Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
KOVG 1957 §11a Abs5;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/09/0123Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerden des J B in S, vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. Gabriele Pfandlsteiner in 6900 Bregenz, St. Anna-Straße 1/III, infolge seines Ablebens nunmehr A B in S, vertreten durch den bevollmächtigten Vertreter beim Vorarlberger Kriegsopferverband M in 6900 Bregenz, Bahnhofstraße 39, gegen die Bescheide jeweils vom 19. März 1999 der Schiedskommission beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen in Wien, gemeinsame Zahl OB.910-007293-005, betreffend Einstellung der Pflege- und Schwerstbeschädigtenzulage nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (protokolliert zur hg. Zl. 99/09/0122) bzw. Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (protokolliert zur hg. Zl. 99/09/0123), zu Recht erkannt:
Spruch
Beide Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. A B hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 623,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles zur hg. Zl. 99/09/0122 wird auf das (den Parteien bekannte) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1997, Zl. 95/09/0120, verwiesen.
Mit diesem Erkenntnis wurde der damals angefochtene Bescheid der Schiedskommission beim Bundessozialamt Vorarlberg vom 6. April 1995, betreffend die Einstellung der Pflege- und Schwerstbeschädigtenzulage nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG 1957), des im Jahr 1924 geborenen und am 2. November 2001 verstorbenen ursprünglichen Beschwerdeführers J B (in weiterer Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil dem Beschwerdeführer bzw. seinem bevollmächtigten Vertreter zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens (nämlich die ärztliche Gutachtenserstattung Dris. Z. vom 3. November 1994) nicht in förmlicher Weise Parteiengehör gewährt worden war. Dem derart unterlaufenen Verfahrensmangel sei hinsichtlich der für die Zuerkennung der Pflegezulage entscheidenden Frage, ob die Dienstbeschädigungsleiden des Beschwerdeführers an den Gliedmaßen funktionell dem Verlust beider Unterschenkel gleich zu setzen seien, Relevanz zugekommen.
Mit dem im Instanzenzug als Ersatzbescheid ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof erstangefochtenen Bescheid vom 19. März 1999 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte die Bescheide des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Vorarlberg vom 21. November 1994 und vom 23. November 1994 - mit denen die gewährte Pflegezulage bzw. die gewährte Schwerstbeschädigtenzulage eingestellt worden waren - mit der Maßgabe, dass "die Schwerstbeschädigtenzulage und die Pflegezulage gemäß §§ 11a, 18 Abs. 3 Z. 8 und 52 Abs. 2 und 3 Z. 1 und 3 KOVG 1957 mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung dieses Bescheides folgt, eingestellt werden" und sprach gleichzeitig aus, dass "auch die Tatsache der mit Wirkung vom 1. Juni 1995 erfolgten Weitergewährung der Pflegezulage mit rechtskräftigen Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Vorarlberg vom 26. September 1995 Bedacht zu nehmen ist."
Die belangte Behörde begründete den erstangefochtenen Bescheid - nach Darstellung des Verfahrensverlaufes und der Rechtslage - im Wesentlichen damit, dass zur Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegezulage im fortgesetzten Verfahren das (am 5. August 1998 erstellte) ärztliche Gutachten Dris. Z. (ein Facharzt für Unfallchirurgie) eingeholt worden sei. Das Ergebnis dieser Beweisaufnahme sei dem bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers mit schriftlicher Verständigung vom 10. November 1998 (zugestellt am 13. November 1998) zur Kenntnis gebracht worden; Einwendungen dagegen seien jedoch nicht vorgebracht worden. Nach den schlüssigen Aussagen und Befunderhebungen des genannten ärztlichen Sachverständigen liege kein dem beidseitigen Unterschenkelverlust gleich zu setzender (durch die Dienstbeschädigung bedingter) Leidenszustand vor, weshalb nach den vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen eine Pflegezulage gemäß § 18 Abs. 3 Z. 8 KOVG 1957 nicht mehr gebühre. Demnach sei auch die Voraussetzung für die Gewährung der Schwerstbeschädigtenzulage gemäß § 11a Abs. 5 KOVG 1957 nicht mehr gegeben. Unabhängig von dem noch offenen Verfahren bei der Schiedskommission habe das Bundessozialamt Vorarlberg auf den Antrag vom 21. April 1995 gemäß § 18 Abs. 1 KOVG 1957 eine Pflegezulage in der Höhe der Stufe I ab dem 1. Juni 1995 weiter gewährt, worauf bei der Einstellung der Pflegezulage gemäß § 18 Abs. 3 KOVG 1957 Bedacht zu nehmen sei.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof zweitangefochtenen Bescheid vom 19. März 1999 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den Bescheid des Bundessozialamtes für Soziales und Behindertenwesen Vorarlberg vom 8. November 1995, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Dezember 1994 auf Anerkennung des Leidens "Schädigung an der Großzehe rechts" als Dienstbeschädigung im Sinne des § 4 KOVG 1957 abgewiesen worden war.
Die belangte Behörde begründete den zweitangefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass nach der schlüssigen Aussage des ärztlichen Sachverständigen (der im erstangefochtenen Bescheid genannte Unfallchirurge Dr. Z.) der operativ entfernte Zehensporn rechts als eine degenerative Veränderung anzusehen sei, die mit der Dienstbeschädigung oder ihren Folgen in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe. Zu dem seinem Vertreter zur Kenntnis gebrachten Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben.
Gegen diese beiden Bescheid erhob J B durch seine rechtsfreundliche Vertreterin Beschwerde.
Nach seinem zur hg. Zl. 99/09/0122 erstatteten Beschwerdevorbringen erachtete sich J B durch den erstangefochtenen Bescheid in dem Recht auf Gewährung der Schwerstbeschädigtenzulage nach dem KOVG 1957 verletzt und nach dem zur hg. Zl. 99/09/0123 erstatteten Beschwerdevorbringen durch den zweitangefochtenen Bescheid in dem Recht auf Anerkennung des von ihm geltend gemachten Leidens als Dienstbeschädigung nach dem KOVG 1957 verletzt. J B beantragte, den erstangefochtenen Bescheid und den zweitangefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete (mit einem gemeinsamen Schriftsatz) in beiden Beschwerdeverfahren jeweils eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung beider Beschwerden beantragt wird.
Mit Eingabe vom 19. November 2001 teilte M als bevollmächtigter Vertreter des J B und als Vertreter der Ehegattin A B mit, dass der Beschwerdeführer am 2. November 2001 verstorben sei. Gleichzeitig erklärte der genannte Vertreter namens A B, dass diese (unterhaltsberechtigt bzw.) Eintrittsberechtigte sei und die Fortsetzung beider verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren beantrage.
Das Bundessozialamt Vorarlberg teilte mit Eingabe vom 11. Dezember 2001 dazu mit, dass der Beschwerdeführer laut aufliegender Todesbestätigung am 2. November 2001 verstorben sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf den Tod des Anspruchswerbers J B während des anhängigen Beschwerdeverfahrens ist zunächst auszuführen, dass die Bestimmung des § 48a Abs. 2 KOVG 1957 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden ist. Da in den vorliegenden Beschwerdefällen die Witwe des J B als fortsetzungsberechtigte Person ihren Eintritt in die beiden Beschwerdeverfahren im Sinne des § 48a Abs. 2 KOVG 1957 erklärte, waren die beiden Beschwerden des J B nicht als gegenstandslos zu erklären und beide Beschwerdeverfahren über diese Beschwerden nicht einzustellen. Das Recht auf Anerkennung eines geltend gemachten Leidens als Dienstbeschädigung bzw. das Recht auf Gewährung der gegenständlichen Zulagen zur Beschädigtenversorgung ist auch kein höchst-persönliches, nicht übertragbares in dem Sinne, dass eine Rechtsverletzung der fortsetzungsberechtigten Witwe ausgeschlossen ist (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 18. April 2001, Zl. 98/09/0148, und die darin angegebene Vorjudikatur).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis zur hg. Zl. 95/09/0120 ausführte, stellt § 18 Abs. 3 KOVG 1957 betreffend die Gewährung einer Pflegezulage für die dort genannten Verluste und Teilverluste von Gliedmaßen eine Spezialnorm dar. Bei Vorliegen der dort genannten Gesundheitsschädigungen ist damit ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Auswirkungen in Bezug auf eine Hilflosigkeit nach § 18 Abs. 1 leg. cit. eine Pflegezulage zuzuerkennen. Ein Anspruch auf Pflegezulage gemäß § 18 Abs. 3 Z. 8 KOVG 1957 vermittelt (anders als eine Pflegezulage nach § 18 Abs. 1) ohne weiteres die Leistung einer Schwerstbeschädigtenzulage nach § 11a Abs. 5 KOVG 1957.
In der zur hg. Zl. 99/09/0122 erhobenen Beschwerde (gegen den erstangefochtenen Bescheid betreffend die Einstellung der Pflege- und Schwerstbeschädigtenzulage) wird zwar geltend gemacht, dass die bisher gewährte Schwerstbeschädigtenzulage nicht hätte eingestellt werden dürfen, der Beschwerdeführer wendet sich allerdings nicht gegen die Einstellung der ihm gewährten Pflegezulage. Auch aus dem gesamten Beschwerdevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass die Einstellung der Pflegezulage als rechtswidrig erachtet wird.
Ist somit die Einstellung der dem Beschwerdeführer bisher gewährten Pflegezulage mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Z. 8 KOVG 1957 rechtmäßig erfolgt, dann sind aber ohne weiteres die besonderen Rechtswirkungen dieser Pflegezulage auf Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage ebenfalls weggefallen. Da dem Beschwerdeführer die Schwerstbeschädigtenzulage auf der Rechtsgrundlage des § 11a Abs. 5 KOVG 1957 gewährt worden war und er Empfänger einer Pflegezulage nach § 18 Abs. 3 Z. 8 leg. cit. war, geht das Beschwerdevorbringen, es hätten andere tatbestandliche Voraussetzungen für die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage (nämlich im Sinne der Abs. 1 bis 3 des § 11a KOVG 1957) von der belangten Behörde geprüft und festgestellt werden müssen bezogen auf diesen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ins Leere.
Insoweit in der Beschwerde behauptet wird, die medizinische Einschätzung des Leidenszustandes der Beine des Beschwerdeführers sei nicht hinreichend begründet worden, ist zu erwidern, dass der Beschwerdeführer gegen das ihm (bzw. seinem bevollmächtigten Vertreter) zur Kenntnis gebrachte ärztliche Sachverständigengutachten keine Einwände erhoben hat. Auch in der Beschwerde wird in dieser Hinsicht nichts Substantielles vorgebracht. Der Beschwerdeführer hat somit den auf ärztliches Fachwissen gestützten Ausführungen keine medizinisch fundierten Gegenbehauptungen mehr entgegen gestellt (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. Jänner 1993, Zl. 91/09/0217, und vom 16. Oktober 2001, Zl. 94/09/0080).
Die zur hg. Zl. 99/09/0122 gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet.
In der zur hg. Zl. 99/09/0123 erhobenen Beschwerde (gegen den zweitangefochtenen Bescheid betreffend die Anerkennung des geltend gemachten Leidens als Dienstbeschädigung) wird im Ergebnis nur geltend gemacht, dass die Dienstbeschädigung mit der lfd. Nr. 1 auch der Richtsatzposition 173 zu unterstellen und die MdE mit 60 % zu beurteilen sei; die Gesamt-MdE betrage daher 90 % und nicht 80 %.
Bei diesem Vorbringen lässt der Beschwerdeführer jedoch unberücksichtigt, dass die belangte Behörde diese in der Beschwerde gerügte chefärztliche Ergänzung des eingeholten Sachverständigengutachtens ohnedies berücksichtigte und demnach die MdE der Dienstbeschädigung lfd. Nr. 1 bzw. die Gesamt-MdE um 10 % erhöhte.
Zu der von ihm als Dienstbeschädigung geltend gemachten Gesundheitsschädigung wird in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet. Dass das von ihm geltend gemachte Leiden "Schädigung an der Großzehe rechts" als degenerative Veränderung bzw. als akausal beurteilt wurde, bestreitet der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer gegen das seinen bevollmächtigten Vertreter zur Kenntnis gebrachte ärztliche Sachverständigengutachten keine Einwände erhoben. Die behauptete Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör ist demnach nicht vorgelegen.
Die zur hg. Zl. 99/09/0123 gegen den zweitangefochtenen Bescheid (betreffend die Anerkennung des genannten Leidens als Dienstbeschädigung) erhobene Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 27. Juni 2002
Schlagworte
Allgemein Verfahrensrecht DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999090122.X00Im RIS seit
19.09.2002