TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/27 2001/09/0006

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Veröffentlicht am 27.06.2002
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
70/05 Schulpflicht;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z3 idF 1992/475;
SchPflG 1985 §1 Abs1;
SchPflG 1985 §2;
SchPflG 1985 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. Dipl. Dolm. Johann Zivic, Rechtsanwalt in Wien I, Weihburggasse 20, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 22. September 1999, Zl. 10/13115/977.606/1999, betreffend Versagung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. September 1999 wurde der am 25. Juni 1999 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aus, der am 28. Juni 1980 geborene Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsangehöriger, habe weder die Absolvierung der Hälfte der Schulpflicht noch einen Aufenthalt im Mindestausmaß der Hälfte seiner Lebenszeit nachweisen können. Er sei seit 1991 und somit bis zur Vollendung seines 19. Lebensjahres (am 28. Juni 1999) noch nicht die Hälfte seiner Lebenszeit in Österreich aufhältig gewesen. Während dieser Zeit habe er die erste bis vierte Klasse Hauptschule sowie vier Klassen Handelsakademie besucht, jedoch bereits mit Absolvierung der ersten Klasse Handelsakademie die Schulpflicht beendet. Die Hälfte der Schulpflichtzeit habe er demnach nicht in Österreich erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der am 28. Juni 1980 geborene Beschwerdeführer hatte zwar im Zeitpunkt seiner Antragstellung (24. Juni 1999) das 19. Lebensjahr noch nicht, im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde I. Instanz aber bereits vollendet.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 475/1992) ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (jugendlicher Ausländer) und sich wenigstens ein Elternteil mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, wenn

a) er sich mehr als die halbe Lebenszeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat oder

b) er seine Schulpflicht zumindest zur Hälfte im Bundesgebiet erfüllt und auch beendet hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht. Die allgemeine Schulpflicht beginnt zufolge § 2 SchPflG mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September. Gemäß § 3 SchPflG dauert die allgemeine Schulpflicht neun Jahre. Sie endete daher im Beschwerdefall mit dem Schuljahr 1994/95.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer im vorgegebenen zeitlichen Rahmen (das ist bis zum Schuljahr 1994/95) nur vier (statt der nach Z. 3 lit. b des § 15 Abs. 1 AuslBG iVm § 3 SchPflG erforderlichen viereinhalb) Jahre der allgemeinen Schulpflicht im Bundesgebiet erfüllt habe.

Dieser den angefochtenen Bescheid tragenden Sachverhaltsannahme vermag der Beschwerdeführer (wie bereits im Verwaltungsverfahren) auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Dass er die nach der von ihm in Anspruch genommenen Voraussetzung im Sinn der lit. b der Z. 3 des § 15 Abs. 1 AuslBG erforderliche Absolvierung von viereinhalb Jahren allgemeine Schulpflicht im Bundesgebiet erfüllt habe, behauptet er gar nicht. Insoweit er jedoch die Auffassung vertritt, er habe ohnehin insgesamt acht Jahre Schulbesuch im Bundesgebiet als Erfüllung der Schulpflicht absolviert, wird übersehen, dass für ihn die allgemeine Schulpflicht gemäß § 3 SchPflG mit Ende des Schuljahres 1994/95 beendet hat. Der daran anschließende weitere Besuch der Handelsakademie stellte deshalb keine Erfüllung seiner Schulpflicht dar.

Es ist daher auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer seine Schulpflicht im Bundesgebiet nicht zumindest zur Hälfte erfüllt habe und daher die Voraussetzungen im Sinn des § 15 Abs. 1 Z. 3 lit. b AuslBG nicht erfüllt waren. Dass er - nunmehr - die nach § 15 Abs. 1 Z.4 AuslBG für die Ausstellung des Befreiungsscheines maßgebenden Voraussetzungen der Z. 3 auf andere Weise erfüllt haben könnte, war nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Juni 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001090006.X00

Im RIS seit

19.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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