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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31979L0112 Etikettierungs-RL;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des R in M, vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. Juli 1999, Zl. UVS-1997/3/47-7 und 199/3/48-5, betreffend Übertretung des Arzneimittelgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug erlassenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R-M Team GmbH mit Sitz in M. zu verantworten, dass von der R-M Team GmbH mit Sitz in M. unter der Bezeichnung "Booklet Vertrieb R & M Gesundheit pflegen statt Krankheit bekämpfen" Werbeaussendungen, und zwar persönlich adressierte Schreiben samt Werbebeilagen an namentlich genannte Personen mit dem Aufgabeort in M. versandt und dabei für die nicht zugelassene Arzneispezialität "Beres-Tropfen", die von der R-M Team GmbH mit Sitz in M. vertrieben würden, Arzneimittelwerbung betrieben worden sei. Die Einstufung der angebotenen "Beres-Tropfen" als Arzneimittel und in weiterer Folge als Arzneispezialität ergebe sich aufgrund der Art und Form des Inverkehrbringens der angeführten Produkte, insbesondere aufgrund der in den Werbeaussendungen behaupteten arzneilichen Wirkungen gemäß § 1 Abs. 1 AMG. Da gemäß § 50 Abs. 1 AMG Arzneimittelwerbung nur für zugelassene Arzneispezialitäten oder Arzneimittel, die im Arzneibuch im Sinne des § 1 Arzneibuch genannt seien, betrieben werden dürfe, habe der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung nach § 50 Abs. 1 iVm § 84 Z. 9 AMG begangen. Gemäß § 84 Z. 9 AMG wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (EUR 1.853,46), Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage, verhängt. Begründend wurde dargelegt, drei namentlich genannte Personen hätten in der Zeit vom 28. Jänner 1997 bis 19. Februar 1997 von der R-M Team GmbH nachstehendes Schreiben erhalten:
"Booklet-Vertrieb
R M
GESUNDHEIT PFLEGEN STATT KRANKHEIT BEKÄMPFEN
Gesundheit für Sie oder ihre Verwandtschaft
Liebe(r) ...,
große Worte liegen uns nicht, wir wollen anders überzeugen:
durch Qualität und Kundenservice. Dazu gehört es auch, unsere zufriedenen KundInnen über ein Booklet zu informieren, in welchem ein Produkt beschrieben wird, das sich auch in Westeuropa mehr und mehr durchsetzt und von dem wir glauben, dass es für Sie oder jemand in Ihrem Bekanntenkreis interessant ist. Vielleicht haben
auch Sie in ... schon von ihm gehört: einer der herausragendsten
Krebs-Forscher unserer Zeit
Dr. Jozef Beres, ein Kämpfer für die Gesundheit des Menschen, in einem Atemzug zu nennen mit Robert Koch, dem Nobelpreisträger für Medizin, der die Tuberkulose besiegt hat.
Dr. Beres beschäftigt sich seit 35 Jahren wissenschaftlich mit sanften Heilmethoden, die dem Körper die Chance auf Selbstheilung geben. Dabei wurde ein Präparat von ihm entwickelt, das in seiner Wirkung wohl einzigartig ist: die sogenannten BERES-TROPFEN-PLUS.
Diese Tropfen sind einmalig in ihrer Struktur. Sie wirken sowohl vorbeugend als auch lindernd. Sie helfen, die normalen Funktionen des menschlichen Organsimus, den Stoffwechsel und das Immunsystem aufrecht zu erhalten, führen dem Körper eine ausgeklügelte Kombination von Mineralstoffen zu, beugen tumorösen Wucherungen vor, sind einfach in ihrer Anwendung und dabei von ausgezeichneter Wirksamkeit.
Sehr schnell werden Sie die Wirkung zur Stärkung der Gesundheit und das damit verbundene Wohlbefinden für sich entdecken. Haben wir nun Ihre Neugierde auf das Booklet 'Beres-Tropfen - das Heilmittel der Zukunft' geweckt und Sie wollen mehr darüber wissen, so freuen wir uns, wenn Sie uns unter der BestellTel.Nr. ... anrufen.
Liebe Grüße aus Tirol
Ihr R-M Team
M
PS: Dr. Beres hat das Immunsystem virusbefallener Kartoffeln so lange untersucht, bis er herausgefunden hat, welche Wirkstoffkombination vorhanden sein muss, damit sich die Knolle gegen den Krankheitsbefall wehren kann. Dann legte er diese Entdeckung in jahrzehntelanger Forschung auf uns Menschen um. Mehr darüber in o.a. Booklet, Bestell Tel.Nr. .... (täglich von 7.30 bis 20 Uhr, Sonntag ab 9 Uhr). Rufen Sie uns an."
Dem Schreiben sei eine zweiseitige, dem Bescheid als Anlage angeschlossene Werbeschrift beigefügt gewesen. Dieser seien folgende auf "Beres-Tropfen" bezogenen Aussagen zu entnehmen:
"Das Präparat verhindert die Vermehrung des krebserregenden Agens (Virus), andererseits hilft es, die normalen Funktionen des menschlichen Organismus, den Stoffwechsel und das Verteidigungssystem aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Das gesamte Blutbild wird qualitativ sehr positiv beeinflusst, die Einnahme des Naturpräparats beseitigt bzw. lindert Schmerzen, sodass schon nach kurzer Zeit keine schmerzstillenden Mittel (z.B. Morphium) mehr benötigt werden. Bestätigt wird auch die antiödemische und entzündungshemmende Wirkung. Eingesetzt werden die Beres-Tropfen auch bei Bronchitis, Bronchialasthma, Gastritis, Rheuma, Gicht, Gelenksentzündung, Migräne, Ischias, allgemeine Erschöpfungszustände, Stoffwechselstörungen, Frauenkrankheiten,
Hämorrhoiden, Krampfadern ... Diese Liste ist keinesfalls
vollständig. Das Mittel hat sich besonders auch bei Zucker- und Nierenkranken sehr bewährt."
Das Produkt "Beres-Tropfen" werde in Österreich vom Unternehmen des Beschwerdeführers vertrieben. Sowohl im Geschäftslokal in M. als auch in jenem in J. seien Beres-Tropfen erhältlich gewesen.
Näher genannte Unternehmen hätten Beres-Tropfen gemäß § 18 LMG beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz angemeldet. Daraufhin seien "Nichtuntersagungsbescheide gemäß § 18 Abs. 2 LMG" ausgestellt worden. Es handle sich somit um ein Verzehrprodukt. Aus dem Untersuchungsbericht vom 6. November 1996 ergebe sich, dass die Beres-Tropfen eine grüne, klare, sauer reagierende Flüssigkeit, bestehend aus verdünnter Säure, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen seien. Sie seien nicht als Getränk geeignet.
Die Verwaltungsübertretung nach § 84 Z. 9 iVm § 50 Abs. 1 AMG sei verwirklicht, weil zentraler Inhalt der an näher genannte Personen gerichteten Schreiben und der Beilage sei, die Personen auf Beres-Tropfen aufmerksam zu machen. Dieses von Dr. Beres entwickelte, nach seiner Struktur einmalige Präparat solle sowohl vorbeugend als auch lindernd wirken und helfen, die normale Funktion des menschlichen Organismus, den Stoffwechsel und das Immunsystem aufrechtzuerhalten und sollen durch eine ausgeklügelte Kombination von Mineralstoffen "tumorösen Wucherungen" vorbeugen. Aus der Anlage lasse sich entnehmen, dass die Tropfen bei Bronchitis, Bronchialasthma, Gastritis, Rheuma, Gicht, Gelenksentzündung, Migräne, Ischias, allgemeinen Erschöpfungszuständen, Stoffwechselstörungen, Frauenkrankheiten, Hämorrhoiden, Krampfadern eingesetzt wird. Die Beres-Tropfen würden als Heilmittel der Zukunft beschrieben, wobei das Präparat die Vermehrung krebserregender Viren verhindere und einen positiven Einfluss auf das Blutbild habe. Die Tropfen sollen Substanzen enthalten, die Stoffwechselstörungen beseitigen, auf die Immunsystemaktivität wirkten, "tumoröse Zellen" aufsaugten, sodass diese vernichtet und deren Fortpflanzung verhindert werden, und den Kalziumstoffwechsel anregen. Die Beres-Tropfen würden somit als Medikament beschrieben. Der Darstellung des Beschwerdeführers, dass in den Briefen nicht die Beres-Tropfen beworben worden seien, sondern den Briefempfängern eine Information über ein Buch und dessen Inhalt gegeben worden sei, sei zu erwidern, dass kein Preis für das Büchlein genannt werde; daraus lasse sich zweifelsfrei entnehmen, dass nicht für das Buch, sondern für den Gegenstand des Buches, den vom Unternehmen des Beschwerdeführers vertriebenen Beres-Tropfen, Werbung betrieben werde. Diese seien unbestrittener Maßen in Österreich nicht als Medikament zugelassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die - der Sache nach - Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt; auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Z. 9 AMG macht sich, wenn die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer Werbung betreibt, die nicht den § 50 bis 56 entspricht.
Nach § 50 Abs. 1 AMG darf Arzneimittelwerbung nur für 1. zugelassene Arzneispezialitäten oder 2. Arzneimittel, die im Arzneibuch im Sinne des § 1 Arzneibuchgesetz genannt sind, betrieben werden.
Bei der Auslegung des Begriffes "Arzneimittelwerbung" kann auf Art. 3 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel, ABl. Nr. L 113 vom 30. April 1992, Seite 0013 bis 0018, zurückgegriffen werden. Danach gelten als "Werbung für Arzneimittel" alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimittel zu fördern; sie umfasst insbesondere die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel.
Im Beschwerdefall ist nicht zweifelhaft, dass das in Rede stehende Verhalten des Beschwerdeführers (die Versendung von Briefsendungen, die Werbeaussagen enthalten) eine Maßnahme der "Werbung" darstellte. Die Beschwerde tritt auch der Feststellung im angefochtenen Bescheid nicht entgegen, dass das in Rede stehende Produkt "Beres-Tropfen" in Österreich von der R-M Team GmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, in Verkehr gebracht wird. Es ist schließlich nicht zweifelhaft, dass sich die näher dargelegten, dem § 1 Abs. 1 Z. 1 AMG zu subsumierenden Werbeaussagen auf ein Produkt bezogen, das - unbeschadet des Umstandes, dass es nach seiner Zusammensetzung (allenfalls) ein Verzehrprodukt darstellt - nach der in den oben wiedergegebenen Werbeaussagen liegenden Art und Form des Inverkehrbringens als Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs. 1 AMG sowie als Arzneispezialität im Sinne des § 1 Abs. 5 AMG anzusehen ist (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 19. Februar 2001, 98/10/0050, sowie das Urteil des EuGH vom 28. Oktober 1992, C-219/91, Slg. 1992 I-05485, Ter Voort, das eine ganz ähnlich gelagerte Fallkonstellation betrifft).
Die Beschwerde bringt vor, den Adressaten der in Rede stehenden Briefe sei nicht das Büchlein über die Beres-Tropfen übermittelt worden, sondern jeweils der im Bescheid wiedergegebene Brief und "wahrscheinlich" auch die dem angefochtenen Bescheid angeschlossene Anlage. Das "Booklet" sei nicht übersendet, sondern beworben worden. Die Aussendung der Briefe sei "eine reine Bewerbung eines Buches, das vom Verlag R-M Team GmbH zum Verkauf angeboten wird". Die R-M Team GmbH sei ein Verlag mit entsprechender gewerberechtlicher Bewilligung und lebe daher vom Verkauf von Büchern. Neben dem Büchlein von Beres-Tropfen würden zahlreiche andere Bücher über Gesundheit und Ernährung verkauft.
Diesen Darlegungen ist zu erwidern, dass die oben wiedergegebenen Aussagen der Briefsendung des Beschwerdeführers ganz offenkundig objektiv geeignet waren, den Absatz des vom Unternehmen des Beschwerdeführers vertriebenen Produktes "Beres-Tropfen" zu fördern; dass sie auch (subjektiv) darauf abzielten, durfte die belangte Behörde angesichts des Umstandes, dass das Unternehmen des Beschwerdeführers dieses Produkt in Verkehr bringt, ohne Rechtsirrtum annehmen. Es kann keine Rede davon sein, dass nach dem äußeren Sachverhalt die Absicht, den Absatz des Produktes Beres-Tropfen zu bewerben, gegenüber dem mit der Werbeaussendung allenfalls auch verfolgten Zweck, eine Publikation zu bewerben, völlig in den Hintergrund trete.
Soweit sich die Beschwerde unter Hinweis auf Hauer, Österreichisches Lebensmittelrecht und EU, auf das Verbraucherleitbild nach Gemeinschaftsrecht und Fragen der Zulässigkeit von gesundheitsbezogenen Angaben (beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln) nach der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG bezieht und daraus ableitet, "dass die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des österreichischen Arzneimittelrechtes keineswegs EU-konform ist", übersieht sie, dass sich die Werbung für Humanarzneimittel (gemeinschaftsrechtlich) nicht nach der Etikettierungsrichtlinie, sondern nach der bereits erwähnten Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel richtet. Einen Widerspruch der von der belangten Behörde herangezogenen Vorschriften des AMG zur zuletzt genannten Richtlinie zeigt die Beschwerde nicht auf.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 27. Juni 2002
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999100209.X00Im RIS seit
19.09.2002Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011