Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §33 Abs4 Z3 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Mag. Michael Gruner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Oktober 1997, Zl. GA 8 - 2328/96, betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 1992 bis Oktober 1993 und des zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum Jänner bis Oktober 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 26. Juni 1995 forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin die für ihre am 6. März 1970 geborene Tochter Sabine zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 1992 bis Oktober 1993 und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Jänner bis Oktober 1993 mit der Begründung zurück, dass sich Sabine seit 3. Juli 1992 nicht mehr in Berufsausbildung befunden habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung ab. Die Tochter der Beschwerdeführerin habe vom April 1987 bis Oktober 1988 am Fernunterricht einer privaten Maturaschule teilgenommen. Noch vor Erreichung des 19. Lebensjahres habe sie den Fernunterricht beendet und sich in weiterer Folge ohne Besuch einer Maturaschule auf die abzulegenden Prüfungen vorbereitet. Bei nachweislichem Antritt zu den vorgesehenen Zulassungsprüfungen innerhalb angemessener Zeit könne auch ohne Besuch einer Maturaschule das Vorliegen einer Berufsausbildung nicht ausgeschlossen werden. Laut den im Berufungsverfahren vorgelegten Bestätigungen habe die Tochter am 14. März 1990 die zweite von insgesamt zwölf Zulassungsprüfungen abgelegt und sei für die nächste Vorprüfung am 16. April 1991 angemeldet gewesen. Aus gesundheitlichen Gründen habe sie zu dieser Prüfung nicht antreten können. Laut einer vorgelegten Bestätigung sei die Tochter zwischen 7. Februar 1990 und 19. November 1991 in regelmäßiger Behandlung in einem sozialpsychiatrischen Ambulatorium gestanden. Ab Herbst 1991 habe die Tochter zwei Semester lang einen Einführungslehrgang für maschinelle Datenverarbeitung in einer HBLVA besucht und diesen im Juli 1992 mit Erfolg abgeschlossen. Im Jänner 1994 habe die Tochter im Rahmen einer Schulungsmaßnahme des Berufsförderungsinstitutes eine von der Arbeitsmarktförderung unterstützte Ausbildung zur Sachbearbeiterin im Rechnungswesen begonnen und diese im September 1994 in sämtlichen Gegenständen mit "sehr gut" abgeschlossen. Seither sei die Tochter als Angestellte in einer Werbeagentur beschäftigt. In der Zeit zwischen den vorstehend ausgeführten Tätigkeiten werde in der Berufungsschrift die Berufsausbildung durch die Fortsetzung der Vorbereitung zur Ablegung der Externistenmatura behauptet. Im strittigen Zeitraum Oktober 1992 bis Oktober 1993 könne das Vorliegen der Berufsausbildung weder durch die Ablegung einer Prüfung noch durch das Antreten zu einer solchen erkannt werden. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass sich die Tochter in dieser Zeit gewissenhaft auf eine Externistenprüfung vorbereitet habe, sie aber wegen psychischer Probleme wieder nicht im Stande gewesen sei, Prüfungen abzulegen, habe im Hinblick auf die vor und nach dem strittigen Zeitraum mit Erfolg bewältigten Lehrgänge aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht werden können. Die letzte Prüfung im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung sei im März 1990 abgelegt worden. Auch ein Antreten zu einer weiteren Prüfung sei nicht mehr erfolgt. Damit sei jedenfalls für den Zeitraum Oktober 1992 bis Oktober 1993 das ernstliche und zielstrebige Bemühen der Tochter der Beschwerdeführerin, durch den Antritt zu den Vorprüfungen innerhalb angemessener Zeit die Reifeprüfung abzulegen, nach außen nicht mehr erkennbar und eine Berufsausbildung nicht anzunehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG i.d.F. BGBl. Nr. 311/1992 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es das Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1999, 97/15/0111). Im Fall des Besuches einer Maturaschule manifestiert sich das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen. Zwar ist nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend; der Maturaschüler muss aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, 90/14/0108).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zur Ansicht gelangt ist, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe (und damit über die Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a EStG 1988 auch des Kinderabsetzbetrages) für den Zeitraum Oktober 1992 bis Oktober 1993 (und hinsichtlich des Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum Jänner bis Oktober 1993) nicht vorlagen.
Es ist unbestritten geblieben, dass die Tochter der Beschwerdeführerin seit März 1990 zu keiner Prüfung im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung mehr angetreten ist. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie schon deshalb für den strittigen Zeitraum auf das Fehlen eines ernstlichen und zielstrebigen, nach außen erkennbaren Bemühens um den Ausbildungserfolg im Hinblick auf die Ablegung der Matura geschlossen hat.
Die unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgebrachte Beschwerderüge, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass sich die Tochter der Beschwerdeführerin in der "gegenständlichen Zeit" gewissenhaft und zielstrebig auf die Ablegung der Reifprüfung vorbereitet habe, ist schon deshalb nicht relevant, weil diese Vorbereitung jedenfalls nicht (zumindest durch das Antreten zu den vorgesehenen Prüfungen) nach außen in Erscheinung getreten ist. Aus welchen Gründen sich die Tochter der Beschwerdeführerin im Streitzeitraum nicht in der Lage fand, zu den in der Ausbildungsordnung vorgesehenen Prüfungen zumindest anzutreten, ist im Hinblick darauf, dass sie auch schon vor dem Oktober 1992 jedenfalls über einen Zeitraum von erheblich mehr als 2 Jahren (seit Ablegung der letzten Prüfung im März 1990) zu keiner entsprechenden Prüfung mehr angetreten ist, nicht weiter von Bedeutung, weil von einer krankheitsbedingten Unterbrechung der Berufsausbildung in diesem Zusammenhang nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. auch diesbezüglich das oben zitierte Erkenntnis vom 16. November 1993 oder auch das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, 93/15/0133). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die nach erfolgreichem Abschluss des zwei Semester dauernden Einführungslehrganges für maschinelle Datenverarbeitung (im Schuljahr 1991/92) behaupteter Weise neuerlich auftretenden psychischen Probleme allenfalls Grund dafür waren, dass die Tochter der Beschwerdeführerin (ab Oktober 1992) zu weiteren Prüfungen zur Erlangung der Zulassung zur Reifeprüfung nicht angetreten ist.
Der von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde (wie schon im Verwaltungsverfahren) angesprochene gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs. 1 FLAG (diese Bestimmung ist nach § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a letzter Satz EStG 1988 auch auf Kinderabsetzbeträge anzuwenden) nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt (vgl. abermals das oben zitierte Erkenntnis vom 21. Oktober 1999). Es konnten daher im Verfahren über die Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe (und des Kinderabsetzbetrages) auch Feststellungen zur Frage unterbleiben, ob der Verbrauch der entsprechenden Beträge gutgläubig erfolgte.
Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 26. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998130042.X00Im RIS seit
07.10.2002