TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/26 2000/13/0202

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Veröffentlicht am 26.06.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §200 Abs1;
BAO §28;
BAO §32;
BAO §93 Abs3 lita;
B-VG Art130 Abs2;
EStG 1988 §10 Abs3;
EStG 1988 §2 Abs3 Z3;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §28 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch dynama Wirtschaftstreuhand Gesellschaft mbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1040 Wien, Wohllebengasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 13. September 2000, Zl. RV/556-16/02/99, betreffend Einkommensteuer 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In ihrer am 24. Februar 1999 beim Finanzamt eingelangten Einkommensteuererklärung für 1997 wies die Beschwerdeführerin u.a. gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung des "Wohngebäudes Fgasse 15" (Verlust in Höhe von S 891.902,--) und Kapitaleinkünfte aus "endbesteuerungsfähigen Kapitalanlagen zum halben Steuersatz" in Höhe von S 950.000,-- (darauf entfallende Kapitalertragsteuer S 237.500,--) aus.

Mit Bescheid vom 12. Mai 1999 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest. Abweichend von der Erklärung wurde das Vorliegen gewerblicher Vermietungseinkünfte mit der Begründung nicht anerkannt, dass sich die Vermietungstätigkeit auf eine einzige Liegenschaft beschränke. Der geltend gemachte Investitionsfreibetrag (von S 546.110,--) stehe deshalb nicht zu. Auch könne gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 AfA nur in Höhe von jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage anerkannt werden. In der gesonderten Bescheidbegründung wird zudem darauf hingewiesen, im Hinblick auf die bisher im Zusammenhang mit der Vermietung des Hauses Fgasse 15 getätigten Investitionen ("Anschaffung ca. 7 Mio., Sanierungsaufwendungen in weiterer Folge iHv mehreren Mio") und den demgegenüber geringfügigen Mieteinnahmen sei es ungewiss, ob die Vermietung eine steuerlich relevante Einkunftsquelle darstelle, weshalb der Bescheid zunächst vorläufig ergehe. Die Kapitalertragsteuer wurde mit einem Teilbetrag von lediglich S 97.399,-- berücksichtigt.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Umstufung der erklärten gewerblichen Einkünfte in solche aus Vermietung und Verpachtung mit der Begründung, es handle sich gegenständlich um "kurzfristige Vermietungen zu individuellen Preisen". Die einzelnen Mietvereinbarungen seien "nicht auf Dauer ausgerichtet", sondern würden ähnlich wie bei einem Hotelbetrieb nur "für relativ kurze Zeit" geschlossen. Weiters werde beantragt, die Kapitalertragsteuer erklärungsgemäß in Höhe von S 237.500,-- zu berücksichtigen.

Mit Vorhalt vom 20. Dezember 1999 ersuchte die belangte Behörde um Vorlage der Mietverträge und Bekanntgabe, welche Nebenleistungen erbracht würden. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass - anders als in der Berufung ausgeführt - der dem Finanzamt bereits vorliegende Mietvertrag für Top 3 auf 2 Jahre abgeschlossen worden sei und der Mietvertragsentwurf betreffend Top 2 eine unbestimmte Mietvertragsdauer vorsehe.

In ihrer Stellungnahme vom 8. Mai 2000 erklärte die Beschwerdeführerin, die beiden Mietverträge betreffend Top 2 und 3 seien inzwischen "obsolet", weil per Ende März bzw. Mai 1999 gekündigt. Für Top 5 habe es nie einen Mietvertrag gegeben. Das Dachgeschoss sei derzeit unbewohnbar, es sei aber beabsichtigt, den Dachboden auszubauen und sodann "lukrativ" zu vermieten. Die Kellerräumlichkeiten würden auf Grund eines mündlichen Mietvertrages einem näher bezeichneten "Club" gegen Bezahlung von S 600,-- zuzüglich Umsatzsteuer pro Stunde zur Verfügung gestellt. Die "Zeiten" würden wöchentlich festgesetzt, derzeit benutze der Club die Kellerräumlichkeiten 3 Mal pro Woche. Die Beschwerdeführerin übernehme das Aufsperren an den Clubtagen sowie die Reinigung und stelle Holz für den offenen Kamin zur Verfügung. Top 2, 3 und 5 sollten, wie einem angeschlossenen Werbeprospekt zu entnehmen sei, nunmehr "kurzfristig" vermietet werden. Die Beschwerdeführerin biete die Reinigung der Wohnungen an und stelle Bett- und Tischwäsche sowie Handtücher zur Verfügung, welche einmal wöchentlich ausgetauscht würden. Weiters gebe es an Stelle von Wohnungsschlüsseln so genannte (auf Zeit limitierte) "Zutrittskarten". Die Gas- und Stromrechnungen lauteten auf die Beschwerdeführerin und würden von ihr bezahlt. Der Vorhaltsbeantwortung angeschlossen waren Abrechnungen über das Clublokal aus dem Jahr 1999 sowie zwei Rechnungen über die Vermietung von Top 2 an die E AG (Zeitraum vom 22. Mai 1999 - 5. Juli 1999).

Mit dem angefochtenen Bescheid berücksichtigte die belangte Behörde die Kapitalertragsteuer zur Gänze, wies die Berufung im Übrigen jedoch als unbegründet ab. Nach Wiedergabe von Lehre und Rechtsprechung zur Frage des Vorliegens einer gewerblichen Vermietung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin erbringe zwar einzelne Leistungen, die bei der Verwaltung eigenen Liegenschaftsvermögens im Allgemeinen nicht üblich seien. Darunter fielen insbesondere Nachschaffungen und Reparaturen, die sich daraus ergäben, dass die Beschwerdeführerin den Mietern Wäsche, Besteck, Geschirr sowie die komplette Wohnungseinrichtung inklusive Küchengeräte, Waschmaschine, TV-Geräte, Videorecorder etc. bzw. die komplette Einrichtung für das Clublokal zur Verfügung stelle, weiters die Reinigung der Wohnungen und des Clublokals sowie die Verrechnung des Strom- und Gasverbrauches mit den Versorgungsunternehmen. Mit diesen Leistungen für drei Wohnungen und ein Clublokal würde die üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Liegenschaftsvermögens verbundene Verwaltungsarbeit jedoch nicht in erheblichem Umfang überschritten. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse würden die Merkmale der Vermögensverwaltung überwiegen. Da die Beschwerdeführerin somit keine betrieblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele, stünde der geltend gemachte Investitionsfreibetrag nicht zu. Auch müsse es bei dem AfA-Satz in Höhe von 1,5 % bleiben. Ergänzend wies die belangte Behörde darauf hin, dass selbst im Falle einer gewerblichen Vermietung ein Investitionsfreibetrag nicht hätte gewährt werden können, weil diesfalls von einem nicht begünstigten Betriebserwerb auszugehen gewesen wäre. Überdies wäre ein Verlust, der durch gewinnmindernd geltend gemachte Investitionsfreibeträge entstehe, gemäß § 10 Abs. 8 EStG 1988 nicht ausgleichsfähig.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerde wendet sich in weiten Teilen gegen die von der belangten Behörde ohne eigenständige Begründung bestätigte Vorläufigkeit der Abgabenfestsetzung.

Das Finanzamt hat auf jene Umstände hingewiesen, die das Vorliegen einer Einkunftsquelle ungewiss erscheinen ließen. Da die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung den Ausführungen nichts entgegengesetzt hat, bedurfte es zu dieser Frage im angefochtenen Bescheid keiner weiter gehenden Begründung. Dass der belangten Behörde die endgültige Beurteilung der Abgabepflicht bereits möglich gewesen wäre, behauptet im Übrigen selbst die Beschwerde nicht. Auch für den Verwaltungsgerichtshof bietet der vorliegende Sachverhalt dafür keinen Anhaltspunkt, zumal nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erst die Kellerräumlichkeiten und eine Wohnung der vorgesehenen kurzfristigen Vermietung zugeführt waren.

In weitgehend wörtlicher Wiedergabe der Ausführungen von Wieser in FJ 2000, 254f, rügt die Beschwerdeführerin weiters die fehlende Ermessensbegründung. § 200 Abs. 1 BAO lege die Erlassung vorläufiger Bescheide in das Ermessen der Abgabenbehörde. Dem Bescheid fehle eine logisch nachvollziehbare Begründung, warum nicht bis zur Beseitigung der Ungewissheit zugewartet worden sei, um sodann eine endgültige Abgabenfestsetzung vorzunehmen.

Es trifft zu, dass (auch) Ermessensentscheidungen zu begründen sind (vgl. jüngst das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2002, 2002/15/0041) und weder der Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz noch jener der belangten Behörde eine Begründung der Ermessensübung enthalten hat. Eine Relevanz dieses Begründungsmangels, welche eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zur Folge haben könnte, vermag die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, die belangte Behörde hätte mit der Bescheiderlassung auch zuwarten können, aber nicht darzulegen. Abgesehen davon, dass die Abgabenbehörden gemäß § 311 BAO ohne unnötigen Aufschub über die in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen der Parteien zu entscheiden haben, sprach im Beschwerdefall auch das Begehren der Beschwerdeführerin auf Gutschrift der einbehaltenen Kapitalertragsteuer für eine umgehende Bescheiderlassung. Dass die Abgabenbehörden bei der vorläufigen Abgabenfestsetzung die Klärung von Ungewissheiten vor Augen hatten, die für die Abgabenerhebung nur von geringem Gewicht hätten sein können, behauptet die Beschwerde nicht und es bietet der vorliegende Sachverhalt hiefür auch keinen Anhaltspunkt.

Da somit nicht erkennbar ist, dass die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG) Gebrauch gemacht hätte, erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als nicht begründet.

Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die Feststellung der belangten Behörde, die von ihr geschilderte Vermietungstätigkeit überschreite die Grenzen der Gewerblichkeit nicht.

Nach der von der belangten Behörde zitierten und berücksichtigten Judikatur (vgl. ergänzend das hg. Erkenntnis vom 30. September 1999, 97/15/0027) liegt eine "gewerbliche" Vermietung von Immobilien vor allem in den typischen Fällen gewerblicher Beherbergung von Fremden in Hotels und Fremdenpensionen vor. Die über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgehende weitere Tätigkeit eines Vermieters besteht insbesondere in der angebotenen Verpflegung der Gäste, sei es auch nur in der Form eines Frühstücks, und in der täglichen Wartung der Zimmer. Wenn solche zusätzliche Tätigkeiten allerdings wegen der geringen Zahl von Fremdenzimmern nur in bescheidenem Ausmaß anfallen, begründen auch sie keinen Gewerbebetrieb. Umgekehrt führt aber eine (Ferien-)Wohnungsvermietung, bei der keinerlei Verpflegung der Gäste und keine tägliche Wartung der Zimmer stattfindet, erst dann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn eine verhältnismäßig größere Zahl von Wohnungen eine Tätigkeit bedingt, die über jene Tätigkeit, wie sie mit der bloßen Nutzungsüberlassung von Räumen üblicherweise verbunden ist, deutlich hinausgeht.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Umfang des mit der Verwaltung des eigenen Liegenschaftsvermögens üblicherweise verbundenen Verwaltungsaufwandes werde im gegenständlichen Fall "doch erheblich überschritten", weil "unerhebliche" Leistungen gar nicht "erhoben" werden könnten und die belangte Behörde Leistungen festgestellt habe.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die von der Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführten "ähnlich einem Hotelbetrieb" organisierten kurzfristigen Wohnungsvermietungen in der nach Fertigstellung der Wohnungen zu Tage getretenen Bewirtschaftung keinen Niederschlag gefunden haben. Vielmehr wurden zunächst (im Jahr 1998) unstrittig "übliche" Mietverträge (auf 2 Jahre befristet bzw. unbefristet) geschlossen, die auch keinerlei Hinweis auf angebotene Nebenleistungen enthielten. Im vorliegenden Mietvertrag betreffend Top 3 vom 21. Juni 1998 ist etwa ausdrücklich festgehalten: "Bei Beendigung des Vertrages ist die Wohnung neu ausgemalt an die Vermieterin zurückzugeben. Der Mieter meldet Strom- und Gaszähler auf seine Kosten auf seinen Namen an." Wenn die belangte Behörde solcherart für das Streitjahr 1997 nicht vom Vorliegen gewerblicher Einkünfte ausgegangen ist, kann dies selbst dann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn nach Kündigung der ursprünglichen Mietverträge "doch erhebliche" Leistungen der Beschwerdeführerin feststellbar gewesen wären.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann es auch dahin gestellt bleiben, ob die belangte Behörde in ihrer Alternativbegründung von einem "Betriebserwerb" hätte ausgehen dürfen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Juni 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000130202.X00

Im RIS seit

07.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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