme und Einarbeitung in eine Loseblattsammlung, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, kundgemacht durch Aufnahme und Einarbeitung in eine Loseblattsammlung, war bis zum Inkrafttreten der durch Kundmachung im "Wiener Arzt" 2b/1999 erlassenen Fassung gesetzwidrig.
Die Wiener Landesregierung ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B457/97 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 12. Dezember 1996 anhängig, mit dem ein Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien bestätigt wurde, mit dem das Begehren auf Überweisung der entrichteten Fondsbeiträge an die nunmehr ausschließlich örtlich zuständige Ärztekammer für Niederösterreich ohne Abzug des sogenannten "Altlastenbeitrages" abgewiesen worden war.
1.2. Beim Verfassungsgerichtshof ist überdies eine zu B2333/97 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 16. Juni 1997 anhängig, mit dem ein Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds über verschiedene Feststellungsbegehren bestätigt und die dagegen erhobene Berufung abgewiesen wurde.
2. Aus Anlaß dieser Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof am 27. Februar 1999 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung der nach der Kundmachung von Beitragsordnung und Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien im "Wiener Arzt" 3a/1995 durch Aufnahme und Einarbeitung in eine Loseblattsammlung erlassenen Bestimmungen von Amts wegen zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, daß die Beschwerden zulässig sind und er bei seiner Entscheidung darüber Bestimmungen der Satzung und der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien anzuwenden hätte, die nach der Kundmachung dieser Verordnung in "Wiener Arzt 3a/1995" durch Aufnahme und Einarbeitung in eine Loseblattsammlung erlassen wurden.
4.1. Die für die vorliegenden Fälle maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
§81 Abs1 Sätze eins und zwei ÄrzteG 1984, BGBl. 1984/373 idF der Novellierung durch BGBl. 1994/100:
"Verlegt ein Kammerangehöriger seinen Berufssitz (Dienstort) dauernd in den Bereich einer anderen Ärztekammer, ist ein Betrag in Höhe von mindestens 70 vH der von ihm zum Wohlfahrtsfonds der bisher zuständigen Ärztekammer entrichteten Beiträge der nunmehr zuständigen Ärztekammer zu überweisen. Die für bestimmte Zwecke (Todesfallbeihilfe, Krankenunterstützung usw.) satzungsgemäß vorgesehenen Beitragsteile bleiben bei der Berechnung des Überweisungsbetrages außer Betracht."
§11 Abs1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien:
"Verlegt ein Fondsmitglied, das als praktischer Arzt oder Facharzt tätig ist, seinen Berufssitz (Dienstort) dauernd in den Bereich einer anderen Ärztekammer, so hat die Ärztekammer für Wien an diese Ärztekammer nach Maßgabe der Gegenseitigkeit folgende Fondsbeiträge zu überweisen:
a) 100 v.H. der zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für die Grund- und Ergänzungsleistung entrichteten Fondsbeitragsteile zuzüglich der von anderen Landesärztekammern überwiesenen entsprechenden Beiträge. Bei Berechnung des Überweisungsbetrages bleiben die für bestimmte Zwecke in der Beitragsordnung festgesetzten Teile des Fondsbeitrages, wie der Beitragsteil zur Deckung der Altlast, die Todesfallbeihilfe, Krankenhilfe und Krankenunterstützung, außer Betracht."
4.2. Diese Regelung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang: Gemäß Artikel III Abs1 der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien dienen 20 vH der Beiträge der Deckung der sogenannten Altlast. Damit werden Verbindlichkeiten bezeichnet, die die Ärztekammer für Wien eingegangen ist, um die Finanzierung versicherungsmathematisch nicht gedeckter Pensionsleistungen sicherzustellen, die aus dem früheren Wohlfahrtsfondssystem der Ärztekammer für Wien herrühren. Dieser "Altlastenanteil" wird insofern für das einzelne Mitglied des Wohlfahrtsfonds nicht direkt leistungswirksam, als er zur Deckung der Kosten der laufenden Pensionen herangezogen und nicht auf dem Grund- und Ergänzungsleistungskonto des Beitragsschuldners gutgeschrieben wird.
4.3. §104 Abs2 ÄrzteG 1984 lautet:
"Die von den Ärztekammern in den Bundesländern beschlossenen Satzungen, Geschäftsordnungen, Dienst-, Bezugs- und Pensionsordnungen, die Jahresvoranschläge, die Rechnungsabschlüsse sowie die Umlagen- und Beitragsordnungen bedürfen für ihre Wirksamkeit der Genehmigung der örtlich zuständigen Landesregierung. (...) Die genehmigten Akte sind in den Mitteilungen der Ärztekammern unter Angabe des Zeitpunktes ihres Inkrafttretens kundzumachen (...)."
Die Ärztekammer für Wien hat auf Grund der Ermächtigung des §82 ÄrzteG 1984 eine Beitragsordnung und eine Satzung erlassen. In diesen Verordnungen werden die in §82 leg. cit. genannten Bereiche näher geregelt. Satzung und Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien wurden in den Jahren 1994 und 1995 in der Zeitschrift "Wiener Arzt" unter Berufung auf den jeweils zugrunde liegenden Beschluß der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien (zuletzt in der Ausgabe 3a/1995 der genannten Zeitschrift), in den Jahren 1996 bis 1998 jedoch - ohne eine solche Bezugnahme - nur mehr durch Aufnahme und Einarbeitung in eine allen Ärzten übermittelte Losenblattsammlung kundgemacht.
4.4. Die Wortfolge "der Beitragsteil zur Deckung der Altlast" in §11 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien wurde nach der Kundmachung dieser Satzung im "Wiener Arzt" 3a/1995 eingefügt.
5. Der Verfassungsgerichtshof hegte in seinen Prüfungsbeschlüssen folgende Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der nach der genannten Kundmachung erlassenen Bestimmungen:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind Verordnungen - soweit besondere Kundmachungsvorschriften im Gesetz nicht enthalten sind - "gehörig" kundzumachen (vgl. zB VfSlg. 12744/1991). Nicht kundgemachte Verordnungen treten als solche nicht in rechtliche Existenz. Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings wiederholt ausgesprochen, daß für die Entstehung einer Verordnung ein Mindestmaß an Publizität genügt (vgl. zB VfSlg. 8351/1978, VfSlg. 9247/1981, VfSlg. 11624/1988). (...)
Das im vorliegenden Fall maßgebliche Ärztegesetz 1984, BGBl. 1984/373, verpflichtet die Ärztekammern zur Einrichtung sogenannter Wohlfahrtsfonds (§38 Abs2 Z6 iVm §62 Abs1) und ermächtigt und verpflichtet die Vollversammlung der jeweiligen Ärztekammer zum Erlaß einer Satzung für diesen Wohlfahrtsfonds.
§82 leg. cit. ermächtigt den Satzungsgeber, nähere Vorschriften über die Aufbringung der Beiträge, die Verwaltung der Fondsmittel, die Zusammensetzung des Verwaltungsausschusses, des Beschwerdeausschusses, die Tätigkeit des Überprüfungsausschusses und schließlich über die Höhe, die Festlegung der Voraussetzungen und das Verfahren für die Gewährung der vorgesehenen Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zu treffen. (...)
Die Ärztekammer für Wien hat auf Grund der Ermächtigung des §82 ÄrzteG 1984 eine Beitragsordnung und eine Satzung erlassen. In diesen Verordnungen werden die in §82 leg. cit. genannten Bereiche näher geregelt. Satzung und Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien wurden in den Jahren 1994 und 1995 in der Zeitschrift "Wiener Arzt" unter Berufung auf den jeweils zugrunde liegenden Beschluß der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien kundgemacht. Spätere Beschlüsse über Änderungen von Beitragsordnung und Satzung wurden in dieser Zeitschrift nur mehr in berichtender Form und dem Sinne nach wiedergegeben. Die Ärztekammer für Wien hat darüber hinaus aber eine Loseblattsammlung erstellt, die Satzung und Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds enthält, und die u einer vom Verfassungsgerichthof eingeholten Auskunft der Kammer zufolge u jedem Mitglied der Wiener Ärztekammer zur Verfügung gestellt und durch individuelle Zusendung der Austauschseiten aktualisiert wird. Die zur Erstellung von Austauschseiten Anlaß gebenden Änderungen von Beitragsordnung und Satzung werden den Mitgliedern der Ärztekammer aber lediglich durch Einarbeitung dieser Änderungen in den Text, und zwar ohne Berufung auf den jeweils zugrunde liegenden Beschluß und ohne Wiedergabe des exakten Wortlautes dieses Beschlusses der Vollversammlung bekannt gemacht.
Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, daß diese Vorgangsweise zwar dazu führt, daß die betreffenden Verordnungsbestimmungen in rechtliche Existenz getreten sind, jedoch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gehörige Kundmachung nicht entspricht:
Zwar wird der jeweils geltende Inhalt der genannten Rechtsverordnungen auf Grund der aktualisierten Wiedergabe in der Loseblattsammlung erkennbar. Die Loseblattsammlung enthält aber weder einen Hinweis auf die Beschlußfassung durch die Vollversammlung, noch gibt sie Auskunft über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweils neuen bzw. über das Außerkrafttreten aufgehobener Bestimmungen. Sie enthält auch kein Deck- oder Schlußblatt, in dem alle Fassungen der in Rede stehenden Verordnungen angeführt wären. Dem Normunterworfenen dürfte es daher unmöglich sein, aus der Loseblattsammlung die Beschlußfassung in der Vollversammlung, einschließlich des jeweils beschlossenen Textes nachzuvollziehen. Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Auffassung, daß schon aus diesem Grund eine gehörige Kundmachung nicht vorliegt (vgl. zu einem gleich gelagerten Fall bereits VfSlg. 7281/1974).
Es ist aus der Loseblattsammlung mangels Hinweis auf Beschlußfassung und Inkrafttreten aber auch nicht oder nur unter Aufwendung großer Mühen erkennbar, welche Rechtslage in welchem Zeitpunkt gegolten hat. Neben dem verfassungsgesetzlich verankerten und einen Teil des Rechtsstaatsprinzips bildenden Determinierungsgebot sollen auch Vorschriften und Regelungen über die Kundmachung von Rechtsvorschriften sicherstellen, daß der Normadressat auf Grund der Kundmachung der ihn betreffenden Rechtsvorschriften nicht nur ihren Inhalt, sondern auch Beginn und Ende ihrer Geltung erkennen kann. Diesem rechtsstaatlichen Grundgedanken dürfte es nicht nur widersprechen, wenn die Ermittlung des Sinngehaltes einer Vorschrift für den einzelnen nahezu unmöglich ist (vgl. etwa VfSlg. 13740/1994); sondern es dürfte auch eine Kundmachung, die Beginn und Ende der Geltung der jeweils geltenden Rechtsvorschriften nicht oder nur unter Aufwendung besonderer Mühe erkennen läßt, mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar sein.
Es dürften daher alle nach der genannten (letztmaligen) Kundmachung von Satzung und Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien aus dem Jahr 1995 erlassenen Bestimmungen nicht in gehöriger Weise kundgemacht worden sein.
(...)"
6. Der Verfassungsgerichtshof hegte darüber hinaus Bedenken gegen die Wortfolge "der Beitragsteil zur Deckung der Altlast" in §11 Abs1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds für Wien.
7. Die Ärztekammer für Wien hat eine Stellungnahme erstattet, in der sie die Einstellung des Verordnungsprüfungsverfahrens beantragt und u auf das Wesentlichste zusammengefaßt u folgendes ausführt:
Die Ärztekammer räumt ein, daß sie entgegen der bis 1995 gepflogenen Übung die Beitragsordnung und die Satzung in ihren Mitteilungen im "Wiener Arzt" seither nicht mehr kundgemacht hat. Sie hält aber die Kundmachung in der im Einleitungsbeschluß beschriebenen Loseblattsammlung für "mindestens genauso gut geeignet", den Publizitätserfordernissen hinsichtlich beider Verordnungen Genüge zu tun. Die Ärztekammer verweist auf die Regelung des §104 Abs2 ÄrzteG 1984 bzw. des §195 Abs2 ÄrzteG 1998: Sie führt ins Treffen, die von ihr herausgegebene Loseblattsammlung sei auch als "Mitteilung" im Sinne der zitierten Bestimmungen zu qualifizieren; die Kundmachung der Änderungen von Beitragsordnung und Satzung in dieser Mitteilung entspreche daher der gesetzlichen Vorschrift. Die Ärztekammer räumt ein, daß sich die Kundmachung in der Loseblattsammlung nicht auf den durch Datum spezifizierten jeweiligen Beschluß stützt, sie gibt aber zu bedenken, daß die Loseblattsammlung auf jeder Seite eine Fußzeile enthält, die den Stichtag angibt, nach dem sich Stand der jeweiligen Seite richtet. Des weiteren weist die Ärztekammer auf die - bereits im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes erwähnten - summarischen Wiedergaben der jeweiligen Beschlüsse im "Wiener Arzt" hin.
Die Ärztekammer verteidigt auch die Regelung des §11 Abs1 lita der Satzung des Wohlfahrtsfonds.
8. Die Wiener Landesregierung hat als Aufsichtsbehörde die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Äußerung aber verzichtet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1.1.1. Die zu B457/97 protokollierte Beschwerde ist zulässig. Bei der Erlassung des mit dieser Beschwerde angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde §11 Abs1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in einer Fassung nach der Kundmachung im "Wiener Arzt" 3a/1995 angewendet, so daß auch der Verfassungsgerichtshof bei seiner Kontrolle des angefochtenen Bescheides diese Bestimmung anzuwenden hat. Überdies hatte die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Bestimmungen der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Drztekammer für Wien, namentlich deren Abschnitt III Abs1 über den Beitragsteil zur "Deckung der Altlast" anzuwenden, die nach der genannten Kundmachung lediglich durch Aufnahme und Einarbeitung in die Loseblattsammlung erlassen wurden.
1.1.2. Auch die zu B2333/97 protokollierte Beschwerde ist zulässig. Die belangte Behörde hatte bei Erlassung des angefochtenen Bescheides, namentlich bei Feststellung und Berechnung des sogenannten "Altlastenanteils" des Beschwerdeführers, Bestimmungen der Beitragsordnung und der Satzung des Wohlfahrtsfonds für Wien anzuwenden, die nach der Kundmachung im "Wiener Arzt" 3a/1995 durch Einarbeitung in die Loseblattsammlung erlassen wurden, so daß auch der Verfassungsgerichtshof bei seiner Kontrolle des angefochtenen Bescheides diese Bestimmungen anzuwenden hat.
1.2. Da somit alle Prozeßvoraussetzungen vorliegen, erweisen sich die zu V 15, V 16 und V 22 protokollierten Verordnungsprüfungsverfahren als zulässig.
2.1. Das Vorbringen der Ärztekammer für Wien ist nicht geeignet, den Vorwurf der gesetzwidrigen Kundmachung der seit der Kundmachung im "Wiener Arzt" 3a/1995 lediglich in der erwähnten Loseblattsammlung veröffentlichten Bestimmungen von Beitragsordnung und Satzung des Wohlfahrtsfonds zu entkräften.
2.2. Wie die Ärztekammer selbst richtig ausführt, unterwarf §104 Abs2 ÄrzteG 1984 die von den Ärztekammern in den Bundesländern beschlossenen Satzungen, Geschäftsordnungen, Dienst- , Bezugs- und Pensionsordnungen, die Jahresvoranschläge, die Rechnungsabschlüsse sowie die Umlagen- und Beitragsordnungen dem Vorbehalt der Genehmigung durch die örtlich zuständige Landesregierung. "Die genehmigten Akte" waren nach dieser Bestimmung "in den Mitteilungen der Ärztekammern unter Angabe des Zeitpunktes ihres Inkrafttretens kundzumachen".
Als "Mitteilungen" des Ärztekammer für Wien kommt als deren offizielles Organ nur der "Wiener Arzt" in Betracht, der auf seiner Titelseite und im Impressum auch den Beinamen "Mitteilungen der Ärztekammer für Wien" trägt. Dort wurden bis zur Kundmachung in Nummer 3a/1995 Beitragsordnung und Satzung des Wohlfahrtsfonds für Wien kundgemacht. 1996 wurde eine zur Gänze neue Beitragsordnung erlassen. Diese wurde durch Erstellung einer Loseblattsammlung kundgemacht. Spätere Änderungen wurden durch Einarbeitung in diese Loseblattsammlung kundgemacht. Auch Novellen der bestehenden Satzung des Wohlfahrtsfonds wurden in der Folge lediglich durch Einarbeitung in die Loseblattsammlung kundgemacht.
2.3. Die lediglich durch Erstellung der und Einarbeitung in die Loseblattsammlung veröffentlichten Bestimmungen von Beitragsordnung und Satzung wurden somit nicht in einer der Vorschrift des §104 Abs2 dritter Satz entsprechenden, auf den jeweiligen Beschluß bezugnehmenden, diesen im einzelnen wiedergebenden und das Datum des Inkrafttretens angebenden Weise kundgemacht.
3.1. Die Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds wurde 1996 durch Aufnahme und Einarbeitung in die Loseblattsammung zur Gänze erlassen. Die im "Wiener Arzt" 3a/1995 kundgemachte Beitragsordnung für das Beitragsjahr 1995 wurde durch diese Neuerlassung in ihrer rechtlichen Wirkung nicht berührt, da sie unabhängig davon auf die im Beitragsjahr 1995 verwirklichten Beitragsfälle anzuwenden ist. Die lediglich durch Aufnahme und Einarbeitung in die Loseblattsammlung kundgemachte Beitragsordnung 1996 und ihre späteren, auf demselben Wege kundgemachten, die Beitragsjahre 1997 und 1998 betreffenden Änderungen, die auch nach Erlassung der Beitragsordnung 1999 ("Wiener Arzt" 2a/1999) für die dazwischen liegenden Beitragsjahre rechtliche Wirkungen entfalten, erweisen sich als nicht gesetzmäßig kundgemacht. Nach Art139 Abs3 B-VG ist der Verfassungsgerichtshof befugt, die gesamte Beitragsordnung 1996 und 1997 aufzuheben, weil sie noch in Geltung steht.
3.2. Die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien enthält das Leistungsrecht des Wohlfahrtsfonds sowie das - jeweils nach der Lage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung anzuwendende - Organisations- und Verfahrensrecht für diesen Fonds. Sie ist daher keine im oben umschriebenen Sinne zeitraumbezogene Verordnung. Die Satzung wurde durch Aufnahme und Einarbeitung in die Loseblattsammlung zur Gänze neu kundgemacht. Die zuvor im "Wiener Arzt" 3a/1995 publizierte Satzung ist dadurch außer Kraft getreten. Im "Wiener Arzt" 2b/1999 wurde die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien neuerlich zur Gänze kundgemacht. Jedenfalls für den Zeitraum bis zu dieser Kundmachung war nach den obenstehenden Ausführungen gemäß Art139 Abs1 und 3 auszusprechen, daß die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gesetzwidrig war.
4. Der Ausspruch über die Kundmachungspflicht stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VerfGG 1953.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Ärzte Versorgung, Versorgungsrecht, Verordnung, Kundmachung, Rechtsstaatsprinzip, Verständlichkeit einer NormEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:V15.1999Dokumentnummer
JFT_10009376_99V00015_00