TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/27 98/07/0138

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Veröffentlicht am 27.06.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1) der CF und 2) des JF, beide in S und beide vertreten durch Dipl.- Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Griesplatz 2/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. Juli 1998, Zl. 3-30.40-247-98/I, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: GW in G, vertreten durch Dr. Gerald Weidacher, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Neugasse 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 332 EUR und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 908 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) hatte bei der Bezirkshauptmannschaft W (BH) unter Vorlage eines Projektes um die Erteilung der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer biologischen Abwasserreinigungsanlage und für die obertägige Verrieselung der biologisch gereinigten Abwässer zur ordnungsgemäßen Entsorgung der in ihrem Wohnhaus anfallenden häuslichen Abwässer angesucht.

Nachdem die BH über diesen Antrag die mündliche Verhandlung anberaumt hatte, langte bei ihr ein Schreiben der Beschwerdeführer ein, in welchem sie Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren begehrten, weil sie mit ihren Grundstücken etwa 17 m von der Grundgrenze zum Grundstück der MP entfernt seien. Auf Grund einer beginnenden Rutschung hätten sie größte Bedenken gegen den Betrieb einer solchen Anlage; dass die Rutschung vom Grund der MP beginnend über den Nachbargrund zu ihrem Grundstück voranschreite, sei deutlich sichtbar. Außerdem würden die Abwässer bei der Verrieselung in die nahe liegenden Dränagestränge versickern, womit ein Verbrauch der Dränagewässer nicht mehr möglich wäre.

In der mündlichen Verhandlung vor der BH vom 26. August 1996 wurde von der Erstbeschwerdeführerin dieses Vorbringen wiederholt. Der von der BH beigezogene Amtssachverständige für Wasserbautechnik erklärte, dass die Anlage dem Stand der Technik entspreche, wobei durch das verrieselte Wasser keine Erhöhung einer Rutschungsgefahr eintreten werde, weil schon die bisherige Entsorgung über eine Dreikammerkläranlage mit anschließender Verrieselung erfolgt sei. Dach- und Dränwässer des Anwesens seien ebenfalls früher schon in diesem Bereich einer Versickerung zugeführt worden. Aus einem baugeologischen Gutachten eines näher genannten Sachverständigen vom 6. März 1982 gehe hervor, dass das Grundstück zur Bebauung geeignet sei und dass eine Verrieselung gesammelter Dränage- und Oberflächenwässer keine wesentliche Änderung der Hangwasserführung darstelle. Ein vermehrter Wasseranfall sei zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber dem damaligen nicht gegeben. Dieses Gutachten vom 6. März 1982 wäre allenfalls durch ein hydrogeologisches Gutachten zu ergänzen. Aus wasserbautechnischer Sicht bestehe gegen die Erteilung der nachträglichen Bewilligung zum Betrieb der biologischen Abwasserreinigungsanlage bei Vorschreibung näher aufgezählter Auflagen kein Einwand.

Ein von der BH in der Folge beigezogener Amtssachverständiger für Hydrogeologie erstattete eine in einem Amtsvermerk vom 24. September 1996 festgehaltene Stellungnahme, nach welcher von der Versickerungsanlage für biologisch gereinigte Abwässer auf dem Grundstück der MP ausgehend auf Grund der örtlichen geologischen Gegebenheiten eine Beeinträchtigung von angrenzenden Grundstücken hinsichtlich Rutschungen u.ä. nicht möglich sei. Die im Gelände sichtbaren Rutschungsanzeichen bestünden bereits seit mehreren Jahren, wobei die obersten Rutschungsanzeichen deutlich höher als die Versickerungsanlage lägen. Hinsichtlich der anfallenden Wassermenge sei nach Errichtung des Pflanzenbeetes gegenüber der ursprünglichen Situation mit der direkten Ableitung der Abwässer aus der Dreikammeranlage eine Verbesserung eingetreten.

Nachdem diese gutachterliche Äußerung der Erstbeschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt worden war, äußerten sich die Beschwerdeführer in einer Eingabe dahin, dass die Feststellung des Amtssachverständigen, die Rutschungsanzeichen bestünden schon mehrere Jahre, schlichtweg falsch sei. Nach Dränagearbeiten im Jahre 1988 auf einer näher genannten Parzelle seien keine Anzeichen für eine Rutschung zu erkennen gewesen. Zur Rutschung sei es erst im Frühjahr 1996 gekommen und diese liege tiefer auf dem Grundstück der Beschwerdeführer. Die BH sei bei der Verhandlung aufgefordert worden, die Rutschung auf dem Grundstück der Beschwerdeführer zu besichtigen, habe dies aber nicht für notwendig befunden.

Mit Bescheid der BH vom 10. September 1997 wurde der MP die beantragte Bewilligung erteilt und wurden die der Erstbeschwerdeführerin zugerechneten Einwendungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die BH aus, dass durch die gutachterliche Äußerung des Amtssachverständigen für Hydrogeologie klar gestellt sei, dass eine Beeinträchtigung von Rechten der Beschwerdeführer durch die Abwasserreinigungsanlage der MP nicht möglich sei. Dass Rutschungen durch die Abwasserreinigungsanlage oder ein wasserrechtlich bewilligungsfreies Oberflächenwasserbiotop der MP entstehen könnten, sei sachverständig ausgeschlossen worden.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hielten die Beschwerdeführer an ihrer Behauptung fest, dass seit Bestehen dieser Abwasserreinigungsanlage der MP durch die zusätzliche Wassermenge Rutschungen auf ihrem Grundstück entstünden. Sachverständige hätten ihnen gesagt, dass sehr wohl Fäkalienwasser durch die Versickerung in die Dränagenröhre gelangen könnte, was eine Verwendung des Wassers ausschlösse. Auf ein Gutachten aus dem Jahre 1982 hätte die BH sich nicht stützen dürfen, weil damals das Haus weder gebaut noch bewohnt gewesen sei. Es müsse ein neues Gutachten vorgelegt werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde u.a. auch die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der BH vom 10. September 1997 als unbegründet ab. Der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Hydrogeologie, nach welcher die von den Beschwerdeführern besorgte Beeinträchtigung nicht möglich sei, sei von den Beschwerdeführern nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden, heißt es in der Begründung. Dem Verlangen nach Erstellung eines neuen Gutachtens sei von der BH durch die Beiziehung des Amtssachverständigen für Hydrogeologie ohnehin entsprochen worden. Gegen die Schlüssigkeit der Ausführungen dieses Amtssachverständigen bestehe kein Einwand.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Bescheidaufhebung mit der erkennbaren Erklärung begehrt, dass sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben einer Beeinträchtigung ihres Grundstückes durch mit Bau und Betrieb der bewilligten Abwasserreinigungsanlage bewirkten Rutschungen als verletzt ansehen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Den gleichen Antrag hat die MP in ihrer Gegenschrift gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt die von einer Partei, welche gegen die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung Einwendungen erhebt, geltend gemachte Beeinträchtigung eines wasserrechtlich geschützten Rechtes die Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung nur dann, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die in den Einwendungen behauptete Beeinträchtigung bei Realisierung des Projektes tatsächlich eintreten könnte, entsprechend hoch ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, 99/07/0049, mit weiterem Nachweis). Dies hat Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens zu sein.

Im Beschwerdefall hat die BH zur Frage einer Eintrittswahrscheinlichkeit der von den Beschwerdeführern als Auswirkung des der MP bewilligten Vorhabens befürchteten Rutschungen die fachliche Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Hydrogeologie eingeholt und den Beschwerdeführern zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Insoweit die Beschwerdeführer meinen, die belangte Behörde habe ihnen zu Unrecht vorgehalten, der ihnen übermittelten fachlichen Äußerung nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten zu sein, trifft es wohl zu, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Partei nicht verwehrt ist, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten sowie Widersprüchlichkeiten des Gutachtens eines Amtssachverständigen auch ohne Gegengutachten aufzuzeigen (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 96/07/0124), doch wäre zu einem Erfolg eines solchen Vorbringens der Beschwerdeführer denn doch mehr an Mitwirkung zu fordern gewesen als das, was sie im Verwaltungsverfahren geäußert haben. Der von der BH beigezogene Amtssachverständige hat durch das Vorhaben der MP verursachte Rutschungen mit dem Hinweis auf die von ihm wahrgenommenen örtlichen Gegebenheiten aus der Sicht seines Fachgebietes kategorisch ausgeschlossen. Dass sich die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme zu dieser fachlichen Äußerung darauf beschränkten, deren inhaltliche Richtigkeit zu bestreiten, und auch in ihrer Berufung nur ihre der fachlichen Äußerung des Amtssachverständigen für Hydrogeologie widersprechende Behauptung wiederholten, war kein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, das die belangte Behörde dazu veranlassen musste, das Ermittlungsverfahren in der von den Beschwerdeführern relevierten Weise zu ergänzen.

Die Beschwerde erwies sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der MP hat ihren Grund darin, dass die gesondert verzeichnete Umsatzsteuer im Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 27. Juni 2002

Schlagworte

Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Gutachten Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998070138.X00

Im RIS seit

18.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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