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64/02 Bundeslehrer;Norm
UPG 1988 §3 Abs4 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der Mag. W in Drobollach, vertreten durch Dr. Rudolf Pototschnig, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Peraustraße 31, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 4. September 2001, Zl. 547/6-III/A/9(III/D/16)/2001, betreffend Zulassung zum Unterrichtspraktikum, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Zulassung zum Unterrichtspraktikum gemäß § 3 Abs. 4 Z. 4 des Unterrichtspraktikumsgesetzes, BGBl. Nr. 145/1988, abgelehnt.
Nach der Begründung sei Voraussetzung für die Zulassung zum Unterrichtspraktikum die Erfüllung der im § 3 Abs. 4 des Unterrichtspraktikumsgesetzes normierten Kriterien, insbesondere das in Z. 4 festgelegte Höchstalter von 39 Jahren bei Beginn des Unterrichtspraktikums. Von diesem Erfordernis sei nur dann Nachsicht zu erteilen, wenn erwartet werden könne, dass eine Anstellung im Schuldienst unmittelbar nach Abschluss des Unterrichtspraktikums erfolge. Bei der Überprüfung der Nachsichtserteilung sei in einer Art Prognoseentscheidung abzuklären, wie sich die schulische Entwicklung in den zu unterrichtenden Gegenständen im Hinblick auf Lehrerzahl, Schülerzahl, Personalfluktuation und Anstellungschancen in der nächsten Zeit darstellen würde. Für eine Zulassung sei sohin die konkrete Erwartung erforderlich, dass eine unmittelbare Übernahme in den Schuldienst im Anschluss an das Unterrichtspraktikum möglich sei. Diese Voraussetzungen seien nach den Feststellungen der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht gegeben. Speziell in den allgemein bildenden Fächern würden gegenwärtig nahezu keine Neulehrer eingestellt. In den nächsten Jahren dürfte sich die Situation insofern noch verschärfen, als ein zu erwartender deutlicher Schülerrückgang eine Reduktion der ersten Klassen im allgemein bildenden Schulbereich von ca. 60 auf 40 Klassen zur Folge haben würde. Im Gegenstand Deutsch seien derzeit 121 Lehrer und in Englisch 113 Lehrer auf der beim Landesschulrat geführten Warteliste vorgemerkt, wobei bereits vermehrt im Dienststand stehende Lehrer Unterricht in Gegenständen versehen müssten, in denen sie nicht geprüft seien. Zusätzlich sei darauf zu verweisen, dass durch das Budgetbegleitgesetz 2001 mit Wirksamkeit vom 1. September 2001 die Abgeltungsformen bei Lehrern für Kustodiats- und Klassenvorstandsgeschäfte verstärkt von einer Stundeneinrechnung in die Lehrverpflichtung für diese Tätigkeit in Richtung einer Entlohnung in Geldform abgeändert worden sei. Dementsprechend seien vermehrt Stunden erforderlich, um für die bereits in einem Dienstverhältnis stehenden Bediensteten eine Vollbeschäftigung garantieren zu können. Eine Entschärfung der Situation sei auch für die nächsten Jahre nicht zu erwarten, weshalb es nur eingeschränkt zu Nachbesetzungen und Neuaufnahmen kommen würde. Sofern die Beschwerdeführerin auf das Vorliegen besonderer Qualifikationen verweise, sei ihr zu erwidern, dass sich die Nachsichtserteilung nicht nach einem Vergleich zwischen den Zulassungswerbern zum Unterrichtspraktikum richte. Erst die tatsächliche Überprüfung der pädagogischen und fachlichen Qualifikationen im unmittelbaren Umgang mit den Schülern und Schülerinnen im Rahmen des Unterrichtspraktikums und die damit verbundene Beurteilung ermögliche eine inhaltliche Reihung der Bewerber für die Aufnahme in den Schuldienst.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des Unterrichtspraktikumsgesetzes soll das Unterrichtspraktikum Absolventen von Lehramtsstudien in das praktische Lehramt an mittleren und höheren Schulen einführen und ihnen Gelegenheit geben, ihre Eignung für den Lehrberuf zu erweisen.
Durch die Zulassung zum Unterrichtspraktikum wird gemäß § 1 Abs. 3 leg. cit. kein Dienst-, sondern ein Ausbildungsverhältnis begründet.
Auf die Zulassung zum Unterrichtspraktikum besteht gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. nach Maßgabe der folgenden Absätze ein Anspruch.
Voraussetzung für die Zulassung zum Unterrichtspraktikum ist unter anderem gemäß § 3 Abs. 4 Z. 1 des Gesetzes ein Lebensalter von 39 Jahren bei Beginn des Unterrichtspraktikums; von diesem Erfordernis ist Nachsicht zu erteilen, wenn erwartet werden kann, dass eine Anstellung im Schuldienst unmittelbar nach Abschluss des Unterrichtspraktikums erfolgt.
Die Beschwerdeführerin bringt gegen die Auffassung der belangten Behörde, es sei wegen einer Vielzahl von Bewerbern um nur wenige offene Stellen nicht zu erwarten, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar nach Abschluss des Unterrichtspraktikums im Schuldienst angestellt werden würde, im Wesentlichen vor, sie habe bereits im Verwaltungsverfahren besondere Qualifikationen dargetan, die sie für eine Anstellung im Schuldienst prädestinierten. Verbunden mit dem Umstand, dass von der Beschwerdeführerin sämtliche Prüfungen an der Universität mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden und auch hier die pädagogischen Fähigkeiten als sehr gut qualifiziert worden seien, müsse von einer besonderen Eignung der Beschwerdeführerin für den Unterricht, insbesondere im englischsprachigen Bereich, ausgegangen werden. Ihrer Ansicht nach müsse sehr wohl ein Vergleich zwischen ihr und allfälligen Mitbewerbern angestellt werden, um - wie im Unterrichtspraktikumsgesetz gefordert - hypothetisch festzustellen, ob bei Zulassung zum Unterrichtspraktikum und Absolvierung desselben eine Anstellung im Schuldienst erwartet werden könne. Die von der belangten Behörde vorgenommenen Tatsachenfeststellungen, wonach ein Schülerrückgang der ersten Klassen im allgemein bildenden Schulbereich zu erwarten sei und über 100 Lehrer in den Fächern der Beschwerdeführerin vorgemerkt wären, reiche keineswegs aus, die Anstellungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin im Schuldienst grundsätzlich zu verneinen. Im Übrigen sei der Beschwerdeführerin bekannt, dass der Berufung einer Kollegin, die als 45-jährige um Nachsichtserteilung in den Sprachen Englisch und Deutsch angesucht habe, von der belangten Behörde Folge gegeben worden sei. Dies vermittle den Eindruck einer nicht auf sachliche Kriterien abstellenden Beurteilung durch die belangte Behörde.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die Erwartung einer unmittelbar auf das Unterrichtspraktikum folgenden Anstellung als Nachsichtsvoraussetzung im Sinne des § 3 Abs. 4 Z. 4 des Unterrichtspraktikumsgesetzes ist als Umschreibung des vorhandenen bzw. prognostizierten Bedarfes nach Lehrpersonal zu verstehen, der sich nach objektiven Gegebenheiten (Verhältnis von Bewerbern zur Anzahl der offenen Stellen) bemisst. Auf besondere Fähigkeiten und Erfahrungen, die einem Bewerber um eine Stelle im Rahmen des Aufnahmeverfahrens den Vorzug vor den Mitbewerbern geben könnten, kommt es hier jedoch nicht an, es sei denn, es wären gerade diese Fähigkeiten und Erfahrungen bedarfsbegründend (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 14. Mai 2002, Zl. 2002/10/0032).
Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass die Behörde in vergleichbar anderen Fällen die begehrte Nachsicht erteilt hat, ist ihr zu entgegnen, dass daraus kein Anspruch auf Erteilung der Nachsicht auch in ihrem Fall abgeleitet werden kann. Ein Anspruch auf Nachsicht vom Höchstlebensalter von 39 Jahren besteht - wie dargelegt - nur, wenn ein Bedarf nach Schulpersonal besteht. Diesen Bedarf hat die belangte Behörde jedoch zufolge der unbestrittener Maßen bestehenden Vielzahl von Bewerbern um wenige offene Stellen zu Recht verneint.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin ferner vor, sie hätte zu den Ermittlungsergebnissen der belangten Behörde in keiner Weise Stellung nehmen können, da ihr die Erhebungen und Tatsachenfeststellungen nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.
Die Verletzung des Parteiengehörs bildet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Um dies beurteilen zu können, muss der Beschwerdeführer jene entscheidenden Tatsachen in der Beschwerde bekannt geben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 45 AVG wiedergegebene Rechtsprechung, insbesondere E 536). Ein entsprechendes Vorbringen enthält die Beschwerde allerdings nicht.
Dass die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten besonderen Kenntnisse bedarfsbegründend wären, behauptet die Beschwerdeführerin selbst nicht.
Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 27. Juni 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001100226.X00Im RIS seit
19.09.2002